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Der erste Entwurf im Grundriss |
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"Solche Ideen entwickelt man am Sonntagnachmittag",
resümiert Hubert Gerstlauer mit Blick auf das stilisierte
Modell von Typhoon. Der namensgebende Gründer und Inhaber der
Gerstlauer Elektro GmbH blättert in einem vollgepackten
Aktenordner und fischt ein Blatt heraus: "Das war meine erste
Skizze".
Auf dem Karopapier ist ein fein säuberlicher Grundriss
dargestellt. "Hier erkennt man den Turm und da den
Vertikallooping". Folgt man der Linie in Pfeilrichtung
weiter, wird zweifelsohne das Layout ersichtlich, welches das in
der Endphase der Montage liegende Stahlgebilde auf dem Betriebsgelände
beschreibt - wenn auch in spiegelverkehrter Ausführung.
Die Unternehmensphilosophie des Hubert Gerstlauer ist
eindeutig: Das Medium Achterbahn soll zwar die Besucher begeistern
und sie an immer wieder neue Extreme heranführen, die
Konstruktion aber trotzdem überschaubar sein und wenig
Fehlerpotential aufweisen. Im Achterbahnbau ist dies ein
schwieriges Unterfangen, dem mehrere Unternehmen ihren Tribut
zollen mussten (siehe "Die
Geschichte von Gerstlauer"). |
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Der Looping rahmt die anderen Inversionen ein |
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So legte Hubert Gerstlauer schon bei seinen ersten
Prinzipskizzen für das Euro-Fighter Projekt eindeutig
die Details der Konstruktion fest. "Mir war von Anfang an
klar, dass ich beim Lift eine Kette verwenden würde, da wir
auf diesem Gebiet unsere Erfahrungen haben". Andere Prinziplösungen
wie beispielsweise ein Kabellift wurden von Anfang an
nicht in Erwägung gezogen. Dabei ist dies nur ein Beispiel
von vielen. Nachdem der Unternehmer die Gedankeneingebung zum
neuen Turmlift hatte, wurde dieser alsbald zu Papier gebracht. "Anfangs
sollte das Fahrzeug über eine Klappschiene in die senkrechte
Position gebracht werden, um den Turm zu erklimmen. Dann kam mir
die Idee eines gekrümmten Überganges und dieser war die
weitaus bessere Wahl", beschreibt er seine Gedankengänge.
Das Fahrzeug wird von einem an der Kette angebrachten Mitnehmer
erfasst und den Turm hochgeschoben, bis es an seiner Spitze über
einen engen Radius über die Kuppe fährt und im freien
Fall gen Boden rauscht. Dabei ist die Abfahrt dermaßen
gestaltet, dass die Chaise ohne Einsatz von Zwangsbremsen
steiler als senkrecht den Turm hinabfährt, regelrecht im
freien Fall hinabstürzt. Wieso gerade ein Winkel von 97°
gewählt wurde, beantwortet unser Gegenüber kurz und
knapp: "Das ergab sich einfach."
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Vergleich: Der erste Fahrzeugentwurf und das
reale Fahrzeug im Bonbon Land |
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Der Detailgrad innerhalb der vielen persönlich
angefertigten Freihandskizzen ist erstaunlich: An der
Positionierung der Blockbremsen im Grundriss des Layouts
hat sich bis heute nichts geändert, selbst die Kasse nebst
Wartebereich und die Fotoausgabe sind erkennbar. "Mein erster
Gedanke war eine transportable Loopingbahn", erinnert sich
Hubert Gerstlauer, "so dass die Grundmaße und
die Kapazität die bestimmenden Voraussetzungen waren."
Ein striktes Vorgehen anhand von zielbestimmenden Grundparametern
ist eindeutig erkennbar: Einzelfahrzeuge befahren ein
rechteckiges, kantiges Layout in mehreren Ebenen, die
Turmkonstruktion nebst dem nachfolgenden Vertikallooping sind
die bestimmenden Merkmale, danach wechseln sich Abfahrten, enge
Kurven und Kreiselfiguren ab.
Der Grundidee einer mobilen Anlage wurde jedoch nicht nur durch
konstruktive Dinge wie Sohleelementen und einem Konusstecksystem für
die Anbringung der Böcke bzw. Stützen besondere Rechnung
getragen: Das Kirmespublikum zahlt schließlich für jede
Fahrt einzeln und will daher immer wieder vom neuem überzeugt
werden. Daher ist die Anlagenfront zur Publikumsseite hin sehr
offen gestaltet. Der auffällige und zum Zeitpunkt der
Ideefindung völlig neuartige, 90° steile Turm lenkt alle
Blicke auf sich. Schauen die Besucher durch den sich anschließenden
Vertikallooping, so umschließt dieser einem Bilderrahmen
gleich die beiden hintereinanderfolgenden Heartline Rolls.
Gleiches gilt auch für die vierte Inversion, wiederum eine
Heartline Roll, die direkt in einen abwärts gerichteten
Kreisel führt. Im ersten Entwurf war sie jedoch noch nicht
vorgesehen. Die Loopingbahn erscheint zwar im Modell etwas
streng geometrisch aufgeteilt, doch steht man vor der Front der
Bahn, wird das von Hubert Gerstlauer gewollt inszenierte "Bild"
exakt wiedergegeben.
Der Unternehmer blättert weiter, zeigt erste Entwürfe
für die Stützen, die Anbringung der Schiene am Turmlift
und das Schienenprofil. Wie bei allen seinen Bahnen sollte auch
die Zweigurtschiene mit ihren beiden Fahrrohren und den angeschweißten
Querriegeln zum Einsatz kommen.
Als letztes kommt er zum Entwurf des Fahrzeugs: "Mit einem
Zug wäre der enge Radius an der Turmspitze nie fahrbar
gewesen." Um die zu Anfang festgelegte Kapazität von
etwa 1400 Personen pro Stunde zu erreichen, wurde neben einer
hohen Blockzahl auf der rund 670 Meter langen Strecke die
Anzahl der Mitfahrer durch die Wahl von Viererreihen gegenüber
den üblichen Fahrzeugen verdoppelt. Die Positionierung
mehrerer Mitnehmer an der Kette garantiert die hohe Taktzahl von
drei Wagen in der Minute. Gleichzeitig können zwei Fahrzeuge
den Turm emporgeschoben werden.
Bei der Gestaltung des Fahrzeugs setzte Gerstlauer auf
ein geräumiges Design, so dass die Fahrgäste problemlos
die Sitze erreichen können - Für schnelle
Fahrgastwechsel eine Grundvoraussetzung. Die erste Skizze
bestimmte die Richtung: Die Form des Chassis mit seiner kleinen,
abgerundeten Vorderfront wurde später 1:1 realisiert. Und
nicht nur im äußeren Erscheinungsbild gleicht die
Handzeichnung der späteren Umsetzung, auch im Bereich des
Fahrwerks ist die Richtung von Hubert Gerstlauer eindeutig
vorgegeben worden. Statt an zwei Achsen befestigt zu sein, sind
die vier Räderkonfigurationen einzeln aufgehängt. Eine
Zweiteilung des Fahrzeugs mittels einer Kupplung garantiert die spätere
Beweglichkeit in den engen Kurvenabschnitten und den Heartline
Rolls. |
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Trotz ihres hohen Detaillierungsgrades verschwanden die
Zeichnungen erst einmal in der Schublade, an eine Realisierung
wurde zum damaligen Zeitpunkt noch nicht gedacht. Als dann jedoch
vor etwa drei Jahren eine Konzeptzeichnung in einer deutschen
Fachzeitschrift für Kirmes und Freizeitparks seitens eines
italienischen Herstellers abgebildet war, die ein ähnliches
Konzept für den transportablen Markt erkennen ließ,
wurde Hubert Gerstlauer hellhörig. Sogar ein
Schausteller war benannt, und dies führte in Münsterhausen
zu einer regelrechten Forcierung des Projektes Euro-Fighter.
Ohne die exakte Dynamik und Statik zu betrachten, kümmerte
sich sein Neffe im Januar 2001 um die Ausarbeitung der Entwürfe.
Dabei wurde ein Grundriss im CAD System Auto Cad erstellt,
in dem Paletten und die Sohle grob ausgestaltet wurden. Auf diesen
ruhen neben der Stationsschiene, dem Turm und dem Vertikallooping
auch die einzelnen Böcke und Stützen der Bahn.
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Typhoon im spiegelverkehrten Modell |
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Zusätzlich wurde eine Abwicklung der Schiene erstellt.
Beide Zeichnungen bildeten die Grundlage für ein Modell,
welches auf den kommenden Messen präsentiert werden sollte.
Die IAAPA, die größte Branchenmesse in den USA,
stand an, zwei Monate später folgte mit der Interschau
das europäische Pendant in Düsseldorf.
Das filigrane, aus dünnen Stahlstreben gelötete Modell
sorgte bei den Parkverantwortlichen für einige
Aufmerksamkeit, aber nicht beim favorisierten
Schaustellerpublikum. "Zwar gab es einen Schausteller, der an
einer Realisierung sehr interessiert war", erinnert sich Hubert
Gerstlauer, "doch dieser wollte für einen gewissen
Zeitraum die Exklusivrechte am Euro-Fighter für sich
beanspruchen." Für den Unternehmer eine völlig
indiskutable Forderung, schließlich zeigten diverse Parks
intensives Interesse. Unter ihnen war auch Jacky Schoepen,
Juniorchef des Bobbejaanlandes, der eher zufällig am
Stand vorbeilief und auf den Hersteller und das Modell aufmerksam
wurde. Für Gerstlauer war die Präsentation ein
voller Erfolg: Im Juni 2001 stand die Vertragsunterzeichnung für
den Prototypen an.
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Schrägansicht des Modellentwurfes |
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Ein dänischer Familienpark entschloss sich für das
Konzept mit dem neuartigen Vertikalaufzug und Absturz und
erreichte in der Premierensaison 2003 einen Publikumszuwachs von
satten 18 Prozent. Das Layout wurde aber komplett neu definiert,
da die Charakteristik des Modellentwurfes für das dortige
Publikum etwas zu wild gewesen wäre. Nicht so im Bobbejaanland:
Jacky Schoepens Anforderungen an eine neue Loopingbahn
wurde das Modelllayout bekanntlich in allen Bereichen gerecht -
siehe "Die letzte Fahrt des
Looping Star", und so wurde der Vertrag im November
2002 unterzeichnet.
Somit konnte der Erstentwurf in die Tat umgesetzt werden. Die
Bahn passt exakt auf die frei werdende Fläche des Looping
Star im belgischen Freizeitpark, und die eingeplante Sohle war
für die Familie Schoepen eher von Vorteil. Da das
Gebiet des Parks früher eine Moorgegend war, ist der Boden
sehr weich und die Realisierung von Einzelfundamenten für
jede Stütze ungemein aufwändig und kostenintensiv. Die
Sohle, das Netzwerk aus Stahlprofilen, verteilt die Lasten regelmäßig
über die weitaus günstiger realisierbare
Fundamentplatte, welche neben dem Stationsgebäude vom
Bobbejaanland eigenverantwortlich errichtet wird. Ansonsten
liefert Gerstlauer die dem Space Thema unterworfene
Loopingbahn Typhoon völlig "schlüsselfertig".
Eine Notiz am Rande: Die Ankündigung der transportablen
Loopingbahn, welche Gerstlauer das Projekt forcieren ließ,
wurde tatsächlich umgesetzt. Exakt fünf Monate nach Vild
Svinet, dem Gerstlauer Prototypen im dänischen
Bonbon Land, feierte das eigenwillige Oval von Cool &
Fresh mit zweijähriger Verspätung Ende Oktober 2003
auf einer ostdeutschen Kirmes Premiere. Hubert Gerstlauer
war wieder einmal schneller...
Typhoon - eine Achterbahn entsteht wird fortgesetzt. Lesen
Sie in den nächsten Artikeln mehr über die Konstruktion,
Fertigung und Montage der Loopingbahn mit Extremabsturz. |
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Wir danken der Gerstlauer Elektro GmbH, speziell Herrn
Hubert Gerstlauer, für die freundliche Unterstützung bei
der Realisierung dieses Artikels. Das Urheberrecht der Fotos liegt
bei den jeweiligen Autoren bzw. der Firma Gerstlauer. Eine Veröffentlichung,
Vervielfältigung, Verarbeitung und Verbreitung ist ohne
schriftliche Genehmigung nicht gestattet. |
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