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Colossos, die höchste Holzachterbahn Europas, begeistert seit Ostern 2001 die Besucher des Heide-Park Soltau. Der Gigant in der Lüneburger Heide ist nach Bandit im Movie Park der zweite deutsche Roller Coaster aus Holz.

Beeindruckend sind vor allem seine Dimensionen: Der Sturz aus fast 50 Meter Höhe ist atemberaubend und die Anlage im klassischen Out&Back Design bietet Unmengen der geliebten Airtime - und dass bei Maximalgeschwindigkeiten von über 110 km/h.

Eine Bahn der Extraklasse, die sich mit ihrer majestätisch, natürlichen Holzstruktur perfekt in die Parklandschaft eingliedert.

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Was für eine Aussicht. Der Zug gleitet dahin. Eine weite Rechtskurve, der Blick geht über die ausgedehnte Parklandschaft, das Tempo ist angenehm. Dann der Absturz: Ein Wagen nach dem anderen verschwindet aus dem Blickfeld, der Zug beschleunigt und plötzlich ist auch das letzte Gefährt in der steilen ersten Abfahrt - Die Arme gehen reflexartig gen Himmel, es folgt ein Wahnsinnsfall - Schweben... .

Zu Ostern 2001 wurde in der deutschen Parklandschaft mit Colossos ein neues Zeitalter eingeläutet. Dominierten vorher nur Achterbahnen im Bereich der 30 Meter Höhenmarke war das Holzbauwerk in der Lüneburger Heide der este Gigant eines Achterbahntrios mit Höhen von 50 Metern aufwärts. Colossos brach Rekorde und musste sich zu seiner Eröffnung im internationalen Vergleich nur zwei Holzachterbahnen geschlagen geben: In Europa sucht man Seinesgleichen bis heute vergebens, und selbst in den USA, dem Mutterland der "Woodies", wird der Koloss aus Deutschland nur dreimal in der Höhe übertroffen.

Höhe ist aber nicht alles, dem waren sich auch die Verantwortlichen bei Colossos bewusst. Der Fahrspaß auf einer Holzachterbahn wird vor allem durch ein entscheidendes Merkmal beträchtlich gesteigert: Airtime - kurze Augenblicke, in denen der Fahrgast seinen Sitz nicht mehr spürt, Augenblicke des Schwebens, nur noch von einem Bügel nebst zusätzlichem Gurt gehalten. In Zahlen bedeutet dies, dass die Erdanziehungskraft von einem g deutlich unterschritten wird. Der Fahrgast wird "spürbar" leichter bis hin zum Empfinden von Schwerelosigkeit und des Extrems darüber hinaus.

Colossos bietet davon reichlich und übertrifft sogar alles bisher Dagewesene. Erreicht wird dies durch ein klassisches Out & Back Design: Lange, geradlinige Streckenabschnitte, bei denen einer Abfahrt sogleich wieder der nächste Hügel folgt - nur eine Dimension größer als üblich. Vom konstruktiven Standpunkt her kann Colossos als wahre Airtime-Maschine bezeichnet werden.

Gespanntes Warten, dann geht es aufwärts

Ein Jahr vor dem anvisierten Eröffnungstermin blickten die Besucher des Heide-Parks auf eine riesige Freifläche. Zwei Jahre vorher war hier noch der parkeigene Wildpark zu finden. Die beschauliche Welt des größten Freizeit- und Familienparks in Norddeutschland schien in Ordnung: Ein buntes Sortiment an Fahrgeschäften, eine ausgedehnte Parklandschaft, garniert mit Motiven aus der Heide, den Niederlanden und der Alpenregion. Nur wenige Bereiche erinnern an den gedrängten, teils hektischen Charakter eines Rummelplatzes. Thrill Rides fehlen jedoch genauso wenig wie geruhsame Fahrattraktionen. Trotzdem kam die Ankündigung von Colossos, der fünften Achterbahn im Park, überraschend.

Balder - Die zweite Holzachterbahn der Colossos-Macher im schwedischen Liseberg

Portrait des Heide-Park

Nach der Deutschlandpremiere Bandit im Movie Park bei Bottrop ist die norddeutsche Holzachterbahn die zweite ihrer Art. Überraschender als die Bauart ist jedoch die Höhe: Über 50 Meter wurden angepeilt, exakt 52 Höhenmeter ragt das Bauwerk in den Himmel. Selbst die vierte Abfahrt übertrifft den First Drop von Bandit. Colossos bietet Dimensionen, die man bisher nur aus amerikanischen Parks gewohnt war, und mit einem Budget von 22 Millionen Euro liegt der Anlagengigant auf ähnlichem Niveau wie die Top-Achterbahnen in Übersee.

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Majestätisch thront der Lifthügel über den Park

Das "Projekt der Superlative" konnte beginnen. Mit dem Ingenieurbüro Stengel aus München und der Intamin AG, der Schweizer Innovationsschmiede im Achterbahnsektor, waren die weltweit führenden Experten am Vorhaben beteiligt. Dem reihten sich zwei bisher unbekannte Firmen hinzu: Ing.-Holzbau Cordes GmbH & Co. KG war verantwortlich für die Erstellung der gewaltigen Holzkonstruktion, Merk Holzbau GmbH & Co fertigte nach Plänen Stengels die Holzschiene und war für deren Installation verantwortlich. Für das Tragwerk wurden insgesamt 3000 Kubikmeter heimisches Kiefernholz verbaut. Auf einen Import aus den USA, bei Konstruktionen dieser Art normalerweise üblich, wurde bewußt verzichtet. Die Aufbereitung der Hölzer wurde vom Sägewerk Hartling bei Celle durchgeführt, danach erfolgte der exakte Zuschnitt des Bauholzes, der sogenannte Abbund. Dem schloss sich eine Druckkesselimprägnierung im Sägewerk an, die zum Schutz gegen Pilz- und Insektenbefall dient, bevor die Einzelteile schließlich auf die Baustelle in den Heide-Park transportiert wurden.

61° steil geht es auf dem First Drop in die Tiefe

Der Clou dieser neuen Generation von Holzachterbahn liegt im einhundertprozentigen Vorfertigungsgrad der gesamten Holzstruktur. Das Intamin Design liefert ähnlich einem Ikea Bausatz alle Hölzer komplett vorgeschnitten an die Baustelle. Säge und Zimmereihandwerk sind für den Aufbau nicht mehr von Nöten. Der extreme Vorfertigungsgrad erlaubt einen stark beschleunigten Aufbau - ein zusätzliches Ablängen, Fräsen und Bohren, wie bei anderen Holzachterbahnprojekten der Fall, ist nicht von Nöten.

Die Vorfertigung aller Holzteile garantiert zusätzlich eine weitaus höhere Lebensdauer der gesamten Baustruktur. Da der gesamte Zuschnitt vor der Imprägnierung stattfinden kann, entstehen keine ungeschützten Angriffsstellen für einen Pilzbefall durch Feuchtigkeit. Die Planer schätzen die Lebensdauer der Holzachterbahn auf 100 Jahre. Zusätzlich fördert die Holzart der Kiefer die Lebensdauer.

Insgesamt wurde das Tragwerk aus etwa 120.000 vorgefertigten Holzteilen zusammengesetzt. Colossos ist in ihrer Gesamtheit eine logistische Meisterleistung, die von den beteiligten Firmen aus der Holzbranche über die Winterpause 2000/01 mit Bravour gemeistert wurde. Die Erwartung der Fans wuchs stetig mit der Errichtung des Holztragwerkes, und eine Frage interessierte besonders: Werden die Fahreigenschaften des Giganten überzeugen können? Das nur ausreichende Fahrverhalten des amerikanischen Höhenrekordhalters Son of Beast, einem Projekt, bei dem das Ingenieurbüro Stengel mit der Roller Coaster Corporation of America und Premier Rides aus den USA zusammenarbeitete, war noch in vielen Köpfen manifestiert. Auch Colossos sollte in dessen Superlative vorstoßen: Die Höhe und die daraus resultierende hohe Geschwindigkeit nebst auftretenden dynamischen Kräften erreichen beeindruckende Dimensionen. Fahrwerk und Schienensystem werden weitaus höher beansprucht als auf herkömmlichen Holzachterbahnen.

Luftaufnahme aus einer anderen Perspektive

Vor allem einer - Werner Stengel - wollte der Fachwelt mit Colossos beweisen, dass Holzachterbahnen dieser Größenordnung auch mit exzellenten Fahreigenschaften aufwarten können. Weitreichende Innovationen mussten dafür getätigt werden: Das Engineering setzte seine Schwerpunkte auf die Verbindung von Fahrwerk und Schiene. Üblicherweise wird die Holzschiene auf der Baustelle aus einzelnen Holzlagen laminiert und in Form gezwängt, wobei viel handwerkliches Geschick gefragt ist. Notwendige Anpassungen werden direkt auf der Trägerstruktur vorgenommen. Selbst die auf das Schienenbett angebrachten Stahlplanken, mit denen die Räder später im Kontakt stehen, werden vor Ort gebogen. Entsprechend schlecht sind die erreichbaren Toleranzen. Die Räder haben großes Spiel, die Wagen rumpeln im weiten Schienenbett hin und her, der Fahrkomfort leidet. Bei geringen Geschwindigkeiten zeichnet dieser Effekt gerade den Reiz klassischer Holzachterbahnen aus und wegen dieser Natürlichkeit sind die Bauten vor allem in den USA äußerst beliebt. Im Hochgeschwindigkeitsbereich von 100 Stundenkilometern und mehr, kann eine nicht passgenaue Schiene jedoch zur Qual für Mensch und Material werden, da extreme Beschleunigungsspitzen entstehen, wenn der Zug umhergerissen wird oder an der Schiene entlangschrammt.

Für Colossos entwickelte das Ingenieurbüro Stengel in Zusammenarbeit mit Merk ein Fertigungsverfahren, welches eine hochpräzise Schiene garantiert und den Werkstoff Holz weiterhin verwendet. Darüber hinaus wurden Berechnungsprinzipien aus dem Stahlachterbahnbau übernommen. Das Stengel'sche Herzlinienprinzip, welches die unangenehmen Lateralbeschleunigungen auf ein Minimum reduziert, wurde mit der Abbildung des Schienenstranges als Raumkurve kombiniert.

Es geht abwärts...

Der Clou hinter der neuen Schiene steckt in ihrer Vorproduktion im Werk. Die einzelnen Schienensegmente werden anschließend auf der Baustelle zusammengesetzt. Stahlschuhe zu beiden Enden garantieren eine effiziente und einfache Verbindung mittels Bolzen. Die Schiene besteht aus hochfestem, kesseldruckimprägnierten Kerto-Furnierschichtholz, einem Spezialholz der europäischen Finforest Gruppe. Nach dem Laminieren und Vorbiegen erfolgt je nach geforderter Geometrie eine CNC-gesteuerte, dreidimensionale Präzisionsfräsung der laminierten Holzpakete. Diese hochgenaue Fertigung ermöglicht neben ihren geringen Fertigungstoleranzen und stetigen Übergängen zwischen Abfahrten und Kurvenelementen eine optimale Abbildung der vom Ingenieurbüro Stengel nach dem Raumkurvenprinzip berechneten Schienenstränge. Auch der Stahlbelag, die Kontaktfläche für die Lauf-, Gegen- und Seitenräder, wird im Werk vormontiert.

Die Schiene trägt am späteren Fahrkomfort den größten Teil, das Rollmaterial wollte jedoch ebenfalls optimiert werden. Die zwei Züge sind, wie die gesamte Technik der Bahn, ein Produkt aus dem Hause Intamin. Der als Generalunternehmer tätige Hersteller aus der Schweiz entwickelte für Colossos ein komplett neues Zugdesign, um den hohen Ansprüchen der Bahn gerecht zu werden. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf das Fahrwerk gelegt: Optimal für die hohen Geschwindigkeiten ausgelegt, verfügt es über mit Vulkollan beschichtete Lauf- und Seitenräder. Die harte aber elastische Kunststoffschicht ist bei Stahlachterbahnen Standard, findet bei Holzachterbahnen normalerweise aber keine Anwendung. Auf den klassischen Bahnen läuft Stahl auf Stahl. Nur bei den Gegenrädern der Colossos Züge wurde auf die Kunststoffbeschichtung verzichtet. Die Lagerung der Lauf- und Seitenräder weisen eine weitere Besonderheit auf: Sie sind an Schwingen gelagert, die über einen harten Gummipuffer gedämpft werden, so dass etwaige Stöße gemindert werden und in der Querachse eine "steife" Verbindung zwischen Zug und Schiene realisiert wird. Im Vergleich zu den sonst äußerst primitiven Fahrwerken der Holzachterbahnen ein kleiner Quantensprung.

Airtime "Hügel"

Der Praxistest bestätigt die theoretischen Überlegungen: Colossos bietet eine sehr ruhige und angenehme Fahrweise, irgendwie atypisch für eine Holzachterbahn dieses Formats. Das bekannte, permanente Rattern und die von vielen Holzachterbahnen bekannten Erschütterungen fernab der typischen Richtwerte werden fast vollständig unterdrückt. Der im Heide Park nicht unweit gelegene stählerne Looping-Coaster der niederländischen Firma Vekoma fordert in dieser Beziehung den Fahrgast deutlich mehr, obwohl die Spitzengeschwindigkeiten des Holzexponates noch nicht einmal annähernd erreicht werden. Von außen ist Colossos eine Holzachterbahn, vom Fahrgefühl eine Stahlachterbahn, nur irgendwie weicher.

Selbst die Ergonomie der Züge ist stimmig: Die Sitzposition ist verhältnismäßig hoch und die Wagenaußenseiten sind niedrig gehalten, so dass die Mitfahrer in offenen Gefährten über die Holzbalken jagen. Geboten werden Schalensitze, wie sie in ähnlicher Form schon bei dem Intamin Stahlgiganten Millennium Force und den anderen hauseigenen Megacoastern zu finden sind. Zudem kommt das von den Schweizern bekannte Stadium-Seating zum Einsatz: Die Sitzreihen - jeweils drei pro Wagen - steigen leicht nach hinten an. Zehn Zentimeter pro Reihe, die viel ausmachen: Getreu dem Motto "Freie Sicht für alle".

"Kehrtwende"

Selbst die redundante Personensicherung mag gefallen: Zwar stört das notwendige, arg fummelige Gurtsystem ein wenig, der mit dem Sitz perfekt abschließende Schoßbügel verdient jedoch Bestnoten. Jeder Bügel ist Teil eines eigenen hydraulischen Kreislaufes. Die beiden am Bügel arretierten Kolbenzylinder garantieren eine stufenfreie Einstellung, zudem bleibt das Sicherungselement während der Fahrt an der vorher definierten Position. Bewegen lässt sich der Hydraulikzylinder und damit der Bügel nur, wenn die elektromagnetischen 2-Wege-Ventile den Ölfluss freigeben. Dies geschieht ausschließlich im Bahnhofsbereich über elektrische Kontakte.

Weitere Innovationen wurden sogar im für den Fahrgast nicht einsehbaren Unterbau des Fahrzeugs getätigt: Wo ansonsten die Rücklaufsperre auf dem Lifthill laut klackernd in das Sägezahnprofil einrastet, lässt Intamins Kettenlift ein solches Geräusch vermissen. Zwar ist das Sägezahnprofil neben der Kette deutlich zu erkennen, doch der am Wagen angebrachte Sicherungshebel wird bei der Vorwärtsfahrt induktiv (über ein Magnetfeld) angehoben, das hörbare Einrasten in das Profil wird verhindert. Ein beim Hochtransport mitlaufendes Rad hält dieses Magnetfeld aufrecht, bei einem Stillstand oder einer Bewegung des Zuges in entgegengesetzter Richtung ist die Sperrklinke wie gewohnt im Eingriff, um einen stabilen Zustand des Zuges auf dem Lifthill sicherzustellen. Dem Verschleiß vom Sägezahnprofil und Sicherungshebel wird mit dieset Methode vorgebeugt.

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Hinterer Streckenabschnitt

Insgesamt werden auf Colossos zwei Züge gleichzeitig eingesetzt. Während der eine die 1344 Meter lange Strecke entlangbraust, wird der andere be- und entladen. Eine Blockbremse ist somit nicht von Nöten. Trotzdem erreicht die Bahn eine hohe Kapazität: 30 Personen können gleichzeitig am Abenteuer teilhaben, maximal 1500 in der Stunde. Der Kettenlift zieht den fünfgliedrigen Zug mit einem ungeheuren Tempo den 35° steilen Lifthügel hinauf, so dass dieser gut 110 Sekunden nach Ausfahrt aus der Station in die Abschlussbremse einfährt. Eine halbe Minute nach Verlassen der Station befindet sich der Zug am höchsten Punkt, 52 Meter über dem Erdboden.

Ein weiter Rechtsbogen führt zur ersten Abfahrt. Mit 61 Grad bot der First Drop bei seiner Premiere die steilste Abfahrt auf einer Holzachterbahn weltweit. Nur die dritte und vierte vorgefertigte Holzachterbahn aus dem Hause Intamin, El Toro im amerikanischen Six Flags Great Adventure und T Express im südkoreanischen Samsung Everland, vermögen diesen Wert mit 76° beziehungsweise 77° deutlich zu schlagen.

Es geht abwärts, die Fahrgäste heben ab, Airtime total, das Gefühl des Schwebens. Temporär wirken fast anderthalbfache negative G auf die Mitfahrer, die eineinhalbfachen Erdbeschleunigung versucht sie aus den Sitzen gen Himmel zu katapultieren. Nur die üppig dimensionierten Rückhaltevorrichtungen wissen dies jedoch gekonnt zu verhindern. Am Boden angekommen, keine zwei Meter über der planierten Standfläche von Colossos, bekommen die Passagiere das andere Extrem der G-Keule zu spüren: Mit berechneten 4,3 g, also dem fast viereinhalbfachen des eigenen Körpergewichtes, wird der Fahrgast in den Sitz gepresst. Der Zug ist zu diesem Zeitpunkt rund 110 Stundenkilometer schnell.

Speedbump

Der Koloss von Soltau zeigte recht schnell seine Unberechenbarkeit, die vom Ingenieurbüro Stengel ermittelten Maximalwerte wurden bei Messungen deutlich überschritten - die Geschwindigkeit war viel zu hoch. Das Reibungsverhalten zwischen Zug und Schiene wurde im Entwicklungsprozeß zu konservativ abgeschätzt, so dass in der Realität weitaus höhere Geschwindigkeiten erzielt wurden. Die Konsequenz folgte fünf Wochen nach der Eröffnung in Form einer Reduzierbremse im oberen Drittel des First Drops. Ein Mittel, dem sich vor allem viele amerikanische Parks bedienen, um nachträglich das Material zu schonen. Bei Colossos stand die Anpassung der hohen Belastungen für Mitfahrer und Material auf die berechneten Werte im Vordergrund.

Bestückt mit Permanentmagneten entzieht die Bremse dem herunterdonnernden Zug basierend auf dem Funktionsprinzip einer Wirbelstrombremse einen Teil seiner kinetischen Energie, die nachfolgenden Fahrelemente werden langsamer durchfahren, die Beschleunigungen für den Fahrgast reduziert. Geraume Zeit später wurden weitere Bremselemente platziert. Im Sommer des Eröffnungsjahres wurde eifrig mit den Bremsen experimentiert, deren Zahl und Positionen gewechselt, wobei Intamin schließlich eine Lösung entwickelte, welche die fest an der Strecke positionierten Verzögerungsabschnitte überflüssig machte: Die "Bremse" wurde als aufsteckbares System auf der Radachse integriert und bremst nun induktiv den Zug bei jeder Raddrehung kontinuierlich ab. Innerhalb von 15 Minuten kann das System montiert werden, um in wärmeren Perioden die schneller werdende Bahn auf ein erträgliches Beschleunigungsniveau einzubremsen.

Lift, Camelback und zweiter Hügel

Dies erscheint nötig, denn subjektiv gesehen zieht der Gigant auf jedem Hügel die Fahrgäste aus ihren Sitzen. Colossos ist in seinem Layout eine klassische Holzachterbahn: Ein Hügel folgt dem anderen, Kurven gibt es nur wenige. So reihen sich nach dem First Drop zwei dieser gigantischen "Flugparabeln" auf: Ungemein steil geht es hinauf und wieder hinab, dazwischen das Abheben aus dem Sitz. Die Gegenräder leisten wahre Schwerstarbeit, ständig ist ihr Grummeln in Passagen mit Airtime zu vernehmen.

Hügel um Hügel reiht sich auf, dann wird der erste Richtungswechsel bei voller Fahrt absolviert: Dabei handelt es sich nicht um eine erhöhte Steilkurve, die emporgefahren wird - die 180° Wende ist ein Drop erster Güte. Mehr als dreißig Meter geht es hinab, eine Querneigung von 67 Grad ist erforderlich, um die lateralen Beschleunigungen für die Fahrgäste erträglich zu halten. Fast senkrecht nach rechts geneigt wird der Boden berührt, dann ein ausgleichender Schlenker nach links. Nun liegt die Strecke wieder parallel zum Hinweg. Erneut geht es hinauf, zwar nicht so steil ansteigend wie die drei Male zuvor, aber trotzdem noch gewaltig. Dann der nächste Drop, gefolgt von einem sehr flach gehaltenen Hügel. Pfeilschnell rast der Zug darüber hinweg, die mittlerweile liebgewonnene Airtime wird einem jedoch versagt. Wieder geht es aufwärts, zudem wieder ungemein höher als auf dem vorangegangenen Speed Bump. Rechter Hand erhebt sich die vor wenigen Sekunden absolvierte erste Abfahrt, dann neigt sich der Zug in ein weitläufiges Karussell.

Links: Camelback - Rechts: Detailaufnahme

Fast 500 Winkelgrade dreht der Zug gegen den Uhrzeigersinn im Kreis. Ungefähr 40 Meter misst diese Todesspirale im Durchmesser. Immer schneller drehen die Laufrollen, der Zug taucht für einen kurzen Augenblick in die Holzsttruktur ein, dann ist die fast eineinhalbfache Kreisdrehung beendet. Wieder folgt ein gerader Streckenabschnitt, gespickt mit drei kleineren, aufeinanderfolgenden Hügeln. Rauf, runter, rauf und wieder hinab - ein Blick nach rechts zeigt das Stationsgebäude. Der letzte Hügel. Ein letztes Mal geht es hinauf, wieder dieses Grummeln, noch einmal Airtime. Eine Kehrtwende führt auf den Bremsabschnitt. Mittels Permanentmagneten, basierend auf dem physikalischen Prinzip einer Wirbelstrombremse, wird der Zug verzögert. Dabei erfährt der Fahrgast keine ruckartige Verzögerung wie bei den sonst üblichen, auf Reibung basierenden, pneumatisch geschalteten Bremsen, und verschleißfrei ist das System zudem. Reibräder befördern den tonnenschweren Zug zurück in die Station, der andere rastet gerade in die Kette ein. Es ist vollbracht: Maximale 70 Sekunden High Speed Fahrt, die gerade einmal eine kleine Erholungspause bot.

Colossos bietet ein Erlebnis, welches nicht so schnell vergessen wird. Zwar fehlen dem gut zu überblickenden Layout die Spannungsmomente eines Twisters mit seinen mehrfachen Kreuzungen der Fachwerkstruktur und spannungsfördernden Tunnelfahrten, doch das Out & Back Design fördert das Adrenalin durch seine atemberaubenden Stürze in die Tiefe. Colossos ist und bleibt einfach kolossal.

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Links: Letzte Kurve - Rechts: Einfahrt in die Station

Das 22 Millionen Euro teure Wunschkind von Hans-Jürgen Tiemann, dem Gründer des Heide-Parks, hat sich sehr gut etabliert. Es war die letzte Großinvestition unter seiner Federführung. Seit Ende 2001 ist die englische Tussauds Gruppe Besitzerin des Heide-Parks, einige Jahre später folgte die Eingliederung in die Merlin Gruppe.

Gefahren wird seit dem 13. April 2001, auch wenn das Umfeld im Premierenjahr mehr einer Baustelle mit Sandwüstencharakter glich. Zur Saison 2002 präsentierte sich Colossos mit einem fertiggestellten Stationsbereich und einer obligatorischen Fotoanlage: Der Standort an einem der kleinen Camelbacks zum Ende der Fahrt fängt den Moment der kurzweiligen Airtime gekonnt ein. Das weitere Umfeld präsentiert sich bis heute als "wilde" unangetatstete Landschaft. Inwieweit dieser Bereich in den nächsten Jahren überhaupt eine Aufwertung erfahren wird bleibt offen.

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