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Doe Holzstruktur der Wild Mouse wirkt wie ein
überdimensionaler Käfig |
Nach der wilden Hetzjagd über die hölzernen Schienen
kommt der Besucher auf seinem Weg in Richtung des neueren Parkteils im
Süden an einer weiteren aufsehenerregenden Holzstruktur - einem
großen, weißen Fachwerkkubus - vorbei. Hierbei handelt es sich um
die Wild Mouse aus dem Jahre 1958. Diese jüngste der fünf
Holzachterbahnen im Pleasure Beach kann wohl getrost als die
furchteinflößendste Achterbahn im Park bezeichnet werden.
Ursprünglich von Frank Wright in den 1950ern ohne
Konsultation außenstehender Firmen konstruiert, wurde die Wilde
Maus in den späten 60er Jahren durch die Gebrüder Velare
auf 386 Meter Streckenlänge erweitert. Dieses Upgrade des Orginalcoasters,
welcher in seiner Streckenführung an die frühere Schwesteranlage
King Solomon's Mines im nun geschlossenen Pleasureland Southport
erinnert, bestand in einer Verlängerung und Erhöhung des
Lifthügels und der Ergänzung einer weiteren "Etage" für
die Achterbahn. Die zusätzlichen Höhenmeter verhalfen der Achterbahn
zu einem großen, steilen Drop und einem weiteren kleinen, etwas
flacheren Dip.
Zwölf Maus-Chaisen können gleichzeitig die
Zick-Zack-Strecke befahren, und diese hat es in sich: Im Gegensatz zu den
modernen Stahlausführungen besitzen die Wagen keine Seiten- und
Gegenräder. Auf den 180° Wenden wird der Fahrgastträger
ausschließlich durch eine dritte Schiene in der Mitte der beiden
Fahrspuren gehalten. Diese besteht aus zwei parallelen Stahlprofilen, in die
der Redundanz wegen zwei Gegenhalter eingreifen und die Chaise vor dem Abheben
sichern.
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Der Turn Around der Big One überspannt in
schwindelerregender Höhe weite Teile des "alten" Pleasure Beach
Areals |
Gleich neben der Wild Mouse liegen die River Caves.
Diese Bootsfahrt hat, wie so viele Rides auf dem Pleasure Beach, schon
eine lange und bewegte Geschichte hinter sich. Mehrere Umbauten des
Attraktionsinneren und der Hallenfassade lassen heutigen Gästen ein ganz
anderes Erlebnis zuteil werden, als dies noch im Eröffnungsjahr 1905 der
Fall war. Wollte man einst durch den Nachbau von elf berühmten Höhlen
der Welt, wie beispielsweise die noch heute während der Bootsfahrt
durchschipperte blaue Grotte von Capri, das Fernweh der Besucher stillen, nimmt
die beschauliche Bootsfahrt dieser Tage die Gäste nicht nur mit auf eine
Reise rund um den Globus, sondern zugleich auch durch die Zeit.
Und so sind es nicht mehr nur unterschiedlich illuminierte
Steinformationen, sondern kleine und größere Szenen aus
verschiedenen Epochen, welche die Augen der Reiselustigen verwöhnen. Ob
Dinosaurier, Inkas, ägyptische Architektur oder die Tempelanlagen von
Angkor Wat: Während dieser Bootstour bekommt jeder Mitfahrer etwas
für seinen Geschmack geboten, was diesen über 100 Jahre alten Ride zu
einem wundervollen Familienklassiker werden lässt.
Ganz besonderen Schauwert erhält die Attraktion durch die
Durchquerung des Magnolia-Café Restaurants und die Begegnung mit
den Chaisen der Gold Mine, einem schienengebundenen Darkride, welcher im
oberen Geschoss des Komplexes seine Runden zieht.
In der 1971 gefertigten Gold Mine begeben sich jeweils acht
Personen in einem als Loren gestalteten Zweier-Wagenverbund ins Innere des
künstlichen Gebirges auf die Suche nach dem Edelmetall. Dabei geht es in
der von Arrow Engineering aus den USA gelieferten Ridehardware recht
zügig voran durch äußerst enge Tunnel und vorbei am Minenalltag
der Goldgräber des 19. Jahrhunderts. Wie bei so vielen Rides im
Pleasure Beach fragt man sich auch und gerade hier, wie sich eine so
lange Strecke derart unauffällig auf so wenig Raum unterbringen
lässt. In dieser Attraktion dürfte der zweite, maßgebliche
Einfluss neben Disney's Pirates of the Caribbean auf die Entstehung der
Silbermine im Phantasialand gefunden sein.
Eine weitere Parallele zum Brühler Freizeitpark besteht im
britischen Pleasure Beach im Problem einer öffentliche Strasse, die
durch das Parkgebiet verläuft. Abhilfe wurde auch hier durch eine
Überdachung dieser Straße geschaffen, auf welcher nun ein breiter
Boulevard verläuft, der den Parkbesuchern ein sicheres Überqueren der
Watson Road ermöglicht und zudem eine Verbindung der beiden
Nord-Südachsen schafft.
An dieser Passage liegen sowohl der Zugang zur Gold Mine
als auch die Station der Monorail und der Grand Prix -
Elektroautorennstrecke. Die erste Attraktion, welche im jenseits der Watson
Road liegenden, südlichen Parkteil erspäht werden kann, ist der
Big Dipper, der Klassiker schlechthin unter den Achterbahnen in
Blackpool's Pleasure Beach. |
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Links: Das Tonnengewölbe ist als
Achterbahnstation weltweit einzigartig - rechts: auf dem Dach der Station dreht
der Zug des Big Dipper eine Panoramakurve - im Hintergund die Big One |
Die Station wirkt ungewöhnlich und lässt im Betrachter
eher das Gefühl aufkommen, eine Galerie zu besuchen als einen
Achterbahnbahnhof. Über eine sanft geschwungene, abwärts
führende Rampe erreichen die Gäste das Tonnengewölbe mit dem
Bahnsteig. Ein Springbrunnen plätschert im Rund. Ein Hauch von
Exklusivität liegt in der Luft. Auch dies hat Tradition im Pleasure
Beach, war der Big Dipper doch 1923 die erste Attraktion, welche
ihren Besuchern einen ganzen Schilling - umgerechnet etwa fünf Pence -
Eintrittsgeld abverlangte. Nicht zuletzt um diese damals immense Geldsumme zu
kompensieren, aber auch um einen exquisiten Eindruck zu schinden, bot der
frühere Einstiegsbereich feinsten, italienischen Mosaikboden und einen
Kassiertisch aus Marmor und Mahagoni.
Schon allein der Weg zum Lifthügel kann getrost als
unkonventionell beschrieben werden. Nach einer 180°-Rechtskurve aus der
Station heraus durchfährt der PTC-Zug eine sanfte S-Kurve nach
rechts und erklimmt direkt unter dem eigentlichen Lift eine äußerst
flache Steigung - kurioserweise unter Zuhilfenahme derselben, umlaufenden
Kette, welche die Wagen auch den Hauptlift emporzieht. Um auf diesen zu
gelangen muss jedoch noch ein Richtungswechsel vollzogen werden, der in einer
scharfen 90°-Rechts- und anschließenden 270°-Linkskurve
besteht.
Hiernach erklimmt der Zug seine Ausgangshöhe von rund 20
Metern, auf welcher man noch den blau-weißen, flammenförmigen
Turmabschluss des Stationsrondels in einer langsamen, engen Linkskurve
umrundet. Von hier aus kann ein herrlicher Rundumblick über den
Pleasure Beach genossen werden, bevor der eigentliche Achterbahnteil
beginnt, welcher ganz und gar nicht mehr die Eigenschaften einer ruhigen
Aussichtsfahrt aufweist.
Ursache für die besonders zur Eröffnung 1923, aber auch
noch bis zum heutigen Tage herausragenden Fahrcharakteristika des Big
Dipper ist die Erfindung zweier Amerikaner namens John A. Miller
und Harry Baker aus dem Jahre 1914: Die Upstop Wheels. Diese
bahnbrechende Neuerung ermöglichte vollkommen neue Möglichkeiten im
Achterbahndesign, nämlich einen steileren und schnelleren Fahrtverlauf zu
verwirklichen. Und einen ebensolchen bietet der Big Dipper seinen
Fahrgästen, insbesondere nach dem Umbau 1936. Hierbei wurden das von
John Miller ursprünglich L-förmig angelegte
Out-and-Back-Layout begradigt und der Achterbahn gleich zwei Extra-Dips
spendiert.
Der First Drop und der erste Camelback entsprechen
noch dem Originallayout, der sich anschließende Teil wurde von Charles
Paige nach Fertigstellung seiner Grand National überarbeitet.
Nun geht es nicht mehr links ab, sondern die Züge des Big Dipper
erklimmen einen zweiten Airtimehügel, nur um nach Unterquerung des
Lifthügels der Big One noch einen weiteren Camelback in Form eines
majestätisch geschwungenen Bogens über dem Fußweg zum
Südeingang zu bezwingen. Der Wagenverbund dippt anschließend durch
ein kleines Tal und rast über einen ebenso niedrigen Hügel, bevor er
an den Fenstern des parkeigenen Big Blue Hotels vorbei in einen
Drop nach links stürzt. Der Turnaround steht bevor, welcher beim
Big Dipper aus einer schlichten 180°-Linkskurve besteht, die hier
aber nur leicht geneigt ist und dadurch eine große Portion lateraler
G-Kräfte auf die Mitfahrer entlädt.
Der Zug durchfährt hiernach eine kleine Senke, schwenkt
mittels einer 90°-Rechtskurve auf seine Zielgerade ein und findet sich nun
auf einem Streckabschnitt parallel zum Hinweg wieder. Es folgt ein weiterer
großer Drop unter dem zuvor überflogenen Fußweg hindurch, der
in eine Serie von kleinen Dips mündet, bis der Wagenverbund nach 1000
Metern die Schlussbremsen erreicht.
Der Big Dipper beweist, wie auch seine Schwesteranlage
Grand National, dass ein über 70 Jahre alter Wooden Coaster
es auch noch mit jungen Verwandten dieser Tage aufnehmen und vielleicht
auch gerade wegen seines Alters noch ein wenig mehr Esprit mitbringen
kann. |
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Infusion bietet Wasser"erleben" pur |
Der Suspended Looping Coaster, kurz SLC, der
niederländischen Firma Vekoma Rides Manufacturing findet sich
weltweit in weit über dreissigfacher standardisierter Ausführung. Die
Mitfahrer sitzen einem Skilift ähnlich in offenen Sitzschalen ohne Boden
unter den Füssen unterhalb der Schiene. Ein eben solches Fahrerlebnis wird
seit der Saison 2007 als Neuheit in Blackpool präsentiert.
Parallel zu den langgezogenen Streckenabschnitten der Big
Dipper und Big One, auf dem Standort der früheren Arrow
Wildwasserbahn errichtet, bietet die SLC-Variante des Pleasure Beach ein
besonders herausragendes Ausstattungsmerkmal: Die Stahlstruktur wurde über
einem künstlichen See installiert und brilliert mit einer Vielzahl von
Wasserspielen. Stellenweise verschwinden dabei ganze Streckenabschnitte unter
Fontänen, die scheinbar einer Wasserkanone gleich den Zug über die
689 Meter lange Strecke tanzen lassen.
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Links: Abfahrt vor dem Roll Over |
Bei Infusion handelt es sich um eine Gebrauchtanlage,
welche aus dem rund 20 Kilometer Luftlinie entfernten Pleasureland
Southport umgesetzt wurde. Der Freizeitpark gehörte seit vielen Jahren
der Thompson Familie und wurde 2006 aufgrund mangelnder
Rentabilität geschlossen. Aus dem Traumatizer wurde mit viel Farbe
und dem Einsatz von gigantischen Wasserstrahlern die Infusion. Die Fahrt
besteht aus der standardisierten Streckenführung, wie man sie von den
weltweit über 30 im Einsatz befindlichen Vekoma-Bahnen her kennt:
Lifthügel, geschwungene 180° Abfahrt aus 33 Metern Höhe, dem
ersten Inversionselement namens Roll Over, in dem der Zug zweimal
kopfüber gestellt wird, sowie dem Sidewinder und zwei Spins um die
Längsachse. Die Loopingbahn ist die dreizehnte Achterbahn im
Pleasure Beach Blackpool, jedoch erst die zweite, welche
Überkopfelemente bietet.
Den Besuchern des Pleasure Beach wird die Stahlkreation als
Weltneuheit verkauft. Zwar bietet die Fahrt aufgrund der engen
Streckenführung und dem dazu unpassend langen Zug, der in den
Inversionselementen einen beständigen und durchaus als unangenehm zu
bezeichnenden Brems- und Beschleunigungseffekt generiert, ausschließlich
Mittelmaß, die Inszenierung der Freiluftanlage sucht jedoch
Ihresgleichen: Ohne grosse Thematisierungselemente erschaffen die Wassereffekte
einen modernen, spritzigen Look, der sowohl Mitfahrer als auch die passiven
Beobachter in seinen Bann zieht. Aus dem Mauerblümchen Traumatizer
wurde eine außergewöhnliches Achterbahnerlebnis. |
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Text: Coastersandmore - cs, Bilder: Coastersandmore,
Vekoma |
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