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Parque de Atracciones de Igueldo - Heimat einer der letzten Scenic Railways
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Rechts: Montana Suiza vor atemberaubender
Kulisse |
Was den Skandinaviern ihre Innenstadtparks, sind den
Spaniern ihre Freizeitparks auf den Bergen. Während Tibidabo hoch
über Barcelona thront, liegt der Parque de Atracciones de Igueldo auf dem
Monte Igueldo am Südende der Bucht von Donostia - San Sebastian. Doch
nicht nur der herrliche Panoramablick lockt auf den Hausberg der baskischen
Stadt zwischen Bilbao und der französischen Grenze, für den
Nostalgiker wartet eine außergewöhnliche Achterbahn mit Blick
auf die offene Brandung.
Bereits der Weg zum Park ist ein Erlebnis: Der
Funicular, eine Bergbahn mit zwei über ein Stahlseil verbundenen
Wagen, die gegenläufig den Berg hinauf und hinab fahren, führt auf
eine Höhe von 132 Metern über dem Meer. Eine kleine Treppe bringt den
Besucher dann auf die Hauptebene.
Der Vergnügungspark besteht aus einigen versprengten
Attraktionen, die auf diesem Hochplateau verteilt sind. Der Park ist nicht
umzäunt und frei zugänglich, die Attraktionen werden jeweils einzeln
bezahlt. Ein Wristband für eine unbegrenzte Nutzung gibt es genauso wenig
wie geregelte Öffnungszeiten - außerhalb der Haupt-Urlaubssaison ist
es ein Glücksspiel, ob und wann die Attraktionen in Betrieb sind.
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Links: Río Misterioso - rechts: Der
ehemalige Wachturm überragt die Casa del Terror |
Auf dem Areal befinden sich zudem das Hotel Monte
Igueldo und ein ehemaliger Wachturm, der heute ein Museum beherbergt. Beide
sind bereits von der Stadt aus gut zu erkennen. Ein kleines Schild weist rechts
am Hotel vorbei in Richtung des Río Misterioso. Dessen Boote
bieten Platz für jeweils vier Personen und befahren einen ovalen Kanal, in
dem das Wasser mittels eines überdimensionalen Mühlrades zirkuliert.
Die erste Längsgerade verläuft spektakulär am Abhang des Berges
und bietet einen grandiosen Blick über die Bucht. Die Gegengerade ist mit
einigen Tunneln versehen, die thematisierte Szenen enthalten. In den Tunneln
und bei den Brücken über den Kanal sollten nicht nur groß
gewachsene Passagiere aufpassen, um nicht an der rauen, viel zu niedrigen Decke
anzuecken.
Der Hauptteil des Parks liegt auf der anderen Seite des
Hotels. Die große Betonfläche beherbergt einige
Kinderfahrgeschäfte und Buden. Die Thematisierung beschränkt sich auf
rudimentäre Ansätze, einzig die Bepflanzung zum Steinturm hin
vermittelt ein wenig heimelige Atmosphäre. Am Ende der Ebene befindet sich
ein alter Autoscooter, dessen Dach aus gewelltem grünen Kunststoff - wie
der Rest des Parks - schon bessere Tage gesehen hat. Auf einer kleinen
Wasserfläche drehen kleine, motorbetriebene Bumper Boats ihre
Runden.
Eine schmale Treppe führt einige Meter tiefer zum
Casa Encantada, das früher wohl einmal Kosmikar hieß.
Entsprechend pendelt die Fahrt in bunten kleinen Raketen für zwei Personen
munter zwischen Geisterbahn und Weltraumabenteuer. Der trashige Charakter macht
Casa Encantada jedoch zu einer äußerst liebenswürdigen
Angelegenheit. Einige Meter über der Zentralebene macht ein
übergroßer Affenkopf auf das Casa del Terror aufmerksam.
Darin führt ein recht dunkler Gang an verschiedenen Gruselszenen vorbei,
die mit der üblichen Geräuschkulisse untermalt sind. So richtig
erschreckend ist jedoch nur der stolze Eintrittspreis von 2,50 Euro. |
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Links: Camelbacks nach Ausfahrt aus der
Station - Rechts: Der Wagenverbund vor atemberaubender Kulisse |
Das bisher gezeichnete Bild von einem deutlich in die Jahre
gekommenen Freizeitpark mit gerade einmal vier nennenswerten (davon aber zwei
wirklich charmanten) Attraktionen vermag spontan keine
überschwängliche Reiselust hervorzurufen, wäre nicht Montana
Suiza als Hauptattraktion ein absolutes Muss für den historisch
interessierten Achterbahnenthusiasten.
Dass es sich um eine von weltweit nur neun verbliebenen
Scenic Railways handelt, macht die Achterbahn schon zu etwas
Besonderem. Herausragend wird sie jedoch durch ihre Konstruktion und Lage:
Statt aus Holz besteht der gesamte Unterbau aus Stein und Beton, auf dem
eisenbahnähnliche Schienen verlegt sind. Der Parcours verläuft in
direkter Nähe zum 130 Meter tiefen Abgrund mit direktem Ausblick auf das
offene Meer.
Nach der Entrichtung des Fahrpreises an einem kleinen
Kassenfenster kann in der halboffenen Station einer der beiden vorhandenen
Züge bestiegen werden. Diese bestehen aus zwei Wagen zu jeweils fünf
Reihen, wie sie auch bei einigen anderen Scenic Railways anzutreffen sind.
Die Chaisen sind aus Holz gefertigt und im Bereich
der ersten Reihe mit geschnitzten Drachenköpfen verziert, der Arbeitsplatz
des Bremsers wurde auf der Kupplung zwischen den beiden Wagen montiert.
Bügel oder Gurte sind nicht notwendig, einzig eine kleine Kette
verschließt die Einstiege der Reihen. |
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Direkt nach der Station führt die Strecke 90 Grad nach
rechts in einen Double Dip, der aufgrund des geringen
Höhenunterschieds und der niedrigen Geschwindigkeit nur wenig
Airtime bietet. Es folgen ein kleiner Camelback und eine weite
Rechtskurve von ca. 120 Grad über das Wasserbecken der Bumper Boats
zum Lift. Wie bei Scenic Railways üblich greift der Zug sanft und
völlig ruckfrei in das umlaufende Seil ein - bei modernen Achterbahnen
hingegen ist dieser Komfort eine Seltenheit, die einer ausgeklügelten
Steuerungstechnik bedarf.
Weltweite Scenic Railways |
Kennzeichnend
für Scenic Railways ist neben der Einbettung in eine künstliche
Landschaft der Bremser, der in jedem Zug mitfährt und das Gefährt
sicher auf der Strecke hält. Dies ist notwendig, da es sich bei derartigen
Bahnen um Sidefriction Coaster handelt, die keine Gegenräder unterhalb des
Schienenbettes besitzen. Der Bremser hat sich über die Jahrzehnte zum
charakteristischen Merkmal einer Scenic Railway entwickelt, sodass auch nicht
thematisierte Achterbahnen mit Bremser als Scenic Railways bezeichnet werden.
De facto weisen sechs der neun verbliebenen Scenics keine entsprechende
Gestaltung auf. Nur die Rutschebahnen, der Roller Coaster und die Hochschaubahn
sind in einer Kulisse eingebettet. |
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Scenic
Railway, Luna Park, Melbourne, Australien, seit 1912 |
Rutschebanen,
Tivoli Gardens, Kopenhagen, Dänemark, seit 1914 |
Scenic
Railway, Margate, England, seit 1920 |
Hullámvasút, Vidám Park,
Budapest, Ungarn, seit 1926 |
Montaña Suiza, Monte Igueldo, Spanien, seit
1928 |
Rutschebanen, Bakken, Klampenborg, Dänemark,
seit 1932 |
Roller Coaster, Great Yarmouth Pleasure Beach,
England, seit 1932 |
Hochschaubahn, Prater, Wien, Österreich, seit
1950 |
Vuoristorata, Linnanmäki, Helsinki, Finnland,
seit 1951 |
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Der "Drachenzug" umrundet die Bumper
Boats |
Auf dem Lift und dem sich anschließenden
flachen Teilstück bietet sich wieder ein traumhafter Ausblick, diesmal auf
die Steilküste und den Atlantik. Es folgt der höchste Drop von
Montaña Suiza, der knapp über seinem tiefsten Punkt in einem
Tunnel endet. Anschließend steigt die Strecke wieder an und führt
nach einer Rechtskurve in den Bremstunnel. Hier wird der Zug auf
Schrittgeschwindigkeit verzögert und rollt langsam weiter in die Station.
Die Weiche zum Abstell- und Wartungsgleis für den zweiten Zug sowie das
kleine Kassenräumchen befindet sich ebenfalls im Bremstunnel.
Verlässliche oder gar offizielle technische Daten von
Montaña Suiza lassen sich nicht in Erfahrung bringen, selbst die
Betreiber der Bahn können keine Auskunft geben. Die Roller Coaster DataBase gibt
die Länge mit 400 Metern und die maximale Geschwindigkeit mit 50
Stundenkilometern an. Gebaut wurde die Bahn 1928 von Erich Heidrich,
einem Hamburger Schausteller. Er erbaute auch die Scenic Railway, welche im
britischen Great Yarmouth Pleasure Beach zu finden ist.
Von der Intensität der Fahrt steht Montaña
Suiza deutlich hinter allen anderen erhaltenen Scenic Railways zurück.
Die sonst wohlgetimte Airtime ist Mangelware, und das Layout besteht aus einem
einfachen Viereck. Doch besticht die Scenic im nordspanischen San
Sebastian mit einer wundervollen natürlichen Lage hoch oben auf dem
Monte Igueldo und einem phantastischen Ausblick auf das Meer. Zusammen
mit dem einmaligen Baumaterial findet sich hier ein wirkliches Unikat, dessen
Zukunft jedoch äußerst ungewiss ist. Denn der heruntergekommene
Parque de Atracciones de Igueldo hat seine Tage als Besuchermagnet
längst hinter sich. Zwar spricht der Betreiber von einer baldigen
Aufwertung, ob diese jedoch kommt und dem Park zu dem dringend notwendigen
Aufschwung verhilft, ist fraglich. Und ohne funktionierendes Umfeld dürfte
es eine abgelegene Achterbahn sehr schwer haben, sei sie auch noch so
erhaltenswert.
Text und Fotos: Coastersandmore - jp
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