|
Site-Info: Editorial > Coaster Basics > Rekordbrecher: Seite 2 |
|
|
|
Links: The Beast, die längste Holzachterbahn der
Welt - rechts: Blick vom ersten Lift auf den legendären Streckenteil, eine
gigantische 630° Helix |
Die längste Holzachterbahn der Welt, The Beast im amerikanischen
Kings Island, bietet einen Rundkurs über eine Länge von zwei
Kilometern. Und mit der Schienenlänge wächst üblicherweise auch
das Fahrvergnügen. Trotzdem scheuen die Parkbetreiber derart lange
Schienenkonstruktionen aus Holz der mitunter aufwendigen und zeitraubenden
Wartungsarbeiten wegen. Diese wachsen linear mit der Schienenlänge und im
Vergleich zu Stahlachterbahnkonstruktionen bedürfen die klassisch
laminierten Holzschienen einer intensiven täglichen Wartung und Pflege.
Kings Island im amerikanischen Bundesstaate Ohio hatte Anfang der 70er
Jahre mit dem Racer praktisch über Nacht die Medienaufmerksamkeit auf die
Holzachterbahnen wiedererweckt und zugleich das neue Zeitalter der Achterbahnen
begründet, das bis heute andauert. 1979 wurde der Racer durch eine weitere
Hauskreation geschlagen, welche die Achterbahnindustrie in Erstaunen versetzte:
The Beast ist stolze 2220 Meter lang, besitzt zwei Lifthügel und bietet
durch die Ausnutzung des hügeligen Geländes ein hoch dynamisches und
lang anhaltendes Thrillvergnügen. Bis heute haben über 30 Millionen
Fahrgäste die "Bestie" bezwungen. Die Schienen erreichen eine Höhe
von rund 33,5 Metern über dem Boden. Durch die Ausnutzung der Topographie
werden Abfahrten von bis zu 43 Metern realisiert. Der einst für knapp vier
Millionen US-Dollar unter Leitung des Achterbahningenieurs Charles Dinn durch
die Technik Abteilung von Kings Island realisierte Lindwurm garantiert ein
fünf-minütiges Fahrvergnügen durch die "Natur Ohios". Dabei
nimmt der Streckenverlauf eine Fläche von fast unglaublichen 20
Fussballfeldern fern des Parkgeschehens ein, auf der eine Kombination von
Hügeln und Spiralen installiert wurde.
Das Layout beginnt mit einer 180° Kurve aus der Station heraus und
führt zum ersten, 34 Meter hohen Lifthügel. Der First Drop bietet
eine Höhendifferenz von 41 Meter und endet tief in einem Untergrundtunnel.
Mit fast 100 Stundenkilometer legt sich der Zug in eine scharfe Linkskurve,
jagt durch die Struktur des zweiten Lifts und fährt auf den ersten Airtime
Hügel zu. Diesen bestanden erklimmen die maximal 36 Mitfahrer eine
Anhöhe, durchfahren eine Rechtskurve und passieren eine
Reduzierbremse.
|
Links: The Voyage ist die zweitlängste
Holzachterbahn der Welt - rechts: Son of Beast, einstiger Rekordhalter, wurde
2009 geschlossen |
Danach steuert der Zug zielsicher in ein dicht bewaldetes Gebiet,
welches das "Ausser Kontrolle" Gefühl nochmals verstärkt. Die
serpentinenartige Streckenführung ist dem abfallenden Gelände
angepasst, die Struktur nie höher als rund zehn Meter. Ein weiterer Tunnel
mitsamt Linkskurve wird passiert, die Geschwindigkeit nimmt zu und irgendwie
will die klassische anmutende Woodiefahrt so gar kein Ende nehmen. Zwei
Rechtskurven später verzögert der Zug und gönnt seinen
Passagieren auf dem zweiten Lifthügel eine Verschnaufpause. Am Hochpunkt
angekommen knickt die Streckenführung scharf nach links in eine 18°
steile, konstant abfallende Abfahrt, die mit 43 Metern Höhenunterschied
den First Drop nochmals um zwei Meter überbietet. Am Tiefpunkt angekommen
rauscht der Zug mit 104 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit in eine
finale, extrem intensive Helix, die nach über 30 Betriebsjahren zum
Wahrzeichen der Anlage geworden ist. Die gegen den Uhrzeigersinn gefahrene
Doppelhelix - fast zweimal geht es im Kreis - erlaubt dem Zug langsam aber
stetig sein Energiepotential abzubauen. Die irgendwie nie enden wollende
Steilkurve führt sogar durch einen hölzernen Tunnel und schliesslich
einen kleinen Hügel hinauf, der seinen Ausgang in der Stationsbremse
findet. The Beast ist legendär und durch die nicht einsehbare
Streckenführung nebst hohen Beschleunigungen ein Erlebnis für die
physischen Sinne.
Dieser "Mega" Woodie wäre 21 Jahre nach seiner Eröffnung fast
entthront worden - doch nur fast, schliesslich ist Son of Beast, der Sohn der
Bestie, gleich in 500 Metern Luftlinie errichtet worden. Mit 2110 Metern
Länge war Son of Beast nur unwesentlich kürzer als der Klassiker.
Trotzdem konnte die mit 66 Metern höchste Holzachterbahn der Welt ihrem
Vorbild nichts anhaben. Zu eintönig war die Streckenführung, zu rauh
die Fahreigenschaften. Nach Betriebsausfällen im Jahre 2006 wurde die
Anlage 2009 für immer ausser Betrieb genommen, um schliesslich 2012
abgerissen zu werden.
Gänzlich anders zeigt sich der zweitplazierte Längenrekordler
The Voyage der kleinen amerikanischen Coasterschmiede Gravity Group. Die Anlage
kann zwar erst seit dem Jahre 2006 begeistern, die Achterbahnfans liegen dem
1940 Meter langen Lindwurm der Holiday World aber schon jetzt zu Füssen.
Kurioserweise wurde die Achterbahn mit Holzschiene auf einem feuerverzinkten
Stahlgerüst errichtet, was Kosten und auch Wartungsaufwände spart.
Das Out&Back Design startet am Parkrand. Der Zug beschleunigt 500 Meter in
eine Waldschneise hinein, deren Topographie erst ansteigt und zum Wendepunkt
abrupt in ein Tal abfällt. Diese Grundlage macht sich das Layout zunutze,
indem die Schienen stellenweise nur minimal über dem Boden liegen und dem
welligen Gelände folgen. |
|
|
|
|
|
Der kultige Turnaround von Voyage im vollen
Breitbildlook von links nach rechts: 90° Querneigung bietende Steilkurve,
airtimereicher Double Down, 180° Steilkurve mit 90° Querneigung und
Hump in den Tunnel |
|
|
|
Links: Der kompakte Streckenteil von T Express -
rechts: der Out&Back Teil der Anlage im Everland |
Bietet das erste Drittel gigantische Hügel, folgt im mittleren Teil
eine kurvenreiche Kehrtwende hinein in die gerade einmal zwei Meter über
dem Boden liegende Blockbremse. Selbst wenn das Fahrzeug dort zum Stehen kommen
sollte, böte das ab hier bis zur Station fast 30 Höhenmeter
abfallende Gelände derart viel "Vorschubenergie", dass es auf den
nachfolgenden 800 Schienenmetern für mehrere Tunneldurchfahrten und wilde
Slalomparcours bis hinein in die Stationsbremse ausreichen würde.
Die Züge leisten wahre Schwerstarbeit, wenn sie sich in die wilden
Kurvenkombinationen stürzen, seitlich senkrecht gestellt werden oder im
überraschenden "triple-down" dreimal im Dunkeln in die Tiefe stürzen.
Der Zug ächzt vor der anstrengenden Last, die Menschen kreischen - ein
surreales, irgendwie unwirkliches Bild. Das Gebotene ist fast schon zu viel des
Guten - für die Jugendlichen kann es nicht wild genug sein, für die
ältere Generation ist der Zenit des Erträglichen jedoch irgendwie
überschritten - The Voyage bietet "shake, rattle & roll" bis zum
Exzess. Dass dabei die Schienenstruktur nicht geschont bleibt, zeigen
aufwendige Reperaturarbeiten in den Saisonpausen - alleine in der ersten, nach
gerade einmal 100 Betriebstagen, wurden rund 500 Meter Schiene ausgetauscht, um
die Anlage irgendwie fahrbar zu machen.
Als Nummer drei unter den weltweit längsten Holzachterbahnen darf
sich der zu Ostern 2008 eröffnete T Express im koreanischen Samsung
Everland bezeichnen. Als einziger Top Ten Woodie bietet das gigantische
Holzbauwerk von Intamin eine vollkommen vorfabrizierte, extrem steife und
massive Holzschiene. Die 1641 Streckenmeter werden trotz extremer
Beschleunigungen von bis zu 5g positiv sowie negativen -1,3g äusserst
sanft gemeistert - was dem eng tolerierten Schienenbett nebst modernen
Zügen geschuldet ist.
|
White Cyclone im japanischen Nagashima Spa Land
beeindruckt mit 1635 Streckenmetern |
T Express wurde an einem Berghang errichtet und macht sich den
Höhenunterschied von Station zur Liftkuppe von 56 Metern vor allem
für ein langes Schienenbett zu Nutze. In gerade einmal anderthalb Minuten
wird das Bauwerk gemeistert, dabei erleben die Passagiere 14 Mal das
Gefühl der Schwerelosigkeit. Während das erste Streckendrittel als
Out&Back Parcours mit einer haarsträubenden
Hochgeschwindigkeits-Schleife ausgestaltet wurde, folgt nach der Blockbremse
ein sehr eng gestelltes Twister Oval mit Kurven- und Hügelabschnitten im
Wechsel. Die letzten knapp 1000 Schienenmeter entstammen bis auf einer
abgeänderten Einfahrt und Bremsausfahrt eins zu eins dem Layout des
schwedischen Balder in Liseberg.
In Asien findet sich auch Platz 4 der weltweit längsten
Holzachterbahnen. White Cyclone im japanischen Nagashima Spa Land. Ebenfalls
Intamin und mit 1635 Meter Streckenlänge ausgestattet, beeindruckt das
Bauwerk durch eine schier unüberblickbares Layout in Twisterform. Der
weisse Koloss bietet neben langgezogenen Ab- und Auffahrten verschiedene
Helices. Durchhaltevermögen ist vor allem in den langgezogenen Tälern
gefragt: Der Zug rattert derart über das klassische Schienenbett, dass es
für jeden Rücken nebst Wirbelsäule Schwerstarbeit bedeutet.
|
|
Die zehn längsten Holzachterbahnen der
Welt |
1. |
The Beast |
King's Island, King's Mill, USA |
2220 Meter |
Dinn Corporation |
14.04.1979 |
2. |
Voyage |
Holiday World, Santa Claus, USA |
1940 Meter |
Gravity Group |
06.05.2006 |
3. |
T Express |
Samsung Everland, Seoul, Korea |
1641 Meter |
Intamin |
14.03.2008 |
4. |
White Cyclone |
Nagashima Spa Land, Nagashima, Japan |
1635 Meter |
Intamin |
1995 |
5. |
Mean Streak |
Cedar Point, Sandusky, USA |
1628 Meter |
Dinn Corporation |
11.05.1991 |
6. |
Shivering Timbers |
Michigan Adventure, Muskegon, USA |
1615 Meter |
Custom Coasters International |
1998 |
7. |
Jupiter |
Kijima Amusement Park, Beppu, Japan |
1600 Meter |
Intamin |
1992 |
8. |
The Boss |
Six Flags St. Louis, Eureka, USA |
1540 Meter |
Custom Coasters International |
29.04.2000 |
9. |
Wood Coaster |
Kinght Valley, Shenzhen, China |
1468 Meter |
Great Coasters International |
19.07.2011 |
10. |
Hades 360 |
Mt. Olympus Water & Theme Park, Wisconsin Dells, USA
|
1440 Meter |
Gravity Group, Philadelphia Toboggan Coasters |
14.05.2005 |
|
|
|
|
|
|
Tonnere de Zeus im französischen Parc
Astérix bietet klassisches Shake, Rattle and Roll Erlebnis auf 1200
Streckenmetern |
Auf dem europäischen Kontinent ist man auf der Meterskala nicht
weit entfernt von den weltweiten Längenrekorden. Zwar finden sich keine
europäische Holzachterbahn unter den weltweiten Top Zehn, doch mehr als
einen Kilometer Strecke bieten alle Platzhalter der fünf längsten
Holzachterbahnen Europas. Kultstatus hat noch keine dieser Anlagen erreicht,
schliesslich sind sie bis auf ein Exemplar alle um die Jahrtausendwende
errichtet worden, doch zwei Perlen finden sich dennoch unter ihnen: Der
europäische Rekordhalter Coaster Express im spanischen Parque Warner
Madrid gehört jedoch nicht dazu, bietet er ein sehr eintöniges Layout
ohne viele Überraschungen. Auf den Plätzen zwei und drei spielt
dafür die Creme de la Creme der europäischen Holzachterbahnen:
Colossos im Heide Park ist das Airtime Wunder schlechthin, doch selbst diese
Anlage vermag die Power Maschine Tonnere de Zeus im Parc Astérix
nörlich vom Ballungszentum Paris nicht zu schlagen.
Der "Donner des Zeus" wurde 1997 von der heute nicht mehr operierenden
amerikanischen Firma CCI realisiert. Vom Layout entfernt verwandt mit dem
Timber Wolf im amerikanischen Worlds of Fun besticht das kompakte Layout durch
dezente Airtime und wird bis zum finalen Ende in der Stationsbremse immer
schneller. Dort angekommen wird eindeutig, wie viel Restenergie der quirrlige
Zug noch besitzt: Die Struktur schwingt bei Aufnahme der Bremsenergie locker
zehn Zentimeter vor- und rückwärts. Auf den 1200 Streckenmetern ist
die Kraft des Zeus auf jedem Sitz spürbar: Die Hügel bieten Airtime
während die nur leicht oder überhaupt nicht quergeneigten Kurven und
Helices mit ausgeprägten Lateralkräften bestechen, die so manche
Mitfahrer kräftig durchschütteln. Tonnere de Zeus lebt das klassische
Shake, Rattle and Roll amerikanischer Holzachterbahnen, welches auf vielen
europäischen Exemplaren durch ausgeklügelte Kurvenführungen der
Weichheit der Fahrt zu Liebe weg"gerechnet" wurde. Die Station wurde einem
griechischen Tempel nachempfunden und vor dem Eingang lockt eine zwölf
Meter hohe Statue des namensgebenden Gottes. |
|
Die fünf längsten Holzachterbahnen
Europas |
1. |
Coaster Express |
Parque Warner Madrid, San Martín de la Vega,
Spanien |
1394 Meter |
Roller Coaster Corporation of America, Intamin |
06.04.2002 |
2. |
Colossos |
Heide Park, Soltau, Deutschland |
1344 Meter |
Intamin |
14.03.2001 |
3. |
Tonnere de Zeus |
Parc Astérix, Plailly, Frankreich |
1233 Meter |
Custom Coasters International |
1997 |
4. |
Anaconda |
Walygator Parc, Maizières-les-Metz,
Frankreich |
1200 Meter |
William Cobb, Morgan |
09.05.1989 |
5. |
Magnus Colossus |
Terra Mítica, Benidorm, Spanien |
1150 Meter |
Roller Coaster Corporation of America, Intamin |
Juli 2000 |
|
|
|
|
|
Text: Coastersandmore - jp, Bilder: King's Island,
Coastersandmore |
|
|
|
|