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Rekordbrecher: Stahl - Geschwindigkeitsrekorde

Von oben nach unten: Top Thrill Dragster, Millennium Force und Kingda Ka

Bis zum Ende der 70er Jahre war die Maximalgeschwindigkeit eines Achterbahnzuges einzig und allein von einer Variablen abhängig: Der Höhendifferenz der Achterbahnstrecke. Stürzt der Achterbahnzug in die Tiefe, wird das als Höhenenergie auf dem Lifthügel zugeführte Energiepotenzial in kinetische Energie, die sogenannte Bewegungsenergie, umgewandelt. Je größer der Höhenunterschied einer Achterbahn, desto höhere Geschwindigkeiten sind möglich. Anton Schwarzkopfs Shuttle Loop sollte dieses "Gesetz" erstmals 1976 aushebeln. Seine Idee war einfach und genial zugleich: Der Zug wird über eine seilzugähnliche Konstruktion an ein herunterfallendes Gewicht gekoppelt - Von 0 auf 80 Stundenkilometer in gerade einmal vier Sekunden waren möglich. Eine weiterentwickelte Version folgte und bis heute garantieren Katapultantriebe unterschiedlicher Wirkprinzipien immer höhere Geschwindigkeiten. Das aktuelle Limit liegt bei sagenhaften 240 Stundenkilometern.

Top Thrill Dragster in der Verzögerung

Fast 20 Jahre später, Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts, sorgten elektromagnetische Linearantriebe für neue Rekorde. Interessanterweise spielte auch Anton Schwarzkopf bei seinen ersten Entwürfen des Shuttle Loops mit dem Gedanken, diese verschleißfreien Motoren einzusetzen, doch die Realisierungskosten waren Ende der 70er deutlich zu hoch. LIMs und LSMs, lineare Magnetantriebe, sind herkömmliche Elektromotoren, jedoch mit dem Unterschied, dass sie statt einer Dreh- eine lineare Bewegung erzeugen. Der tonnenschwere Zug kann somit auf horizonzaler Strecke wie von Geisterhand und praktisch ohne mechanischen Verschleiß beschleunigt werden. Die Linearmotoren sind dazu an der Schiene angebracht. Für die Realisierung eines Katapultstartes werden mehrere Dutzend dieser Motoren benötigt; theoretisch ist jede gewünschte Höchstgeschwindigkeit erreichbar. In der Praxis wird dieses Potential durch aufwendige Schalttechniken und hohe Realisierungskosten ausgebremst. Bislang wurden 161 Stundenkilometer mit dieser Stromressourcen fressenden Technik realisiert.

Tower of Terror II im australischen Dreamworld katapultiert den Fahrgastträger auf einer rund 200 Meter langen Beschleunigerstrecke in Richtung eines 114 Meter hohen Turmes. Sieben Sekunden werden für den Beschleunigungsvorgang auf horizontaler Strecke benötigt. Am 7. Februar 1997 wurde das sechs Tonnen schwere "Geschoss" höchst offiziell unter Aufsicht einer juristischen Amtsperson mittels Radarmessung auf 161 km/h gestoppt - Neuer Weltrekord. Das baugleiche, kalifornische Pendant Superman - Escape from Krypton im Six Flags Magic Mountain, welches wegen technischer Probleme erst ein Jahr nach dem geplanten Starttermin ans Netz ging, hatte das Nachsehen. Im September 2010 erhielt Dreamworld ein neues Fahrzeug, dessen leichtere Bauart das Erklimmen der Spitze begünstigt. Als Clou werden die Passagiere rückwärts den Turm emporgeschossen. Six Flags Magic Mountain unternahm selbige Transformierung im Jahre 2011 auf der Superman Anlage.

Der luftdruckbeschleunigte S&S Coaster Dodonpa - das mittlere Bild zeigt im Vordergrund die Katapult- und Bremsstrecke

Hochgeschwindigkeit pur verspricht die derzeit viertschnellste Achterbahn der Welt: Dodonpa wurde 2001 im japanischen Park Fujikyu Highland nahe Tokyo eröffnet und hielt den Rekord eineinhalb Jahre. Mittels Luftdruck werden die acht Insassen der viergliedrigen Züge in gerade einmal zwei Sekunden auf 172 km/h katapultiert - dabei wird eine Beschleunigung von 4,25g in der Spitze erreicht. Einen derartigen Beschleunigungswert erreicht kein Formel 1 Renner wie auch keine andere Achterbahn weltweit.

Der Trend in Richtung weiterer Geschwindigkeitsrekorde ging weiter. Im Jahre 2001 befragte Coastersandmore den Achterbahn Designer Werner Stengel über die "rasante" Entwicklung der Achterbahnen. Die Prognose des bekannten Achterbahningenieurs aus München lag bei Tempo 200 für die nächsten Jahre.

Nur zwei Jahre später sollte diese Schwelle tangiert werden, 2005 wurde sie dann tatsächlich vom Schweizer Hersteller Intamin gebrochen: Top Thrill Dragster im amerikanischen Cedar Point erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 193 km/h. Eine hydraulisch betriebene Winde macht dies möglich. Der Zug wird innerhalb von weniger als vier Sekunden von null auf seine Höchstgeschwindigkeit katapultiert und erklimmt anschließend eine 128 Meter hohe Turmkonstruktion. Die Katapultwinde von Intamins Rocket Coastern ist im Gegensatz zum elektromagnetischen LIM- oder LSM-Antrieb von den Ingenieuren nahezu beliebig auf höhere Geschwindigkeiten skalierbar. Zwei Jahre später, im Mai 2005, wurden die Züge des Kingda Ka auf exakt 206 km/h beschleunigt. Die zusätzlichen 13 Stundenkilometer im Vergleich zum Dragster werden genutzt, um weitere Höhenmeter zu überwinden. Ganze 139 Meter steht die Stahlkonstruktion im amerikanischen Six Flags Great Adventure gen Himmel.

Auf Dodonpa im japanischen Fuji-Q Highland bei Tokyo beschleunigen die Züge in 1,8 Sekunden auf Tempo 172 - das Foto zeigt den Zug kurz nach Erreichen der Höchstgeschwindigkeit

In der Ferrari World Abu Dhabi steht die 240km/h schnelle Intamin Katapult-Achterbahn Formula Rossa

Innerhalb von weniger als einer Dekade hat sich die Geschwindigkeit der Achterbahnen durch intensive Ausnutzung der Katapultantriebe bis zum Jahre 2005 verdoppelt. 2009 wollte der ring°racer am deutschen Nürburgring den nächste Rekord einfahren. Wie Dodonpa sollte der zweigliedrige Zug mittels Luftdrucktechnik auf stolze 217 km/h beschleunigt werden. Dabei hat sich der amerikanische Hersteller S&S das Ziel gesetzt, den Katapultstart in gerade einmal zweieinhalb Sekunden auszuführen. Auf ein Streckenlayout im herkömmlichen Sinne wurde verzichtet.

Die vornehmlich von einem italienischen Produzenten gefertigte Anlage sollte bereits zum Formel 1 Wochenende am Nürburgring im Juli 2009 ihre Runden drehen, doch wartete zur besten Sendezeit nur eine deutlich gebremste, mit etwa 130km/h Spitzengeschwindigkeit laufende Achterbahn auf Testfahrer Michael Schumacher. Eine Woche später wurde die Abschusstechnik bei Testläufen auf Top-Speed Niveau unter einem ohrenbetäubenden Knall regelrecht zerlegt. Intensive Untersuchungen und wochenlanges Warten auf Ersatzteile folgten. Dabei riss die "Pannenserie" nicht ab: Erst wenige Tage nachdem die Hochgeschwindigkeitstests im September 2009 aufgenommen wurden, ereignete sich der nächste Crash des Katapultsystems. Die Eröfnung war in weite Ferne gerückt. Im Sommer 2011 wurde ein weiterer Inbetriebnahmeversuch gewagt, doch die Behörden erteilten schliesslich nicht die notwendigen Betriebsgenehmigungen. Ende Oktober 2013, vier Jahre später als geplant, konnte der Ring Racer dann erfolgreich an den Start gehen - wenn auch mit einer auf 160 Stundenkilometern begrenzten Geschwindigkeit. Skurillerweise wurde die 12 Millionen Euro teure Achterbahn nur vier Tage für das Publikum betrieben. Anfang 2014 wurde der Nürburgring verkauft und der Käufer, ein Automobilzulieferer, wird den Pleite-Vergnügungspark zugunsten eines Technologieparks zurückbauen. Ob der Ring Racers demontiert und an anderer Stelle wieder aufgebaut wird oder wie der S&S Air Launch Coaster Prototyp im amerikanischen Kings Dominion das Schicksal der Stahlschere erfährt, ist noch offen.

Das Schicksal des ring°racer ist weltweit einmalig - so kurze Zeit wurde noch nie weltweit eine Achterbahn betrieben. Ein neuer Geschwindigkeits-Rekordcoaster ist aber schon gefunden worden: Ferrari World, ein neuer Motorsport Themenpark inmitten der Wüste des Vereinigten Emirats Abu Dhabi, klotzt mit Superlativen und das Aushängeschild Formula Rossa von Intamin zeigt allen Achterbahnen wo es langgeht: Mit bewährter Hydraulik-Technik wurden die Formel 1 Züge im Jahre 2010 in Betrieb genommen. 240km/h Spitze erreicht der viergliedrige Formel-1 Wagenzug auf der 140 Meter langen Katapultstrecke. Von null auf Höchstgeschwindigkeit in gerade einmal vier Sekunden. Dabei kommt die gleiche Technik wie bei Kingda Ka und Top Thrill Dragster zum Einsatz, wobei der Antrieb nochmals hochskaliert wurde.

Von null auf 240km/h in unter fünf Sekunden - dies bietet nur die schnellste Achterbahn der Welt in der Ferrari World Abu Dhabi

Rund 20.000 PS sind nötig, um den Rennzug auf die über 2070 Meter lange Strecke zu schicken. Dass dabei auf dem ersten Airtime-Hügel bereits eine Magnetbremse den Zug auf etwa 160km/h für die nächste bodennahe Kurve verzögert, ist ein kleiner Wehrmutstropfen. Das Layout aus Steilkurven und weiten Camelbacks hätte sonst nicht auf dem vorgesehenen Gelände platziert werden können. Trotzdem bietet der eingebremste Hügel extreme Ejector Airtime ohne Kompromisse - durch den Verzicht auf Schulterbügel erzielt dieses 50 Meter hohe Fahrelement extreme Adrenalinschocks, wobei der Wagenzug nach der Kuppe noch schlagartig in eine stark abfallende Steilkurve einbiegt, die gerade einmal zwei Meter über dem Wüstenboden endet. Zum Schutz des Gesichtsfeldes und insbesondere der Augen setzt der Betreiber auf Schutzbrillen - ein Novum bei Achterbahnen.

Die zehn schnellsten Stahlachterbahnen der Welt

1.

Formula Rossa

Ferrari World, Yas Island, Abu Dhabi

240 km/h

Intamin

27.10.2010

2.

Kingda Ka

Six Flags Great Adventure, Jackson, New Jersey, USA

206 km/h

Intamin

19.05.2005

3.

Top Thrill Dragster

Cedar Point, Sandusky, Ohio, USA

193 km/h

Intamin

04.05.2003

4.

Dodonpa

Fujikyu Highland, Kawaguchi Lake, Japan

172 km/h

S&S Power

21.12.2001

5.

Tower of Terror II

Dreamworld, Coomera, Queensland, Australien

161 km/h

Intamin

21.01.1997

6.

Superman: Escape from Krypton

Six Flags Magic Mountain, Valencia, Kalifornien, USA

161 km/h

Intamin

15.03.1997

7.

Ring Racer

Nürburgring, Nürburg, Deutschland

160 km/h

S&S Power

31.10.2013 (bis 03.11.2013)

8.

Steel Dragon 2000

Nagashima Spaland, Nagoya, Japan

153 km/h

Morgan Manufacturing

01.08.2000

9.

Millennium Force

Cedar Point Sandusky, Ohio, USA

150 km/h

Intamin

13.05.2000

10.

Intimidator 305

Kings Dominion, Doswell, Virginia, USA

148 km/h

Intamin

01.04.2010

Links: Der Rennzug von Stealth wird innerhalb von 2,5 Sekunden auf 128 km/h beschleunigt - Rechts: Shambhala erreicht mit einem klassischen Lifthügel eine Spitzengeschwindigkeit von 134 Stundenkilometer

Furius Baco war mit 135 km/h über sechs Jahre lang die schnellste Achterbahn Europas

Die kostspieligen LSM- und Hydraulik-Katapulte sind zwar auch in Europa präsent, die Anlagen erreichten aber bis zur Eröffnung des Ring Racers bei weitem nicht die Geschwindigkeiten ihrer Kollegen aus Übersee. Die mit vier Jahren Verspätung aufgrund zahlreicher technischer Probleme eröffnete Anlage präsentierte sich dann vier Tage lang etwa 2000 glücklichen Besuchern mit einem durchzugsstarken Abschuss, wobei innerhalb von zwei Sekunden 160km/h Spitzengeschwindigkeit erreicht wurden. Der Achterbahnzug beschleunigte parallel zur Start- und Zielgeraden des Nürburgrings, wurde aber kurz vor Erreichen der Wendeschlaufe auf 100 Stundenkilometer herunterbegremst, um dann hinter den Tribünen zur Station zurückzurollen.

Auf den weiteren Rängen finden sich zwei Achterbahnen im spanischen Port Aventura. Seit 2007 werden die Züge des Furius Baco in dreieinhalb Sekunden auf 135 Stundenkilometer beschleunigt. Dabei kommt wie bei Formula Rossa oder Kingda Ka der bewährte hydraulische Katapultantrieb von Intamin zum Einsatz. Das Geschwindigkeitsgefühl wird durch eine neue Sitzposition links und rechts der Schiene intensiviert. Ohne Boden unter den Füßen schießt der mächtige Zugverband aus rustikalen Weinfässern durch Canyons, Tunnel und über eine Lagune. Nur einige hundert Meter weiter präsentiert sich seit 2012 der B&M Hypercoaster Shambhala mit klassischem Kettenlift. Dabei gilt die "alte" Regel: Je größer die Höhendifferenz des Lifthügels, desto höher die Geschwindigkeit. Vom 76 Meter hohen Punkt aus beschleunigt der Zug von Shambhala auf 134 km/h.

Auf Platz vier findet sich mit Stealth, eine Miniaturausgabe von Kingda Ka. Die Rennzüge im englischen Thorpe Park beschleunigen in 2,5 Sekunden auf 128 Stundenkilometer erklimmen im Minutentakt einen 62 Meter hohen Stahlturm.

Die Bestenliste komplettiert der Silver Star aus dem Europa Park. Mit 127 km/h hielt die silberne Achterbahn vier Jahre lang den Titel der schnellsten Achterbahn in Europa. Wie Shambala verhilft ein Kettenlift dem Zug zu seiner Ausgangshöhe.

Die fünf schnellsten Stahlachterbahnen Europas

7.

Ring Racer

Nürburgring, Nürburg, Deutschland

160 km/h

S&S Power

31.10.2013 (bis 03.11.2013)

1.

Furius Baco

Port Aventura, Salou, Spanien

135 km/h

Intamin

05.06.2007

2.

Shambhala

Port Aventura, Salou, Spanien

134 km/h

Bolliger & Mabillard

12.05.2012

3.

Stealth

Thorpe Park, Chertsey, England

128 km/h

Intamin

15.03.2006

4.

Silver Star

Europa-Park, Rust, Deutschland

127 km/h

Bolliger & Mabillard

23.03.2002

Text: Coastersandmore - jp, Bilder: Port Aventura, Ferrari World, Coastersandmore

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