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Site-Info: Editorial > Coaster Basics > Achterbahntypen: Seite 5 |
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Die höchsten Lifthügel der Welt: Der
95 Meter hohe Intimidator 305 (links) und der 97 Meter hohe Kettenlift von
Steel Dragon 2000 in Japan (rechts) |
Die klassische Antriebsart einer Achterbahn basiert auf einem
Lifthügel. Seit Beginn der Achterbahn-Ära wird der Zug einen
aufsteigende Schienenrampe hinaufbefördert, um von dessen höchstem
Punkt aus seine Graviationsfahrt zu beginnen. Der Wagenverbund absolviert den
kompletten Parcours ausschließlich durch die initial auf dem
Lifthügel erworbene potentielle Energie. Jeder Höhenmeter, den der
Zug mitsamt seiner Passagierbeladung während dem Anstieg gewinnt, wird auf
der Talfahrt in kinetische Energie, auch Bewegungsenergie, umgewandelt.
Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts entwickelte der
deutsche Anton Schwarzkopf das Konzept des Katapultcoasters. Wie ein
Düsenjet auf einem Flugzeugträger wird der Zug auf gerader Strecke
von null auf seine Höchstgeschwindigkeit beschleunigt. Der Antrieb ist
außerhalb des Zuges angebracht. Heutige Katapultcoaster setzen auf
verschiedene Wirkprinzipien: So werden verschleißarme aber
energiehungrige lineare Magnetantriebe, Megawatt-starke Hydraulikwinden,
Luftdruckzylinder oder klassische Schwungscheiben wie auch elektrische oder
hydraulische Reibräder eingesetzt. Der Lifthügel zur Energiezufuhr
ist heute zwar immer noch die häufigste Wahl, jedoch nicht mehr zwingend
von Nöten. Auf diesen können auch die klassischen Powered Coaster
verzichten, deren mit Elektromotoren ausgestatteten Züge die meist flach
gehaltene Strecke absolvieren.
Lifthügel-Antriebe
Hydraulik-Katapultantrieb mit
Seilwinde
LIM / LSM-Katapultantrieb
Pneumatik-Katapultantrieb
Powered Coaster
Reibrad-Katapultantrieb
Schwungrad-Katapultantrieb
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Mit dem Lifthügel wird die Auffahrt einer Achterbahn
bezeichnet, auf welcher der Zug mittels einer Antriebsmechanik
hinaufbefördert wird. Im Grenzfall steigt die Rampe vertikal in die
Höhe oder der Wagen befindet sich mitsamt Schiene in einer
Transporteinheit und wird wie in einem Fahrstuhl angehoben. Der Zug erhält
mit jeden zusätzlichen Höhenmeter ein größeres initiales
Energiepotential, welches anschließend in der dem Lifthügel
folgenden Gravitationsfahrt in Bewegungsenergie umgesetzt wird.
Die Schienengeometrie im Lifthügel kann verschiedene
Ausprägungen besitzen: Die mit konstantem Winkel ansteigende, geradlinig
geführte Auffahrt ist die häufigste geometrische Ausgestaltung. Die
Schiene kann jedoch auch spiralförmig um ein Zentrum geführt sein.
Obwohl der Lift klassischerweise unmittelbar hinter der Station am Anfang der
Fahrt angeordnet ist, führen örtliche Gegebenheiten hin und wieder zu
einer Platzierung mitten auf oder gar am Ende der Strecke.
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Der Chain Dog greift formschlüssig um einen
beliebigen Kettenbolzen - im gezeigten Beispiel würde die Kette von links
nach rechts den Chain Dog mitsamt angebrachtem Zug zur Liftkuppe fördern;
dort überholt der Zug durch die eintretende Gravitationsbeschleunigung die
Kette und löst sich automatisch aus der formschlüssigen
Bindung |
Der weltweit höchste Lifthügel wurde im japanischen
Nagashima Spaland auf der Stahlachterbahn Steel Dragon 2000 realisiert und
erreicht einen Strukturhöhe von 97 Metern. Die
Aurfwärts-Förderung wird durch zwei unabhängige Kettenantriebe
verwirklicht, die jeweils einen gleich langen Teil der Auffahrt abdecken.
Neben der stählernen Kette als Fördermittel finden
verschiedene Antriebsmechanismen auf Achterbahnen Verwendung. Die nachfolgende
Aufzählung beschreibt sämtliche vorkommenden Techniken.
Der Kettenantrieb fördert den Zug mit einer umlaufenden
Förderkette den Lifthügel hinauf. An den beiden Enden des
Kettenantriebes lenken Zahnräder, die sogenannten Umlenkräder, die
Förderkette um 180° um. Eines der beiden Zahnräder wird über
ein Getriebe durch einen Elektro-, Diesel- oder Hydraulikmotor angetrieben.
Der Zug hakt üblicherweise direkt mittels eines
Mitnehmerhakens, dem Chain Dog, in die Kette ein. Dazu legt sich der Chain Dog
formschlüssig um einen beliebigen Kettenbolzen (siehe Bild rechts). Andere
Systeme verwenden einen in den Kettentrieb integrierten Mitnehmerschlitten, in
den der Zug ebenfalls mittels des Chain Dog einhakt oder der an einer starren
Funktionsfläche am Stahlunterbau des Zuges angreift. Erreicht der
Schwerpunkt des Zuges die Kuppe, so überholt der Zug durch die eintretende
Gravitationsbeschleunigung die Kette und löst sich automatisch aus der
formschlüssigen Bindung. Der Kettenantrieb ist der am häufigsten
angewandte Antriebsmechanismus eines Lifthügels.
Funktionell sehr ähnlich ist der Kabellift, bei dem statt
einer Kette ein Stahlseil umläft. Dieser ist quasi der Vorgänger des
Kettenantriebs und heute nur noch bei Scenic Railways anzutreffen. Anstatt des
Chain Dogs stellt ein Greifmechanismus den Kontakt des Zuges zum Stahlseil
her. |
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Reibradlifte können auf geraden oder
kurvigen Auffahrten zum Einsatz kommen |
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Zwei einander gegenüber angeordnete
Reibräder bilden einen definierten Spalt, in den ein unterhalb des
Fahrzeuges angebrachter länglicher Balken eingreift |
Der Reibradantrieb fördert den Zug über Reibräder
den Lifthügel hinauf. Die Räder greifen an einer unterhalb des Zuges
angebrachten Funktionsfläche an. Diese besitzt üblicherweise eine
Schwert- oder Balken-förmige Geometrie, welche kraftschlüssig durch
einen definierten Spalt von paarweise einander gegenüber angeordneten
Reibrädern getrieben wird.
Die Reibräder bestehen aus luftgefüllten oder
Vollgummireifen und werden durch Elektro- oder Hydraulikmotoren angetrieben.
Dazu besitzt jedes Reibrad einen eigenen Motor mit Getriebe oder die
Reibräder werden über einen zentralen Motor mittels Kardanwelle oder
Riementriebe angetrieben.
Reibradantriebe sind durch ihren Kraftschluss sehr anfällig
bei nasser Witterung. Wasser verringert den Reibwert zwischen Rädern und
Funktionsfläche und begrenzt dadurch die maximal übertragbare Kraft.
Im Extremfall rutscht die Funktionsfläche über die Reibräder,
sodass überhaupt kein Vortrieb stattfindet.
Der Reibradantrieb wird vor allem bei Familienachterbahnen mit
leichten Zügen oder Lifthügeln mit geringer Steigung oder kleinen
Höhenunterschieden eingesetzt, so zum Beispiel beim Oki Doki Coaster der
niederländischen Firma Vekoma im Bobbejaanland. Jedoch besitzen auch die
großen, transportablen Achterbahnen Alpina Bahn und Olympia Looping aus
Platzgründen einen Reibradantrieb, um den Transport über eine
geschwungene 180°-Kurve zum Hochpunkt der Anlage zu gewährleisten.
Der Seilwindenantrieb fördert den Zug durch einen an einem
Stahlseil befestigten Mitnehmerschlitten den Lifthügel hinauf. Das
Zugmittel wird über Umlenkrollen über die Liftkuppe geführt und
schließlich auf einer Seiltrommel aufgewickelt. Ein Elektromotor nebst
nachgeschaltetem Getriebe oder ein Hydraulikmotor versetzt diese in Rotation.
Der Zug greift formschlüssig durch einem am Fahrzeug
angebrachten Haken, der ähnlich wie der Chain Dog beim Kettenlift
ausgebildet ist, in den Mitnehmerschlitten ein. Andere Designs ermöglichen
die Kraftübertragung vom Seil auf den Zug durch eine Klauenkulisse oder
eine Exzenterkupplung.
Der Seilwindenantrieb ermöglicht hohe
Vortriebs-Geschwindigkeiten von bis zu 40 Stundenkilometern. Der moderne
Seilwindenantrieb wurde erstmals von der niederländischen Firma Vekoma
beim Shuttle Coaster Boomerang im Jahre 1984 verwirklicht. Weiterhin findet er
bei Vekoma Verwendung auf den Achterbahnprodukten Giant Inverted Boomerang und
Big Air. Beide Anlagen gehören zur Gattung der Shuttle Coaster.
Die Firma Intamin setzt seit dem Jahre 2000 eine Weiterentwicklung
des Seilwindenantriebes ein, bei der ein Rückzugseil den Seiltrieb
schließt. Eine Spannsystem am Fuße des Lifthügels hält
den geschlossenen Seiltrum in konstanter Vorspannung. Erstmalig wurde der
Seilwindenantrieb auf dem Gigacoaster Millennium Force eingesetzt und kommt
seitdem auf allen Mega-, Mega Lite- und Gigacoastern aus dem Hause Intamin zum
Einsatz und ermöglicht Geschwindigkeiten von 30 kmh. Damit gehört der
Seilwindenantrieb neben dem LSM zu den schnellsten Antriebssystemen für
Lifthügel. |
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Beim Trommelantrieb ist die Liftschiene spiralförmig
aufwärts ansteigend um eine zentrale Stahlstruktur gewunden, welche um
ihre senkrechte Mittelachse rotiert. Diese offene, sich ständig drehende
Mitnehmerstruktur besitzt die gleiche Höhe wie der höchste Punkt des
Lifts. Ein oder mehrere nach oben durchgehende Stahlprofile sind senkrecht an
der Außenseite der Trommel befestigt. Jeder Zug weist seitlich einen zum
Mittelpunkt des Trommelantriebes gerichteten Mitnehmer auf. Das Stahlprofil
erfasst den Mitnehmer und schiebt durch die ständige Drehung der Trommel
den Zug die Schienenspirale nach oben.
Der Trommelantrieb ist bei Achterbahnen der deutschen Firma Mack
Rides oder bei den Bahnen vom Typ Flying Coaster des italienischen Unternehmens
Zamperla zu finden. Das Liftsystem ist platzsparend und vermag mehrere
Züge oder Wagen gleichzeitig zu fördern. Bei der Indoor-Achterbahn
Eurosat im Europa Park können gleichzeitig bis zu vier Züge
den 25,5 Meter hohen Spirallift emporklettern. Die Fahrzeit im Lift
beträgt rund 130 Sekunden - fast das doppelte der eigentlichen
Gravitationsfahrt. |
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Links: Der Eigenantrieb eines (inzwischen
geschlossenen) Loopingcoasters im französischen Parc Saint Paul - Rechts:
Der Spirallift des Jet Star Coasters von Schwarzkopf |
Auf flachen Liftstrecken erklimmen die Züge durch einen
Eigenantrieb im Fahrzeug die Lifthügelrampe. Dabei wird der Antrieb nur
auf der Liftrampe bestromt. Dieses System wurde zum Beispiel von der deutschen
Firma Schwarzkopf beim Jetstar Coaster eingesetzt. Die Liftstrecke ist dabei
vornehmlich als Spirale ausgeprägt.
Beim Achterbahnexoten Looping der franzöischen Firma Soquet,
welcher bis zum Jahre 2006 im französischen Parc Saint Paul
betrieben wurde, beschleunigt der am letzten Wagen angebrachte Eigenantrieb den
Zug direkt in den Vertikallooping. Von dessen Scheitel an verläuft die
Fahrt durch Gravitation weiter.
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LSM Lift bei Maverick im amerikanischen Cedar
Point |
Die Firma Intamin setzt als einziges Unternehmen den
berührungslosen LSM und LIM Antrieb für die Förderung auf
Lifthügeln ein. Bislang wurden drei Anlagen realisiert. California
Screamin' in Disney's California Adventure war die erste Anlage mit
berührungslosen LIM Antrieben, bei der drei am Zug angebrachte
Aluminiumschwerter in die Luftspalte der an der Schiene angebrachten LIM Module
eingreifen. Die elektrischen Kupferspulen in den Modulen erzeugen in den
Schwertern ein Magnetfeld, welches mit dem der Spulen interagiert und sich
voneiander abstossen. Der somit erzeugte Schub ist ausreichend, um den Zug auf
der 30 Grad steilen Rampe emporzuschieben.
Ein ähnliches Anwendungsprinzip kommt mit dem LSM Motor auf
Atlantis Adventure in der koreanischen Lotte World und Maverick im
amerikanischen Cedar Point zum Einsatz. Der dort eingesetzte LSM Stator ist
identisch zum Funktionsprinzip der LIMs, jedoch bringt der Zug bereits ein
Magnetfeld in Form von Permanentmagneten mit, die unterhalb des Fahrzeuges um
einen in der Fahrtrichtung ausgerichteten Luftspalt angeordnet sind. Der LSM
Motor muss somit kein Magnetfeld mehr im Läufer des Fahrzeuges induzieren
und erreicht damit deutlich höhere Wirkungsgerade. Auf Maverick werden die
dreigliedrigen Züge sogar mit bis zu 28 Stundenkilometer den 35 Grad
steilen Lift per LSM emporgeschoben. |
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Links: Der Hydraulikantrieb von KingdaKa
drückt ein Ölvolumen mit 300bar, dem 300-fachen Luftdruck, über
armdicke Schläuche durch rund 50 Hydraulikmotoren, welche eine Seilwinde
antreiben - Im Vordergrund ist einer von zwei Öltanks zu sehen, links und
rechts des Bildes die Stickstofftanks mit nachgeschalteten
Öl-Kolbenspeichern - rechts: Die 200 Meter lange Launchstrecke führt
auf einen 139 Meter hohen Turm |
Das patentierte Katapultsystem der Firma Intamin setzt auf eine
hydraulisch betriebene Seilwinde, welche zwei Zugseile aufwickelt, an deren
Enden sich ein Mitnehmerschlitten befindet. In diesen klinkt der Zug kurz vor
dem Start automatisch mittels eines Hakens ein. Rotiert die Winde, so werden
die beiden Zugseile aufgewickelt und der Zug über die Launch-Strecke
bewegt. Dabei werden Initialbeschleunigungen von bis zu 2.5g realisiert. Ist
die Höchstgeschwindigkeit erreicht, schaltet der Antrieb ab und der
Schlitten mitsamt der Winde werden durch fest an der Schiene installierte
Wirbelstrombremsen abgebremst. Gleichzeitig löst sich der Zug automatisch
vom Schlitten und startet seine Gravitationsfahrt.
Die hydraulische Antriebsmechanik ist üblicherweise am Ende
der Launchstrecke in einem abgeschlossenen Gebäude platziert. Dort wird
das Hydrauliköl zwischen den Startsequenzen mittels Pumpen aus einem
drucklosen Tank in einen Kolbenspeicher gefördert. Dieser ist mit
nachgeschalteten, ständig unter Hochdruck stehenden
Stickstoffbehältern verbunden. Stickstoff kann im Gegensatz zu Öl
sehr gut komprimiert werden und nimmt dabei hohe Drücke an. Im
ausgeschalteten Zustand der Anlage liegt der Stickstoffdruck im vorgespannten
Kolbenspeicher bei etwa 250bar. Die Pumpe fördert stetig Öl in den
Kolbenspeicher. Das Ölvolumen im Kolbenspeicher wird dadurch
vergrößert und das Stickstoffvolumen verkleinert, woraufhin der
Druck im System stetig steigt .
Bei Erreichen des Maximaldrucks, etwa 300 bar, wird die
Förderung der Pumpen eingestellt. Durch Öffnen der Ventile am
Druckspeicher drückt der schlagartig expandierende Stickstoff das Öl
aus dem Kolbenspeicher, wobei es regelrecht durch die Motoren schießt,
welche über ein Getriebe die Seilwinde antreiben. Eine aufwändige
Ventilmechanik regelt den Öldurchfluss der Motoren, um äußere
Einflüsse wie auch das unterschiedliche Beladungsgewicht des Zuges
auszugleichen.
Ein drittes Stahlseil, welches vom Catch Car mittels einer auf
der Höhe der Station befindlichen Umlenkrolle zur Winde
zurückgeführt wird, garantiert eine stetige Vorspannung des
Seilsystems. Die beim Anlaufen gegen Last entstehende zusätzliche
Seildehnung wird durch einen linearen Kolbenzylinder an der Umlenkrolle
kompensiert. Zusätzlich sorgt das dritte Seil für einen garantierten
Rücktransport des Schlittens zum Ausgangspunkt. Entsprechend ist die
Wickelrichtung des dritten Seils auf der Winde gegenüber den beiden
Zugseilen umgekehrt. Während die beiden Zugseile beim Katapultstart
aufgewickelt werden, wird das Spannseil abgewickelt.
Bis etwa 2010 wurde die Hydraulik überall dort eingesetzt, wo
Geschwindigkeiten fern der 100 km/h erreicht werden mussten. Der Vorteil des
Hydraulikmotors liegt in der hohen Kraftdichte und der Möglichkeit,
Energie im Hydrauliksystem zwischenzuspeichern, um die Anschlussleistung der
Anlagen gering zu halten. Mit der stetigen Weiterentwicklung der LSM-Motoren in
Kombination mit immer kostengünstigeren Energiespeichermethoden wird der
LSM die Hydrauliktechnik in Zukunft verdrängen. Die letzte
Hochgeschwindigkeitsachterbahn mit Hydraulikantrieb ist die weltweit schnellste
Achterbahn Formula Rossa in der Ferrari World in Abu Dhabi. Dabei wird
innerhalb von viereinhalb Sekunden eine Höchstgeschwindigkeit von 240km/h
erreicht. Hydraulikantriebe mit ähnlichem Funktionsprinzip werden auch von
der Firma Vekoma auf Familienachterbahnen eingesetzt. |
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Antriebsschema des Intamin
Hydraulik Katapult Coasters |
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Links: Ein rund ein Meter langes LIM-Modul von
California Screamin', welches drei am Fahrzeug installierte Kupferschwerter
aufnehmen kann - rechts: die Launchstrecke mit LIM-Modulen, Anschlussboxen und
einem Zug in der Beschleunigungsphase |
Der Lineare Induktions Motor, kurz LIM, entstammt in seiner
Funktionsweise dem Wechselstrommotor. Der einzige Unterschied liegt darin, dass
statt einer rotatorischen eine lineare Bewegung erzeugt wird. An der Schiene
sind dazu über die gesamte Katapultstrecke Motormodule mit elektrischen
Spulen - den Statoren - montiert, die um einen etwa 20 Millimeter breiten
linearen Luftspalt gruppiert sind. Der Motor besitzt dabei eine Länge von
etwa einem Meter. Am Zug befindet sich ein Kupfer- oder Aluminiumschwert - der
Läufer -, welches vom LIM berührungslos durch den Spalt gezogen
wird.
Das Funktionsprinzip des Antriebs folgt dabei dem Gesetz der
Induktion. Eine angelegte Wechselspannung erzeugt in den Spulen des
Linearmotors ein wanderndes Magnetfeld mit ständigem Wechsel der
Polarität zwischen nord und süd. Das Wanderfeld bewegt sich entlang
der Katapultsrecke, seine Fortbewegungsgeschwindigkeit wird durch die Frequenz
des angelegten Stroms bestimmt. Das im Stator angelegte magnetische Wanderfeld
induziert im "Läufer" eine elektrische Spannung, die die freien Elektronen
im Schwert in Bewegung versetzt. Dieser Elektronenfluss erzeugt wiederum ein
Magnetfeld. Beide Magnetfelder interagieren miteinander, ungleiche Pole ziehen
sich an, gleiche Pole stoßen sich ab.
Durch die Wechselwirkung der beiden Magnetfelder entsteht eine
Kraftkomponente in Richtung des Wanderfeldes, welche den Achterbahnzug in
Bewegung setzt. Die erste mittels LIM beschleunigte Achterbahn wurde 1996 vom
amerikanischen Achterbahnhersteller Premier Rides in Zusammenarbeit mit der
englischen Firma Force Engineering verwirklicht. Flight of Fear findet sich im
Kings Island Freizeitpark in den USA.
Die acht Tonnen schweren Züge werden mittels 112 auf einer
rund 60 Meter langen Katapultstrecke paarweise installierter LIM-Module auf
maximal 87 km/h beschleunigt. Dabei wird eine durchschnittliche Beschleunigung
von 0.75g erreicht. Für diesen speziellen Kick benötigt die
Loopingbahn während des Abschusses stolze 3,6 Megawatt Antriebsleistung,
rund das 15-fache eines herkömmlichen Liftantriebes.
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Links: Blue Fire im Europa Park ist ein LSM
Coaster der neueren Generation - Rechts: Das Wandermagnetfeld der parallel
angeordneten Statoren interagiert mit einem Magnetfeld im Luftspalt unterhalb
der Fahrzeuge, welches durch starke Permanentmagnete alternierender
Polarirät links und rechts des Luftspalts aufgebaut wird |
Um die Nachteile der LIM-Antriebe, insbesondere ihren schlechten
Wirkungsgrad und den in Folge hohen Strombedarf, zu minimieren, wurde 1997 im
Hause Intamin in Zusammenarbeit mit der Müncher Unternehmen Intrasys die
LSM-Technik achterbahnfähig gemacht. Der Prototyp Superman the Escape
entstand im Six Flags Magic Mountain in Kalifornien und beschleunigt auf 160
Stundenkilometer. Heute beliefert Intrasys als Systemlieferant
Achterbahnhersteller wie Mack, Bolliger&Mabillard, Gerstlauer oder Premier
Rides. Ublicherweise erreicht der LSM-Antrieb Maximalbeschleunigungen von bis
zu 1g, zum Beispiel bei Blue Fire im Europa Park. In Kombination mit leichten
Wagen und langen Magnetbalken wurden sogar Beschleunigungen von bis zu 1.8g wie
beim Fluch von Novgorod im Hansa Park realisiert.
Ein LSM unterscheidet sich vom LIM in einem einzigen Detail: Beim
Läufer wird statt einer Kupfer- oder Aluminiumplatte ein Magnetbalken mit
alternierender Polarität eingesetzt. Der Stator taucht in einen etwa 40
Millimeter breiten Luftspalt ein, der beidseitig von Permanentmagneten gebildet
wird. Die Asynchron- wird dabei zur Synchronmaschine: Statt dass ein Magnetfeld
im Läufermedium vom elektromagnetischen Wanderfeld der Statoren induziert
wird, interagiert das Magnetfeld der Permanentmagnete direkt mit dem elektrisch
erzeugten Wanderfeld im Stator. Das Fahrzeug reitet wie ein Surfbrett auf der
elektromagnetischen Welle des Statormagnetfeldes.
Der Wirkungsgrad des LSM ist mit 60 bis 80 Prozent fast doppelt so
hoch wie die des LIM, obwohl die Magnete am Fahrzeug die zu beschleunigende
Masse vergrößern. Dies ist auf das permanente Magnetfeld im
Läufer zurückzuführen. Beim LIM wird das benötigte
elektromagnetische Reaktionsfeld in der Aluminium- oder Kupferplatte über
das Statorfeld erzeugt. Dabei entstehen in der Platte hohe elektrische
Wirbelströme, welche in Form von Verlustwärme eine Verringerung des
Wirkungsgrades bedeuten. |
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Antriebsschema Air Launch des S&S Thrust Air
2000 |
Der patentierte Pneumatikantrieb kommt ausschließlich bei
Katapultachterbahnen des amerikanischen Herstellers S&S zum Einsatz. Von
einer Luftnummer kann man allerdings nicht sprechen: Er bietet mit bis zu 4.25g
das höchste jemals realisierte Beschleunigungsvermögen einer
Katapultachterbahn.
Parallel zur Katapultstrecke verläuft ein Luftdruckzylinder,
der durch einen Kolben in zwei Kammern unterteilt ist. Am Kolben ist ein
Seiltrieb befestigt, welcher an den luftdichten Enden des Luftdruckzylinders um
zwei Umlenkrollen geführt ist. Der Antriebstrum des Seiltriebs führt
durch den Zylinder. Er ist im Bereich der Fahrstrecke angeordnet und dort an
einem Mitnehmerschlitten befestigt, der mit dem Zug über einen
Mitnehmerhaken in Kontakt steht. Das für den Katapultstart des Zuges
notwendige Energiepotential wird vor jedem Start stetig aufgebaut, indem
Hochleistungskompressoren die Umgebungsluft komprimieren und in Zwischentanks
fördern. In den Tanks besitzt die komprimierte Luft ein Druckniveau von
etwa 10 bar, dem Zehnfachen des Atmosphärendrucks. Im Wirkmedium Luft ist
Energie gespeichert. Die Luft wird durch das Öffnen von Ventilen
schlagartig in den Luftdruckzylinder geleitet und die Energie über die
Seilmechanik auf den Zug übertragen. |
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Mit 172 Stundenkilometern
rast der mit Pneus bereifte Zug des S&S Air Launch Coasters Dodonpa die
Schienentrasse entlang |
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Strömt die komprimierte Luft aus den Tanks in die eine Kammer
des Zylinders, so liegt am Kolben ein Druckpotential vor. Dieses entlädt
sich schlagartig in einer Kraft, die den Kolben durch den Antriebszylinder
drückt. Über den Seiltrieb wird der Mitnehmerschlitten mitsamt des
Zuges mitgerissen. Durch das Entlangschnellen des Kolbens im Zylinder
expandiert die Hochdruckkammer, deren Druckpotential durch das stetige
Nachströmen der komprimierten Luft aus dem Zwischentanks nahezu erhalten
bleibt. Somit fällt die Initialbeschleunigung nur langsam ab. Die
Niederdruckkammer wird stetig komprimiert, wodurch sich darin ein weiteres
Druckpotential aufbaut. Wird dieses größer als das Druckpotential in
der expandierenden Kammer, so federt der Kolben mitsamt dem Mitnehmerschlitten
zurück. Der Zug löst sich dabei automatisch vom Mitnehmerschlitten.
Das Antriebssystem pendelt einige Male hin und her und wird dabei immer
langsamer. Dieser Selbstausgleich wird durch Auslassventile, über welche
die komprimierte Luft zusätzlich abgelassen wird, verstärkt. Eine
externe Bremsmechanik ist nicht von Nöten. |
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Powered Coaster befahren mit Elektromotoren
ausgestattet niedrige Streckenzüge ohne den sonst obligatorischen
Lifthügel |
Als Powered Coaster werden Achterbahnen bezeichnet, bei denen der
Zug mittels eines eigenen Antrieb dauerhaft angetrieben wird. Diese Bahnen
kommen somit ohne einen Lifthill oder andere Beschleunigungsantriebe von
außen aus. Meist werden als Antrieb Drehstrommotoren eingesetzt, die
über Schleifschienen unterhalb des Zuges an den Gleisen mit Strom versorgt
werden. Entweder werden die Laufräder des Zuges angetrieben oder es gibt
zwischen den Schienen eine zusätzliche Lauffläche für spezielle
Antriebsräder, die Reibräder. Die Geschwindigkeit kann stufenlos
geregelt werden. Zudem wird der Antrieb auch zur Bremsung des Zuges verwendet.
Powered Coaster wurden von der Firma Schwarzkopf gebaut. Heute fertigen
beispielsweise noch die Firmen Mack und Zamperla derartige Achterbahnen.
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Mittels in der Schiene eingebauter Reibräder wird der Zug
beschleunigt, wobei Katapultstarts aus dem Stand heraus oder mit bestehender
Initialgeschwindigkeit möglich sind. Dabei werden Beschleunigungen von bis
zu 0.5g realisiert. Die Reibräder werden entweder über einen
leistungsstarken Elektromotor oder mittels eines Energiespeichers mit
nachgeschalteten Hydraulikmotoren angetrieben. Die Realisierung eines
Katapultstartes mit Reibrädern ist die kostengünstigste Variante
für Launch-Antriebe und wird häufig bei Familienachterbahnen
eingesetzt. Die Liechtensteiner Firma Intamin hat bislang vier
Reibrad-Katapultantriebe realisiert. Eine mit Elektromotoren realisierte Anlage
findet sich im Indoor Spinning Coaster Comet Express in der
südkoreanischen Lotte World. Der Prototyp mit Hydraulikaggregat, ist war
bis 2015 im Shinagawa Prince Hotel in Tokyo im Einsatz: Die Indoor Achterbahn
beschleunigte aus der Station heraus auf etwa 40 Stundenkilometer, legte sich
in eine 180° Steilkurve und wurde schließlich von einer zweiten
Reibradgruppe in den Vertikallooping geschleudert. Die Speichereinheit mit
Stickstoffbehältern, Hydrauliktank und Ventilgruppen ist ähnlich wie
bei den hydraulischen Seilwindenantrieben aufgebaut. Anlagen mit identischem
Antrieb wurden an der Goldküste Australiens als Motorbike- und
Jetski-Coaster realisiert.
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Reibradlaunch mit Elektromotoren auf Intamins
Juvelen Launch Coaster im dänischen Djurs Sommerland |
Die Weiterentwicklung Juvelen setzt auf die gleichen
Antriebsräder, jedoch wurden die Hydraulik- durch Elektromotoren ersetzt.
Der Clou liegt in der Energiespeicherung: Um die Anschlußleistung und
somit die Stromspitzen so gering wie möglich zu halten, speichern die 40
Motoren der einen Katapultstrecke einen beträchtlichen Teil der Energie,
welche die andere Katapultstrecke benötigt, um den vollbeladenen, sieben
Tonnen schweren Zug zu beschleunigen. Kurz vor dem Start des Zuges drehen die
40 Reibradelemente des zweiten Launches auf über 100km/h Geschwindigkeit
auf. Die 25 Kilogramm schweren Reibräder werden zur Schwungmasse. Durch
die Rotation der Räder wird Energie gespeichert, welche über ein
intelligentes Rückspeisesystem beim Hochfahren den 40 anderen
Reibrädern der ersten Katapultstrecke zur Verfügung gestellt wird -
der Motor wird zum Generator, eine Art großzügigem Dynamo.
Während der Zug von null auf 65 km/h beschleunigt wird, speisen die 40
Schwungmassen die Elektromotoren der initialen Katapulstrecke und werden dabei
automatisch abgebremst. Ein stationäres Schwungrad mit gleichem
Funktionsprinzip unterstützt dabei die 40 "Mini"-Generatoren. Ein
Umrichter im Elektroraum sorgt für die Verteilung der gespeicherten
Energie. Statt einem Megawatt Leistung für die Beschleunigung des Zuges
wird nur die Hälfte an Spitzenleistung vom Stromnetz angefordert. Für
Parkbetreiber ein durchaus wichtiger Kostenfaktor, denn sie bezahlen
üblicherweise ihren Strom anhand der benötigten Spitzenleistung.
Der bis zum Jahre 2015 einzige B&M Launch Coaster setzt
ebenfalls auf einen Reibradantrieb, auch wenn die Schweizer Ingenieure den
Katapulantrieb beim "grünen" Hulk-Loopingmonster im amerikanischen Islands
of Adventure Themenpark nicht selbst verantworteten. Die stark aufwärts
steigende Abschussrampe wurde vom Sublieferanten Reliance mit einem Powerpaket
aus 220 elektrischen Wechselstrommotoren ausgestattet. Jeder der 18 Kilowatt
starken Motoren setzt seine Leistung über ein nachgeschaltetes Getriebe
direkt auf Reibräder um, welche paarweise an der Unterseite der Fahrzeuge
für den ungeheuren Vorschub sorgen. Damit die Antriebskraft problemlos
übertragen werden kann, werden die Motoren mit mehreren hundert Kilogramm
gegen die Reibflächen am Fahrzeug gepresst. Um die Geschwindigkeit
kontinuierlich ansteigen zu lassen, sind alle Motoren mit leistungsstarken
Frequenzumrichtern ausgestattet. Eine Steuerung erhöht kontinuierlich die
Frequenz des Wechselstroms und beschleunigt somit die Motoren von null auf 65
Stundenkilometer innerhalb von zwei Sekunden. Als Energiespeichersystem werden
vier Schwungradgeneratoren eingesetzt. Elektromotoren treiben in den Pausen
zwischen zwei Abschuss-Zyklen fünf Tonnen schwere Schwungräder an,
welche wie ein überdimensionaler Dynamo den benötigten Strom an das
Katapultsystem liefern. Insgesamt werden pro Abschuss kurzfristig acht Megawatt
Antriebsleistung freigegeben. |
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Die Rutschkupplung des
Schwungrad-Katapulantriebes in Lebensgröße |
Der Shuttle Loop der legendären deutschen Achterbahnschmiede
Schwarzkopf war Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts die weltweit erste
Katapultachterbahn: Innerhalb von knapp vier Sekunden beschleunigt der Zug auf
85 Stundenkilometer. Die Katapultachterbahnen nutzen dazu ein Kontergewicht,
welches innerhalb einer Stahlröhre aus einer Höhe von rund 20 Metern
fallen gelassen wird und über einen Seiltrieb den tonnenschweren Zug auf
der horizontalen Strecke beschleunigt. Von dieser Bauform sind heutzutage
weltweit noch zwei Bahnen in Betrieb. Spätere Anlagen nutzen als
Energiespeicher ein Schwungrad anstatt des Fallgewichts.
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Antriebsschema des
Schwungrad-Katapultantriebes |
Für den katapultartigen Powerstart setzte Schwarzkopf auf
eine recht simple Mechanik: Der Zug wird mittels eines Seiltriebs, welcher
über zwei Seilscheiben mit einem Durchmesser von rund zwei Metern
geführt wird, gleichmäßig beschleunigt. Am Zugseil befindet
sich ein fest arretierter Mitnehmer, der sogenannte Pusher, der während
der Beschleunigungsphase mit dem Zug in Eingriff steht. Vor dem Start greift
dieser formschlüssig in eine am letzten Wagen angebrachte Vorrichtung
ein.
Um die für die Beschleunigung kurzzeitig erforderliche hohe
Antriebsleistung nicht direkt mit einem Elektromotor aufbringen zu müssen,
verwendete Schwarzkopf das Prinzip der Energiespeicherung mittels einer
rotierenden Masse. Das mehrere Tonnen schwere Schwungrad wird im Zeitintervall
des Be- und Entladens über einen Keilriemen mittels eines Elektromotors
auf die für den Startvorgang benötigte Drehzahl gebracht. Die dabei
gespeicherte kinetische Energie wird anschließend über eine
Reibkupplung auf die Seilscheibe in der Antriebsstation geschaltet.
Nach dem Beschleunigungsvorgang wird die Reibkupplung gelöst
und der E-Motor kann seine Arbeit wieder verrichten. Dies geschieht in einer
Stunde bis zu 20 mal. Die im Schwungrad gespeicherte Energie beschleunigt den
Zug mit durchschnittlich 0,7g auf seine Höchstgeschwindigkeit von 85
Stundenkilometern. Dabei wird eine langgezogene Startstrecke von knapp 50
Metern benötigt. |
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Text: Coastersandmore - jp, Bilder, Skizzen: Archiv,
Coastersandmore |
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