Werbung WBMW Germany
English
 

Site-Info: Editorial > Ride Insights > Xcelerator - Intamins Accelerator Coaster Premiere

Xcelerator - Intamins Accelerator Coaster Premiere

Links: Der 62,5 Meter hohe Top Hat will bezwungen werden - rechts: Der Zug wird aus der Station katapultiert

Da sitzen wir nun in einem als 57er Chevy dekorierten Achterbahnzug und schauen ehrfürchtig auf die Startampel. Stille, Spannung - nein Anspannung. Das Mädchen in der ersten Reihe bekommt einen Heulkrampf, winkt aber ab als man sie aus dem Sitz holen will. Krampfhaft umschließen die Hände den Bügel. Scheinbar schier unendliches Warten, dann geht es los.

Von einer Sekunde auf die andere werden rund acht Tonnen mit ungeheurer Wucht aus der Station katapultiert. 20 Menschen, ein Zug, und alle werden wie von Geisterhand ins Abenteuer geschossen. Keine zweieinhalb Sekunden dauert es, dann haben wir den Top Speed von 132 Stundenkilometern erreicht und der Wagen neigt sich in die Senkrechte. Die Sonne blendet, es geht aufwärts. Pfeilschnell rast der Zug gen Himmel, wird leicht nach links gedreht, und dann erleben wir dieses Gefühl... .

Verwandte Themen

• Top Thrill Dragster - "Aufgeblasener" Nachfolger des Prototyps• Speed Monster - Formel 1 Renner mit Überschlag

Am Hochpunkt der Bahn, 60 Meter über den Erdboden, verzögert der Zug und schiebt sich über die Kuppe. Der Sitz ist nicht mehr zu spüren, der Wagen neigt sich in die Senkrechte. Die Augen nur noch in die Tiefe gerichtet folgt der Fall. Die Erdanziehung holt uns wieder zurück auf den Boden der Tatsachen. Der kalifornische Erdgrund kommt immer näher, wir im senkrechten Sturzflug. Im freien Fall folgt noch eine Rechtsdrehung um 90°, dann Blitzlichtgewitter und extreme Kompression am Boden. Dem Andrenalinschock schließen sich zwei Steilkurven in luftiger Höhe an, dann legt der Wagen eine Vollbremsung hin. Der Coasterritt dauerte gerade einmal 24 Sekunden.

Xcelerator im Überblick: Im Vordergrund der 51 Meter lange Launch Track, linker Hand der 62,5 Meter hohe Top Hat und in der Bildmitte die beiden Hochgeschwindigkeitssteilkurven

Knott's Berry Farm

Die offene Station des Xcelerator ist der Ausgangspunkt jeden Katapultstarts

Fünf, sechs Straßenblocks vom Zauberreich der Mickey Maus im kalifornischen Buena Park entfernt wartet mit Knott's Berry Farm der älteste Themenpark der USA. Alles begann 1920 mit einer Beerenfarm der Familie Knott, die zwanzig Jahre später konsequent zum "Theme Park" erweitert wurde. Als das Beerengeschäft durch die anhaltende Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren einbrach, begann die Farmerfamilie Hühnchengerichte zu servieren. Ein Souvenirshop folgte, und 1940 wurde der Grundstein zum ersten Themenbereich, der Ghost Town, gelegt. Keine Wild West Kulissen sollten geboten werden, sondern originalgetreue Bauten, dafür sorgte Walter Knott persönlich. Dann kam 1955 Disneyland mit seinen irreal wirkenden Traumwelten, und trotz aller Unkenrufe konnte der Familienbetrieb vom neuen Konkurrenten sogar profitieren. Man studierte den Nachbarn ausgiebig und die erste kleine Themenfahrt ließ nicht lange auf sich warten.

Mit rund dreieinhalb Millionen Besuchern jährlich gehört Knott's Berry Farm zu den erfolgreichsten Themenparks der USA. Seit 1997 wird die Erfolgsstory um die wahrhaft authentisch wirkende Wild West Geisterstadt von der Cedar Fair Gruppe fortgeführt: Ghostrider kam und siegte. Die monumentale Holzachterbahn brachte neuen Schwung in den Wilden Westen. Thrill und Fun, darauf setzen die Manager von Cedar Fair besonders, schließlich nennt man auch den Coasterpark Cedar Point am Lake Erie im Norden der USA sein Eigen. Die beengten Platzverhältnisse des kalifornischen Urgesteins verhindern jedoch eine direkte 1:1 Übertragung des auf einer Halbinsel im Eriesee herrschenden Gigantomaniedenkens. Ausufernde Hyper-, Mega- oder Gigacoaster bleiben dem Besucher auf dem Knott'schen Eiland verwehrt - originelle und ansprechend in Szene gesetzte Rides bilden weiterhin den Schwerpunkt.

Ghostrider war einer von diesen. Ende 2000 folgte die gigantische Wassersturzfahrt Perilous Plunge, und zwei Jahre später sollte nicht unweit von Intamins "You will get soaked" Hammer die nächste Sause des schweizerischen Unternehmens an den Start gehen. Unter dem Namen Xcelerator eröffnete ein Launch Coaster Prototyp, der bis heute mehr als ein weiteres Dutzend Anlagen nach sich zog. Korallenrote Schienenelemente auf seegrünen Stützen funkeln im gleißenden Licht der südkalifornischen Sonne und bilden seit dem Jahre 2001 den Höhepunkt des Boardwalk, der eigenen Interpretation einer Strandpromenade. Dass dafür der Racing Coaster Flop der japanischen Firma Togo demontiert wurde scheint nebensächlich. Dem Windjammer, Jahrgang 1997, weint kein Besucher eine Träne hinterher.

Adrenalin pur

Links: Angespanntes Warten auf den Beschleunigungskick

Eine Neon-Reklame weist den Weg in die Queue-Line. KFZ-Bastelstube, Strandmotive und einige bunt lackierte 1957er Chevrolets dekorieren die Stahlachterbahn der neuesten Generation. Scheinbar konnten die Hobbyschrauber auch von dieser "Maschine" ihre Finger nicht lassen. Beim Xcelerator ist die Beschleunigung Programm, der Prototyp des Intamin Accelerator Coaster wurde gehörig getuned. Wieder blicken wir auf einen Zug, diesmal als außenstehender Beobachter. Die rot/gelb lackierte "Motorhaube" sticht ins Auge. "PDL 2 MDL" prangt auf dem Nummerschild, und dessen umgangssprachliche Übersetzung "Drück auf die Tube" wird wörtlich genommen. Wie eine Rakete donnert der Zug an uns vorbei und erklimmt den über dem Geschehen thronenden Top Hat, eine von zwei (nachträglich miteinander) ausgesteiften Stützkonstruktionen gehaltene Fahrfigur. 62,5 Meter misst dieser Stahlaufbau in seiner Höhe, im obersten Drittel ist die Schiene freitragend. Ein senkrecht aufgestellter Schienenbogen mit einem minimalen Radius von 7,5 Metern verbindet dabei die beiden 90° steilen Auf- und Abfahrten. So imposant diese höchste Schienenerhebung von Xcelerator auch wirkt, der fünfgliedrige "Achterbahnchevy" schafft den Top Hat mit Leichtigkeit. Launch, rauf und runter - keine sechs Sekunden dauert dieser leicht luftige Spaß.

Mit dem Thrilloverkill rund um den Top Hat hat Xcelerator stark Eindruck geschunden, doch die letzten zwei Drittel der 671 Schienenmeter vermögen das Niveau des imposanten Auftakts kaum zu halten. Zu sehr wirken die beiden aufgestelzten, mit maximal 110° übergeneigten Steilkurven wie eine Staffage. Vielleicht wurde gerade deshalb beim 16. Roller Coaster im Cedar Point auf eben diesen "Schnickschnack" verzichtet. Der rund ein Jahr nach Xcelerator eröffnete Top Thrill Dragster bietet nur noch dieses "Rauf-Runter"-Erlebnis, dafür ragt der Top Hat fast 130 Meter in die Höhe.

Bei der Erstauslieferung in Kalifornien folgt die Achterschleife mit ihren beiden Steilkurven. Der Top Hat wird dabei umrundet, dann donnert der Achterbahnzug mit einem gehörigen Geschwindigkeitsüberschuss in die Bremsen. Energievernichtung auf allen Fronten, denn das noch etwa 90 Stundenkilometer schnelle Geschoss wird in kürzester Zeit auf Tempo null heruntergebremst.

Launch Antriebe

Xcelerator ist Intamins konsequente Weiterentwicklung der in den 90er Jahren verstärkt präsenten Launched Coaster. "Von null auf hundert" in wenigen Sekunden, der klassische Lifthügel hat bei dieser Achterbahngattung ausgedient. Pionier auf dem Gebiet der Katapultstarts war der schwäbische Geschäftsmann Anton Schwarzkopf. Sein Shuttle Loop verkaufte sich zwischen 1976 bis Anfang der 80er Jahre ganze 13 mal. Eine dieser Anlagen wird auch in Knott's Berry Farm betrieben. Zwar liebäugelte Schwarzkopf damals schon mit den heute bei Achterbahnen allseits bekannten elektromagnetischen Linearantrieben, doch zur damaligen Zeit waren derartige Systeme für den Einsatz auf Achterbahnen praktisch unbezahlbar. Schwarzkopfs Katapultantrieb sollte schließlich auf klassische mechanische Art und Weise gelöst werden.

Antriebsschema Shuttle Loop

Antriebschema Shuttle Loop von Schwarzkopf (mit Schwungscheibe)

Ein von einem Turm herunterfallendes tonnenschweres Gewicht zieht den Achterbahnzug über einen Seilzug in den Vertikallooping. Später wurde das Fallgewicht durch eine rotierende, acht Tonnen schwere Stahlscheibe ersetzt, die mittels eines herkömmlichen Elektromotors während der Be- und Entladung des Zuges auf Touren gebracht wird. Das Schwungrad rotiert immer schneller und speichert dabei kontinuierlich Energie. Ist die geforderte Drehzahl erreicht, verbindet eine Rutschkupplung den Abtrieb der Schwungscheibe mit einem Seilumlauf, an dem sich ein Mitnehmerschlitten für den Zug befindet. Innerhalb weniger als vier Sekunden wird die in der Schwungmasse gespeicherte Energie auf den Zug übertragen und katapultiert diesen mit 85 Stundenkilometer direkt hinein in den Vertikallooping. Schwarzkopfs Katapultcoaster sind noch heute weltweit im Einsatz. Ihr Antrieb leidet jedoch unter starken Verschleißerscheinungen, welche besonders bei der zwei Meter Durchmesser großen Rutschkupplung auftreten.

Verwandte Themen

• Shuttle Loop von Schwarzkopf• Die Technik der Linear Induktions Motoren

In den 90er Jahren ermöglichten Lineare Induktions Motoren, kurz LIM, das neue Zeitalter der Launched Coaster. Praktisch kein mechanischer Verschleiß und eine unbegrenzte Beschleunigung schienen möglich, doch die Betreiber hatten die Rechnung unter anderem ohne die Elektrizitätsversorger und die hartnäckige elektrische Ansteuerung gemacht. Die für den Start notwendige Leistung im einstelligen Megawattbereich wird während des Beschleunigungsvorganges innerhalb weniger Sekunden aufgenommen.

Damit entstehen kurze und sehr hohe Belastungsspitzen in der Energieversorgung, die bei Testläufen auf einigen Anlagen zu kompletten Netzausfällen führten. Die elektrische Ausrüstung ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Die benötigten Umrichter, welche eine für den Antrieb unerlässliche Spannung mit variabler Frequenz erzeugen, sind ab einer gewissen Leistungsklasse praktisch nicht mehr finanzierbar. Dabei gilt: Je schwerer der Zug und je höher die benötigte Geschwindigkeit, desto komplexer und kostenintensiver das System. Die Netzprobleme, ein schlechter Wirkungsgrad bei hohen Geschwindigkeiten und die nötige, überaus kostenintensive technische Infrastruktur ließen findige Ingenieure neue Alternativen für die bis zu zehn Tonnen schweren Züge entwickeln.

Fakten zu Xcelerator

Prototyp der erfolgreichen Intamin Accelerator Coaster Serie im kalifornischen Knott's Berry Farm mit einem atemberaubenden Katapultstart: Von 0 auf 132km/h in 2,3 Sekunden

Schienenhöhe

62,5 Meter

Streckenlänge

671 Meter

Max. Geschwindigkeit

132 km/h

Netto-Fahrzeit

24 Sekunden

Fahrzeuge

2 Züge mit 5 Wagen; 4 Plätze pro Wagen

Kapazität

1200 Personen pro Stunde

Hersteller

Intamin AG, Wollerau, Schweiz

Betreiber

Knott's Berry Farm, Kalifornien, USA

Eröffnung

22. Juni 2002

• Link zur offiziellen Webseite von Knott's Berry Farm
Antriebsschema Air Launch

Antriebsschema Air Launch des S&S Thrust Air 2000

Stanley Checketts und seine amerikanische Firma S&S Power Inc. waren die schnellsten: 1999 stellte man auf dem Firmengelände in Utah den Thrust Air 2000 vor. Luft ist dabei das entscheidende Stichwort: Wie schon bei den hauseigenen Space Shot und Turbo Drop Türmen kommen für den Katapultstart kompressible Gase zur Anwendung, die durch eine Druckbeaufschlagung größer dem üblichen Umgebungsdruck schlagartig durch einen länglichen Druckzylinder strömen. Ein durch den Zylinder geführtes Seil wird wie beim Shuttle Loop um zwei Umlenkrollen geführt und ein Mitnehmer katapultiert den Wagen über die gerade Abschussstrecke. Dazu wird der entlang der Beschleunigungsstrecke positionierte Zylinder durch einen beweglichen Schieber in zwei Kammern unterteilt. Strömt in die eine Kammer das unter Druck stehende Medium, so wird der Schieber und das daran befestigte Seil längs des Zylinders bewegt. Das Gas entspannt sich und drückt dabei mit Leichtigkeit den Zug voran.

Auf der zweiten Auslieferung Dodonpa im japanischen Fuji-Q Highland wurde 2001 ein neuer Geschwindigkeitsrekord aufgestellt: 172 Stundenkilometer erreichen die Züge innerhalb von 1,8 Sekunden. Trotz der extrem hohen Beschleunigung (maximal 4.25g) arbeit das System nahezu verschleißfrei und benötigt keine exorbitanten Stromressourcen. Der Luftdruck wird zwischen den Launchzyklen von relativ schwachen Elektropumpen aufgebaut und innerhalb des knapp zwei Sekunden andauernden Starts nahezu schlagartig verbraucht. Leistungsspitzen wie beim LIM treten nicht auf.

Die Technik erscheint imposant, die mangelnde Ausführung der beiden einzigen weltweiten Auslieferungen - vor allem auf Seiten der Züge - verhinderte eine Erfolgsgeschichte wie bei den luftdruckbetriebenen S&S Türmen. So sind die Fahrgastträger von permanenten Rissen geplagt, die Lebensdauer der ultra teuren luftgefüllten Flugzeugräder im Vergleich zu herkömmlichen Achterbahnrollen verschwindend gering und die ruppigen Fahreigenschaften nicht unbedingt verkaufsförderlich. Der Prototyp im amerikanischen Kings Dominion verschwand sogar 2008 von der Bildfläche und wurde verschrottet.

Trotzdem gab der Nürburgring dem amerikanischen Hersteller eine weitere Chance: Mit neu entwickelten Schienen und Zügen sollte der Luftdruckantrieb ab Sommer 2009 die Fahrgäste in nur zweieinhalb Sekunden auf 217 Stundenkilometer katapultieren. Damit würde der Betreiber einen vorläufigen weltweiten Geschwindigkeitsrekord aufstellen, die Katapultbeschleunigung wird mit etwa 4g in der Spitze die Systemgrenzen von Dodonpa erreichen. Eklatante Probleme bei der Inbetriebnahme, bei der zweimal grosser Sachschaden entstand, verhinderten eine Eröffnung - noch schlimmer: Die anvisierte Endgeschwindigkeit scheint bis dato nur auf dem Papier zu existieren. Während eines Soft Openings zum Formel 1 Rennen 2009 beschleunigten die Züge auf etwa Tempo 130km/h. Ein weiterer Versuch, die Anlage im Sommer 2011 mit reduzierter Spitzengeschwindigkeit zu eröffnen, scheiterte an der fehlenden Betriebsgenehmigung.

Die Technik von Xcelerator

Der 50 Meter lange Launch führt innerhalb von 2,3 Sekunden aus der Station auf die 90° steile Auffahrt des Top Hat

2002 folgte Xcelerator und mit ihm eine neue, bahnbrechende Antriebstechnik. Die Katapultwinde von Intamin setzt auf hydraulisch betriebene Motoren. Als Wirkmedium werden pro Abschuss wenige hundert Liter Öl benötigt, die nach dem Katapultvorgang einem Tank zurückgeführt werden. Vor ihrer Installation in Kalifornien wurde die gerade einmal 50 Meter lange Abschussstrecke ausgiebig im deutschen Intamin Werk bei Koblenz getestet. Innerhalb von 2,3 Sekunden wird der Zug auf 132 Stundenkilometer beschleunigt, die dazu notwendigen technischen Baugruppen werden dem außenstehenden Beobachter fast gänzlich vorenthalten. Der eigentliche Antrieb, eine Winde inklusive der Motoren und des Öltanks, befindet sich in einem Maschinenhaus am Fuße des Top Hat. Einsehbar sind nur ein Schlitten, der in der Mitte des Launch Tracks geführt wird, und Stahlseile, die den Schlitten über Umlenkrollen mit der Winde verbinden.

Vom Prinzip ist dieses System dem Shuttle Loop oder Checketts Thrust Air ähnlich, doch der eklatante Unterschied liegt in der eigentlichen Antriebseinheit. Denn statt eines Fallgewichts, einer Schwungscheibe oder eines kolbenstangenlosen Pneumatikzylinders kommt eine hydraulisch betriebene Winde von etwa anderthalb Metern Durchmesser zum Einsatz.

Der 62 Meter hohe Top Hat wurde nach einigen Betriebsmonaten ausgesteift, indem die beiden turmartigen Unterbauten verbunden wurden

Auf dieser werden zwei Stahlseile aufgewickelt, an deren Ende der Mitnehmerschlitten, auch Catch Car genannt, befestigt ist. In diesen klinkt der Zug kurz vor dem Start automatisch mittels eines Hakens ein. Rotiert die Winde, so werden die beiden Zugseile aufgewickelt und der Zug über die Launch-Strecke bewegt. Ist die Höchstgeschwindigkeit erreicht, schaltet der Antrieb ab und der Schlitten mitsamt der Winde werden durch fest an der Schiene installierte Wirbelstrombremsen abgebremst. Gleichzeitig löst sich der Zug automatisch vom Schlitten und schießt unbeeindruckt dem Turmgebilde entgegen.

Die ersten hydraulischen Maschinen wurden bereits weit vor der Elektrifizierung realisiert und lassen sich auf die Wasserräder um 200 vor Christus zurückführen. Die moderne Hydraulik ist bis heute ein gigantischer Wachstumsmarkt und wird im Bereich der Fliegenden Bauten beispielsweise zum Antrieb von Hoch- und Rundfahrgeschäften wie auch Simulatoren eingesetzt. Dabei haben sich zwei verschiedene Antriebssysteme etabliert. Zum einen Rotationsmotoren, deren eine Bauform ganz ähnlich funktionieren wie ein Wasserrad: Das strömende Ölmedium versetzt dabei eine Welle in Rotation. Zum anderen Kolbenantriebe, bei denen im Rahmen des Druckausgleichs der Kolben verschoben wird und sich somit eine lineare Bewegung ergibt.

Die Antriebsmechanik des Accelerator Coastersist denkbar einfach gelöst - siehe auch nachfolgende Zeichnung/Animation: Die Hydraulikflüssigkeit (das Öl) wird zwischen den Startsequenzen mittels Pumpen aus einem drucklosen Tank in einen Kolbenspeicher gefördert. Dieser ist mit nachgeschalteten, ständig unter Hochdruck stehenden Stickstoffbehältern verbunden. Stickstoff kann im Gegensatz zu Öl sehr gut komprimiert werden und nimmt dabei hohe Drücke an. Im ausgeschalteten Zustand der Anlage liegt der Stickstoffdruck im vorgespannten Kolbenspeicher bei etwa 250bar. Die Pumpe fördert stetig Öl in den Kolbenspeicher. Das Ölvolumen im Kolbenspeicher wird dadurch vergrössert, das Stickstoffvolumen verkleinert, woraufhin der Druck im System steigt stetig. Bei Erreichen des Maximaldrucks wird die Förderung der Pumpen eingestellt. Beim Xcelerator werden Druckwerte von 300 bar, also dem 300-fachen des üblichen Luftdrucks, erreicht.

Der senkrechte Fall führt nach wenigen Sekundenbruchteilen in die Kompression am Fuße des Top Hat

Wird nun ein Ventil am Druckspeicher geöffnet, so drückt der schlagartig expandierende Stickstoff das Öl aus dem Kolbenspeicher, wobei es regelrecht durch die Motoren schießt, welche über ein Getriebe die Seilwinde antreiben. Die beiden dadurch aufgewickelten Zugseile aus Stahl ziehen den Mitnehmer samt Zug Richtung Top Hat. Die Startbeschleunigung erreicht im Zeitraum eines Wimpernschlages rund 2g und nimmt über die nachfolgenden zweieinhalb Sekunden der Katapultsequenz über den fallenden Öl- bzw. Stickstoffdruck im Kolbenspeicher von 300 auf 250 bar um etwa 20 Prozent ab. Eine aufwendige Ventilmechanik regelt den Öldurchfluss der Motoren, um äußere Einflüsse wie auch das unterschiedliche Beladungsgewicht des Zuges auszugleichen. Als Resultat liefert das von Intamin in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Unternehmen Ölhydraulik Hagenbuch entwickelte Regelsystem eine kontinuierlich ansteigende Geschwindigkeitskurve mit abschliessenden 132 km/h Höchstgeschwindigkeit.

Ein drittes Stahlseil, welches vom Caddy mittels einer auf der Höhe der Station befindlichen Umlenkrolle zur Winde zurückgeführt wird, garantiert eine stetige Vorspannung des Seilsystems. Die beim Anlaufen gegen Last entstehende zusätzliche Seildehnung wird durch einen linearen Kolbenzylinder an der Umlenkrolle kompensiert. Zusätzlich sorgt das dritte Seil für einen garantierten Rücktransport des Schlittens zum Ausgangspunkt. Entsprechend ist die Wickelrichtung des dritten Seils auf der Winde gegenüber den beiden Zugseilen umgekehrt. Während die beiden Zugseile beim Katapultstart aufgewickelt werden, wird das Spannseil abgewickelt. Am Ende des Zyklus steht wieder der drucklose Tank.

Antriebsschema Rocket Coaster

Antriebsschema des Intamin Accelerator Coaster (mit Animation)

Beim Xcelerator durchströmt das Ölvolumen jeweils zehn zu beiden Seiten der Winde ringförmig angeordnete Innenzahnradmotoren, deren Abtrieb auf ein großes Zahnrad an der Windenwelle geführt wird. Umgerechnet zehn Megawatt Leistung sind nötig, um den Achterbahnzug auf den Top Hat zu katapultieren. Dabei fließt ein kurzzeitiger Gesamtvolumenstrom von bis zu 22.500 Liter Öl pro Minute durch die Innenzahnradmotoren. Während der rund zwei Sekunden andauernden Beschleunigungsphase fahren die Motoren auf über 2.000 Umdrehungen pro Minute.

Links: Motorring vor Getriebe und Winde - zu jedem Motor führen armdicke Hochleistungsschläuche

Durch den hohen Druck können die Hydraulikaggregate ohne ein aufwändiges, mehrstufiges Getriebe fast direkt an die Winde angekoppelt werden. Die Funktion übernimmt ein sogenanntes Planetengetriebe. Die ringförmigen Antriebe - die Planeten - treiben dabei ein in der Mitte liegendes Sonnenrad an. Selbst ein Anfahren gegen extreme hohe Lastmomente, wie in diesem Fall bedingt durch den tonnenschweren Zug, stellt kein Problem dar. Ein derartiger Antrieb wäre mit äquivalenten Elektromotoren in der Praxis undenkbar, da sie über eine wesentlich geringere Kraftdichte verfügen.

Elektrische Maschinen erreichen in einem äquivalenten Vergleich gerade einmal 0,5 bis 4 bar "Kraftdichte", zu den 300bar des Xcelerator ein verschwindend geringer Wert. Doch selbst, wenn solche Kraftdichten realisierbar wären, würde ein weiteres Problem die direkte Verwendung von Elektromotoren unmöglich machen. Denn sie würden, genau wie ein LIM-Antrieb, die gesamte Energie während des kurzen Beschleunigungsvorganges aufnehmen. Dies würde immer zu kurzen und sehr hohen Belastungsspitzen in der Energieversorgung führen. Das Hydrauliksystem vermag den benötigten Druck über ein Pumpensystem mit einer Gesamtleistung von etwa 250 Kilowatt kontinuierlich in den 40 Sekunden andauernden Startpausen aufzubauen, um die so zwischengespeicherte Energie in Form von 10 Megawatt Leistung schlagartig an den Zug abzugeben.

Links: Die beweglichen Kupferschwerter gehören zum Bremssystem - in deren Mitte ist der Catch Car Schlitten mit der Aufnahme für den Zughacken zu sehen

Die Vorteile des patentierten hydraulischen Antriebssystems von Intamin liegen auf der Hand: Den erreichbaren Endgeschwindigkeiten sind fast keine Grenzen gesetzt, eine Belastung des Stromnetzes ist praktisch nicht vorhanden und der Wirkungsgrad der Hydraulik ist dem von elektrischen Antrieben haushoch überlegen. Zudem ist die Lärmemission im Vergleich zum lautstarken "Knallerantrieb" aus dem Hause S&S um ein Vielfaches geringer - die Parkbesucher am Rande der Beschleunigerstrecke nehmen es dankend an.

Xcelerator benötigt für den Einsatz aber mehr als nur das Antriebsaggregat. Sicherheit steht an erster Stelle, und dem wurde durch ein ausgeklügeltes Bremssystem seitens Intamin Rechnung getragen. Dieses System ist auch das optisch auffälligste Merkmal der gesamten Abschussanlage. Gemeint sind die Bremsschilde, welche paarweise zwischen den beiden Fahrrohren auf der gesamten Länge der leicht ansteigenden Abschussstrecke angeordnet sind.

Es ist ein interessantes Schauspiel, wenn sie kurz vor dem Passieren des Zuges wie von Geisterhand abgesenkt werden, um einer Welle gleich hinter dem Geschoss abschnittsweise zeitgesteuert in ihre Ausgangsstellung zurückzuschnellen. Das Bremssystem ist notwendig, falls der Zug den Aufstieg zum 62,5 Meter hohen Top Hat nicht schaffen sollte und ansonsten mit über 100 km/h in die Station zurückzurollen droht. Verwendet werden die bewährten Wirbelstrombremsmagnete der deutschen Firma Intrasys, die auch schon bei Intamins Achterbahnen sowie den Gyro- und Giant Drops zum Einsatz kommen.

Schnitt durch die Beschleunigerstrecke

Schnitt durch die Beschleunigerstrecke des Xcelerator

Eine Wirbelstrombremse besteht aus zwei Komponenten: Zwei Permanentmagneten, zwischen denen sich ein Luftspalt befindet, und einem Bremsschild, beispielsweise aus einer gut leitenden Kupferlegierung. Bewegt sich das Blech durch den Luftspalt, erzeugt der entstehende Wirbelstrom durch Gegeninduktion eine Bremskraft.

Dem Konstrukteur ist dabei freigestellt, wo er die Bleche bzw. die Permanentmagnete anordnet. Bei den Intamin Megacoastern und Holzachterbahnen befinden sich die Bremsschilde am Zug, die Permanentmagnete sind ortsfest am Track installiert. Xcelerator wie auch die nachfolgenden Accelerator Anlagen verwenden eine den Freifalltürmen äquivalente Anordnung: Die Positionen der Magnete und Bremsschilde wurden vertauscht, erstere befinden sich nun am Zug. Am Funktionsprinzip ändert sich dadurch nichts, konstruktiv bedingt ergeben sich allerdings einige Vorteile. So reichen einige Dutzend Permanentmagnete unterhalb der Chassis aus, während eine größere Anzahl der weitaus günstigeren Bremsschilde stationär am Track Verwendung finden. Auch hinsichtlich des Bauraums und der verwendeten Pneumatikzylinder ist diese Anordnung die bessere Wahl. Die Zylinder senken während des Starts die Bremsschilde entlang des Launch Tracks kurzzeitig ab, damit der Hydroantrieb seine ganze Power ausspielen kann.

Resümee

Chronologie der Intamin Accelerator Coaster (Stand 2011)

Xcelerator, Knott's Berry Farm, USA, 2002

Prototyp mit 62 Meter Top Hat

Top Thrill Dragster, Cedar Point, USA, 2003

128 Meter hoher Top Hat - Top Speed von 192 km/h

Storm Runner, Hershey Park, USA, 2004

Erster Accelerator Coaster mit Inversionen und neuem Bügelsystem

Rita, Alton Towers, England, 2005

Terrain Rocket Coaster mit einrer maximalen Höhe von 21 Metern

Kanonen, Liseberg, Schweden, 2005

Kompakter Accelerator mit Mini Top Hat und zwei Inversionen

Kingda Ka, Six Flags Great Adventure, USA, 2005

Höchste (139 Meter) und schnellste (206 km/h) Achterbahn der Welt

Galaxy Express 999, Aqua Stadium, Tokyo, Japan, 2005

Indoor Familienvariante des "Rocket" Designs mit hydraulischem Reibradantrieb (50 km/h), 400 Meter Parcours und Vertikallooping; neues Zugdesign mit Bauchbügeln

Superman, Warner Bros. Movie World, Australien, 2005

Erster Accelerator Coaster mit vorgeschalteter Themenfahrt - der Zug wird mittels elektrischer Reibräder durch die Szenen bewegt

Skycar, Mysterious Island, China, 2006

Erster Rocket Coaster in Asien mit 34 Meter Top Hat und Vertikallooping

Stealth, Thorpe Park, England, 2006

62 Meter "Mini-Variante" von Kingda Ka mit einem Top Speed von 129 km/h

Speed Monster, Tusenfryd, Norwegen, 2006

Formel 1 Züge durchfliegen den neuartigen Norwegian Loop; die Anlage wurde in einen Berghang integriert

Zaturn, Space World, Japan, 2006

1:1 Kopie von Stealth im englischen Thorpe Park

Desert Race, Heide Park, Deutschland, 2007

Basierend auf Rita wurde das Layout zum Ende der Fahrt um einen Camelback und eine 180° Steilkurve erweitert

Furius Baco, Port Aventura, Spanien, 2007

Schnellster Rocket Coaster in Europa (135 km/h) mit neuartigen Zügen, bei denen die Mitfahrer links und rechts der Strecke sitzen

Mick Doohan's Motocoaster, Dreamworld, Australien, 2007

Motorräder und Seitenwagen werden auf eine kurvenreiche Strecke katapultiert

Jet Rescue, Sea World, Australien, 2008

In 30 Kilometer Entfernung zum Motocoaster legen sich die Fahrgäste nun auf stilechten Jet Ski in die Kurven - die Besonderheit: Es gibt zwei Launchabschnitte

Senzafiato, Miragica, Italien, 2009

Auf 400 Meter komprimierte Version von Rita und Desert Race mit vorgeschalteten Mini Top Hat

Formula Rossa, Ferrari World, Abu Dhabi, 2010

Neuste Accelerator Kreation mit Spitzengeschwindigkeit von 240km/h, welche hautnah in einem fast perfekt anmutenden Ferrari Formel 1 Renner erlebt wird

Im Vergleich zu "herkömmlichen" Achterbahnen mit Lifthügel bieten Intamins Accelerator Coaster Technik pur. Das patentierte Antriebskonzept ist bewährt und wurde seit der Premiere im Jahre 2002 für immer höhere Abschussgeschwindigkeiten optimiert. Die bislang spektakulärste Auslieferung Kingda Ka an den amerikanischen Six Flags Great Adventure Park bei New Jersey - Jahrgang 2005 - erreicht Spitzengeschwindigkeiten von rund 206 Stundenkilometern, um einen 139 Meter hohen Top Hat zu bezwingen. Einen größeren Höhenunterschied nennt bislang keine Achterbahn ihr Eigen.

Blick vom Top Hat auf einen Teil der Achterschleife

Acht Jahre nach der Xcelerator Premiere in Knott's Berry Farm ist die Zahl der Intamin Accelerator Auslieferungen auf 18 angestiegen. Dabei wurden spektakuläre Layouts mit Loopings und vorgeschalteten Themenfahrten inszeniert. Die neueste Auslieferung ging im Oktober 2010 an den Start: Der Themenpark Ferrari World in Abu Dhabi weröffnete die Rekordachterbahn Formula Rossa. Auf dem 2070 Meter langen Katapultcoaster wird der Zug innerhalb von viereinhalb Sekunden auf 240 km/h beschleunigt - absoluter Weltrekord. Dabei erfahren die 16 "Rennfahrer" in ihrem zu einem Formel 1 Ferrari ausgebauten Achterbahnzug eine Beschleunigung von bis zu 1.7g, welche durch einen 20.000 PS starken Katapultantrieb gewährleistet wird. Dieser stellt jedes bisherige Achterbahn-Aggregat in den Schatten. Das Antriebsgebäude mit Winde, Tanks, Stickstoffbehältern und Transformatoren nimmt locker die Grösse eines Tennisplatzes ein.

Überall wo Geschwindigkeiten fern der 100 km/h oder große Zugmassen bewegt werden wollen, liegt die Wahl der Hydraulik aufgrund ihrer hohen Kraftdichte nahe. Mitbewerber mit LIM oder der zweiten und dritten Generation von LSM Aggregaten vermögen dies nur mit leichteren Zügen und geringeren Geschwindigkeiten auszugleichen. Die Accelerator Antriebstechnik wurde für Intamin zum weltweiten Verkaufsschlager, erlaubt sie doch die Verwirklichung eines atemberaubenden Beschleunigungskicks mit vorher unbekannten Geschwindigkeitsreserven. Mit der in Insiderkreisen auf 50 Millionen US-Dollar Investitionskosten geschätzten Formula Rossa und einer Endgeschwindigkeit von 240km/h scheint aber auch dieses Beschleunigungssystem langsam an seine Grenzen zu kommen. Die Technik hat sich bewährt, doch insbesondere die Antriebsmechanik wird bei ähnlich zu beschleunigender Zugmasse mit jedem weiteren Anstieg der Endgeschwindigkeit immer grösser.


Text: Coastersandmore - jp
Bilder: Sebastian Horacek, Coastersandmore

Editorial  |   Ride Insights  |   Visit the Parks  |   General Topics  |   Coaster Basics  |   Shop  |   Links  |   About
Über das Web-Magazin: Impressum, Nutzungsbedingungen und weitere Informationen

Copyrights 2000-2017 - Kontakt zu den Autoren: mail@coastersandmore.de