Doch schon weit vor der Inbetriebnahme werden intensive
Prüfungen vom TÜV durchgeführt. Beispielsweise wird die
Beschleunigung auf den einzelnen Sitzpositionen gemessen, die Fahrzeugbremse
einer technischen Prüfung unterzogen oder der Lichtraum kontrolliert.
Jede Achterbahn lebt von ihren Beschleunigungen. Bei einer Fahrt
mit Typhoon wirken auf die Fahrgäste Beschleunigungen von bis zu
5,2g, der Fahrgast wiegt in den kurzen Augenblicken ihrer Wirkungsdauer mehr
als fünfmal soviel wie sein übliches Körpergewicht - eine Waage
würde dies deutlich machen. Das Wechselspiel der Beschleunigungen ist eine
wichtige Thrillkomponente, jedoch für jeden Fahrgast auch eine
körperliche Belastung, welche nach dem Stand der Technik in der Euronorm
für fliegende Bauten, der EN13814 reglementiert ist.
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TÜV Untersuchung am
Fahrzeug |
Schon vor der Endmontage wird der
stählerne Fahrzeugrahmen vom Prüfingenieur einer intensiven
Untersuchung unterzogen. |
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Aufbauend auf einer mehrjährigen Studie der TÜV
Organe, Ärzten und verantwortlichen Ingenieuren wurde Mitte der 90er Jahre
eine Empfehlung für Maximalbeschleunigungen herausgegeben. Diese
betrachtet neben den drei Beschleunigungskomponenten (Vertikal- und
Lateralbeschleunigungen sowie
Beschleunigungen in Fahrtrichtung) auch die Zeitdauer der einzelnen
Beschleunigungsspitzen. Diese Erkenntnisse wurden in den Vorentwurf zur neuen
Europanorm für Vergnügungsanlagen aufgenommen, welche im
Frühjahr 2005 gültig wurde. Trotzdem galten diese Erkenntnisse schon
seit ihrer Veröffentlichung als inoffizielle Messlatte für
moderne Achterbahnen.
Bevor die Achterbahn für den Betrieb freigegeben wird,
überprüft der TÜV mittels Beschleunigungsmessungen die
theoretisch berechneten Werte des Ingenieurbüro Stengel.
Entscheidend für die Vergleichsgrundlage ist die Anbringung der
elektrischen Beschleunigungssensoren. Eine Anbringung in direkter Nähe zu
den Laufrollen würde weitaus höhere Messwerte ergeben als eine
Anbringung an einem im Sitz befestigten wassergefüllten Dummy.
Üblicherweise werden mehrere Sensoren im Bereich der Dummies
installiert, ein Messerfassungsgerät nimmt die Daten während der
Fahrt in Echtzeit auf. Anschließend werden die Messdaten auf einen
Computer übertragen, gefiltert und mit den Sollwerten verglichen. Das
Gewicht der Wagen und auch die Umgebungstemperatur beeinflussen die
Messergebnisse entscheidend. Dies wird schon in der mechanischen Blockbremse
deutlich: Je leichter das Fahrzeug, desto größer ist die
Bremswirkung. Die Ausfahrtgeschwindigkeit des Fahrzeugs wird nicht durch die
Stärke, sondern durch die Dauer der Bremsung festgelegt. Demnach erfährt
das Fahrzeug bei Besetzung mit nur einem
Fahrgast die stärksten Verzögerungen bei der mechanischem Bremsung.
Diese müssen auf etwa ein g beschränkt werden. Um alle Situationen bewerten zu
können, werden unterschiedlich schwer beladene Fahrzeuge getestet. Ein
äußerst zeitintensives Vorgehen.
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Diese Schablone ist ein unverzichtbares
Hilfsmittel zur Kontrolle des Lichtraumes um den fahrenden Wagen |
Ebenso zeitintensiv ist die Funktionsuntersuchung der
Fahrzeugbremsen, welche als fest installierte, lineare Reib- und
Wirbelstrombremsen eingesetzt werden. Bei Typhoon sind dabei
insbesondere die Blockbremsen von der Bahnhofsbremse zu unterscheiden. Die
Blockbremsen sichern den nachfolgenden Streckenabschnitt derart, dass sie nach
Passieren eines Fahrzeugs vom Steuerungssystem geschlossen werden und erst
wieder öffnen, wenn das Fahrzeugs die nächste Bremse passiert hat.
Sollte ein Fahrzeug den Blockabschnitt nicht rechtzeitig verlassen können,
erfährt das nachfolgende Fahrzeug automatisch eine Sicherheitsbremsung.
Die Bremse muss daher das Fahrzeug vollständig abbremsen und auf der
leicht geneigten Blockbremse in Position halten. Das Funktionsprinzip der
Wirbelstrombremse ist dazu nicht in der Lage, erfordert es doch eine
Relativgeschwindigkeit, um eine Bremskraft zu generieren. Folglich ist dieser
verschleißfreie Bremsentypus nur geeignet, um das Fahrzeug in der
Geschwindigkeit zu verzögern, nicht jedoch es zu stoppen und zu halten.
Entsprechend kommen auch bei Typhoon neben Wirbelstrombremsen
mechanische Reibbremsen zum Einsatz.
Ausgerüstet mit einer Messlatte werden die
Wartungsplattformen erklommen und der Verzögerungsweg für eine leeren
und einen vollen Wagen ermittelt. Dabei wird vor allem kontrolliert, ob das
Bremsschwert des voll beladenen Fahrzeugs innerhalb der Bremseinheiten zum
Stillstand kommt. Und selbst der Wasserschlauch kommt zum Einsatz: Bei nassen
Reibbelägen sinkt das Reibvermögen der mechanischen Bremsen, gleich
schwer beladene Fahrzeuge benötigen daher einen etwas längeren
Bremsweg. Eine "Bremsreserve" in Form eines zusätzlichen Bremsmoduls ist
daher obligatorisch. Schließlich wird auch die Messlehre gezückt, um
die Belagdicke der Bremsbeläge und die Dicke des Bremsschwertes mit den
minimalen Sollwerten des Herstellers zu vergleichen.
Und auch das Lichtraumprofil wird vom TÜV einer strengen Begutachtung
unterzogen. Der lichte Raum beschreibt einen Querschnitt um den fahrenden Wagen,
der von jeglichen Stahlträgern oder mechanischen
Komponenten freizuhalten ist, damit die mutigen Fahrgäste mit ihren
herausgestreckten Armen nicht schmerzhaft anschlagen können. Die
Abmessungen des Lichtraums sind durch die europäische Norm klar definiert.
Der Wagen fährt dabei durch einen imagninären Tunnel aus Luft. Bei
Typhoon wird vor allem in den Schienenbereichen der Durchfahrt der
Stahlstruktur mit Sorgfalt geprüft. Dazu bedient sich der TÜV
eines sehr einfachen Hilsmittels in Form einer überdimensionalen
Schablone, die auf die Schiene gestellt und per Muskelkraft vorgeschoben werden
kann. Erst wenn dieses Profil nirgendwo an der Bahnstruktur ansteht, wird die
Freigabe für den Personenbetrieb erteilt.
Nach intensiven Stunden mit den verschiedensten Routine- und
Sicherheitschecks erhielt Typhoon abschließend die Freigabe
für den Publikumsverkehr - den Personenfahrten steht daher nichts mehr im
Wege. |