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Top Thrill Dragster - Der Meilenstein unter den Rekordachterbahnen

Mitte: Mit bis zu 2g werden die Insassen beim Katapultstart des Top Thrill Dragster in den Sitz gedrückt

Eine Beschleunigung von 0 auf 194 Stundenkilometer in unter vier Sekunden - möglich ist alles im 21. Jahrhundert und die Ehre wird nicht nur echten Dragster- oder Formel Eins Fahrern zu teil. Wurden die Achterbahnenwagen einst mit einer Stahlkette langsam den Lifthügel hinaufgezogen, um erst auf der ersten Abfahrt in Temporausch zu kommen, geht es heute aus dem Stand auf Höchstgeschwindigkeit. Der Preis des Kicks ist eine kurze Fahrzeit - der "Coaster Quicki" auf dem Dragster Monster im amerikanischen Coasterpark Cedar Point dauert gerade einmal 16 Sekunden.

In den vier mal vier Sekunden erleben die Fahrgäste den Rausch ihres Lebens: Am Anfang ist es die pure Anspannung vor dem Moment, bei dem der Zug blitzartig startet. Mit einer Initialbeschleunigung von rund 2g setzt sich der Zug im Augenblick eines Wimpernschlags in Bewegung und drückt seine Insassen mit dem zweifachen ihres Körpergewichtes in die Sitze.

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Keine vier Sekunden später ist die Höchstgeschwindigkeit von annähernd 200 km/h erreicht und das Dragster Geschoss nimmt Kurs auf einen 128 Meter hohen Turm. Erlebt man im Aufwärtsbogen kurzzeitig 4.5g, ist weitere vier Sekunden später nach einem senkrechten Aufstieg der höchste Punkt in luftiger Höhe erreicht. Hier quält sich der Zug regelrecht mit Mindergeschwindigkeit über die parabelförmig ausgebildete Turmspitze und lässt seine Mitfahrer für einen kurzen Augenblick die schier unglaubliche Höhe der Anlage realisieren. Keine Achterbahn im Cedar Point ist höher und selbst weltweit wird der rot-weiss gelbe Coaster nur einmal überragt.

Die Hälfte des High Speed Abenteuers ist vorbei und schon folgt der Absturz. Senkrecht geht es hinab, 270° dreht sich der Zug im freien Fall um die eigene Achse und wirbelt die Insassen umher. Die Geschwindigkeit steigt immer weiter, bis am Ende die Strecke in eine Horizontale übergeht. Wieder sind weitere vier Sekunden vergangen, wieder wurden die Insassen mit 4g, ausgelöst durch die Zentripetalbeschleunigung der wannenförmig ausgebildeten, vertikal aufgestellten Kurve in die Sitze gepresst. 16 - 12 = 4 - es geht in die Bremse: Neun Tonnen bewegte Masse wollen auf gerade einmal 125 Metern verzögert werden. Mit über 1g werden die Mitfahrer aus den Sitzen gedrückt, wenn der Zug vom magnetischen Wirbelfeld der Magnetbremsen zum Stillstand gebracht wird, die Gesichter der Mitfahrer vom Staudruck des Fahrtwindes verformt. Langsam läuft der Zug aus - 4 x 4 - der Adrenalinkick ist vorbei und doch sorgt der Hormonschub noch dafür, dass das Erlebte erst noch realisiert werden muss.

Panorama von Cedar Point mit einer Auswahl der 17 Achterbahnen - Top Thrill Dragster überragt sie alle

High Tech Achterbahn aus der Schweiz

Unten: Ein Original Top Thrill Dragster steht ebenfalls im Park

Die 128 Meter hohe Turmkonstruktion überragt optisch nicht immer alles

Top Thrill Dragster setze 2003 im Eröffnungsjahr neue Maßstäbe unter den High Tech Achterbahnen: Die Beschleunigung mit einem ehrfürchtigen Kick-Start aus dem Stillstand heraus beeindruckte selbst die Skeptiker der wieder erweckten Launch Coaster. Die Höhe und Endgeschwindigkeit reichten locker zum marketingwirksamen Weltrekord. Trotz der immer fortschreitenden Innovationsspirale ist Cedar Points 25 Millionen Dollar Maschine noch heute die zweitschnellste und zweithöchste Achterbahn der Welt. Das Stahlbauwerk der Schweizer Innovationsschmiede Intamin ist vollgestopft mit Antriebstechnik sowie Sensorik und vermag nur mit dem Mut zum kalkuliertem Risiko in Bewegung gesetzt zu werden.

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Die Katapultschleuder war Intamins erst zweite Anlage dieser Art. 2002 feierte die schussgewaltige Hydraulikechnik mit dem 60 Meter hohen Xcelerator in Cedar Points Schwesterpark Knott's Berry Farm ihren Einstand. Ein Jahr später wurde die doppelte Höhe realisiert und die Geschwindigkeit um 50 Prozent erhöht. Für die Anlage und Ingenieure eine gewaltige Herausforderung, die mit Top Thrill Dragster in weniger als zwei Jahren von der Vertragsunterschrift bis zur Eröffnung umgesetzt werden wollte.

Wie schon beim Xcelerator haben Betreiber und Techniker auch beim Dragster viel Lehrgeld gezahlt. Die Rekordjagd zollt ihren Tribut, doch die innovative Katapultcoastertechnik wäre ohne Top Thrill Dragster nie zu ihrem heutigen Erfolg erlangt. Das hydrodynamische Katapultsystem geht mit Mensch und Maschine an die Grenzen des Machbaren. Im Antriebsgebäude am Ende der 125 Meter langen Katapultstrecke steht eine schier unüberblickbare Technik aus Ventilen, Tanks und 36 Hydromotoren, durch die Öl mit dem 300-fachen des atmosphärischen Luftdrucks gepresst wird. Über 750 standardisierte Sensoren und Schalter sind auf der Anlage verteilt, zwanzig mal so viel wie auf anderen Achterbahnen üblich. Waren Ausfallzeiten im ersten Betriebsjahr eine regelmäßige Erscheinung, läuft die Bahn heute wie am Schnürchen. In fünf Betriebsjahren wurde fünf Millionen Gäste der Adrenalinkick ihres Lebens bereitet. Der Erfolg des Dragsters zog eine Welle von Katapultachterbahnen nach sich - heute führt fast jeder Hersteller eine Abschussanlage im Programm und selbst kleinere Freizeitparks setzen auf den Beschleunigungskick.

Technik die begeistert

Der Startbereich ist durch einen Maschendrahtzaun abgesichert

Für Intamin bedeutete die Zweitauslieferung ihres Hydraulikkatapultsystems eine extreme Herausforderung: Die Erhöhung der Spitzengeschwindigkeit von 130 km/h beim Xcelerator auf 194 km/h beim Top Thrill Dragster setzt eine rund zweieinhalbmal größere Energiemenge gegenüber dem Erstlingswerk voraus - neben der höheren kinetischen Energie will auch eine größere mechanische Masse in Bewegung gesetzt werden. Statt 20 Motoren leisten 36 Hydraulikmotoren Schwerstarbeit. Von zwei Seiten greifen diese über getrennte, mehr als mannshohe Getriebe auf eine Windentrommel zu. Schießt das Hydrauliköl mit rund 300 bar durch die Hydromotoren, beschleunigen diese auf über 2000 Umdrehungen in der Minute und treiben eine knapp zwei Meter Durchmesser große Windentrommel und die daran über zwei Zugseile abgespannte Last - den Zug neben seinem Mitnehmerschlitten - an. Die beiden etwa 25 Millimeter dicken Spezial-Stahlseile werden simultan aufgewickelt und ziehen den temporären Verbund aus Catch Car und Zug gleich einer überdimensionalen Schleuder hinter sich her.

Drei Sekunden dauert der Vorgang. Dann donnert der mit Permanentmagneten versehene Schlitten durch eine an der Schiene hintereinander angeordnete Armada an Kupferschwertern. Das durch die Bewegung des Schlittens aufgebaute magnetische Wirbelfeld erzeugt eine Gegenkraft, die den mit 194km/h bewegten Schlitten, die Seile und die rotierende Winde binnen einer Sekunde abbremst. Der Zug löst sich dabei automatisch vom Catch Car und erklimmt auf seiner Gravitationsfahrt den 128 Meter hohen Turm - zur Eröffnung des Top Thrill Dragster das höchste Bauwerk einer Achterbahn. Acht Sekunden später erfährt auch das Zuggeschoss seine Bremsung nach dem gleichem physikalischen Wirkprinzip in der berührungslosen Wirbelstrombremse.

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Die kreativen Köpfe von Intamin haben den Hydraulikantrieb nicht ohne Grund realisiert: Beschleunigten in den 90er Jahren stromfressende Linearmotoren einen Zug mit viel elektrischen Aufwand auf gerade einmal 100 Tempo Spitze, erzielt die Hydraulik mit einem bedeutend geringerem Initialinvestment weitaus höhere Endgeschwindigkeiten bei extrem niedrigen elektrischen Spitzenlasten. Die Nachteile sind im mechanischen Antrieb zu suchen, der pro Belastungszyklus einem natürlichen Verschleiß unterliegt und kontinuierlich gewartet werden muss. Versagt der Betreiber die notwendige Wartung, können Totalausfälle die schmerzliche Folge sein.

Diesem Nachteil steht die Energiespeicherung der Hydraulik als überaus wichtiger Vorteil entgegen: In den Pausen zwischen den Starts wird das Öl durch ständig laufende Hochleistungspumpen gegen die Drucksäule eines Stickstoffsmediums gefördert. Das Stickstoffvolumen wird weiter komprimiert und steigt im Druck von etwa 240 auf bis zu 300 bar an. Schließlich öffnen Ventile dem Öl den Zugang zu den Hydraulikmotoren. Der Stickstoff expandiert auf sein ursprüngliches Niveau und drückt das Öl binnen vier Sekunden durch die Motoren. Das System ist ein simpler Speichermechanismus, der während des Beschleunigungsvorgangs rund zehn Megawatt Leistung freisetzt. Das Stromnetz wird während des 30-sekündigen Ladevorgangs, bei dem die elektrische Pumpen das hydraulische Speichersystem aufladen, mit nur etwas mehr als einem Megawatt belastet. Ein Direktantrieb wie der LIM oder LSM wäre bei dieser Netzbelastung wirtschaftlich nicht tragbar.

Anlage mit Drag Racing Charme

Links: Das offene Stationsgebäude passt zum windschnittigen Rennsportthema

Die 128 Meter hohe knallgelbe Turmkonstruktion des Top Thrill Dragsters, der sogenannte Top Hat, überragt jede der 16 anderen Achterbahnen im amerikanischen Cedar Point inmitten des Erie Sees. Aus der Vogelperspektive erscheint der Rundkurs der 854 Meter langen Strecke wie ein simples Rechteck.

Am einem Ende steht der Top Hat, dazwischen parallel um etwa 20 Meter versetzt die Beschleunigungs- und Bremsstrecke, am anderen Ende befindet sich im 180 Grad Bogen der Ausstieg sowie danach folgend das offene Stationsgebäude, welches die parallele Abfertigung von zwei Zügen gewährleistet. Dies ist auch nötig, wenn alle 38 Sekunden ein Zug im stilvollen Dragster Design mit der spitzen, langgezogenen Schnauze auf die freie Strecke katapultiert werden will.

Top Thrill Dragster am Ende des Midways, dem Hauptweg von Cedar Point, errichtet und lenkt alle Blicke auf sich. Die Station nebst Startstrecke ist durch einen Maschendrahtzaun gegenüber den Besuchern hermetisch abgeriegelt. Rennsport-typisch findet der Besucher eine Tribüne direkt neben der Startstrecke, die vollen Einblick auf das kurzweilige Spektakel bietet: Fahnen wehen im Wind, Startampeln blinken euphorisch und im Rhytmus der Grünphase kreischen die Fahrgäste.

Fast im Minutentakt verlassen je zwei Züge angetrieben durch elektrische Reibräder die Station. Der eine fährt voran und wird vom nächsten im Abstand einer halben Zuglänge verfolgt. Zeitgleich dazu fahren die beiden kurz vorher in der Kehrtwende entladenen Züge in den Stationsbereich ein. Diese steuerungstechnisch aufwendige Parallelverschiebung ermöglicht kurze Todzeiten und erhöht die Kapazität der Anlage auf bis zu 1500 Personen pro Stunde. Sechs Züge können somit zu Spitzenzeiten zeitgleich den 854 Meter langen Kurs umrunden. Trotzdem sind in der Hauptsaison Wartezeiten von zwei bis drei Stunden keine Seltenheit.

Der Start aller Starts

Der aus der Station vorausfahrende Zug wird auf der Startposition gestoppt und die Synchronisation mit dem Mitnehmerschlitten eingeleitet. Dabei überfährt der Zug auf der leicht ansteigenden Strecke das Catch Car. Ein elektrischer Impuls löst die Bremse des wuchtigen Mitnehmerhackens am Zug, welcher daraufhin der Schwerkraft folgt und herunterfällt. Die Reibräder schieben den Zug anschließend einige Zentimeter rückwärts, so dass der Hacken über eine am Mitnehmerschlitten angebrachte Kulisse in vollen Kontakt mit den Catch Car gelangt. Je ein separates lineares Magnetmesssystem an der Schiene überwacht millimetergenau die Positionen von Dragsterzug und Catch Car. Erst wenn Schlitten und Zug derart miteinander synchronisiert sind, dass zwischen ihren Funktionsflächen kein Luftspalt vorhanden ist, wird die Startsequenz von der Anlagensteuerung automatisch freigegeben.

Der etwa fünf Sekunden andauernde Synchronsationsvorgang ist von entscheidender Bedeutung, da die Hydraulikwinde den Schlitten selbst auf wenigen Zentimetern nicht ohne Zuglast beschleunigen sollte. Die Leistung des Antriebs ist so groß, dass der gegenüber dem Zug eher leichte Mitnehmerschlitten auf wenigen Zentimetern bis zum Kontakt mit dem Zughacken auf 15 Stundenkilometern und mehr beschleunigt werden und dann stoßartig in den Wagenverbund eingreifen würde.

Links: Im Moment der ersten Beschleunigungsphase spannt sich der gesamte Körper an

Während der automatischen Synchronisation werden die Fahrgäste ebenfalls auf den baldigen Start vorbereitet: "Arms down, head back and hold on!" Dieser Anweisung sollte der Fahrgast Folge leisten. Der Kopf wird entspannt in die Kopfstütze gelegt und die Arme nicht gen Himmel ausgestreckt. Die Aufforderung "arms down" wird gerne noch mehrfach wiederholt, da üblicherweise einige der 18 Insassen dieser nicht nachkommen wollen. Sind Zug, Schlitten und Passagiere sicher vorbereitet, wird die Startsequenz eingeleitet: Rund 125 Paare von Kupferschwertern der magnetischen Zug-Sicherheitsbremse werden pneumatisch heruntergefahren, die Lichtampel zählt den Countdown und die Motoren im 150 Meter entfernten Windengebäude setzen sich blitzartig in Bewegung - der 16 Sekunden Kick ist nun nicht mehr zu bremsen.

Wie ein echter Drag Racer setzt sich der Zug pfeilschnell in Bewegung, presst die Insassen kontinuierlich in die Sitze und schießt mit Höllentempo in Richtung des übermächtigen Top Hats. Es dauert nur rund 25 Meter oder anderthalb Sekunden, dann sind die ersten 100 Stundenkilometer erreicht. Aufgrund des Hydraulikantriebes ist der kombinierte Stickstoff / Öldruck zum Startbeginn mit rund 300 bar am höchsten und baut über die Katapultsequenz stetig um rund 20 Prozent ab. Das Beschleunigungsvermögen des Antriebes ist an den Druck gekoppelt. Somit wird zu Beginn der Katapultsequenz die höchste Beschleunigung mit 2g erreicht, die dann stetig abfällt. Das hohe initiale Beschleunigungsvermögen der Intamin Hydraulik Katapultachterbahnen ist ihr Markenzeichen und beschert den Mitfahrern den Kick ihres Lebens. Die heutzutage ebenfalls weitverbreitete LSM Technik erreicht Startbeschleunigungen von etwa 1g - dazwischen liegen Welten und das spürt jeder Mitfahrer.

Blitzartig donnert der Zug an der Zuschauertribüne vorbei und beschleunigt stetig auf die Zielgeschwindigkeit. Nach gerade einmal 80 Metern kontinuierlicher Beschleunigung ist diese erreicht. Das vollautomatische Steuerungssystem des Antriebes fährt eine Geschwindigkeits-Sollkurve ab und kann durch Abregeln des Ölflusses über große Proportionalventile Einfluss auf den Beschleunigungsverlauf nehmen. Ein leichter besetzter Zug mit Rückenwind benötigt weniger Antriebsenergie als ein schweres Gefährt mit Gegenwind, um die gleiche Endgeschwindigkeit zu erreichen. Obwohl das Zugdesign schon als windschnittiger Dragster ausgeführt ist, kann der Wind dem Schauspiel bei Geschwindigkeiten fern der 100km/h schnell ein Schnippchen schlagen. Je nachdem wie gut das Regelungssystem in den vier Sekunden der Startsequenz arbeiten konnte, fährt der Zug mit 190 - 200 Stundenkilometern gen Turmkonstruktion und legt sich in Sekunde vier nach dem Start in die Auffahrt. Mit bis zu 4,5 g, dem viereinhalbfachen ihres Körpergewichtes, werden die Mitfahrer vertikal in die Sitze gepresst und befinden sich eine Sekunde später in der senkrechten Turmauffahrt.

Überfahrt des 128 Meter hohen Turmkonstruktes

Auffahrt zum Hochpunkt des Top Hat in 128 Metern Höhe

Die rote Viergurtschiene steigt elegant in den Himmel und dreht den Zug um eine Vierteldrehung um seine Längsachse nach links. Mit jedem Höhenmeter verlangsamt sich der fünfgliedrige Wagenverbund, bis er die Turmspitze in einem engen Parabelbogen passiert. Am Höchstpunkt der Strecke, 128 Meter über dem Cedar Point, passiert der Zug den Top Hat mit gerade einmal 20 Stundenkilometern.

Bläst ein zu starker Wind über den Erie See, kann es passieren, dass der Zug den Todpunkt am oberen Ende nicht erreicht und zur Station zurückrollt. Damit das Geschoss nicht auf den nächsten wartenden Zug aufprallt, sorgt ein ausgeklügeltes Magnetbremssystem für kontrollierte Sicherheit. Die an der Startstrecke installierten Kupferschwerter tauchen dabei in einen Luftspalt am Zug ein, der durch paarweise angeordnete Permanentmagnete gebildet wird. Um die Bremse für die Startsequenz zu deaktivieren werden die Kupferschwerter mittels Luftdruck um rund 25 Zentimeter abgesenkt, um nicht in den Luftspalt der Magnete am Zug einzugreifen.

Die 250 Kupferschwerter sorgen dafür, dass der Zug bei einem Rollback auf Schrittgeschwindigkeit ausrollt und auf den Reibrädern am Startpunkt der Beschleunigung zum Stehen kommt. Das ausgeklügelte Bremssystem ist dabei ausfallsicher gestaltet: Passiert der Zug während des Startsequenz die Schwerter, schießen diese in Gruppen zeitgesteuert in die zum Bremsen aktive Position. Selbst wenn dann einmal ein Zylinder oder ein Zylinderventil klemmen sollte, sind immer noch 249 andere Bremsschwerter zur Stelle.

Es folgt der freie Fall - 122 Meter in die Tiefe

Doch es kann auch anders kommen: Im Sommer 2005 wurde 16 Passagieren die Ehre zu Teil, genau auf dem Todpunkt des 128 Meter hohen Top Hat zum Stehen zu kommen. Erst die beherzte Aktion eines Mechanikers, der mit einem für diesen Fall installierten Fahrstuhl in die luftige Höhe fuhr, um den Zug mit Muskelkraft in den Drop zu schieben, erlöste die Mitfahrer nach 15 Minuten von ihrem Schicksal.

Im Normalfall passieren die Insassen in Sekunde acht den höchsten Punkt von Cedar Point. Der Ausblick ist gigantisch, doch kann er nicht lange genossen werden. Erst legt sich der erste, dann die anderen Wagen zielstrebig in die Abfahrt. Im 90° Winkel, absolut senkrecht fällt die massive Viergurtschiene nach unten ab. Der Zug ist in ihrem Bann gefangen und rotiert im freien Fall in einer dreiviertel Drehung um das Herz seiner Passagiere. Die Strecke windet sich dabei in der senkrechten Abfahrt um einen imaginären, zwei Meter Durchmesser großen Zylinder.

Statt jedoch über Kopf gedreht zu werden, drehen die Passagiere im Fall um die eigene Achse. Der Zug wird dabei immer schneller und vermag seine Mitfahrer im freien Fall immer wieder "einzuholen": 50 und 100 Stundenkilometer sind schnell erreicht, bei der Ausfahrt aus der Spirale werden rund 125km/h gemessen. Eben noch im freien Fall legt sich der Zug anschließend in einem aufgestellten Viertelkreisbogen nahezu wieder in die Waagerechte. Kurzzeitig werden die Mitfahrer wie schon bei der Turmeinfahrt in den Sitz gepresst, dann folgt die Zielgerade.

122 Meter geht es in die Tiefe - 18 beeindruckende Momentaufnahmen

Windschnittige Zieleinfahrt

Mit immer noch 180 Sachen schießt der Zug in Richtung des Ausstiegsbereichs, passiert die Ziellinie und wird schlussendlich in der Magnetbremse sicher zum Stillstand gebracht. Für die Zuschauer auf der Tribüne ist dieses Schauspiel fast noch interessanter als der eigentliche Start, bieten die Gesichter der vom Turm zurückkehrenden Mitfahrer, erzeugt durch den Staudruck der Luft, meist unfreiwillige Grimassen.

Erst auf der 250 Meter langen Geraden realisieren die Mitfahrer nach der abrupten, aber trotzdem weichen Bremsung das gerade Geschehene. Spontane Jubelausbrüche sind häufig zu verfolgen: Von 0 auf fast 200km/h, einen 130 Meter hohen Turm hinauf und hinunter und dies in gerade einmal 16 Sekunden erlebt man nicht allzu häufig. Für Cedar Point ist Top Thrill Dragster eine außerordentliche Spass- und Thrillmaschine, auf die der Park bis heute sehr stolz ist und selbstsicher der Konkurrenz trotzen kann.

Fahrtwind, Staudruck und Bremsimpressionen

Die Konkurrenz schläft nicht

Fakten zur Top Thrill Dragster

Die zweitschnellste und zweithöchste Achterbahn der Welt bietet eine windschnittige Präsentation im heissen Dragster Look

Gesamthöhe

128 Meter

Höhe Drop

122 Meter

Schienenlänge

854 Meter

Max. Geschwindigkeit

194 km/h

Max. Gefälle

90°

Max. Vertikalbeschleunigung

4.5g

Durchschnittliche Startbeschleunigung

1.8g

Fahrtzeit (Start bis Stillstand)

16 Sekunden

Fahrzeuge

6 Züge mit 5 Wagen; 2 / 4 Plätze pro Wagen

Hersteller

Intamin AG, Wollerau, Schweiz

Gesamtkosten

25 Millionen US-Dollar

Betreiber

Cedar Point, Sandusky, Ohio, USA

Eröffnung

04. Mai 2003

• Link zur offiziellen Webseite von Cedar Point

Mit Höllentempo schießt der Zug in die Magnetbremse

Gerade einmal zwei Jahre nach der Eröffnung von Top Thrill Dragster schnappte sich Cedar Fairs Mitbewerber, die amerikanische Six Flags Kette, beide weltweiten Rekordtitel unter den Nagel: Ihr Kingda Ka ist mit 206 km/h nicht nur schneller als Dragster, sondern toppt dessen Höhe durch eine 139 Meter hohe Turmkonstruktion um ganze elf Meter.

Für Intamin kam die Rekordjagd der Branchenführer unter den amerikanischen Achterbahnparks sehr gelegen, denn die Hydrauliktechnik des Dragster kommt auch im Six Flags Great Adventure zum Einsatz. Ansonsten sind beide Anlagen ähnlich gestaltet, wenn auch im Detail unterschiedlich: Kingda Ka wurden nur vier Züge spendiert, dafür eine Doppellade- und Entladestation mit Hochgeschwindigkeitsweiche. Die Schlussbremse wurde zudem kurzerhand auf einen rund 40 Meter hohen Airtime Hügel verlegt und die Drehung in der Abfahrt um einige Winkelgrade erweitert.

Im Vergleich vermag Top Thrill Dragster seine jüngere Schwester jedoch vor allem in Sachen Fahrkomfort zu schlagen: Beim Dragster werden die Fahrgäste durch Bauchbügel gesichert, bei Kingda Ka kommen Schulterbügel zum Einsatz. Mit letzterer Technik werden die Fahrgäste zwar gehindert, sich nach vorne zu legen oder ihren Oberkörper zu verdrehen. Der Fahrkomfort leidet aber vor allem durch den Schulterbügel in den Drehungen der Auf- und Abfahrt. Verstärkt ist bei Kingda Ka auch eine Unruhe des Zuges während der Katapultbeschleunigung festzustellen. Die Züge des Dragsters gleiten weitaus ruhiger über das Schienenbett. Zwar gingen die beiden Rekordtitel und somit die Marketingvorteile an Six Flags Great Adventure, der wahre Sieger mit einem rundum besseren Gestaltungs- und Fahrerlebnis steht aber in Cedar Point.

Bislang hat Intamin über ein Dutzend Hydraulik Katapultcoaster ausgeliefert, davon ein halbes Dutzend im Hochgeschwindigkeitssegment über 125 Stundenkilometer. Der Mut zur Innovation des Schweizer Herstellers hat auch andere Achterbahnhersteller bekräftigt, Abschussanlagen in das Lieferprogramm zu nehmen. Die "neue" Welle der Launch Coaster erreichte unlängst auch Europa, auch wenn hier vermehrt auf Geschwindigkeiten um oder unter 100 Stundenkilometer gesetzt wird. Ein neuer Geschwindigkeitsrekord wurde 2010 aufgestellt - wieder von Intamin: Mit bewährter "Dragster"-Technik wird auf in der Ferrrari World die Formula Rossa auf 240 Stundenkilometer beschleunigt. Statt hoch hinaus zu schiessen folgt nur ein knapp 60 Meter hoher Camelback nebst zwei Kilometer langer Schiene inmitten der Wüste des Emirats Abu Dhabi.

Text und Bilder: Coastersandmore - jp

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