|
Site-Info: Editorial > Rides > Hollywood
Rip Ride Rockit |
|
|
Im Herbst 2009 eröffneten die Universal Studios
Florida ihre dritte Achterbahn. Eingezwängt zwischen Studiohallen,
Kulissen und Strassenzügen sucht sich die 1158 Meter lange und bis 50
Meter hohe Schienenattraktion des Münchner Unternehmens Maurer Söhne
ihren Weg. Gleichzeitig wummert auf jedem Sitzplatz der zweigliedrigen
Tandemzüge ein anderer, kristallklarer Musiksound über die 55 Watt
starken Stereo-Lautsprecher.
Die zeitlose Präsentation des Schienenlindwurms richtet
sich an junge Erwachsene wie auch das breite Familienpublikum des
Hollywood-Filmparks. Jeder Gast ist Teil eines fetzigen Musikvideos, welches am
Ende der Fahrt an zahlreichen Touch-Screen Stationen arrangiert und auf DVD
erworben werden kann. Onride-Sequenzen der eigenen Fahrt wie auch verschiedene
Video-Spezialeffekte stehen am Schnitt-Terminal zur Verfügung - dieses
Merkmal ist weltweit einmalig.
Die minimalistische und trotzdem gelungene, comichafte
Aufmachung vermag jedoch nicht von den deutlichen Schwächen der
Achterbahnfahrt abzulenken. Das Layout kann bis auf wenige Fahrelemente nicht
überzeugen und die bescheidenen Fahreigenschaften verleihen dem schnellen
Ritt über die Studios einen eher gespaltenen Eindruck. Hollywood Rip Ride
Rockit imponiert durch ihr Äusseres, die Erwartungshaltung bei der ersten
Fahrt ist hoch, doch diese entpuppt sich als kleine Enttäuschung.
|
|
|
|
|
Hollywood Rip Ride
Rockit wurde auf einem schmalen Korridor zwischen den Studiohallen
platziert |
|
|
|
|
Die Ausfahrt der ersten Blockbremse
(links) führt in eine Hochgeschwindigkeits-Steilkurve mit Auffahrt in
einen seitlich aufgestellten Vertikalbogen |
Hollywood Rip Ride Rockit orientiert sich am Vorbild des
Hollywood Dream Coaster in
den Universal Studios Osaka, ohne dessen Glanz und Glamour zu erreichen.
Während in Japan die eleganten Züge mit Hilfe von zwei
Airtime-Hügeln über den Haupteingang gleiten und schliesslich durch
die Kulisse des Hollywood Street Sets fliegen, wurde in Orlando das Backlot,
der Hinterhof des Studio-Parks, als primärer Standort gewählt. Statt
wie in Japan entlang der Filmkulissen zu fliegen, bahnen sich die Rockit-Wagen
hauptsächlich ihren Weg durch enge Studioschluchten.
Das Erscheinungsbild der Stahlachterbahn erinnert an
frühere Kirmesattraktionen wie den legendären Thriller, ein
filigranes Schienenkunstwerk von Anton Schwarzkopf. Bis auf die beiden
initialen Fahrfiguren wurde die knallrote Schiene der Rip Ride Rockit auf
unzählige, nahezu zierlich wirkende Rundrohrstützen platziert. Kein
Schienenabschnitt nähert sich auf den ersten 900 Schienenmetern dem Boden
mehr als vier, fünf Höhenmeter. Erst die beiden finalen
Blockabschnitte, welche ausserhalb des Parks auf einen schmalen
Grünstreifen zwischen Parkeingang und der Partymeile City Walk platziert
wurden, bieten kurzweilige Bodenkontakte.
Universal Creative, das Designteam der Universal
Themenparks, war wegbereitend bei der Layoutfindung und setzte den
Maurer-Ingenieuren klare Grenzen im Streckendesign. Aus der intensiven
Zusammenarbeit entstanden in der Simulation beeindruckend klingende Fahrfiguren
wie der Double Take (im Folgenden als Non-Inverted Loop bezeichnet), die Treple
Clef Kurvenkombination in Form eines Notenschlüssels oder der Crowd
Surfer, auf der sich der Zug im 95°-Winkel oberhalb des Wartebereiches auf
die Seite legt.
Hollywood Rip Ride Rockit wurde über die gesamte
Westseite der Universal Studios Orlando angelegt. Das Layout erinnert stark an
einen Out&Back Coaster: Hin- und Rückweg sind parallel geführt,
wenige Fahrfiguren sind ineinander verwoben, die Wagen erfahren insbesondere im
Mittelteil lange, geradlinige Abschnitte.
Bereits die Station und der Wartebereich wurde im schmalen
Korridor der Studiohallen regelrecht eingezwängt. Der beeindruckende
Vertikalturm nebst der ersten Abfahrt und dem sich direkt anschliessenden
Non-Inverted Loop wurden in der Flucht des Stationsbereiches arrangiert. Das
sich direkt anschliessende, geräumige Freigelände, welches einen
grosszügigen Panoramablick auf die ersten beiden Fahrfiguren bietet,
bleibt ungenutzt. Letzteres wird weiterhin als Veranstaltungsfläche
für Events oder als Publikumsraum bei Open Air Konzerten verwendet.
|
|
Impressionen von
Hollywood Rip Ride Rockit |
|
|
|
|
|
|
Maurer Söhne setzt bei Rip Ride Rockit das im Jahre
2003 präsentierte X-Car Zugsystem ein. Das modular aufgebaute Fahrzeug
wurde für enge Schienenlayouts entwickelt, wobei Kurvenradien von wenigen
Metern möglich sind. Der ausschliesslich mit einem Bauchbügel
ausgestattete Achterbahnwagen ermöglicht sogar mehrdimensionale
Überkopffiguren ohne deutliche Ergonomie-Einschränkungen. Für
Maurer Söhne bedeutete das X-Car Konzept eine beachtliche Investition in
die Zukunft der Achterbahnabteilung der familiengeführten Brücken-
und Stahlbaufirma im Norden Münchens. Der erhoffte Erfolg stellte sich
jedoch nicht ein. Auch die Grundidee durch kurze Züge dynamischere Layouts
auf engstem Raum zu ermöglichen war nur wenigen Anlagen vorbehalten -
statt dessen wurde mehr auf Hangtime in Überkopfpassagen gesetzt. Dem
Prototypen Sky Wheel folgten in den sechs
Jahren zwischen Präsentation des X-Car und der Eröffnung von Rip Ride
Rockit nur zwei weitere Achterbahnlayouts auf kleiner Fläche. Hollywood
Rip Ride Rockit war die erste wirklich grosse Bewährungsprobe des X-Car
Systems.
Die Möglichkeit des Einsatzes von Loopings&Co ohne
Schulterbügel wird in den Universal Studios nicht verfolgt. Die Designer
der parkeigenen Kreativabteilung wollten den drei Loopingbahnen im benachbarten
Islands of Adventure Themenpark nicht nacheifern, sondern eine
spektakuläre Hochbahn aufbieten, welche mit visuell eindrucksvollen
Fahrfiguren punktet.
Maurers X-Car wurde für den Einsatz auf Rip Ride Rockit
zu einem Tandemzug kombiniert. Eine Kupplungsstange verbindet die beiden
autarken Fahrzeuge miteinander. Der Vorteil dieses Arrangements liegt auf der
Hand: Die kurze Wagenfolge ermöglicht enge Vertikal- und Kurvenbögen.
Lange Züge mit bis zu 20 Metern Ausdehnung würden ähnliche
Figuren mit stark unterschiedlichen Geschwindigkeiten zwischen der ersten und
letzten Reihe passieren, wodurch Gäste im vorderen und hinteren Teil teils
unangenehme Beschleunigungen, ähnlich einem Peitscheneffekt, erfahren
würden. Für Universal Creative war dies ein wichtiges Argument
für Wahl des Achterbahnsystems von Maurer Söhne.
|
Der offenen aber regengeschützen
Station folgt der 50 Meter hohe Vertikallift |
Umso erstaunlicher ist die Umsetzung: Auf der modernen und
ebenso gigantischen Grossachterbahn sucht man fetzig und dynamisch gestaltete
Figuren-Designs (fast) vergeblich. Nur der Non-Inverted Loop, auf dem der Zug
einen vertikalen Loopingrund absolviert, wobei der Wagen ohne die Mitfahrer auf
den Kopf zu stellen schnell aber dennoch harmonisch um die Längsachse
rotiert, macht sich den Design-Vorteil der Kurzzüge spürbar zu
Nutze.
Auf der anderen Seite zollen die kurzen Züge für
zwölf Personen ihren Tribut: Um die hohe stündliche, von Universal
geforderte theoretische Fahrgastkapazität von 1850 Personen zu erreichen,
setzt Maurer Söhne in der Theorie dreimal mehr Züge als auf
vergleichbaren Streckenlängen anderer Hersteller ein. Alle 23 Sekunden
sollte ein Tandem-Zug den Stationsbereich verlassen, bis zu fünf Züge
wären gleichzeitig auf der Gravitations-Strecke im Einsatz. Die
angedachte, hohe Taktfolge erforderte einen einschneidenden Designkompromiss
durch sehr kurz gesteckte Blockabschnitte: Alle 15 bis 20 Sekunden reisst eine
Blockbremse die Mitfahrer kurzerhand auf den Boden der Tatsachen zurück.
Der Zug passiert dann mit geringer Geschwindigkeit die knapp 15 Meter langen,
leicht abfallenden Bremsplateaus. Eine Massnahme, die sich negativ auf das
Fahrvergnügen auswirkt.
Vier Bremsstrecken wurden neben der obligatorischen
Stationsbremse auf dem Layout platziert - für Anlagen dieser Grösse
und Charakteristik ein absolutes Novum. Die Unterbrechungen des dynamischen
Achterbahnvergnügens fallen dabei gar nicht so stark ins Gewicht. Vielmehr
mangelt es zwischen den Bremsensektionen an wirklich spektakulären
Fahrfiguren. Aufgrund des gut 1,1 Kilometer langen Layouts sind die ersten
beiden Blockbremsen auf 30 beziehungsweise fast 40 Meter Höhe angeordnet.
Auf den resultierenden, kurzen Gravitationsstrecken von 150 bis 200 Metern
Länge vollzieht die Stahlschiene fast ausschliesslich langgezogene
Talfahrten oder vereinzelte Hochpassagen mit "andrucksfreudiger" G-Keule.
Airtime auf parabelförmigen Hügeln, für welche der kurze Zug
regelrecht prädestiniert wäre, sind nicht anzutreffen. Stattdessen
rollt der Wagen von einem Brems-"Hochpunkt" zum nächsten.
Umso tragischer erscheint das Layoutdilemma bei Betrachtung
der tatsächlich erzielten Kapazität: Das auf dem Papier
hochgerechnete Kapazitätsmonster wird in der Realität mit weniger als
der Hälfte seines Durchsatzes betrieben. Oft sind nur zwei Züge
gleichzeitig auf der Gravitationsstrecke unterwegs. Die Limitierung liegt in
der Stationsabwicklung: Die Züge werden über ein Laufband beladen,
wobei der Beladevorgang länger benötigt als von den Ingenieuren vorab
angenommen. So verlässt selbst zu Stosszeiten nur alle 40 Sekunden ein Zug
die Station, womit die Kapazität bei knapp unter 1000 Gästen pro
Stunde liegt. |
|
Vertikallift nebst
Abfahrt und Non-Inverted Loop sind die zentralen Vertikalelemente im Layout von
Hollywood Rip Ride Rockit |
|
|
|
|
|
|
Hollywood Rip Ride Rockit ist eine spektakulär in Szene
gesetzte Achterbahn. Der frei für jeden Sitzplatz aus einer Vielzahl an
Titeln wählbare Soundtrack wummert in kristallklarer Qualität
über die leistungsstarken Lautsprecher ohne die anderen Mitfahrer in ihrem
Klangerlebnis zu stören. Die mit LED ausgestatteten Fahrzeuge blinken je
nach Wagen in unterschiedlicher Takt- und Farbfolge und insbesondere der
Non-Inverted Loop stellt beeindruckend seine Qualitäten heraus.
Auch sonst überragt so manches Fahrelement die
Studiohallen und zieht die Blicke der Besucher schon auf dem Weg vom Parkhaus
zum Park auf sich. Eine spektakuläre Erscheinung und Präsentation
sind zwar schon die halbe Miete zu einer Erfolgsachterbahn, doch die
Fahreigenschaften spielen eine nicht minder wichtige Rolle. Bei Hollywood Rip
Ride Rockit ist aber gerade in diesem Bereich vieles nicht optimal umgesetzt
worden. Der Zug holpert förmlich durch die g-starken Schienentäler
und in den engen Kurvenkombinationen der beiden Kehrtwenden schlagen die Wagen
von einem Schienenrohr zum anderen. Die sonst quirligen X-Cars scheinen
für eine Anlage dieser Grössenordnung nicht ausgelegt zu sein.
Statt Hochgefühl folgt ein höchst gemischter
Eindruck. Ein hoher Fahrzeugschwerpunkt sowie kurze Achsabstände
vermögen auf den langgezogenen Streckentälern wie Auf- und Abfahrten
nicht punkten zu wollen. Wieder-Fahrbarkeit dahin, trotz vielfältiger
Musikauswahl und fetziger Aufmachung ohne langwierige thematische
Hintergrundgeschichte. |
|
Der Vertikalturm mit seinen plakativen "Rockit" Schriftzug
weist den Weg in die etwas versteckt hinter einem 4D Kino platzierte Station.
Bei Dunkelheit illuminieren Leuchtringe das vertikal empor gezogene
Achterbahn-Tandem. Dem Wartebereich, der durch laute Musik wie auch immer
wiederkehrenden Sicherheitsanweisungen beschallt wird, folgt ein
Treppenaufstieg auf etwa fünf Metern Höhe in den offene, durch eine
geschwungene Überdachung dem oft feuchten Wetter Floridas trotzende
Station. Die Wartenden der Standby-Schlange werden einmal bis zum Vertikallift
und zurück geführt, dann folgt das Einsteigeprozedere. Dieses wurde
vorher auf unzähligen Flachbildschirmen mittels Retro-Comic Animationen
von Video DJs vorgestellt: Vom Personal zugeteilte Sitzreihen-Nummer merken,
rasch das Laufband erobern und mitsamt den anderen elf Mitfahrern den Zug
aufholen, der mit der Laufbandgeschwindigkeit synchronisiert ist.
Die Tandem-Züge fahren kontinuierlich mit knapp einem
halben Meter pro Sekunde vorwärts. Die Plätze können schnell
eingenommen werden, Platzwahl herrscht aber zu keinem Zeitpunkt. Der redundant
gesicherte Bauchbügel bedarf einiges an Kraftaufwand, um zügig zum
Körper gezogen zu werden, das Rockit-Personal hilft aber gerne. Dies ist
auch nötig, um die kontinuierliche Einstiegsprozedur nicht ins Stocken zu
bringen. Gerade einmal 45 Sekunden bleiben Zeit, um das Laufband vom
Sammelplatz aus zu betreten, die Reihe anzusteuern, Sitzplatz einzunehmen und
den Bügel zu schliessen, um im dort eingelassenen Touchscreen-Display den
bevorzugten Musikact auszuwählen. Dieser kann beliebig oft bis zum
Eintritt in den Vertikallift geändert werden - im Internet kursieren sogar
spezielle Zahlencodes, um mehr als die 30 angebotenen Titel aus fünf
Musikrichtungen auszuwählen: Rap/Hip Hop, Classic Rock/Metal, Pop/Disco,
Country und Club Electronica stehen zur Auswahl.
Reibräder schieben den Zug stetig zur Stahlkette,
welche ruckfrei den zweigliedrigen Wagenverbund über eine enge Einfahrt
auf die 90° steile Rampe befördert. In gerade einmal 16 Sekunden wird
der 50 Meter hohe Vertikallift mit zwölf Stundenkilometer
Vortriebsgeschwindigkeit erklommen. Das aus offenen Stahlprofilen
zusammengesetzte Turmkonstrukt wird über einen anfangs engen, dann aber
stetig grösser werdenden Vertikalbogen verlassen. Das Tandem schiesst in
die Tiefe ohne aber Eindruck auf die Mitfahrer zu hinterlassen. Richtige
Airtime, das Gefühl von Schwerelosigkeit, ist nicht vorhanden - weder im
Fall in die Tiefe noch auf den hinteren Plätzen bei der
Kuppen-Überfahrt.
Schnell neigt sich die Schiene aus der etwa 70° steilen
Abfahrt in die Wannenfahrt, wo der auf 105 Stundenkilometer beschleunigte Wagen
mit rund 3 bis 4g in Richtung Schiene gepresst wird. Zu diesem Zeitpunkt treten
bereits die ersten unangenehmen Schläge in Hochachsen-Richtung des Zuges
auf. Es fühlt sich so an, als ob der Wagen über eine Vielzahl von
Mikro-Schlaglöchern rumpelt, obwohl seine Spitzengeschwindigkeit fern von
Werten der Konkurrenz ist. Diese bietet selbst bei Tempo 150 und mehr deutlich
bessere Fahreigenschaften als das Maurer Produkt in Orlando.
|
Die steil abfallende Ausfahrt aus der
Blockbremse führt in eine Hochgeschwindigkeits-Steilkurve |
Das unangenehme Fahrgefühl nimmt jedoch ab, je mehr
sich das Tandem in den Non-Inverted Loop legt. Auf dessen Kurvenrampe weicht
die starke positive Beschleunigung schnell einer leichten Anpressung der
Fahrgäste in den Sitz. Gleichzeitig beginnt der Wagenzug auf 3 Uhr um die
Längsachse zu rotieren. Erreicht der Wagen den Hochpunkt in 41,5 Metern
Höhe, ist das Fahrzeug horizontalgestellt. Die kontinuierliche Rotation im
Zusammenspiel mit dem visuellen Höhenerlebnis ist ein beeindruckendes
Erlebnis. Die Mitfahrer werden dabei regelrecht nach aussen in die Bügel
geschleudert - der Sitz scheint kurzfristig zu entschwinden. So simpel sich die
Fahrfigur bis zum Erklimmen des Hochpunktes beschreiben lässt, so
beeindruckend ist das Fahrerlebnis der symmetrisch gestalteten Fahrfigur.
Insbesondere bei der Überfahrt des oberen Kurvenbogens dreht der Zug
stetig weiter und gleichzeitig folgt der Fall in die Tiefe. Imposant ist auch
die Abstützung der Schiene. Ein grosses, rund anderthalb Meter Durchmesser
grosses Tragrohr stützt zwischen den beiden seitlich auskragenden
V-Stützen die Schiene auf über 40 Meter freier Länge.
Schneller als den Mitfahrern lieb ist, übernimmt wieder
eine Talfahrt mit hoher Geschwindigkeit. Der lang gezogene Talbogen bietet
erneut das unbequeme Fahrgefühl mit seinem eigenartigen Mikrorattern, dann
folgt das erste Blockbremsen-"Hochplateau". Das Tandem schraubt sich auf etwa
40 Meter Höhe, um hoch über den Universal Studios mit
gemässigter Geschwindigkeit dem nächsten Abgrund entgegenzufahren.
Wie in Zeitlupe legt sich der Wagenverbund in die Abfahrt, unterstützt von
einer Magnetbremse, die selbst in der letzten Reihe das letzte Quäntchen
Luftzeit raubt. Erst nachdem beide Wagen über den gefühlten
5-Meter-Kurvenradius des engen Vertikalbogens in die steile Abfahrt eingetaucht
sind, beginnt die Beschleunigung. Mit rund 100 km/h trifft der Wagen auf die
aufgestellte Talebene hinter der Twister-Sturmattraktion, wo nachfolgend eine
Kurve spektakulär die Kulisse des Hollywood Street Sets durchstösst.
Mit hoher Querneigung liegt der Zug plötzlich in einer
beeindruckend rasant befahrenen, weiten Steilkurve, die fast einmal die
Gebäudekulisse umrundet. Staunende Besucher recken die Köpfe zur
Kurvenebene. Dann steigt die Schiene in schnellem Tempo auf etwa 25 Meter
Höhe, wo eine 180°-Steilwende den Wagenverbund direkt Richtung
Erdboden zurückwirft. Die Kombination wurde von den Universal-Designern
nach dem in der Gestalt ähnelnden Notationsschlüssel Treble Clef
genannt. Eine Taldurchfahrt später wird die nächste Blockbremse in
Angriff genommen. Diese ist etwa zehn Meter unterhalb der ersten platziert. Der
Rückweg zur Station ist bereits eingeläutet. |
|
|
Impressionen des
Treble Chef |
|
|
|
|
|
|
Der nächsten Abfahrt folgend, jagt der Wagen über
den Jump Cut, eine bemühte S-Kurven Kombination, die aber weder
spürbar dynamische Wenden um die Schienenlängsachse noch Airtime
bietet - dies vermögen vergleichbare Elemente der Mitbewerber weit
eindrucksvoller zu lösen. Vielmehr schwimmt der Zugverbund mit recht
gelassener, nahezu konstanter Geschwindigkeit über die Schiene.
Kurz vor Passieren der Station vollzieht die Strecke eine
langgezogene Linkskurve in etwa zehn Metern Höhe nebst einem Rechtsschwung
parallel zur Station über das Eingangstor, der trotz geringer
Zentrifugalbeschleunigung von den Designern mit 95° Querneigung
übergeneigt wurde. Im Ergebnis erleben die Mitfahrer das Gefühl,
für zwei, drei Sekunden gen Boden zu fallen, dann ist wieder eine normale
Sitzposition erreicht. Dieses als Jump Cut bezeichnete Klimax gestaltet sich
ungewohnt eigenwillig - wie eine Herzrolle ohne Überschlag, dafür
aber mit reichlich seitlicher "Hangtime".
Der gesamte Mittelteil leidet unter der Tatsache, dass das
Tandem scheinbar über die Schiene kriecht. Statt diese bis auf den Boden
zu führen, vollziehen sich Jump Cut und Crowd Surfer in zehn Metern
Höhe und mehr. Die notwendigen Service Wege liessen keine grossen
Design-Freiheiten zu. Eine rasch absolvierte Auffahrt führt auf
Blockbremse Nummer Drei, welche eine neue Streckencharakteristik
einläutet. Das Hollywood Rip Ride Rockit Layout bewegt sich von nun an
über ein ausserhalb der Studios gelegenes Areal, wo die Schiene erstmals
auch das Bodenniveau streift. Dieser knapp 20 Meter tiefe, geschwungene Drop
ist einer der intensivsten der gesamten Anlage und bietet leichte Airtime.
|
...welche an Fahrdynamik leidet |
Der Zug schlingert über den Boden, hebt noch einmal
kurz ab und taucht der Schiene folgend in einen Graben unter das Bodenniveau.
Mit gemässigter Geschwindigkeit von etwa 60 Stundenkilometer jagt der
Wagenverbund ein kurzes Stück Geradeaus, dann folgt die zweite Kehrtwende:
Mit gehörig Schwung legt sich das Tandem in eine gegen den Uhrzeigersinn
absolvierte 540°-Spirale, wo der Zug erst knapp zehn Meter angehoben wird,
dann wieder abtaucht und schliesslich die Blockbremse in Gegenrichtung
erklimmt. Der kreisrunde Horizontallooping wurde schräg angeordnet, der
Bogenradius ist eng gewählt, die Kurvenneigung mit 135° Querneigung
hoch, so dass der Wagen und Passagiere mit gehörig Anpressdruck in
Richtung Schiene gedrückt werden.
Gerade auf diesem Kurvenabschnitt wird das seitliche
Aufschaukeln der Wagen unangenehm spürbar. Der geringe Achsabstand in
Kombination mit einem hohen Schwerpunkt und einer starren Aufhängung der
Seitenrollen ist für die engen Kurvenfahrten mit hoher Querneigung nicht
sonderlich zuträglich. Das Fahrzeug stellt sich regelrecht quer zur
Schiene. Eine Blockbremse später folgt nochmals ein kleiner Drop in die
Tiefe, dem sich eine leichte Rechtskurve in Kombination mit einem kleinen
Hopser anschliesst.
Die folgende Auffahrt führt wieder auf ein Bremsportal.
Diesmal ist es die Stationsbremse, welche 100 Sekunden nach Fahrtbeginn dem Zug
die letzte Energie raubt und diesen mit Schrittgeschwindigkeit in die Station
entlässt. Dort wird er mit den anderen Tandems synchronisiert und ohne
Stopp mit neuen Passagieren gefüllt. |
|
|
|
|
Fakten zu Hollywood Rip Ride
Rockit |
Maurer Söhnes
"Gigantomanie"-Achterbahn mit X-Car Technik in den Universal Studios bietet
neben Musik- und Lichteffekten ein zwiespältiges
Fahrvergnügen |
Schienenhöhe |
50
Meter |
Schienenlänge |
1158 Meter |
Max. Geschwindigkeit |
105 km/h |
Fahrzeit |
100 Sekunden |
Fahrzeuge |
7 Züge mit 2 Wagen; 6 Plätze pro Wagen |
Theoretische Kapazität |
1850 Personen pro Stunde |
Hersteller |
Maurer Söhne, München |
Betreiber |
Universal Studios Orlando, USA |
Eröffnung |
Herbst 2009 |
|
|
Link zur
offiziellen Webseite der Universal Studios Orlando |
|
|
Hollywood Rip Ride Rockit macht Universal mehr Sorgen als
Freude. Schon beim Aufbau und Inbetriebnahme der Bahn gab es Verzögerungen
- insbesondere mit dem Vertikallift. Die Rücklaufsperre der Bahn schallte
derart laut über das Universal-Gelände, dass man es den Gästen
im theoretisch anvisierten 23-Sekundentakt nicht zumuten wollte. Umbau, Ausbau
und eine spätere Ausbesserung der Züge mit patentierter "lautloser"
Technik eines Mitbewerbers ermöglichten die Testfahrten.
Nachdem die Bahn zahlreichen Verschiebungen gedultet vier
Monate später nach Ende der besucherstarken Sommersaison in Betrieb ging,
waren die Kinderkrankheiten jedoch nicht ausgemerzt: Erst wurden die
Laufbänder beim Ein- und Ausstieg ein Hindernis, dann zeigten die
Züge ein vielfach störrisches Verhalten: Bei leichtem Wind oder
kalten Morgenstunden - in Florida bereits per Definition unterhalb positiven
15° Celsius - können diese in den Talabschnitten zwischen den
Blockbremsen zum Stehen kommen. Gelöst ist dieses sensible
Auslegungsproblem bis heute nur halbherzig. Sobald ein leichter Wind weht oder
die Temperaturen fallen, bleibt Rip Ride Rockit üblicherweise geschlossen
- letzteres ist in Florida glücklicherweise selten der Fall.
Zudem wird die Kapazität bis heute nicht
ausgeschöpft: Statt sieben Zügen sind im Normalfall nur drei bis vier
im Einsatz. In der Nebensaison ist dies aufgrund der mangelnden
Wiederfahr-Akzeptanz noch ertragbar, zu Spitzentagen kann es eine Qual werden.
Nach der Hauptsaison 2010 wurde die Anlage wie alle anderen Maurer Söhne
Tandem X-Cars für einige Wochen kurzfristig vom Netz genommen, um die
Kupplungsstangen zwischen den Fahrzeugen auszubessern. Konstruktive Mängel
hatten zu einer verstärkten Rissanfälligkeit geführt. Und die
eher negativ auffallenden Fahreigenschaften sind bis heute nicht gelöst.
Neue Züge waren einmal ein Thema bei Universal, die Investition wurde aber
bislang nicht ausgelöst.
Für eine Multi-Millionen Dollar Anlage - Universal gibt
das gesamte Investitionsvolumen mit 35 Millionen US-Dollar an - hätte ein
deutlich stärkeres Endergebnis herausspringen müssen. Die famose
visuelle Präsentation zieht die Mitfahrer an, um sie durch ruppige,
kopfschmerzfördernde Fahreigenschaften zu vergraulen - der
Wiederfahreffekt geht gegen Null. Für eine familienfreundliche
Fun-Achterbahn, welche die Skyline der Universal Studios prägt, ist dies
etwas zu wenig. |
|
|
|
|
Blockbremsen wie diese
dominieren die Streckenführung von Hollywood Rip Ride Rockit |
|
Text: Coastersandmore - ng Bilder:
Coastersandmore
|
|
|