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Juniorchef Jacky Schoepen und der Looping
Star |
Bevor ein Bauteil des Gerstlauer Eurofighter im Bobbejaanland
installiert werden konnte, mußte eine andere Loopingbahn weichen. 24
Jahre lang nahm der Schwarzkopf Klassiker Looping Star einen festen Platz im
belgischen Familienpark ein, Ende Oktober 2003 hatte die "alte Dame" ihre
vorerst letzte Fahrt.
1975 wurde der Öffentlichkeit der erste fahrbare
Vertikallooping präsentiert. Der Freizeitpark Magic Mountain bei
Los Angeles war das erste Ausflugziel, das eine derart bahnbrechende Neuheit
anbot. Ungewöhnlich erschien nur, dass die American
Revolution von einem Schwaben erdacht und konstruiert wurde. Anton
Schwarzkopf war zur damaligen Zeiten einer der weltweit führenden
Karussellbauer, der unterstützt vom diplomierten Bauingenieur Werner
Stengel in den 60er bis 80er Jahren als der innovativste
Achterbahnhersteller galt.
Drei große, speziell für die Kunden an deren
Parklandschaft angepasste Loopinglayouts wurden in die USA exportiert, bis sich
auch der deutsche Besucher an einer solchen Überkopffahrt erfreuen konnte.
1978 nahm der erste Looping Star seinen Betrieb auf und reiste als
transportable Anlage von einem Kirmesplatz zum nächsten. Die kompakte Bahn
mit ihrem auf- und abbaufreundlichen Konusstecksystem heitzte das Loopingfieber
in Europa förmlich an. Der Looping Star war für die damalige
Zeit die Sensation. Auch die Freizeitparks erkannten das Potential und so
verließen exakt acht Anlagen dieses Layouts die Werkshallen im
schwäbischen Münsterhausen. |
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Das Bobbejaanland war dabei Kunde der ersten Stunde und
präsentierte ab der Saison 1979 die knapp 600 Meter lange Loopingbahn.
Aufgebaut auf einer Sohle, einem flächendeckenden, massiven Stahlrahmen,
der die auftretenden statischen und dynamischen Lasten in den Boden leitet,
ragt der "Star" unter den Loopingbahnen 24 Meter in die Höhe. Parallel zum
Lifthügel liegt auf der gegenüberliegenden Anlagenseite plaziert der
rund 14 Meter hohe Vertikallooping mit seiner klothoidenförmigen Silhouette.
Erst diese mathematische Kurve, die Werner Stengel dem Straßenbau
entlieh, machte die Inversionsfigur im Gegensatz zu ihren kreisrunden
Vorgängern für den Menschen fahrbar.
Das Publikum stürmte den Klassiker bis zu seiner letzten
Stunde. Fast ein Vierteljahrhundert drehten die drei Züge im
Bobbejaanland ihre Runden - eine Zeit, in der die Bahn Geschichte schrieb.
Jacky Schoepen, dem Juniorchef des nordbelgischen Freizeitparks,
war die Entscheidung zu Ungunsten des Klassikers sichtlich schwer gefallen.
Schon in der Saison 2004 konnte nur noch einer der drei Züge eingesetzt
werden. Die Det Norske Veritas - kurz DNV -, das ebenfalls
europaweit tätige norwegische Äquivalent zum deutschen
TÜV, untersagte den Betrieb mit voller Kapazität. Zum
Saisonende ging der Looping Star in seinen wohlverdienten Ruhestand.
Rund zwei Monate nach der letzten Fahrt sollte nichts mehr auf diese
Schienenattraktion hindeuten und der Platz frei gemacht sein für die neue
Attraktion. |
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Panorama des Gerstlauer Prototypen im
dänischen Bonbon Land |
Jacky Schoepen war schon seit einigen Jahren auf der Suche
nach einer Bahn, die es mit dem Looping Star aufnehmen konnte. Etwas
Innovatives sollte es sein, etwas, von dem die Besucher genauso begeistert sein
würden wie von der Loopingnovität. Gespräche mit dem
niederländischen Achterbahnbauer Vekoma über einen Flying
Coaster oder mit Wieland Schwarzkopf, dem Sohn des 2002 verstorbenen
Anton Schwarzkopf, führten zu keinem Ergebnis. Das erstmals im
Jahre 2000 in den USA präsentierte Flugerlebnis der Niederländer
hätte zwar als absolute Topneuheit im europäischen Raum
präsentiert werden können, die Größe dieser Bahn sprengte
jedoch die Grenzen des Machbaren im nicht gerade mit Freifläche gesegneten
Bobbejaanland. Neben dem Looping Star hätten noch mindestens
zwei Rundfahrgeschäfte für die weitläufige Anlage abgebaut
werden müssen. Letztendlich sprachen auch die hohe Investitionssumme
und die vielen benötigten, kostspieligen Einzelfundamente gegen eine
Kaufentscheidung.
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Layoutstudie auf der Interschau 2002 - Foto:
AB |
Auf der Interschau 2002 in Düsseldorf, einer
Branchenmesse für Fahrgeschäfte, erblickte Jacky Schoepen
zufällig ein kleines Drahtmodell der Achterbahnstudie Eurofighter am
Stand der deutschen Firma Gerstlauer. "Die Bahn passte komplett auf die
Fläche unseres Looping Stars," erinnert sich der Juniorchef, "und ich war
sofort von der Innovation dieser Loopingbahn begeistert." Ein senkrechter
Vertikallift bringt die Einzelfahrzeuge auf 26 Meter Höhe. Oben
angekommen fährt das Fahrzeug über einen engen Radius und passiert
die Turmkuppe, neigt sich immer mehr in die Senkrechte und rast
schließlich in einem Winkel von 97° in die Tiefe. Nicht weniger als
vier Inversionen, darunter auch ein Vertikallooping, stellen die
Insassen auf dem sich anschließenden, knapp 700 Meter langen Parcours auf
den Kopf. "Die Anlage hatte alles was ich suchte," erzählt Jacky
Schoepen rückblickend. "Sie verwendet Elemente des Looping Stars, so
dass auch die Fans unseres Klassikers einen adäquaten Ersatz vorfinden,
ist in Mitteleuropa einzigartig und bietet einen absoluten Kick: Der Aufzug
erinnert an einen Free Fall Tower und schließlich geht es dann auch mehr
als senkrecht in Tiefe. So haben wir eigentlich zwei Attraktionen in
einer."
Für Gerstlauer ist Typhoon nicht die erste
Achterbahn dieser Art. Im Frühjahr 2003 lieferten die Schwaben eine
kleinere Version an das dänische Bonbon-Land und stellten in
kürzester Zeit einen perfekt funktionierenden Prototypen auf die
Stützen. Wie schon der Looping Star werden die Anlagen von
Gerstlauer teilweise im schwäbischen Ort Münsterhausen
gefertigt. Dabei nutzt der Familienbetrieb die ehemaligen
Produktionsstätten der nicht mehr aktiven Karussellschmiede
Schwarzkopf. |
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