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Rechts: Binnen weniger Sekunden
beschleunigt das Fahrzeug im Auffahrversuch Richtung Holzwand |
Das Showerlebnis startet bereits beim Betreten des fast 15
Meter hohen Gebäudes, welches von einer riesigen, in vier Metern Höhe
aufgeständerten Steilkurve umschlungen wird. Alle elf, zwölf Sekunden
rauscht ein Testfahrzeug fast unsichtbar über die 48° steile Kurve.
Nur ein Spiegelband über dem Eingangsbereich reflektiert die bunten
Fahrzeug-Karosserien.
Im ersten Showraum winden sich die Warteschlangen (Standby,
Single Rider und Fastpass) über verschiedene Wegführungen eine zwei
Meter hohe Rampe empor. Links und rechts der offenen Wege sind Teststationen
aus den General Motors Prüflaboren zu bestaunen, die Fahrzeugteile und
komplette Fahrzeuge durchlaufen, bevor sie für die Fertigung freigegeben
werden. Die Lautstärke ist hoch - überall klappert und quietscht es
im Labor. Dreipunktgurte, Windschutzscheiben und Autoreifen werden genauso
anspruchsvollen Versuchsreihen unterworfen wie die Crash Test Dummies. Die
lebensgroßen Testfiguren ermöglichen bei Auffahrversuchen, die
Auswirkungen auf die Insassen realitätsnah abzubilden und auszuwerten. Im
Disney-Labor werden sie 720 Mal am Tag im Dauertest in den Hals oder auf das
Knie geschlagen, um ihre Dauerfestigkeit zu prüfen.
Kurz vor dem eigentlichen Zusteigebereich wartet der
Briefing-Raum mit einem kurzen Einführungsvideo. Dazu werden die Wartenden
in Gruppen einem Raum zugeteilt. Prüfleiter Bill McKim erläutert den
Besuchern, dass sie in Kürze mitsamt Fahrzeug auf die Teststrecke gelassen
werden. Das Einsteigeprozedere wird ausführlich erklärt und die
einzelnen Tests vorgestellt. Seine Assistentin Sherry programmiert simultan die
Prüfstationen, welche gleichzeitig auf den Videomonitoren illustriert
werden. Bremstest, Klimakammer und eine Bergaufpassage sollen genauso auf dem
Prüfprogramm stehen wie ein abschließender Überraschungstest -
letzterer wird von Bill nicht weiter erläutert, das Begleitvideo zeigt
parallel einen Kollisionstest.
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Im Hochgeschwindigkeitsparcours warten
Beschleunigungsgeraden und Steilkurven |
Schließlich gibt eine Automatiktüre den Weg in
den eigentlichen Stationsbereich frei, welcher den gleichzeitigen Ein- und
Ausstieg in vier Testfahrzeuge ermöglicht. Diese fahren dazu
hintereinander gesammelt die Zusteigeplattformen an. Gerade einmal eine halbe
Minute bleibt Zeit, in die tief gelegenen offenen Cabrio-Testfahrzeuge
einzusteigen. Zwei Reihen für je drei Fahrgäste stehen pro Fahrzeug
zur Verfügung. Gesichert werden die menschlichen "Test-Dummies" durch
automatisch verriegelte Dreipunktgurte, wie man sie aus dem PKW kennt. Die
Mindestgröße der Probanden beträgt gerade einmal 102
Zentimeter, sodass selbst kleinere Kinder mitfahren können.
Fakten zu Disneys Test Track |
Prototyp von Disneys
Hochgeschwindigkeitsfahrzeug, welches mittels eines eigenen Elektroantriebes
einer unsichtbaren Schiene über eine Fahrbahn folgt |
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Schienenlänge |
1306 Meter |
Max. Geschwindigkeit |
105 km/h |
Fahrzeit |
334 Sekunden |
Fahrzeuge |
29 Wagen; 6 Plätze pro Wagen |
Kapazität |
1800 Personen pro Stunde |
Hersteller |
Disney, Amec, Diverse |
Betreiber |
Epcot, Orlando, Florida, USA |
Eröffnung |
17. März 1999 |
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Link zur offiziellen Webseite von Epcot |
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Die Fahrzeug-Vierergruppe bewegt sich dann wie an einer
unsichtbaren Perlenschnur gezogen in Schrittgeschwindigkeit aus dem
Stationsbereich. An einer von Disney-Mitarbeitern besetzten Teststation wird
der sichere Sitz des Gurtes gesondert geprüft, dann geht es auf die
Teststrecke.
Die erste Prüfstation bedeutet Schwerstarbeit für
die Gummipneus. Mit heulendem Motor und quietschenden Reifen - die Effekte
kommen aus Lautsprechern - beschleunigt das Fahrzeug eine 15° steile,
geradlinige Rampe empor und überwindet dabei drei Stockwerke. Nach
Absolvieren der Rampe wurde das Gebäude einmal komplett mittig
durchschnitten und die oberste Etage erreicht. Links kann man die hinter Tannen
versteckte, serpentinenartige Bergpassage erkennen. Rechter Hand ist eine
freie, niedriger gelegene Ebene mit abgesteckten Beschleunigungs- und
Bremsstrecken zu überschauen. Diese wird nach einer engen 90°-Kurve
angesteuert. Die Stimme von Bill McKim meldet sich über das Onboard-Radio
und kündigt an, dass wir die Testebene auf Geschoss Zwei über zwei
verschiedene Kopfsteinpflaster anfahren werden. Sekunden später wird die
Federung der Stoßdämpfer gefordert .
Für den nächsten Versuch wird das
Antiblockiersystem des Fahrzeugs abgeschaltet, wobei der Wagen einen durch
Kegelpylonen abgesteckten Parcours passieren soll. Der Elektromotor
beschleunigt und steuert mit etwa 50 Stundenkilometern auf die eng
geführte Teststrecke zu. Im Abbremsvorgang kurz vor der 180°-Wende
beginnt der Wagen zu schlingern und durchbricht die Kegelabsperrung. Bill McKim
meldet sich über das Radio und erläutert, dass der gleiche Versuch
nochmals gefahren wird - diesmal aber mit aktivem ABS. Parallel zur ersten
Beschleunigungsstrecke rast der Wagen der nächsten 180°-Kurve entgegen
und verzögert dieses Mal geschmeidig in die enge Wende. Ein
abschließendes Video mit den übereinander projizierten Aufnahmen
erläutert nochmals anschaulich die Funktionsweise des Antiblockiersystems.
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Das Testfahrzeug auf der 48° steilen
Kurve, wo 105 Stundenkilometer Spitzengeschwindigkeit erreicht werden |
Das Radio knackt wieder und kündigt die nächsten
Stationen an. Erst werden die Fahrzeuge mitsamt Insassen in der
Wärmekammer durch Infrarot-Lampen bei über 40°C getestet, eine
Türe weiter wartet die Kältekammer mit unter -10°C. Der letzte
Testraum prüft die Korrosionseigenschaften der Karosserie -
Industrieroboter sprühen dazu ein feines Nebelspray in den Lichtraum der
Wagen, eine weitere Abkühlung ist garantiert.
Bills Technikerin Sherry stellt die Weiche auf Testparcours
A für den anschließenden Handlingtest. Über drei Serpentinen
schraubt sich das Auto immer schneller werdend den tannenbewaldeten Hang
hinauf, eine Steilkurve jagt die nächste - mal links, mal rechts. Die
dabei erlebten Zentrifugalbeschleunigungen drücken die Insassen stets in
die Außenwand der Kurve. Insgesamt 34 Richtungswechsel bietet der
über 1300 Meter lange Test Track Parcours - fünf Kurven werden auf
dem Bergaufstück aneinandergereiht. Wieder am Hochpunkt in der dritten
Etage angekommen kollidiert das Fahrzeug fast mit einem entgegenkommenden
Truck. Dann wird die Geschwindigkeit gedrosselt und die sechs Mitfahrer
durchfahren mit Schrittgeschwindigkeit den Briefing-Raum für den
abschließenden Überraschungstest. Zwei kantige 90°-Rechtskurven
später blicken die sechs Insassen auf die massive Barriere einer
Crash-Tests-Anlage.
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Links: Auf den Geraden beschleunigt der
250PS starke Elektroantrieb stetig bis 105km/h |
Plötzlich beschleunigt das Fahrzeug aus dem Stand und
rast auf die Wand zu - im nahezu letzten Moment reißt die Barriere auf
und gibt die Zufahrt auf das Außengelände frei. Die leicht
abfallende Rampe führt auf eine in etwa vier Metern Höhe
aufgeständerte Strecke, deren Höhepunkt die um 48° geneigte, mit
110 Metern Durchmesser eng um das Showgebäude anliegende Steilkurve
bildet.
Die 250 elektrischen Pferdestärken im Heck
beschleunigen das Testfahrzeug innerhalb von knapp neun Sekunden auf die
Höchstgeschwindigkeit von 105 Stundenkilometern. Dabei absolviert der
Wagen eine scharfe Rechtkurve nebst anschließender 270°-Kehrtwende
gegen den Uhrzeigersinn, um schließlich mit Höchstgeschwindigkeit in
die fast um 50° quergeneigte Steilkurve einzufahren.
Obwohl diese Geschwindigkeitsmarke keine Weltrekorde
aufstellt, ist Test Track die schnellste Disney-Attraktion weltweit. Eigentlich
wollten die Ingenieure sogar mit 145km/h in die Steilkurve einbiegen, wobei
diese bei gleichem Radius dann eine Querneigung von 70° erhalten
hätte. Doch diese zusätzlichen 22 Winkelgrade hätten gerade in
Evakuierungssituationen auf offener Strecke zu unkomfortablen
Aussteigemanövern geführt - besonders für körperlich
beeinträchtigte Gäste, die auf Test Track nicht ausgeschlossen werden
sollten.
Die Höchstgeschwindigkeit wird für wenige Sekunden
gehalten, 300 Meter nach Einnehmen der Steilkurve taucht die
Streckenführung in die erste Ebene des Gebäudes ein. Dann bleiben
etwa 100 Meter, um den Wagen abzubremsen. Mit bis zu 0.5g Verzögerung
greift das Bremssystem des Fahrzeugs zu und verzögert den Wagen auf
Schrittgeschwindigkeit. Eine Thermokamera zeigt beim Einfahren in das
Gebäude ein Wärmebild von Fahrzeug und Insassen. Schließlich
gruppieren sich vier Fahrzeuge und fahren in den Stationsbereich.
Im nachfolgenden Ausstellungsraum können die Ergebnisse
von General Motors Entwicklungsabteilung bestaunt werden. Interessierte
können sich die Fahrzeugmodelle sogar erläutern lassen. Auch ein
Onride-Foto kann erworben werden, welches im Moment des Beinahe-CrashTests
aufgenommen wurde. |