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Der Fliegende Holländer - Baustellenbericht |
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Der Eingangsbereich des Fliegenden
Holländers |
"Ich werde segeln, Sturm oder nicht, Ostern oder nicht.
Ich werde segeln, und sei es bis zum Jüngsten Tag!" Das schrieb
Kapitän Willem van der Decken 1678 in sein Logbuch. Mit diesen Zeilen
besiegelte er sein Schicksal. Sein Schiff verwandelte sich in ein
geheimnisvolles, feuriges Geisterschiff, das dazu verdammt ist, bis zum
Jüngsten Gericht über die sieben Weltmeere zu segeln. Der Mythos des
Fliegenden Holländers war geboren. 2006 wird er im Efteling Themenpark in der
Nähe der niederländischen Stadt Tilburg in Gestalt einer
aufwändigen Wasserachterbahn wieder aufleben.
Schon bei der Gründung im Jahre 1952 verschrieb sich
der heutige Themenpark dem Erhalt des kulturellen Erbes von Märchen, Sagen
und Legenden. Ein liebevoll hergerichteter Märchenwald, dessen Szenen
stetig weitere Ergänzungen finden, bildet das Herz des
besucherstärksten Freizeitparks der Niederlande. Attraktionen wie
Traumflug, Villa Volta oder Vogel Rok sind weitbekannt und
sorgten in den 90er Jahren mit ihrer aufwändigen Gestaltung für
große Besucherzuwächse. Efteling ist dermaßen mit
Erfolg gesegnet, dass neue Fahrattraktionen leider nur selten an der
Tagesordnung sind. Fast zehn Jahre sind vergangen, seitdem die
Dunkelachterbahn Vogel Rok eröffnete. Zu Ostern dieses
Jahres hat das lange Warten jedoch ein Ende: Efteling wird den Fliegenden Holländer Realität werden lassen. Dabei wurde die erstaunliche Summe
von 19,2 Millionen Euro investiert und eine Attraktion mit sagenhafter
Detailtreue geschaffen.
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Links: Henk Groenen, Leiter Kommunikation
Rechts: Das Richtfest fand am 09.12.2005 statt |
Schon seit seiner Eröffnung vertraut das Management
seinen eigenen Designern, die den unvergleichlichen Efteling-Stil des
Künstlers Anton Pieck weiterführen. Beim Fliegenden Holländer ging das Unternehmen sogar noch einen Schritt weiter und
fungiert als alleiniger Generalunternehmer. "Wir wussten was wir wollen, und
dann wollen wir auch bestimmen, wie es realisiert wird," erklärt Henk
Groenen, Leiter der Kommunikationsabteilung von Efteling, die
Entscheidung. Selbst für die aufwändige Achterbahntechnik zeigt man
sich selber verantwortlich und engagierte ausschließlich Subunternehmer
für Berechnung, Schienen- und Fahrzeugbau.
So zeichnet sich die niederländische Firma
Kumbak, welche vor einigen Jahren von ehemaligen
Vekoma-Mitarbeitern gegründet wurde, für die Berechnung und
Auslegung des Schienenparcours, der Fahrzeuge und anderer Technikkomponenten
verantwortlich. Die BeNeLux-Firmen CSM und Steelweld
wiederum fertigen im Auftrage von Efteling die Stützen,
Schienenelemente und Boote. Steelweld, welche den Fahrzeugbau
durchführen, ist ein bekanntes niederländisches Unternehmen aus
Breda, deren Hauptstandbein die Entwicklung und Fertigung von
automatischen Fertigungsstraßen für die Automobilindustrie ist.
Beide Unternehmen haben schon verschiedene Projekte für die
Vergnügungsbranche realisiert. Die belgische CSM hat als Fertiger
für Vekoma schon zahlreiche Projekte betreut. |
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Die Station ist als Hafen thematisiert und
bereits fast fertig |
Im Fliegenden Holländer unternehmen die Besucher eine Zeitreise in das 17. Jahrhundert.
Es ist die Blütephase der erfolgreichen, niederländischen
Ostindischen Handelskompanie. Von einem stilechten Seehafen aus startet die
Fahrt durch eine Themenszenerie und endet in einer spektakulären
Achterbahnfahrt, bei der die Boote in einer haarsträubenden Fahrt dem
Fluch des Geisterschiffes zu entkommen versuchen. Aus 22,5 Metern Höhe
beschleunigen die Boote auf bis zu 70 Kilometer pro Stunde. Dabei sind die
Passagiere den unterschiedlichsten Kräften ausgesetzt: von beinahe
Schwerelosigkeit bei 0,2g bis zum Dreifachen der Erdanziehungskraft. Die
rasante Streckenführung endet mit einer aufregenden, feuchtfröhlichen
Wasserung. "Das wird fett cool" berichtet der sichtlich begeisterte Olaf
Vugts, General Manager von Efteling, auf einer Führung
über die Baustelle der Themenfahrt.
Doch der Weg bis zur Eröffnung der größten
jemals getätigten Investition von Efteling ist noch lang. Bereits
vor vier Jahren erkannte Olaf Vugts auf einer weltweiten Sichtungsreise
durch Freizeitparks den Bedarf seines Parks nach einer neuen, rasanten
Wasserbahn, da derartige Attraktionen in Efteling noch unterbesetzt
sind. Bislang sorgt einzig und allein Piraña, ein Rapid
River der schweizerischen Firma Intamin, für lange
Warteschlangen. Ronald van der Zijl, Efteling CEO, hatte jedoch
einen Einwand: Im Hinblick auf eine ganzjährige Parköffnung schied
die favorisierte Wasserachterbahn aus. Auf einer Reise in die USA fand man im
Sea World Adventure Park in Orlando in Journey to Atlantis
ein neues Vorbild. Ein Grossteil der Wasserachterbahn führt durch einen
Darkride. In Kombination mit einer Möglichkeit zur Minimierung des
Nässefaktors im Winter erschien diese Lösung akzeptabel.
Für die neue Wasserachterbahn mit Indoorpart
fehlte einzig und allein ein passendes Thema. Schnell war jedoch eine
Lösung gefunden, um eine plausibles "Storytelling", eine einführende
Geschichte für die neue Themenattraktion, zu ermöglichen. Dafür
reichte ein Blick in das holländische Sagenbuch. Schnell war klar, dass
die Sage um den Fliegenden Holländer die passende Grundlage darstellte. Mit einem Budget von 10
Millionen Euro wurde gestartet, vier Jahre später ist es fast auf die
doppelte Höhe gestiegen. "Das sei mir vergeben", erzählt Olaf
Vugts lächelnd und deutet mit einer Handbewegung auf die fast fertige,
perfekt in Szene gesetzte Doppelladestation. Unter einem Sternenhimmel
verlassen später im 30-Sekunden-Takt die Boote den sicheren Hafen und
steuern einer abenteuerlichen Fahrt entgegen.
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Zwei Fassadenansichten |
Die gigantischen Ausmaße von Eftelings neuer
Wasserachterbahn spiegeln sich alleine in den nackten Zahlen wider: Rund 1900
Personen pro Stunde werden die Attraktion genießen können. Jede der
elf Schaluppen wird 4 Tonnen schwer sowie 2,75 Meter breit sein und 14 Personen
fassen. Eine Fahrt wird rund dreieinhalb Minuten dauern und über ein 1,7
Hektar großes Gelände führen. Diese Fläche von fast drei
Fußballplätzen wird von einem künstlichen See flankiert, der
nach der turbulenten Fahrt über rund 300 Meter Stahlschiene das Ziel der
Wasserung ist.
Rund drei Monate vor der Eröffnung ist der Fliegenden Holländer noch eine Großbaustelle. Vom See ist noch nichts zu sehen
und die Strecke wartet auf ihre Schließung, doch die massiven
Kulissenbauten der Hafenstadt, welche den aufwändigen Wartebereich, den
einleitenden Darkridepart, einen kleinen Drop und den
Kettenlift beherbergt, sind fast vollendet. Bis zu 130 Bauarbeiter sind
im Einsatz und inzwischen wird 24 Stunden am Tag gearbeitet, um den
Eröffnungstermin am Osterwochenende Mitte April halten zu können.
Schon alleine die fertiggestellten Bauten lassen mit ihrer
Detailtreue auf eine Attraktion schließen, auf die Efteling zu
Recht Stolz sein kann. Minimalistisch ist hier eher das Schienenlayout
ausgefallen. Große Achterbahnmomente werden nicht zu erwarten sein, doch
letztendlich will Efteling seinem Familienpublikum ein
gemäßigtes Fahrvergnügen bereitstellen.
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Aufwändig wurde auch die Fassade
thematisiert |
Projektleiter Gylk Jongstra führt uns über
die Baustelle. Im matschigen Baustellengrund fast versinkend geleitet er uns an
der prächtigen, äußerst plastisch in Szene gesetzten Kulisse
einer typischen holländischen Hafenstadt des 17. Jahrhunderts vorbei. 750
Leute sollen hier später trockenen Fußes im Außenbereich auf
die kurzweilige Themenfahrt ausharren dürfen, die Warteschlange im Inneren
des Gebäudes fasst nochmals die gleiche Zahl. Wir betreten das
schmuckvolle Haus des zwielichtigen Kapitäns Willem van der Decken,
das mit 20 jeweils 800 Kilogramm schweren Löwenskulpturen gespickt ist.
Bereits im Eingangsbereich wird dem Besucher später deutlich werden, dass
es im Haus vor kurzem gebrannt hat. Das "Höllenfeuer" hat sämtliche
Schätze vernichtet. Wie in der Legende des Fliegenden Holländers finden die Besucher in den Räumlichkeiten einen geheimen
Schmuggelgang, tauchen letztendlich vollkommen in die abenteuerliche Sage ein
und erfahren, dass Willem van der Decken ein Doppelleben führte.
Sein Erfolg war mit Blut befleckt.
Hinter einem Gemälde in der Bibliothek führt der
Geheimgang, in dem alle paar Minuten zur Unterhaltung der Wartenden ein
Special-Effects-Feuer über deren Köpfen brennen wird, geradewegs in
das Café Zur Lämmertränke, aus dessen Fenstern der
Besucher das erste Mal einen Blick auf die als Hafen thematisierte Station
werfen kann. Kurz danach teilt sich die Warteschlange auf die zwei
Zustiegsplattformen auf. Jeweils 14 Besucher finden Platz in einer der vor
Anker liegenden Schaluppen, welche derzeit von der niederländischen Firma
VDL/Steelweld gefertigt werden. Im Gegensatz zu dem
Wasserachterbahnsystem von Mack Rides werden die "Boote" beim
Fliegenden Holländer die Schienen mit der gigantischen Spurweite von 1,2
Metern auf der 420 Meter langen Strecke nie verlassen. Über eine Weiche
unter Wasser werden die Boote im Reißverschlussprinzip auf die Reise
geschickt. |
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Der erste Teil des Darkrides |
Der aufwändig gestalteten Station mit ihren
Häuserfronten folgen drei Szenen, in denen jedoch keine
Animatronics zum Einsatz kommen werden. In der ersten, schon komplett
fertigen Kulisse fahren die Abenteuerlustigen durch den Hafen an ruhenden
Schiffen vorbei hinaus auf das weite Meer.
Was die Passagiere in den beiden folgenden Szenen erwarten
wird, bleibt bis Ostern noch unter Verschluss, die Legende gibt aber schon eindeutige Hinweise, worauf man sich gefasst
machen darf. Am Ende der gemächlichen Themenfahrt wartet ein sechs Meter
tiefer Sturz, auf dem die Boote eine Geschwindigkeit von 35 Kilometern pro
Stunde erreichen um direkt auf dem mit 45 Grad äußerst steilen
Lift zu fahren. Mit 0,7 Metern pro Sekunde haken die riesigen Boote in
die Kette ein, um danach auf 11 km/h beschleunigt zu werden. Im steilen Winkel
erklimmt das Fahrzeug den 22,5 Meter hohen Lift, dessen Auffahrt komplett
eingehaust ist und somit im Dunkeln stattfindet. Galionsfiguren, welche auf die
Boote zu kippen drohen, sorgen für Schreckmomente und sind nur die
Vorboten für den nun folgenden rasanten Achterbahnpart.
Inmitten einer Nebelwand ruft sich der Kapitän des
Geisterschiffes in Erinnerung, dann öffnet sich urplötzlich ein Tor
und geblendet vom Tageslicht stürzt das Boot im freien Fall 18 Meter in
die Tiefe. Der steile, nach rechts abfallende Drop ist der Auftakt der kurzen
Achterbahnsektion, welche im Freien über dem See und einer abseits der
Hafenkulisse gelegenen Fläche stattfindet. Dabei beschreibt der
Streckenverlauf aus der Vogelperspektive betrachtet ein großes L. Statt
enger Fahrkombinationen verfolgt das Layout eine einfache Linie.
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Wuchtig präsentiert sich der
Lift |
Der Layoutvorschlag für den 420 Meter Achterbahnteil
stammt von Efteling selber, die Dynamik und Statik wurde von
Kumbak berechnet. Zweifellos bietet das Layout interessante
Beschleunigungsfolgen, als innovativ kann es aber nicht bezeichnet werden.
Der geschwungenen Abfahrt, welche im Tal durch einen Tunnel
führt, folgt eine Camelbackfigur an der Rückseite der
Hafenstadt entlang. Binnen kürzester Zeit erfahren die Mitfahrer den
Wechsel von 3g zu naheloser Schwerelosigkeit - trotzdem bleibt alles im
familienkompatiblen Rahmen. Besucher ab 120 cm werden auf die Reise gehen
können. Es wird jedoch in Zusammenarbeit mit dem DNV, dem
niederländischen Pendant des deutschen TÜV, versucht, die
Höhenbeschränkung auf 110 cm zu verringern.
Der Camelback führt an seinem Ausgang direkt in
eine 180° Kehrtwende, welche als Horseshoe mit 85 Grad
Querneigung ausgelegt wurde. Parallel zum Camelback führt die
Stahlschiene die Boote in eine Magnetbremse, welche als
Blockbremse fungiert und die Geschwindigkeit des Bootes kontrolliert.
Somit wird die Intensität des nun folgenden Splashs im großen
Efteling See reguliert, wobei kurz vor dem Splashdown nochmals
Wirbelstrombremsen zum Einsatz kommen können.
Eine Abfahrt führt nach der Blockbremse
geradewegs in eine Kurve, welche die Boote fast die Wasseroberfläche
streifen lässt. Ein nachfolgender kleiner Bump generiert nochmals leichte
Schwerelosigkeit, dann folgt die Wasserung.
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Camelback und Horseshoe |
Durch die Möglichkeit, die Geschwindigkeit der
Fahrzeuge herabzusetzen, wird die Attraktion 365 Tage im Jahr einsetzbar sein.
Im Winter wird ein "trockener" Splash die Besucher nicht vom Fahrvergnügen
abhalten, im Sommer ist dagegen eine Erfrischung garantiert. Ab voraussichtlich
2008 wird dann auch der Fliegenden Holländer das ganze Jahr geöffnet sein, denn ab diesem Zeitpunkt ist
eine Ganzjahresöffnung des Familienparks fest eingeplant.
Mit bis zu 50 km/h werden die Schaluppen in das Wasser
eintauchen, den Kontakt der Schienen werden sie jedoch nie verlieren. Ein
gemächlich durchfahrener 180° Bogen führt die Boote an einer
Aussichtsterrasse am Ufer vorbei, bevor die Boote durch ein Tunnel in das
Gebäude eintauchen.
Die schon jetzt erkennbare nahezu perfekte Gestaltung des
Fliegenden Holländers wird durch einen eigenen Soundtrack untermalt, dessen Tonspuren
derzeit in Prag von einem 60 Mann starken Sinfonieorchester aufgenommen
werden.
Bald sollen noch die letzten Schienen im derzeit noch
trocken gelegten See montiert werden. In Efteling ist man sehr zuversichtlich,
die Topattraktion ab Ostern seinen Besuchern zu übergeben, war es
schließlich dieses Datum, welches zum Schicksalstag im Leben des
Kapitäns Willem van der Decken wurde - dem Fliegenden Holländer. |
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Text: Coastersandmore - ng |
Bilder: Coastersandmore, Efteling |
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