1994 eröffnete Pleasure Beach Blackpool die Pepsi
Max Big One. Schon im November 1991 wurden erste Pläne verlautbart,
die von der höchsten und schnellsten jemals gebauten
Stahlachterbahn sprachen. Zweieinhalb Jahre später wurde das
"Projekt ´94" eröffnet. Der 1676 Meter lange Lindwurm
erstreckt sich über ein Drittel der gesamten Parkfläche und
über- oder durchquert dabei nicht weniger als vier weitere Achterbahnen
sowie verschiedene andere Fahrattraktionen und Wege. Der 65 Meter hohe
Lifthügel wurde zwischen der Steeplechase und dem Big Dipper
errichtet. Die erste Abfahrt und nachfolgende Camelbacks liegen parallel zum
Ocean Boulevard, während die aufgestelzte Kehrtwende über die
Station der Grand National nahe des Haupteingangs führt.
Die Big One prägt mit ihrer blauen Stahlstruktur und
der roten Schiene seit ihrer Eröffnung die Skyline von Blackpool,
auch wenn die teilweise ruppigen Fahreigenschaften und die Qualität der
Schienenführung schon wenige Jahre nach ihrer Eröffnung mit modernen
Stahlachterbahnen und ihren dreidimensional perfekt eingerechneten
Kurvenverläufen nicht mehr mitzuhalten vermochte.
Trotzdem ist die Achterbahnstruktur mit ihren klassischen
fachwerkartigen Hügeln ein Erlebnis für das Auge. Man mag nicht
glauben, welche Anstrengungen nötig waren, um dieses gigantische, 2600
Tonnen schwere Bauwerk mitten im Geschehen des Pleasure Beach zu
errichten. Veranschlagt war das Projekt mit rund sechs Millionen Pfund,
verschlang aber schließlich mehr als das Doppelte des kalkulierten
Budgets.
|
Big Ones Turnaround überragt die gesamte
Strandpromenade |
Für das Design der Big One zeichnete die amerikanische
Arrow Dynamics, die schon die Irn-Bru Revolution oder den
Steeplechase nach Blackpool brachten, verantwortlich.
Zusätzlich wurden die Consultant-Ingenieure Allot & Lomax aus
Manchester verpflichtet, welche das Fundament für den Stahlkoloss
erschlossen. 1250 Pfähle wurden bis zum Frühjahr 1993 in den Erdboden
getrieben, stellenweise bis zu zwölf Meter tief, um den Fundamentsockeln
für die mächtige Stahlstruktur Halt zu geben. Im Sommer des gleichen
Jahres wurde das Tragwerk hergestellt. Für die Fertigung der Stahlteile
wurde das englische Stahlunternehmen Watson Steel beauftragt, welches in
den Folgejahren auch andere Achterbahnhersteller belieferte. Über den
Winter wurde die Big One errichtet, so dass die Anlage im Mai 1994
eröffnet werden konnte.
Mit Pepsi als Sponsor rollen die fünfgliedrigen
Wagenverbünde aus dem Bierfass - der Station - durch eine
überdimensionale Blechdose mit Aufdruck des Sponsors, bis der
Kettenlift den Zug zügig zur Liftkuppe bringt. Dort oben, am
höchsten Punkt des Pleasure Beach, dreht sich der Wagenverbund in
einer engen, rechtsgerichteten Abfahrt in die Tiefe, beschleunigt im 62
Höhenmeter tiefen Fall auf 119 Stundenkilometer, um dann über den
Dächer der Promenade entlangzurasen.
Dem Zug und seinen Insassen stellen sich auf den ersten 1000
Streckenmetern zwei Camelbacks und eine Kehrtwende in rund 40 Metern
Höhe in den Weg. Letztere vermag vor allem durch ihre hohen
überdimensionalen Rundrohrstützen zu beeindrucken, welche Schiene und
ein spezielles Viergurttragwerk tragen. Dadurch wird die kompakte
Dreigurtschiene drastisch versteift und so die Zahl der notwendigen
Stützen deutlich reduziert. Dies ermöglichte erst die Errichtung der
Kehrtwende "inmitten" des Park, schließlich überschattet die
Struktur eine handvoll Rides und Showgebäude.
|
Links: Der übermächtige Turnaround aus
einer unüblichen Perspektive |
Die beiden hohen Camelbacks lassen die geliebte Airtime
vergleichbarer Hypercoaster vermuten, doch diese wird auf der Big One
grundsätzlich verwehrt: Statt die Hügelkuppen parabolisch
auszuformen, setzt das amerikanische Streckendesign von Arrow Dynamics
auf rudimentäre Ansätze. Einer 30° aufsteigenden Geraden folgt
ein weiter Kurvenbogen hinein in die 30° steile Abfahrt. Zwischendurch gibt
es weitere Richtungswechsel im Kehrtwendenbereich.
Nachdem die parallel installierte Hin- und Rückfahrt
absolviert wurde, erfolgt die durch einen Bunnyhump absolvierte
Überquerung des Südeingangs. Die Strecke schmiegt sich dann an das
später errichtete Big Blue Hotel und steuert eine
360°-Helix an, welche im Hintergrund der Steeplechase
platziert wurde. Eine weite 180°-Kurve vorbei am Labyrinth und
Space Invader 2 bringt den Zug unter die östliche Hauptachse und
die Irn-Bru Revolution, bis der Wagenverbund in die pneumatische
Stationsbremse einfährt.
Die Big One war zwei Jahre lang die höchste Achterbahn
der Welt, bis sie 1996 durch den japanischen Fujiyama abgelöst
wurde. In Europa wird sie seit dem Jahre 2002 vom Silverstar im
Europa Park übertroffen. Trotzdem wird das Stahlmonster in
Blackpool weiterhin als höchste und schnellste Achterbahn Europas
beworben. Den plakativen Werbeaussagen zur Folge erreicht die Big One
eine Höhe von 71,5 Metern und eine Höchstgeschwindigkeit von 140
Stundenkilometern. Dass man den gerade einmal 50 Meter entfernten Meeresspiegel
als unteren Meßpunkt herangezogen hat, erscheint zweitrangig. Die reale
Höhe der Achterbahn schrumpft daher um rund siebeneinhalb auf 65 Meter -
Trotzdem ein immer noch beachtlicher Wert. Der Hype auf der englischen Insel
ließ sich von diesem Zahlenwirrwar jedoch nicht aufhalten: Pepsi Max
Big One zog in der ersten Saison 25 Prozent mehr Besucher
an.
Text: Coastersandmore - cs, Bilder: Coastersandmore |