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Site-Info: Editorial > Coaster Basics > Blick hinter die Kulissen von Wuzetown: Seite 3 |
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Simone Faßbender in der Mechanik der
Wippe |
6:00 Uhr - Auch die Spezialeffekte wollen einer ausgiebigen Kontrolle
unterzogen werden. In völliger Dunkelheit warten auf die Wagen zwei bisher
bei Achterbahnen völlig unbekannte Elemente: Bei der blauen Bahn
steht eine Wippe auf dem Programm, bei der orangefarbenen eine Klappschiene.
Während die Fahrzeuge der blauen Bahn um die Querachse gekippt werden,
werden die Chaisen der orangefarbenen Bahn seitlich um die
Längsachse geneigt.
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Seiten- und Vorderansicht der Winja Fahrzeuge |
Hinter diesen unerwarteten Effekten steckt eine ausgeklügelte
Technik, die nichts dem Zufall überlässt. Neben einer
aufwändigen, auf einem gigantischen Stahlrahmen ruhenden Mechanik sorgt
wieder die Steuerung für einen reibungslosen Ablauf. Dabei werden die
Schienenstücke bis zu sechs mal in der Minute von einer Position in die
andere gefahren: Erst mit besetztem, 1,2 Tonnen schweren Fahrzeug, dann ohne
wieder zurück in die Ausgangsposition. Simone Faßbender
greift zur Konsole, meldet über ihr Funkgerät den Handbetrieb der
Wippe an und verfährt schließlich die tonnenschwere Maschinerie von
der einen in die andere Endlage. Ein Elektromotor sorgt dabei für die
notwendige Power. Langsam, wie in Zeitlupe, neigt sich die Schiene in die
Endposition. Nur der Wagen fehlt, der im Betrieb die sich anschließende
Abfahrt herunterstürzen würde. "Mit dieser Referenzfahrt
überzeugen wir uns und das Computersystem vom fehlerfreien Betrieb", so
Faßbender.
Die Verschleißteile werden anschließend einer strengen
visuellen Kontrolle unterzogen. Der technische Aufwand ist enorm: Die Wippe
kann in jeder beliebigen Position durch Bremsen fixiert werden, eine Messoptik
teilt der Steuerung die Lage des Schienenelementes mit und Dämpfer sorgen
für eine ruckfreie Einnahme der Endlagen. Dort erfolgt auch eine
zusätzliche Verriegelung. Werner Kuhl kommt hinzu und
überprüft die mechanischen Sicherungseinrichtungen des Fahrzeuges.
Dieses muss schließlich während der Bewegung der Wippe sicher auf
der Schiene fixiert werden. Eine Reduzier- und zwei Sicherheitsbremsen sorgen
für den notwendigen Halt, und zusätzlich werden an den beiden offenen
Schienenenden pneumatisch Anschläge hochgefahren, auf denen die Puffer der
Fahrzeuge im Notfall zum Anliegen kommen würden. Schließlich
verhindert noch ein Sägezahnprofil, wie es auch bei herkömmlichen
Lifthügeln zum Einsatz kommt, das Zurückrollen des Fahrzeuges
nach Einfahrt in das Element. "Sicherer geht es fast nicht mehr" so
Kuhls Kommentar, und er ergänzt: "Der Computer überwacht im
Betrieb sämtliche mechanischen Einrichtungen in einem strikten
Zeitfenster. Entsprechen die gemessenen Zustände nicht exakt dem
vorgegebenen Timing, so erfolgt eine Sicherheitsabschaltung" Wir wagen kurz
einen Blick auf die Schiene und erblicken eine Batterie an
Näherungsschaltern. Die Antwort folgt prompt: "Somit ist die Position des
Fahrzeugs zentimetergenau festzustellen." |
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Grundriss des Rückstellmechanismus |
6:20 Uhr - Wippe und Klappschiene entlassen die Fahrzeuge in ein durch
Feuerschein illuminiertes Gewölbe. Derzeit erleuchten grelle Scheinwerfer
die Szenerie. Über eine Leiter verlassen wir die Plattform und entdecken
eine Vorrichtung, die rein äußerlich wie ein überdimensionaler,
abgeknickter Balken daherkommt, der über einen Federmechanismus schwenkbar
ist. Wir erinnern uns: Die Fahrzeuge verfügen über eine Drehmechanik,
rotieren dabei bis zu 20 mal in der Minute um ihre eigene Achse. Während
der Unterwagen mit seinem Fahrwerk fest mit der Schiene verbunden ist, kann der
Oberwagen auf bestimmten Streckenabschnitten frei rotieren. Vor der Einfahrt in
die Station muss dieser mitsamt Passagieren in Fahrtrichtung ausgerichtet
werden. Diese Aufgabe übernimmt eine Führungsanordnung in Gestalt
eines Balkens. Diese ist so konstruiert, dass stoßartige Drehmomente bei
der Rückstellung der Gondeln vermieden werden und der Oberwagen, egal
welche Position er auch besitzt, exakt ausgerichtet wird.
Am Ende dieser Vorrichtung bemerken wir eine Art Leitblech, welches
schräg zur Spur angeordnet ist. "Das ist eine so genannte Kulisse. Dadurch
wird der Oberwagen in der eingenommenen Endstellung fixiert", erklärt
Simone Faßbender. "Am Fahrzeug befindet sich ein Hebel, der an
dieser Führung über eine Gummirolle abrollt. Während der Wagen
das Leitblech passiert, wird der Hebel je nach Stellung der Kulisse
hineingedrückt oder herausgezogen. Über einen Mechanismus im Fahrzeug
wird dadurch eine Feststellbremse betätigt. Je nach Stellung des Hebels
ist die Bremse geöffnet oder geschlossen." Auf dem Lift und
während der ersten Drops sind die Oberwagen noch fixiert, doch vor
der Slalomstrecke oder den Mauskurven wird die Bremse gelöst. Der
Oberwagen kann dann frei um seine Mittelachse drehen, während das Fahrzeug
mit bis zu 60 Stundenkilometern die Strecke entlangfährt. Während der
Überfahrt der Wippe und der Klappschiene erfolgt kurzzeitig eine weitere
Festbremsung. Auch hier kommen die Leitbleche zum Einsatz. |
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Eine der beiden Fallschienen |
6:30 Uhr - Wir nähern uns dem Stationsbereich und begeben uns zu
den letzten Spezialeffekten auf der Strecke, den beiden Fallschienen:
Angetrieben durch einen Elektromotor und ein nachgeschaltetes Getriebe sackt
die Schiene bei Schrittgeschwindigkeit der Wagen an einem Ende gut einen halben
Meter in die Tiefe und schwingt sofort wieder in ihre Ausgangsstellung
zurück.
Dieser mechanische Effekt ist ähnlich wie die Wippe abgesichert,
auch wenn der mechanische Aufwand weitaus geringer ist. Eines der
Sicherungsmerkmale ist wieder das Sägezahnprofil, in das ein am
Fahrzeugunterrahmen angebrachter Sicherungshaken während des Passierens
eingreift und ein Zurückrollen auf der schrägen Schiene verhindert.
Eine Referenzfahrt beider Fallschienen schließt deren
Überprüfung ab. |
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Westerntüre |
6:45 Uhr - Nun sind wir keine fünf Meter vom Stationsbereich
entfernt, der während des Betriebes durch ein Flügeltor vom wuzischen
Kellergewölbe abgetrennt ist. Ein schmaler Steg verläuft parallel zur
Strecke. Diesem folgen wir und sind erstaunt über die plötzliche
Wärme, die uns entgegenstrahlt. "Für die Infrarotkamera" folgt als
Erklärung.
Üblichen Kameras würde der Feuerschein der spärlich
vorhandenen künstlichen Lichtquellen nicht ausreichen. Wärmekameras
auf der Wellenlänge infraroten Lichtes gestatten dem Operator, die
Bereiche einzusehen und die Fahrgäste zu beobachten. Sollte es zu einem
betriebsbedingten Halt kommen, kann er über Lautsprecher Kontakt zu den
Mitfahrern aufnehmen.
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Die Reibräder werden überprüft |
Simone Faßbender holt ein knapp ein Meter langes U-Profil
hervor: "Nun werden die Reibräder überprüft". Diese Vollgummiprofile waren uns schon
bei den Blockbremsen aufgefallen.
"Die Räder unterliegen einem natürlichen Abrieb, und daher
wird deren Maß jeden Morgen überprüft. Sind die Räder zu
stark abgenutzt, ist die Kraftübertragung auf das Fahrzeug nicht mehr
gewährleistet", erläutert Simone Faßbender. Das
U-förmige Gestänge wird auf das Rad aufgelegt und dient als
Messinstrument. Die beiden äußeren Flanken haben auf den beiden
Schienenrohren fast zur Auflage zu kommen: "Etwas Kippspiel, so zwei bis drei
Millimeter, muss vorhanden sein, sonst sind die Reibräder zu stark
abgenutzt und sind nicht mehr in der Lage, die Wagen in die Station zu
schieben." Das gut eine Tonne schwere Fahrzeug müsste dann die fehlenden
Meter per Muskelkraft in die Station geschoben werden. Schließlich
überprüft Simone Faßbender noch die Zahnriemen, welche
die Drehbewegung der Motoren auf die Reibräder formschlüssig
übertragen, dann wendet sie sich der nächsten Einrichtung zu.
In Höhe der Reibräder findet sich links und rechts der
Fahrstrecke ein schwenkbares Gestänge, "die Westerntür", so Simone
Faßbender: "Damit kann das Computersystem überprüfen, ob
die Oberwagen korrekt ausgerichtet sind; für den Fall, dass der Balken
nicht korrekt funktionieren sollte. Ansonsten würde der Wagen gegen die
Kante der Stationsplattform stoßen und blockieren." Für einen
vollautomatischen Betrieb ist eine solche Endabfrage unerlässlich. Weicht
der Oberwagen nur wenige Winkelgrade von der Sollstellung ab, öffnet die
"Westerntüre", löst einen Kontakt aus und die Steuerung stoppt dem
Reibradabtrieb, mittels dem die Chaise in die Station geschoben
wird. |
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