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Tschuggen Express |
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Die Fahrzeuge des Tschuggen Express vor
imposanter Bergkulisse |
Was macht ein "Leading Hotel of the World", um sich von
den weltweit gut 450 ebenso ausgezeichneten Häusern abzuheben? Wenn man
nicht mehr als fünf Sterne erreichen kann? Wenn mehr Service und Luxus
nicht möglich sind? Man baut eine Achterbahn. Aber der Zielgruppe
entsprechend nicht dem Diktat der Rekorde unterworfen, sondern auf andere Art
ungewöhnlich. Zum Transport der Gäste in das nahegelegene Ski- und
Wandergebiet.
Anfang des Jahrtausends beschlossen die Besitzer des
Tschuggen Grand Hotels im schweizerischen Ort Arosa einen
Richtungswechsel, der 2006 vollzogen werden sollte. Man engagierte den
renommierten Architekten Mario Botta, der die Bergoase mit ihren
futuristischen Sonnensegeln als Wellness-Bereich in den angrenzenden Fels
sprengte. Ein weiterer Bestandteil sollte eine Bergbahn sein, die die
Hotelgäste zur Tschuggenhütte mitten im Ski- und Wandergebiet bringt.
Vier Unternehmen kamen in die engere Wahl, darunter auch die Coaster
Verkehrssysteme GmbH aus Österreich.
Diese trat im Jahr 1999 an, den Markt der
Personentransportsysteme zu revolutionieren. Man konzipierte ein System, bei
dem mittels einer Art von Zahnradantrieb kleine Einzelfahrzeuge auf einer
Achterbahn-Dreigurtschiene fahren, und präsentierte eine Testanlage im
Vorarlberg. Das innovative Konzept passte nur zu gut zu den Vorstellungen des
Hotels, und so wurde die Anlage in Arosa die erste Auslieferung an einen Kunden
- und sollte die letzte bleiben. |
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Das Tschuggen Grand
Hotel mit Bergoase (links) und Schiene des Tschuggen Express (rechts) |
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Der Zulieferer der Schiene produzierte mangelhafte
Schweißnähte, konnte aber aus wirtschaftlichen Gründen die
Ansprüche auf Gewährleistung nicht erfüllen. Darüber geriet
auch die Coaster GmbH in Insolvenz, weshalb die Anlage für die
Tschuggen Hotel Group nicht so fertig gestellt werden konnte, dass an
einen Regelbetrieb zu denken war.
Es musste also ein Unternehmen gefunden werden, das den
Tschuggen Express einsatzbereit machen konnte. Aufgrund der umfassenden
Berichterstattung der Schweizer Medien im Vorfeld und über den
Probebetrieb im Jahr 2007 konnte man sich einen weiteren Fehlschlag nicht
leisten und prüfte mögliche Vertragspartner ausgiebig. Den Zuschlag
erhielt letztlich die Intamin Transportation Ltd., die heute zwar
überwiegend für Achterbahnen bekannt ist, ihr Geschäft aber
ursprünglich mit Monorails und sonstigen Transportsystemen begonnen
hatte.
Einen großen Teil der Überarbeitung machte die
Analyse des bestehenden Systems aus, da die Originalpläne nicht
verfügbar waren. Dann folgte der eigentliche Umbau. Die auffälligste
Änderung ist, dass die beiden Einzelfahrzeuge nun zu einem Tandem
gekoppelt sind. Dies führt punktuell zu einer höheren
Gewichtsbelastung, sodass die Schiene und insbesondere die Übergänge
zu den Stützen verstärkt werden mussten. Allerdings wird die
Steuerung der Anlage vereinfacht, wenn nur ein einzelnes Fahrzeug zu handhaben
ist. Weiterhin gut erkennbar ist die entlang der Strecke montierte
Stromschiene, über die der Antrieb nun dauerhaft mit Energie versorgt
wird. Die Akkus in den Fahrzeugen sind verschwunden, und statt Elektromotoren
sorgt nun ein Hydrauliksystem für den Vortrieb. Die Mechanik besteht wie
gehabt aus zwei Kunststoffrädern pro Wagen, die in einen Triebstock
entlang der Schiene eingreifen. |
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Tschuggen Express in Fahrt |
Fakten zum Tschuggen Express |
Hydraulisch betriebenes
Verkehrssystem, welches exklusiv die Gäste des Tschuggen Grand Hotels im
schweizerischen Arosa in das 150 Meter höher gelegene Skigebiet
bringt. |
Höhe
ü.M. der Talstation |
1850
Meter |
Höhe
ü.M. der Bergstation |
2006
Meter |
Schienenlänge |
528 Meter |
Max. Geschwindigkeit |
15 km/h |
Max. Steigung / Gefälle |
52 Prozent |
Motorenleistung |
2 x 75 kW Elektromotoren mit Hydraulikpumpen und Insgesamt 4
Hydraulikmotoren 5g |
Kapazität |
120 Personen pro Stunde |
Fahrtzeit (Start bis Stillstand) |
120 Sekunden |
Fahrzeuge |
1 Zug mit zwei Wagen, 6 Sitzplätze pro Wagen |
Hersteller |
Intamin Transportation Ltd., Schaan, Liechtenstein |
Gesamtkosten |
4,6 Millionen Euro |
Betreiber |
Tschuggen Grand Hotels, Arosa, Schweiz |
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Link zur offiziellen Webseite des Tschuggen Grand Hotels |
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Im Frühjahr 2009 war der Umbau abgeschlossen und der
Betrieb des Tschuggen Express wurde per Pressemitteilung
angekündigt - bloß um kurze Zeit später wieder revidiert zu
werden. Schuld war diesmal nicht die Anlage selber, sondern die Trafostation,
die die Bahn elektrisch versorgt. Hier war ein Transformator durchgebrannt, der
zwar zeitnah ersetzt werden konnte, jedoch eine ärgerliche weitere
Verzögerung verursacht hat. Doch auch dieses Problem scheint nun dauerhaft
behoben zu sein.
Seit dem 20. Februar 2009 verkehren die beiden Wagen nun
zwischen zwei Stationen auf 1850 und 2006 Metern über Meereshöhe.
Jeder bietet zwei gegenüberliegende Reihen mit je drei Plätzen.
Obwohl die talwärts gerichteten Reihen drehbar gelagert sind und sich
somit aufgrund der Schwerkraft um die Querachse drehen können, müssen
sich deren Passagiere anschnallen - die maximal 52% Steigung der Strecke kann
auch diese Mechanik nicht ausgleichen. Nach 120 Sekunden hat der Tschuggen
Express die 156 Höhen- und 528 Streckenmeter bewältigt. Die
Anlage, für die insgesamt Kosten von über 7 Millionen Schweizer
Franken (ca. 4.6 Millionen Euro) zu Buche stehen, wird zwar von den Arosa
Bergbahnen betreut, steht aufgrund der begrenzten Kapazität von ca. 120
Personen pro Stunde aber ausschließlich Gästen des Tschuggen
Grand Hotels zur Verfügung. |
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Ansichten des
Tschuggen Express; unten rechts: Liegestühle an der Tschuggenhütte
nahe der Bergstation |
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Text und Bilder: Coastersandmore - jp |
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