In diesem Herbst hat die Euro Attractions Show, Europas
größte Branchenmesse zum Thema Achterbahnen und
Freizeitparkausstattung, bereits zum neunten Mal stattgefunden, doch von einer
arrivierten Veranstaltung kann man noch nicht sprechen. Die Zeit der
Selbstfindung scheint gerade erst ihrem Ende entgegen zu gehen. Ein neuer
Termin im Jahreskalender und die Umstrukturierung der Organisation prägen
noch das Bild.
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Auf dem Müncher Messezentrum fand die Euro
Attractions Show 2008 vom 30. September bis 2. Oktober statt |
Die Euroshow wurde einst von der EAASI, der
Europäischen Vereinigung der Vergnügungsanlagenhersteller, ins Leben
gerufen und erstmals 2001 in London veranstaltet. 2002 folgte Düsseldorf
in Verbindung mit der Interschau, danach kamen Genua, Paris und zwei Mal
Wien. Dort wurde die Organisation bereits teilweise von der IAAPA, einem
amerikanischen Interessenverband der Branche, übernommen, um als
europäischer Ableger der IAAPA Expo etabliert zu werden. Es folgten
Sevilla und 2008 Nizza, wo die Messe zum vorerst letzten Mal im Januar
veranstaltet wurde. Vom 30. September bis zum 02. Oktober fand dann die zweite
EAS im gleichen Jahr statt, zur besten Oktoberfestzeit in Bayerns
Hauptstadt München. Die Organisation wurde von der IAAPA Europe
übernommen, die seit diesem Jahr eigenes Vollzeit-Personal hat:
Andreas Veilstrup-Andersen, der vorher Vizepräsident des Tivoli
in Kopenhagen war.
Über die Verlegung in den Herbst gab es unter den Ausstellern
die verschiedensten Meinungen. Gerade die Hersteller kleinerer Anlagen
befürworten den Termin, da auf der Messe abgeschlossene Verträge noch
bis zum Beginn der folgenden Saison erfüllt werden können. Anders
sieht es bei Großanlagen aus, die einen weitaus längeren Vorlauf
benötigen. Auch die zeitliche Nähe zur IAAPA Expo in den USA,
der weltweit größten Branchenmesse, ist nicht unumstritten. Zwar ist
das Abbauen, Verschiffen und Aufbauen auch größerer Messestände
innerhalb von sechs Wochen möglich, doch geht den Unternehmen für
längere Zeit hintereinander Manpower verloren.
Nicht zuletzt war der Termin parallel zum Oktoberfest nicht
unumstritten, denn zu dieser Zeit verdreifachen sich die ohnehin nicht
günstigen Hotelpreise in München. Andererseits ist die Wiesn
vielleicht ein Anreiz für den ein oder anderen Messebesucher, der den Weg
sonst nicht gefunden hätte. Auch das Socializing kam bei einer
Abendveranstaltung im Paulaner Festzelt nicht zu kurz. Zusammen mit der
Welcome Reception und einer Werksbesichtigung bei Maurer
Söhne im Rahmen des IAAPA Summer Meeting sowie diverser
weiterer Veranstaltungen in der gerade einmal dreitätigen Messephase war
kaum eine Ruhepause möglich.
Ein weiteres großes Thema war China. Dass die aufstrebende
Wirtschaft die Preise für Rohstoffe in immer schwindelerregendere
Höhen treibt hat man inzwischen hingenommen - die Angebote vieler
Hersteller sind nur noch wenige Wochen gültig, danach kann der Preis schon
wieder deutlich gestiegen sein. Der zunehmende Wohlstand hat aber auch zur
Folge, dass die Bevölkerung Zeit und Geld für das Vergnügen hat.
Entsprechend hoch ist die Anzahl neuer Freizeitparks in den vergangenen und
kommenden Jahren, sodass China für viele Unternehmen zu einem der
wichtigsten Absatzmärkte geworden ist. Nicht wenige Hersteller wie zum
Beispiel Vekoma produzieren sogar im Land des Lächelns.
Das birgt jedoch die Gefahr, kopiert zu werden. Der unmittelbare
Zugriff auf fertige Anlagen und sogar direkt auf Know-How führt zu einer
wachsenden Anzahl an Plagiaten. Auch wenn es in China als Ehre angesehen wird,
kopiert zu werden - schließlich hat man ein kopierenswertes Werk
geschaffen -, so bedeutet es doch wirtschaftliche Einbußen. Daher
dürfte der gewerbliche Rechtsschutz in der Branche zunehmend in den Fokus
geraten, zumal sich Schutzrechte in China immer besser und einfacher
durchsetzen lassen.
Ein erstes Zeichen haben vier italienische Hersteller auf der
EAS in München gesetzt, die eine einstweilige Verfügung gegen
die Shanghai China Union Fun Equipment Manufacture Co., Ltd. erwirkt
haben. Der chinesische Hersteller hatte in seinem Produktkatalog einige
Originalfotos aus den Katalogen der italienischen Unternehmen abgedruckt. Am
dritten Messetag hat der Gerichtsvollzieher die einstweilige Verfügung am
Stand der China Union zugestellt, die die Weiterverbreitung des Katalogs
mit den in Rede stehenden Fotos untersagt. Viele Hersteller möchten auch
den Veranstalter in die Pflicht nehmen, schließlich dürfen die
Aussteller laut Vertrag keine Urheberrechte oder sonstigen Schutzrechte
verletzen.
Doch es gibt auch Positives zu vermelden. Laut Aussage des
Veranstalters handelte es sich um eine der größten Messen in der
Geschichte der Euroshow: 250 Aussteller haben 8.000 Quadratmeter der
Münchner Messehallen belegt. Gefühlt war die Messe jedoch eher klein,
und die zweite Halle war nur zu einem geschätzten Drittel belegt. Die
Aussteller dort hatten also einen schweren Stand. Insgesamt waren wirkliche
Innovationen Mangelware, dafür scheint die Nachfrage der über 5000
Besucher aus 64 Ländern nach bestehenden und bewährten Konzepten
durchaus zufriedenstellend zu sein. Viele Verträge für 2009 oder 2010
sind unter Dach und Fach, doch wie sich die Finanzkrise auf die Jahre danach
auswirken wird bleibt abzuwarten. Bereits 64 Unternehmen haben einen Stand
für die nächste EAS vorbestellt, die vom 30. September bis zum 2.
Oktober 2009 in Amsterdam stattfinden wird. |
Nach der ersten Kooperation für die Holzachterbahn
Mammut in Tripsdrill haben sich Gerstlauer und Holzbau
Cordes auf der Messe auf einem gemeinsamen Stand präsentiert. Mit
einem Modell im Maßstab 1:100 des Erstlingswerks wurde für weitere
Anlagen des Konsortiums geworben, die weltweit vermarktet werden sollen. Die
Aufteilung ist klar: Cordes liefert den Holzbau, während sich
Gerstlauer um die technische Ausrüstung, also die Züge, die
Steuerung, den Antrieb und das Bremssystem, kümmert. Bislang konnte jedoch
kein weiterer Verkauf verkündet werden.
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Thorpe Parks Eurofighter erhält eine
Thematisierung zum Horrorfilm Franchise Saw |
Auf dem Stahlsektor hat sich der süddeutsche Hersteller
für 2009 jedoch jetzt schon sehr gut positionieren können: Gleich
acht Achterbahnen stehen auf der Neuheitenliste. Die Errichtung des nach
Kundenwünschen designten Eurofighter im englischen Thorpe
Park ist inzwischen abgeschlossen. Die Anlage wird eine Länge von 720
Metern und eine Höhe von 30 Metern bieten. Zum Auftakt der Fahrt gibt es
eine Darkride-Sequenz mit Herzrolle zwischen Station und Vertikallift. Dem
folgen zwei weitere Inversionen, Steilkurven und Airtimehügel. Erste
Testfahrten der nach dem Horrorfilm Saw benannten und gestalteten Anlage
sollen noch dieses Jahr erfolgen.
Derzeit in Produktion ist ein semitransportables Riesenrad
für das französische Nigloland. Die beiden Eurofighter
für den Zoosafari Fasanolandia in Italien sowie Duinrell in
den Niederlanden lagern immer noch auf dem Hof in Münsterhausen und warten
auf die Abholung durch die Parks. Zumindest erstere Anlage soll jedoch
demnächst geliefert und errichtet werden.
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Grundriss des LSM Launch Coaster Anubis für
das belgische Plopsaland |
Auch für den F1-X Motorsportpark in Dubai ist ein
weiteres Exponat des Verkaufschlagers Eurofighter für 2010 bereits
produziert worden. Seit 2003 hat Gerstlauer über ein Dutzend der
kompakten und durchaus ansprechenden Anlagen ausliefern können. In der
Wüste folgen dem rund 30 Meter hohen Vertikallift mit 97 Grad steilem
Absturz 500 weitere Streckenmeter und fünf Inversionen (Zero-G Roll, Cobra
Roll und zwei Korkenzieher) folgen werden. Die Wagen werden eine für den
Eurofighter neuartige Sitzkonfiguration bieten.
Der Sky Roller konnte während der EAS im
Innenhof des Deutschen Museums ausgiebig getestet werden und ist
durchweg auf positive Resonanz gestoßen. Anfang Oktober wurde die Anlage
jedoch abgebaut: Offiziell wurde der Platz für ein Weltraumexponat
benötigt, der wahre Grund sind aber vermutlich Anwohnerbeschwerden
über die Lautstärke. Während die Anlage an sich kaum hörbar
ist, konnte man das von dem einen oder anderen Fahrgast nicht behaupten. Das
Fahrgeschäft wird höchstwahrscheinlich nächste Saison in einem
noch nicht genannten Park in Europa eine neue Heimat finden.
Inzwischen hat der norddeutsche Hansapark offiziell
bestätigt, was schon lange vermutet wurde: Lieferant der neuen Achterbahn
ist die Gerstlauer Amusement Rides GmbH. Heißen wird die Bahn
Fluch von Novrogod, und sie wird laut Pressemitteilung ein
"Achterbahn-Fahrerlebnis in einer neuen und 5. Dimension" bieten. Beginnen wird
die Fahrt mit einem Darkride-Teil, dem sich indoor ein Launch und ein
Achterbahnabschnitt anschließen. Der anschließende, 40 Meter hohe
Vertikallift mit der bekannten übersteilen Abfahrt steht ebenfalls im
Dunkeln, bevor der Rest der Fahrt außen stattfinden wird. Der Launch
beschleunigt die Einzelfahrzeuge in nur 1,4 Sekunden auf 100 km/h, und die
Strecke wird eine Inversion beinhalten.
Den zweiten reinen Launch Coaster von Gerstlauer
erhält 2009 das belgische Plopsaland: Dem Katapultstart auf
Höchstgeschwindigkeit (von 0 auf 90 km/h in zwei Sekunden) folgen ein 34
Meter hoher Top Hat sowie drei Überschläge (Dive Loop, Immelmann und
Korkenzieher). Die Streckenlänge beträgt 600 Meter. Auf Anubis
werden vier Fahrzeuge mit der innovativen, pfeilförmigen Sitzanordnung des
Erstlingswerks im dänischen Faarup Sommerland zur Anwendung
kommen.
Die dritte Domäne im Hause Gerstlauer nach
Eurofighter und LSM Katapultcoaster sind die Spinning Coaster: Zwei von
ihnen sollen im nächsten Jahr in den Vereinigten Arabischen Emiraten
eröffnen. Schon für das Frühjahr 2009 soll in der Mall of
Kuwait eine extrem kompakte Drehgondelachterbahn mit fünf Fahrzeugen
in Betrieb genommen werden. Auf einer Grundfläche von 33 mal 44 Metern
werden 255 Schienenmeter arrangiert sein. Aus einer maximalen Höhe von
elfeinhalb Meter erreichen die Einzelfahrzeuge eine Geschwindigkeit von 40
km/h. Eine zweite Spinning Coaster Auslieferung ist für die Sega
World in Dubai geplant. |