|
Site-Info: Editorial > General Topics > Euro Attractions Show 2009 in Amsterdam: Seite 1 |
|
|
|
Die Euro Attractions Show 2009 gastierte in
Amsterdam |
Es ist Herbst 2009, knapp ein Jahr ist vergangen seit dem
Beginn der weltweiten Finanzkrise. Während die Konsequenzen des
Zusammenbruchs von Lehmann Brothers & Co. auf der Euro Attractions Show
2008 in München noch nicht absehbar waren, scheint dieses Jahr in
Amsterdam das Schlimmste bereits vorüber zu sein. Im Jahr 2010 wird es
zwar kein Feuerwerk neuer Attraktionen geben, doch das war nach dem Top-Jahr
2009 auch kaum zu erwarten. Die Freizeitbranche blickte aber bereits auf der
größten Branchenmesse Europas vorsichtig optimistisch ins Jahr
2011.
Große Ankündigungen gab es daher 2009 in Amsterdam
nicht. Ohnehin war die EAS noch nie eine Verkaufsmesse für
Großanlagen. Hier werden eher Kontakte geknüpft und gepflegt als
Verträge unterzeichnet. Zwar werden Kaufabsichten erklärt, doch
schriftliche Kaufverträge bilden eher die Ausnahme. Schließlich
haben gerade große Attraktionen wie Achterbahnen eine teils
mehrmonatige Vorbereitungszeit, in der im Dialog mit dem Kunden ein Angebot
ausgearbeitet wird. Erst dann beginnen die Ingenieure mit ihrer Arbeit. So
wurden im Winter 2008/2009 viele Planungen auf Eis gelegt. Nach einem,
zumindest für europäische Parks, guten Geschäftsjahr 2009
bandelt man nun also für Eröffnungen in 2011 an.
Für die Parks scheint die Finanzkrise eher einen Schub
bedeutet zu haben - vermutlich auf Kosten längerer Urlaubsreisen. Die
Hersteller, besonders die größerer Attraktionen wie Achterbahnen,
sind jedoch gleich doppelt betroffen. Erstens führte die Verunsicherung im
letzten Winter bei den Parkbetreibern zur Zurückhaltung bei
Neuanschaffungen. Zweitens sind zur Zwischenfinanzierung von Anlagen - die
Lieferanten für das Material müssen bezahlt werden, während der
größte Teil des Kaufpreises erst Zug um Zug bei Auslieferung
fällig wird - oft Kredite mit kurzer Laufzeit notwendig. Doch genau die
sind nicht mehr so einfach und so günstig zu haben wie noch vor ein oder
zwei Jahren.
|
Links: Meet & Greet auf der EAS - Im Bild
Horst Ruhe von Maurer Söhne und Sascha Rigling von Mack Rides (von links
nach rechts) |
In der jüngeren Vergangenheit wurden viele Hoffnungen in zwei
Hauptmärkte gesetzt. In den Vereinigten Arabischen Emiraten schien nichts
unmöglich zu sein. Das Beste war gerade gut genug, um die Gegend in ein
touristisches Ziel zu verwandeln. Doch die Dollars aus dieser Branche wollen
nicht so sprudeln wie die Einnahmen durch Erdöl. Zwischenzeitlich war rund
ein Dutzend großer Freizeitparks im Gespräch, alle namhaften Ketten
sollten mit von der Partie sein. Doch das Wunschdenken wurde von der
Realität eingeholt. Während es die meisten Projekte in der
Planungsphase erwischte, sieht es beim F1-X, dem ersten Park auf dem
Dubailand Areal ganz anders aus. Mehrere der fünf großen
Achterbahnen sind fertig produziert, doch mit dem Aufbau oder gar der
Inbetriebnahme ist in den nächsten Jahren nicht zu rechnen. Entsprechend
verhalten sind die Hersteller bei Ankündigungen für neue Projekte in
den Emiraten. Einzig die Ferrari World in Abu Dhabi nähert sich
ihrer Fertigstellung trotz über einjähriger Verspätung. Die
Stahlstruktur der beiden Großachterbahnen von Maurer Söhne
und Intamin ist bereits aufgestellt.
Erfüllt haben sich die Erwartungen allerdings in Asien, und
dort insbesondere in China. Jahrzehntelang war die westliche Freizeitparkkultur
für die Chinesen nicht zugänglich, und entsprechend groß
scheint der Nachholbedarf zu sein. Alleine OCT, die Overseas Chinese
Town Holding Company, hat 2009 zwei Happy Valley Großparks in
Shanghai und Chengdu eröffnet, ein weiterer Park in Wuhan folgt 2011.
Zudem werden im nächsten Jahr der Joy Valley Park in Shanghai und
die Universal Studios Singapore eröffnen. Beide Parks werden eine
Vielzahl an Achterbahnen bieten, Universal derer gleich fünf,
darunter den Battlestar Galactica, eine duellierende Loopingbahn
mit LSM Launch Lift von Vekoma Rides Manufacturing. Mehr dazu in
der entsprechenden Rubrik weiter unten.
Der Boom der Freizeitparks in Asien scheint also kein Ende zu
nehmen. Für 2013 plant Disney den Bau ihres vierten Themenparks in
Asien - das anvisierte Investitionsvolumen für den Park in Shanghai sind
2,5 Milliarden Euro. So verwundert es nicht, dass ein Großteil der
Verkäufe für nächstes Jahr an das Reich der Mitte geht. Das wird
an der folgenden, nach Herstellern sortierten Übersicht deutlich.
|
|
|
Links: Die Movie-Base-Ausführung mit
hydraulisch schwenkbarem Tragarm - Rechts: King Kong in Aktion im
Bobbejaanland |
Die Bremer Firma Huss Park Attractions konnte zwei
Installationen ihrer neuen Movie Base verkünden, bei welcher die
Fahrgäste in offenen Sitzen ohne Boden unter den Füßen vor
einer Leinwand schweben. Beide neuartigen Simulatoren werden in
OCT-Parks in Betrieb gehen. Die Happy Valley Parks in Shanghai
und Shenzhen werden jeweils Anlagen mit 90 Sitzen erhalten. Gerüchten
zufolge soll die Ferrari Experience World eine Movie Base von
Huss eröffnen - neben einem knapp 60 Meter hohen
Freifallturm ebenfalls vom norddeutschen Hersteller. Zudem erhält
in chinesischer Park die dritte Auslieferung des King Kong, welcher
bereits im belgischen Bobbejaanland und in Le Pal in Frankreich
seine Premiere feierte. King Kong ist keine Thrillattraktion, sondern
zielt eher auf das jüngere Publikum. Dabei orientiert sich das von
Huss aufwendig thematisierte Hochfahrgeschäft an die Super
Novas von Mondial aus den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts.
Bei der Movie Base gibt es zwei verschiedene
Konstruktionen. Die eine ähnelt derjenigen von Disneys
Soarin´-Attraktionen in Anaheim und Orlando, bei denen der Tragarm
der Sitzmatrix geschwenkt wird, sodass die Gäste ebenerdig ein- und
aussteigen können. In einigen Ländern der Welt hält Disney
jedoch ein Patent auf diese Ausgestaltung. Unkritisch ist die zweite
Variante, bei der die Fahrgäste in übereinanderliegenden Ebenen ein-
und aussteigen. Vor der Vorführung werden dann die Geländer
heruntergeklappt und die Sitze vorgeschoben. Dies hat den weiteren Vorteil,
dass der Zuschauerraum sehr viel kleiner gestaltet werden kann und sich der
Abstand der Sitze von der Leinwand verringern lässt.
Beiden Versionen gemeinsam ist die Bewegungsfreiheit der Sitze.
Vertikal ist ein Hub von einem Meter möglich, wobei Beschleunigungen von
+/- 0,5g erreicht werden können. Seitlich können die Sitze mit einer
Frequenz von einem Hertz schwingen, zusätzlich können sie um bis zu
7,5 Grad nach vorne und hinten kippen. Vermag die Disney-Version nur
sanft zu gleiten, kann die Variante von Huss gehörig Action und
Beschleunigung bieten. Es sind jeweils fünf Sitze zu einer Reihe
gekoppelt, die sich als Gesamteinheit bewegt.
Für die Attraktion im Happy Valley Shanghai, welche
2010 öffnen wird, wurde der Film Flight of the Dragon von Super
78 Studios produziert. Mittels vier Digitalprojektoren wird der Film auf
einen 30 mal 17 Meter Leinwanddome geworfen, vor dem die Sitzreihen schweben.
Der Film startet mit einem computeranimierten Drachen, der die Zuschauer auf
einen Rundflug über die Sehenswürdigkeiten Chinas mitnimmt, zum
Beispiel die Chinesische Mauer, das Gelbe Gebirge oder den Zhangjiajie. Die
Sequenzen wurden mittels Hubschrauberkameras gefilmt, wobei im Zusammenspiel
mit den Bewegungen der Simulatorplatform der Eindruck entsteht, man würde
die Sehenswürdigkeiten mit einem Paraglider umfliegen. |
|
|
Links: Der 93 Meter hohe Lifthügel des
Intimidators 305 ragt wie ein gigantischer Torbogen in den Himmel |
Nach einigen sehr erfolgreichen Jahren für die
Achterbahnsparte zeichnet sich für 2010 bei dem Liechtensteiner Ride
Multis Intamin Transportation und Ride Trade eine deutliche
Beruhigung ab. Neben dem Gigacoaster Intimidator 305 für
Kings Dominion soll auch die verzögerte Rekordachterbahn F1
Coaster mit hydraulischem Katapultstart auf 240 km/h für die
Ferrari World in Abu Dhabi eröffnen. Letztere wurde jedoch nicht
von Intamin offiziell bestätigt.
Beide Achterbahnen nutzen das neu entwickelte
Schienensystem mit doppeltem Tragrohr, das erheblich größere
Stützabstände zulässt als die bisher verwendeten Systeme.
Für Kings Dominion wurde das Schienensystem zu einem massiven, zwei
Meter hohen Fachwerkträger weiterentwickelt, der es erlaubt, den 93 Meter
hohen Lift auf nur zwei Stützen aufzustellen. Dabei sind bis zu 100
Schienenmeter ohne Stütze platziert, die letzten 30 Höhenmeter stehen
komplett frei - das ist ungefähr die Gesamthöhe des Olympia
Looping. Der Aufbau erforderte eine ausgeklügelte Tragwerksplanung,
bei der sogar Stützelemente des ersten Camelbacks zu einer
temporären Stütze zusammengebaut wurden.
Weder bestätigen noch dementieren kann Intamin die
Beteiligung an der neuen Achterbahn für Alton Towers, die die in
die Jahre gekommene Vekoma Corkscrew ersetzen wird. Baustellenfotos der
Secret Weapon 6, Altons nächster Geheimwaffe nach
Nemesis, Oblivion und Air, sprechen jedoch eindeutig
für die Liechtensteiner als Hersteller. Wie schon bei den vorangegangenen
Secret Weapons zeichnet auch bei Nummer 6 der Designer John
Wardley für das Gesamtkonzept verantwortlich. Die
Installationsarbeiten auf der englischen Insel sind abgeschlossen und zeigen
einen etwa 600 bis 700 Meter langen Schienenparcours, welcher weitgezogen durch
einen Wald führt, um schließlich parallel zur Station in einem
Gebäude zu enden. Das dann folgende Fahrelement wurde unter strengster
Geheimhaltung transportiert und installiert. Baustellenbilder deuten jedoch
darauf hin, dass es sich um einen Aufzug oder ein Freifall-Element handelt, auf
welchem die Schiene einen Höhenunterschied von vier bis sechs Metern in
die Tiefe absolvieren wird. Daran anschließen wird sich ein vom
Wagenverbund rückwärts absolvierter Abschnitt inklusive Helix.
Somit würde sich auch Intamin in die Riege der Hersteller
einreihen, die Effektschienen für ihre Bahnen im Angebot haben.
Nicht zuletzt aufgrund der intensiven Fahreigenschaften und dem
Lift mit zusätzlichem Launch-Effekt über die Kuppe bei Tornado
im dänischen Bakken macht Intamin jetzt auch bei Spinning
Coastern Schlagzeilen. "Die Sparte der Spinning Coaster ist von Mack Rides,
Maurer Söhne und auch Gerstlauer schon gut besetzt", sagt Sascha
Czibulka, der Vizepräsident von Intamin, "daher muss man sich
in diesem Segment mit intensiveren Anlagen positionieren". Dazu passt die
Information, dass sich in ersten Simulationen auch Inversionen als mit
drehbaren Wagen befahrbar herausgestellt haben. Eine Realisierung ist derzeit
aber noch nicht absehbar.
|
Links: Der 240 km/h schnelle Katapultcoaster
soll 2010 in der Ferrari World in Abu Dhabi eröffnen - Rechts: Das
Monorail-Projekt in Bologna |
Im Vergleich zu den Vorjahren hat die Wassersparte deutlichen
Zuwachs zu vermelden, hier sind insgesamt sieben Projekte in der Pipeline. Drei
davon sind Rapids Rides, dazu kommen eine Wildwasserbahn mit zwei
Stürzen für Cedar Point und eine langsame Bootsfahrt. Von den
beiden Spillwater-Attraktionen für 2010 wird der für das
sizilianische Etnaland immerhin 25 Meter hoch sein - das sind zwar nicht
ganz die Ausmaße des Mega-Prestigeprojekts in der Holiday World,
aber immer noch ganz beachtlich. Der andere Spillwater wird, genau wie einer
der Rapids Rides, sein Zuhause im italienischen Valmontone
finden.
Aus den anderen Produktsparten sind ein Aussichtsturm
für Taiwan und ein Giant Drop für China zu vermelden, der mit
weniger als 40 Metern Fallhöhe zwar nicht der größte ist, aber
mit seiner exponierten Lage wird punkten können. Ob dabei die Space
Shot Installation von S&S auf dem Statosphere Tower in
Las Vegas getoppt werden kann ist bislang unbeantwortet geblieben.
Weniger im Fokus der Freizeitparkszene, aber immerhin der Ursprung
der Intamin Transportation, sind die Monorails. Dieses weitere
Standbein stellt sich derzeit als äußerst verlässlich heraus
und beschert mit drei Anlagen zwischen 5 und 25 Kilometern Länge eine
solide Auslastung. In Italien ist eine fünf Kilometer lange
Monorail zwischen dem G. Marconi Flughafen und dem neuen Hauptbahnhof in
Bologna für 2013 angekündigt. Das 90 Millionen Euro teure
Gesamtprojekt, wird drei bis zu 70 km/h schnelle Züge für bis zu 50
Personen, einen Zwischenstop und eine Untergrundpassage umfassen. Die Schiene
ist dabei in einer Höhe von sieben bis 25 Metern geführt und wird
komplett mit Solarpaneelen ausgestattet werden.
Und nach dem Umbau des Tschuggen Express im Schweizer
Nobelort Arosa hat Intamin sich dieses Konzept gleich vollständig
gesichert und bietet nun auch den Transportcoaster mit Triebstock
an. |
|
|
Aus alt (rechts) macht neu (links): Kumbaks neue
Züge für die Scenic Railway im dänischen Bakken |
Die neuen Züge für die Holzachterbahn
Stampida im spanischen Port Aventura waren für Kumbak
nicht gerade der perfekte Einstand in das Retrofitting von
Holzachterbahnen. Aufgrund der anfänglichen Probleme haben viele
das niederländische Unternehmen schon totgesagt. Doch das nächste
Projekt dieser Art ist gleich ein ganz besonderes: Die Bremser der
Rutschebanen, der traditionsreichen Scenic Railway in
Bakken, werden in Rente geschickt. Verständlich, dass die Fans
Zeter und Mordio schreien und den Verlust jahrzehntealter Achterbahnkultur
beklagen. Genauso verständlich ist aber auch, dass die Betreiber auf die
Personal- und Wartungskosten schauen müssen, um wirtschaftlich zu
arbeiten. Also drehten die alten Züge im August 2009 ihre letzten Runden,
bevor 2010 ein komplett neues System an den Start gehen wird.
Die Ingenieure von Kumbak haben die knapp 80 Jahre alte
Anlage analysiert und ein System mit zahlreichen kurzen Bremssektionen
entworfen. Jede Sektion enthält absenkbare Bremsschwerter, die
zugehörigen Permanentmagnete sind an den Zügen montiert. In jeder
Sektion wird der Zug so lange abgebremst, bis seine Sollgeschwindigkeit
erreicht ist. Dann werden die Bremsschwerter über einen vorgespannten
Mechanismus innerhalb von Sekundenbruchteilen abgesenkt. Somit soll die
Fahrdynamik der manuell gebremsten Züge nachgebildet werden. Ganz genau
kann das aber nicht gelingen, da die Bremsen naturgemäß nur auf
geraden Streckenabschnitten platziert werden können. Weniger
Verschleiß versprechen die im Vergleich zu den Originalzügen
gegenüber den Laufrädern drehbar gelagerten Upstop-Zapfen, die somit
nicht mehr gegenläufig über die Schiene reiben.
Die neuen Züge haben jeweils zehn Reihen mit zwei Sitzen,
wobei jede Reihe über eine eigene Achse verfügt. Damit dürften
sie nicht, wie längere Einzelwagen, in der Schiene "schwimmen" und sich
gut auf die bestehende Schiene anpassen lassen. Auch das offene Design und die
Holzoptik des GFK-Chassis machen einiges her. Die beiden Einzelsitze pro Reihe
erhalten einen Schaumüberzug, sind seitlich durch Stützen voneinander
getrennt und verfügen über individuelle Schoßbügel. Das
erhöht die Sicherheit, nimmt dem Fahrgast aber das Gefühl der
Freiheit, das die alten Züge ausgezeichnet hat. Ihren Charme wird die
Rutschebanen sicherlich einbüßen, mit dem neuen System
unterscheidet sie sich technisch nicht mehr von hochmodernen Holzachterbahnen.
Ob das für den durchschnittlichen Bakken-Besucher aber einen
Unterschied macht, wird die Zukunft zeigen. |
|
Text: Coastersandmore - jp, Bilder: Bobbejaanland,
Coastersandmore, Ferrari World, Huss, Iosaghini, Kings Dominion |
|
|
|
|