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Links: Montu dreht sich aus dem Immelmann
Loop |
1996 wurde im Busch Gardens Tampa Bay ein neuer,
gerade einmal knapp sechs Fußballplätze großer Themenbereich
am Rande der weiten Serengeti Plain eröffnet. Das Gebotene hat es
dabei jedoch in sich: Inmitten der Ruinen einer einst glamourösen
Metropole liegt der Inverted Coaster Montu, unbestritten eines
der besten Achterbahndesigns unter den Loopingbahnen weltweit. Wie der 1993
eröffnete Sit Down Coaster Kumba wurde diese Anlage vom
Schweizer Ingenieurbüro Bolliger & Mabillard verantwortet,
welches meist eine absolute Spitzenqualität garantiert.
Bei der Eröffnung noch als der längste und
höchste Inverted Coaster der Welt beworben, gehört dieser Titel
längst der Vergangenheit an. Trotzdem zählt Montu mit ihren
sieben Inversionen noch heute zu den besten Inverted Coaster Designs.
Zum einen besitzt die Hängeachterbahn gewaltige Ausmaße, zum anderen
ist das Fahrerlebnis aufgrund der hohen Fertigungsqualität der von
Bolliger & Mabillard beauftragten Subunternehmer sowie der guten
Wartung seitens Busch Gardens sehr angenehm und auch die
architektonische Gestaltung tut ihr übriges: Diese soll nicht nur dem
optischen Erlebnis dienen, sondern bietet bei der Fahrt durch die
Ruinenstätte zusätzliche Thrillelemente wie Gruben, plötzlich
auftauchende Mauerwerke und einen Tunnel, dessen Ende direkt in ein
Überschlagselement führt.
Vor dem großen Eingangsportal zur Achterbahn
liegt ein kleiner belebter Marktplatz mit einer stattlichen Anzahl von
Geschäften, die authentische Waren des nordafrikanischen Landes anbieten.
In den vorgelagerten Bauten der Ruinenstadt findet sich sogar noch eine kleine
Walkthrough - Attraktion namens Tut's Tomb. Die Kopie der
Ausgrabungsstätte des jungen Königs Tutenchamun, wie sie in den
1920er Jahren vom Archäologen Howard Carter entdeckt wurde,
lädt zum kurzen Verweilen ein.
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Rechts: Erst eine Luftaufnahme zeigt das
weitläufige Layout |
Durchschreitet der Besucher das gewaltige Eingangsportal von
Montu, so läuft er frontal auf das herausragende
Immelmann-Überschlagselement zu. Die vom Deutschen Max
Immelmann im Jahre 1916 erfundene Flugfigur besteht aus einem halben
Looping und einer anschließenden Rolle und ermöglichte
erstmals eine schnelle Umkehr der Flugrichtung. Dies ist auch bei Montu
dringend nötig, denn das Eingansportal stellt sich dem aus einem Tunnel
mit rund 100 km/h herausschiessenden Zug in dem Weg. Binnen weniger
Wimpernschläge werden die Wagen sennkrecht gestellt, schrammen haarscharf
an der Ruinenmauer entlang, bis die Fahrgäste nach einem vertikalen
Halbkreisbogen auf dem Kopf stehen. Ein äußerst atemberaubendes
Ereignis - für die Mitfahrer und die unten stehenden Betrachter.
Der Eingang zum Hochgeschwindigkeitsabenteuer befindet sich
linker Hand vom Immelmann, der Schriftzug Montu wurde dort mit
entsprechendem Logo auf einem Stein angebracht. Der sich anschließende
Wartebereich führt durch eine niedrig gelegene Ausgrabungsstätte und
sogar unter einem Teil der Achterbahn hindurch, um dann die wartenden Besucher
hinauf zur Station zu führen.
Wer eine Fahrt mit freier Sicht nach vorne genießen
möchte, sollte die zusätzliche Wartezeit von bis zu einer halben
Stunde für die erste der acht Reihen investieren. Wie bei Inverted
Coastern üblich bieten die nachfolgenden Sitzreihen eine stark
eingeschränkte Sicht. Bei den B&M typischen Zugdesigns mit vier
nebeneinander liegenden Sitzen je Reihe wird die Sichteinschränkung weiter
verstärkt. Gerade das Zusammenspiel von Beschleunigung und visuellen
Reizen leidet dadurch stark, vor allem bei einer derart thematisierten
Loopingbahn wie Montu.
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Rechts: Langsam zieht der Kettenlift den
Zug auf seine Ausgangshöhe von 45 Meter |
Einmal in einen der maximal drei eingesetzten und bei
B&M (fast) üblichen 32-Personen fassenden Züge
eingestiegen, wird die Einstiegsplattform abgesenkt und die Fahrt über die
1215 Meter lange Strecke kann beginnen. Nach einer 180° Wende über
eine Grube hinweg - ursprünglich sonnten sich hier lebende Alligatoren -
wartet der gut 45 Meter hohe parallel zur Station und Wartegleis angeordnete
Lifthügel. Nach unendlich lang vorkommenden Sekunden des Aufstieges
entlässt die Kette den Zug, die Nottreppe verschwindet unter den
Füßen und langsam neigt sich der Zug in eine Linkskurve, die stetig
steiler werdend in einem Winkel von 50 Grad gen Boden führt.
39 Meter geht es hinab, am Fuße der ersten Abfahrt ist
der Zug 95 Stundenkilometer schnell und rast unbeirrt dem ersten
Überschlagselement entgegen. Dieses präsentiert sich in Gestalt eines
32 Meter hohen Vertikalloopings, bei dem die Fahrgäste der im
Looping herrschenden Zentrifugalkräfte wegen gehörig in die
Sitzschalen gepresst werden. Die Ausfahrt aus diesem Inversionselement
führt fast schnurgerade unter dem Wartebereich der gleißendem Sonne
entgegen. Geblendet stehen die Mitfahrer nach dem kurzen Tunnelabenteuer und
einem Beinahekontakt mit der zahlreich mit Hieroglyphen verzierten Steinmauer
des Eingangsportals ein zweites Mal auf dem Kopf. Die 30 Meter hohe
Immelmann-Figur beginnt wie ein Vertikallooping, der Zug verlässt die
Überkopfposition jedoch durch eine seitliche 180° Rolle, welche zudem
mit einer Abfahrt kombiniert ist und die Richtungsumkehr vollendet.
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Links: Mit fast 100 km/h hinein in den
Immelmann Loop |
Wieder in die unter der Schiene hängende Position
zurückbefördert, entfernt sich der Zug mitsamt seinen Mitfahrern vom
Eingangsbereich und passiert die von vielen Bolliger & Mabillard
Anlagen bekannte Zero-G Roll. Wie der Name andeutet, verspricht dieses
Fahrelement Gravitationskräfte von im Mittel 0g, also beinahe vollkommene
Schwerelosigkeit.
Diese wird realisiert, indem der um 360° um die
Längsachse verdrehten Schienenstrang zeitgleich über einen Hügel
führt. Der Zug fährt also aufwärts, dann beginnt die Drehung,
welche bei Erreichen des Scheitelpunktes absolute 180° - also
Überkopfposition - erreicht hat, um bei der dann folgenden Abfahrt den Zug
wieder um eine halbe Kreisdrehung in die ursprüngliche Position zu
drehen.
Nach Passieren der Zero-G Roll verlässt die
Streckenführung die Ruinenstadt und überfliegt die Serengeti.
Hier wurden die Kopfsteher vier und fünf positioniert: Die
Batwing-Fahrfigur ist eine Modifizierung der Cobra Roll von
Bolliger & Mabillard, wobei der Zug zwischen den beiden
Überschlägen unter das Höhenniveau der parallel liegenden Ein-
und Ausfahrt fährt. Zuerst schraubt sich der Wagenverbund in den Looping
hinein, durchfährt dann eine Grube, um im nächsten Augenblick wieder
kopfüber zu hängen und sich schließlich aus dem Looping
herauszuschrauben.
In der Einfahrt des ersten Inversionselementes des Batwings
wurde eine Reduzierbremse eingebaut, die den Zug an heißen Tagen
spürbar einbremst, um so die anschließenden G-Kräfte
herabzusetzen. Dieser nachträgliche Eingriff war eine Folge der
windschnittigen Radabdeckungen der Züge. Die schwungvollen
Kunststoffschalen reduzieren die Luftverwirbelungen um die Bogies auf
ein Minimum.
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Ohne Boden unter den Füssen rast der
Zug über die Serengeti |
Somit wird weniger Energie in Reibung umgesetzt, wodurch das
gesamte Energiepotential des Zuges weniger stark abfällt. Die Folge: Bei
Passieren des hinteren Streckenabschnittes der 1215 Meter langen Montu
wurden höhere Geschwindigkeiten und somit höhere Beschleunigungen als
berechnet erzielt. Entsprechend ist der nachträgliche "Speedentzug" nur
eine Angleichung an den gewollten Soll-Zustand, wenn er auch äußerst
plötzlich daherkommt.
Der Batwing ist Ziel- und gleichzeitig Umkehrpunkt des
Abstechers in die Serengeti. Auf seinem Rückweg führt der
Streckenverlauf in eine in etwa 15 Metern Höhe angebrachte
Blockbremse. Die pneumatisch betätigten Reduzierbremsen greifen
stark zu - der Zug wird fast auf Schrittgeschwindigkeit abgebremst und rollt
langsam dem nächsten Drop entgegen. Auch hier wird zwingend
"nachjustiert", um das Tempo für das letzte Drittel der Fahrt auf den
gewünschten Zustand zu bringen.
Trotzdem scheint der Zug etwas zu stark als nötig
eingebremst zu werden. Die ersten Reihen legen sich nach Hinausfahren aus der
geraden Bremsstrecke fast wie in Zeitlupe in die nachfolgende Rechtskurve. Erst
in der Abfahrt gewinnt der Wagenverbund wieder an Schub und das auf hohem
Niveau. Das Höhenlevel der Strecke fällt bei dieser Abfahrt stark ab,
schließlich endet der Schienenverlauf in einer Grube und einem
anschließendem Vertikallooping kleinerem Durchmessers. Nach Passieren
dieses sechsten Überschlagselements gleitet der Zug unter der
Eisenbahnstrecke des Serengeti Railway Express hindurch und
durchfährt eine 270 Grad Kurve. Diese schraubt den Zug wieder in die
Höhe, um über just passierter Bahntrasse als auch Coasterstrecke
hinwegzugleiten.
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Zweimal Vertikallooping auf Montu |
Nun folgt das Finale: Ein plötzlicher Drop
führt gen Erdboden, dem sich eine langgezogene Linkskurve
anschließt. Am schwarzen Sicherheitsgitter des Wartebereichs vorbei, geht
es wieder in eine Senke, wo zur Überraschung vieler Mitfahrer noch eine
Corkscrew aufwartet, die den Zug kurzzeitig aus dem Graben
befördert. Nach Durchfahren dieser letzten und insgesamt siebten
Überschlagsfigur wartet die Schlussbremse. Nach 80 Sekunden purem
Achterbahnerlebnis rollt der Zug gemächlich parallel zum Lifthügel in
Richtung Station.
Montu mit ihrer blauen Schiene und den gelb-beigen
Stützen ist eine Augenweide unter den großen Inverted Looping
Coastern und hält zurecht selbst zehn Jahre nach ihrer Eröffnung noch
eine weltweite Spitzenposition. Nur die Konkurrenz im eigenen Hause,
Alpengeist im Busch Gardens Williamsburg, vermag diesen
Schienengiganten noch zu übertrumpfen. |