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Tiefer Drop bis auf das
Bodenniveau |
Auf der Suche nach der Geschichte von Achterbahnen
und Freizeitparks lohnt sich ein Blick in Richtung Osten Europas: Bereits in
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde mit dem Vurstli der erste
Vergnügungspark im Budapester Stadtpark gegründet. 1908
eröffnete direkt daneben der Englische Park, bevor beide 1950 zum
Vidám Park verschmolzen. Mit 880.000 Besuchern im Jahre 2003 war man mit
Abstand größte Freizeitpark in Ungarn.
Die Tradition des Parks zeigt sich auch in seiner Sammlung
historischer Attraktionen. Neben dem Pferdekarussell aus dem Jahre 1906 sticht
besonders die Holzachterbahn Hullámvasút hervor:
Sie ist eine der letzten neun Scenic Railways weltweit. Dieser
Achterbahntyp war Anfang des 19. Jahrhunderts sehr populär und zeichnet
sich dadurch aus, dass in jedem Zug ein Bremser mitfährt, um die
Geschwindigkeit zu kontrollieren und ein Abheben der Wagen aus dem Gleisbett zu
verhindern.
Anfang der 1920er Jahre brachte der Budapester Dragon
Ervin von einer Reise nach England die Idee zu einer Holzachterbahn
zurück. Die Baupläne waren 1922 fertig gestellt, vier Jahre
später wurde die Bahn im Englischen Park eröffnet. Der
höchste Punkt der Konstruktion liegt 17 Meter über dem Erdboden, die
Schienendifferenz beträgt sogar 18 Meter, da eines der neun Täler
unter das Bodenniveau führt. Die steilste Stelle der 980 Meter langen
Strecke misst ganze 45 Grad - ein stolzer Wert für eine Achterbahn, die
keine mechanische Sperre gegen ein Abheben des Zuges aufweist.
Die Züge bestehen aus drei Wagen und fassen neben dem
Bremser insgesamt 28 Passagiere. Sie sind ursprünglich eine
originalgetreue Kopie der Version aus dem englischen Margate - bis hin
zur Verzierung mit Drachenköpfen. Mitte der 70er Jahre wurden jedoch die
Bremshebel durch eine hydraulische Fußbremse des Autoherstellers
Skoda ersetzt. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass im
Vidám Park keinerlei Gurt oder Bügel zu finden ist.
Auch die Holzkonstruktion wurde wiederholt
überarbeitet. Da das Holz eine Lebensdauer von nur cirka 20 Jahren hat,
wurde die Bahn bereits mehrfach sukzessive erneuert und der Unterbau dabei
stellenweise modifiziert. Die Streckenführung entspricht jedoch noch immer
den Originalplänen. Ebenfalls original sind die Lifttechnik inklusive des
Motorgetriebes sowie die Fahrwerke der sieben Züge. Der ursprüngliche
Bahnhof wurde im zweiten Weltkrieg zerstört und kurz danach durch einen
einfachen Betonbau ersetzt, im Jahr 2000 erfolgte eine Rekonstruktion anhand
alter Fotos.
Die Streckenführung ist einfach, aber
ungewöhnlich. Nach dem Lifthügel folgen ein kleiner Dip und
ein weiter Dreiviertel-Kreis mit einer anschließenden Linkskurve, so dass
die folgende Gerade mit zwei Tälern direkt neben dem Lift verläuft.
Diese Formation wiederholt sich spiegelverkehrt, so dass die nächste
Gerade wieder direkt neben der ersten liegt. Es schließt sich eine
liegende Acht an, wobei die Kehrtwenden in einer unteren Ebene innerhalb der
Holzkonstruktion verlaufen. Keine der Kurven weist eine Querneigung auf; die
seitliche Führung der Wagen erfolgt durch herkömmliche
Eisenbahnräder mit einer schrägen Lauffläche und einem
Spurkranz. Die Bahn ist von dichtem Baumbestand umgeben, so dass der
Streckenverlauf von Außen kaum einsehbar ist.
Nicht zuletzt aufgrund der Federung und Polsterung der Wagen
ist eine Fahrt auf Hullámvasút butterweich. Trotz des
Alters von über 80 Jahren bietet die denkmalgeschützte Anlage ein
intensives Fahrerlebnis, das durch das Fehlen eines Bügels noch einmal
gesteigert wird. Sie spricht ein breites Publikum an und muss sich
bezüglich ihrer Attraktivität keinesfalls vor moderneren Achterbahnen
verstecken.
Länge: 980 Meter, Lifthöhe: 17
Meter, Anzahl Züge: 7 à 28 Personen, Fahrzeit: 5
Minuten, Kapazität: 1344 Personen/Stunde bei Einsatz von 4
Zügen (heutzutage Maximalfall), Eröffnung: 1926,
Betreiber: Vidam Park, Budapest |