7:00 Uhr - Nun stehen wir in der Station, der Rundgang ist
beendet, die Arbeit aber lange noch nicht. In zwei Stunden muss die Anlage
betriebsbereit sein. Vorbei am Kontrollraum geht es durch den Ausgang in
Richtung Wartungsbereich. Direkt hinter den beiden Vertikalliften
befinden sich die Abstellgleise nebst einer gut ausgestatteten Werkstatt - das
Reich der Mechaniker. Eine Verschiebeplattform verbindet die Abstellgleise mit
den Schienenenden der Vertikallifte. Eine Jalousie muss dafür hochgezogen
und ein rund ein Meter langes Schienenstück umgeklappt werden, schon
können Wagen rangiert werden. Die Computersteuerung registriert
automatisch die Anzahl der eingesetzten Chaisen, kann sogar jedes
Fahrzeug über einen Nummerncode identifizieren. Die Codierung der
Fahrzeuge ist fest im Bereich des Fahrwerks angebracht und kann im
Stationsbereich berührungslos ausgelesen werden. Unter anderem sind somit
auch die Rundenzyklen jedes Fahrzeugs erfassbar - eine wichtige Information, um
die Wartung zu koordinieren.
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Einblick in den Wartungsraum |
Im hinteren Teil des Raumes fällt der Blick auf die beiden
Abstellgleise. "Heute werden drei Wagen pro Strecke eingesetzt", hallt es aus
der Ecke, wo Karl Heinz Gehring wieder zu uns stößt. Die
restlichen Fahrzeuge verbleiben auf den Abstellgleisen und können
über den Tag gewartet werden. In der Mitte des Raumes wurde eine Chaise
ohne Glasfaser-Verkleidung aufgebockt, so dass die komplexen aber
äußerst kompakt integrierten Mechanismen gut erkennbar sind.
Maurer Söhne hat diesen Fahrzeugtyp 1997 zum Patent angemeldet, vier Jahre später erfolgte die Erteilung. Als
absolute Neuheit gilt der Drehmechanismus der Oberwagen, dessen Rotation um die
Mittelachse über eine Fliehkraftbremse gedämpft wird. Der Mechanismus
erscheint simpel: Bei der Drehung des Oberwagens werden zwei beweglich
gelagerte Gewichte den Gesetzen der Fliehkraft entsprechend nach außen
gedrückt. Ein Gestänge überträgt diese Bewegung auf einen
Bremsmechanismus, der über Federn vorgespannt ist. Je schneller der Wagen
rotiert, desto mehr drängen die Gewichte nach außen. Die
Federvorspannung wird ab einem gewissen Punkt überwunden und die Bremse
ausgelöst. Diese verhindert das Überschreiten der festgesetzten
Umdrehungsgeschwindigkeit. Eine solche Kontrolle ist bei einem solchen
"chaotischen" Drehsystem unerlässlich, da die Beschleunigungen auf
die Passagiere in einem gewissen Rahmen kontrollierbar bleiben müssen.
Dieser Mechanismus stellt wieder eine Art von Regelung dar, diesmal jedoch
völlig autark und ohne Beteiligung des elektronischen Steuerungssystems.
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Links: Die offene Bügelmechanik - rechts:
Reibrad und Stromschiene im Stationsbereich |
Ohne Zuhilfenahme externer Stromanschlüsse und definierter
Kontaktstellen bewegt sich das Fahrzeug jedoch nicht über die Strecke: Die
am Wagen angebrachten Auslösepunkte für die Näherungsschalter an
der Strecke und die Codierungsabfrage für die Fahrzeugerkennung bilden
einen Teil, der schon erwähnte Hebel für den Fixierungsmechanismus
einen anderen. Doch vor allem die Sicherungsbügel der
Fahrgäste wollen elektronisch abgefragt und über einen Mechanismus
geöffnet werden. Karl Heinz Gehring erläutert die
Funktionsweise: Der Bügel ist schwenkbar am Fahrzeugrahmen gelagert. Dort
greifen zwei federbelastete Rasten in zwei parallel angeordnete
Sägezahnprofile ein. Bewegt man den Bügel zur sitzenden Person hin,
springen die Rasten von Zahn zu Zahn weiter. Dem aber nicht genug: Bevor
überhaupt eine Raste in das Profil beim Herunterziehen des Bügels
eingreift, rastet an der Unterseite des Auflagerpunktes ein Bolzen ein.
Diese dreifache Sicherung ist ausreichend und wird nach gewissen
Rundenzyklen bei jedem Fahrzeug geprüft. Ist das Sägezahnprofil zu
stark abgenutzt, wird es ausgetauscht. Der verriegelte Zustand kann nur durch
einen Hebel an der Fahrzeugunterseite aufgehoben werden. Dies geschieht vom
Computersystem gesteuert über einen Auslöser in der Station. Per Hand
ist dies ebenfalls möglich, beispielsweise bei einer Evakuierung der
Fahrzeuge. Dieser Hebel kann aber nur vom Personal betätigt werden.
Ohne zusätzliche Kontrolle werden die Wagen jedoch nicht auf
die Strecke geschickt: In der Station wird der korrekte Sitz der Bügel
durch das Personal überprüft. Zusätzlich wird der geschlossene
Zustand mittels eines Schalters abgefragt, dessen Signal über
Schleifkontakte in der Station von der SPS ausgelesen wird. Erst wenn der Bügel vom System als
verschlossen erkannt wurde und das Personal den korrekten Sitz mittels eines
Knopfes im Stationsbereich bestätigt hat, erlaubt das Steuerungssystem die
Freigabe der Wagen durch den Operator. Überlisten kann man diese
Sicherheitsstufe nicht. |
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Teamleiter Werner Kuhl überprüft die
Mechanik des Vertikalhebers |
7:15 Uhr - Wir wenden uns den nebeneinander angeordneten
Expressliften zu, einer für jede Spur. Innerhalb von fünf Sekunden
werden die Wagen von zwei Vertikalhebern 17 Meter in die Höhe
befördert. Zeitgleich wird die Schiene um 30° gekippt, so dass die
Chaisen am höchsten Punkt der gesamten Strecke direkt in den
Abgrund schießen können. Die Fahrzeuge werden über
Reibräder auf den vertikal verfahrbaren Schienenabschnitt geschoben
und dort über ähnliche Mechanismen wie bei Wippe und Klappschiene
gesichert.
Werner Kuhl kontrolliert auch hier die Bremsen, prüft
Druckanschlüsse, checkt den sicheren Halt der Endschalter und sichtet die
Mechanik, welche den Wagen zusätzlich formschlüssig vor einer
ungewollten Abfahrt aus dem schon geneigten Schienenstück sichert. Der
verstrebte, offene Fahrstuhlkäfig wie auch die Leitschienen für die
Vertikalfahrt sind für die Fahrgäste während des Betriebs nicht
einzusehen. Stattdessen herrscht vollkommene Dunkelheit. Geheimnisvolle Musik
und Soundeffekte tragen zur Atmosphäre bei und treiben den Spannungsbogen
kurz vor dem First Drop in die Höhe.
Ein leistungsstarker Elektromotor im Maschinenhaus sorgt für
die notwendige Zugkraft. Über mehrere Seilrollen laufen die Stahlseile den
Schacht hinauf und hinab. Eine Trommel, auf der die Seile aufgewickelt werden,
sucht man dabei vergeblich: Die beiden Enden der mehrfach vorhandenen
Stahlseile sind am Ober- und Unterrahmen des Käfigs befestigt, bilden
einen geschlossenen Seilumlauf. Gewichte halten die Zugmittel auf Spannung,
eine Grundvoraussetzung für einen reibungslosen Betrieb. Nichts wird bei
dieser Mechanik dem Zufall überlassen: So werden beispielsweise die um 30
Grad geneigten Schienenstücke auf der Startposition in luftiger Höhe
zusätzlich über Bremsen am äußeren Tragwerk des
Vertikalhebers fixiert. Ohne sie würde sich das Schienenstück im
Lift zu stark bewegen, sobald das fordere Fahrwerk des Wagens
über die Verbindungsstelle gerollt ist und somit plötzlich eine
Entlastung des geneigten Schienenstückes auftritt. |