Werbung WBMW Germany
English
 

Site-Info: Editorial > Ride Insights > Loopingbahn Colossus im Thorpe Park

Colossus - Weltrekordler der Inversionen

Drei der zehn Inversionen des Colossus im Überblick

Rekorde sind ein wirksames Instrumentarium, um in der breiten Bevölkerung Aufmerksamkeit zu erregen. Für Freizeitparks ersetzen sie durchaus ganze Werbebudgets. Ob die höchste Stahlachterbahn der Welt, der schnellste Roller Coaster oder ein "neuer" Rekord des Marathonfahrers Richard Rodriguez. Die Fernsehsender kommen in Scharen, und nicht nur die nationalen Medien berichten über solch "ultimative" Ereignisse. Zur Eröffnung der 8000 Kilometer entfernten Millennium Force im amerikanischen Freizeitpark Cedar Point zeigten selbst deutsche Medien reges Interesse. Ob Printmagazine oder Nachrichtensendungen, jeder berichtete 2000 über die höchste Achterbahn der Welt, obwohl deren Höhenrekord von 94,5 Metern gerade einmal 80 Tage anhielt.

Verwandte Themen

• Weltrekordhalter - die höchsten, schnellsten und längsten Stahlachterbahnen der Welt • Oblivion - Hinein ins Vergessen• Nemesis und Nemesis Inferno - zwei B&M Inverted Coaster

Ein derartiges Medieninteresse konnte die Neuheit 2002 des Thorpe Parks bei Chertsey, einem Vorort von London unweit des Großflughafens Heathrow, zwar nicht generieren, doch ein Eintrag in das Guinness Buch der Rekorde war der neuen Loopingbahn sicher. Die englische Tussauds Gruppe, welche 2007 in die Merlin Entertainments Group eingeliedert wurde, investierte kurz nach der Jahrtausendwende kräftig in den Thorpe Park: Ob Free-Fall Tower, Spillwater oder neue Achterbahnen. Der Freizeitpark mit Karibikflair lebt auf. Colossus war nur eine Anschaffung unter vielen, jedoch diejenige, die in das Weltrekordbuch des Brauereikonzerns aufgenommen wurde. Der Name verspricht viel, doch durch Größe fällt die Achterbahn der Schweizer Intamin nicht auf. Mit 30,5 Metern gehört sie in die Rubrik Standard, und auch die Länge von 850 Metern deutet nicht auf einen Giganten hin. Was ist also das Besondere, der Rekord, der in Zahlen messbar zu sein scheint? Eine neue Höchstgeschwindigkeit oder vielleicht der höchste Drop. Weder noch: Colossus ist eine Loopingbahn, deren zehn Inversionen die weltweite Messlatte um zwei Stufen nach oben katapultierte.

Die kompakten 850 Schienenmeter des Colossus

Zehnmal kopfüber

Unten: Offene Züge laden zu einem intensiven Spektakel ein

Links: Der 30 Meter hohe First Drop führt direkt in den Vertikallooping (rechts)

Zehnmal kopfüber, und das bei einer reinen Fahrzeit von gerade einmal 60 Sekunden. Vieles ist möglich, und der Rekord verlangt nicht einmal nach einer gigantischen Investitionssumme. Statt eines kostspieligen Prototypen oder einer Europapremiere, wie es die Besucher des Schwesterparks Alton Towers in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts gewohnt waren, wurde ein modifiziertes und äußerst kompaktes Standardlayout aufgeboten. Schon im Jahre 1998 eröffnete in Brasilien die Monte Makaya, eine Intamin Stahlloopingbahn mit minimalen Layout, welche insgesamt acht Überschläge bietet. Den damaligen "Rekordhalter" Dragon Khan im fernen Spanien konnte diese Bahn jedoch nicht vom Thron stoßen, schließlich war der Bolliger & Mabillard Loopingcoaster der weltweit erste mit acht Inversionen. 2002 entstand sogar eine identische Kopie der brasilianischen Bahn in Guatemala und zwei Modifikationen später war der Streckenverlauf von Colossus entworfen. Das Ingenieurbüro Stengel wurde bemüht, zwei zusätzliche Inversionen in den bekannten Acht-Looper einzubauen. Die finale Helix der Monte Makaya wurde gestrichen, dafür zwei Heartline Spins hinzugefügt. Derer bietet der neue Rekordhalter ganze fünf an der Zahl quasi in Folge.

Einen Innovationspreis gewinnt das Layout von Colossus nicht, doch die Fahreigenschaften überzeugen und vor allem die Präsentation der Bahn ist sehr gelungen. Statt den Loopingcoaster auf einer grünen Wiese aufzustellen, nahmen sich die Designer von Tussauds des Themas Atlantis an und erschlossen das Gelände mit steinernen Brücken, Tunneln und Wasserbecken mit stilvollen Ornamenten. Der Besucher ist Teil der Anlage und ist der Strecke so nahe wie sonst nie. Wenn die zwei Züge über die Köpfe hinwegrauschen, vergeht vor allem die Wartezeit wie im Fluge.

Für das äußere Design zeichnet sich der Themenparkconsultant John Wardley verantwortlich, dessen Handschrift auch die monumentalen Werke Nemesis und Oblivion im 300 Kilometer entfernten Alton Towers tragen. Trotzdem kann die aufwändige Ausgestaltung der Szenerie nicht über das einfallslose Trackdesign hinwegtrösten.

Innovation fand dafür an anderer Stelle statt, denn die Züge wurden einem kompletten Redesign unterzogen. Statt der nach außen hin geschlossen Wagen im Stile der Monte Makaya oder der früheren Lethal Weapon Pursuit in der Warner Bros. Movie World Germany wird das von den Intamin Megacoastern bekannte offene Chassis einschließlich modifiziertem Fahrwerk verwendet. Statt der Sitzschalen mit Lap Bar kommt ein komfortabler Sitz mit Kopfstütze und dem bei Loopingbahnen fast obligatorischen Schulterbügel zum Einsatz. Wie schon bei den Zügen der Intamin Megacoaster Expedition GeForce oder Goliath ist der Fußraum etwas beengt, doch ansonsten ist der Zug ergonomisch gestaltet.

Colossus aus der Luft

Fahrerlebnis

Links: Airtime Hopser - Rechts: Eine der beiden Corkscrews

Einsteigen und losfahren! Bügel herunterziehen, den Gurt am Bügel einrasten und schon kann der Kettenlift seine Arbeit verrichten. 30 Meter geht es hinauf und von dort oben ist das übersichtliche Design der Anlage gut erkennbar: Colossus präsentiert sich als längliches Oval mit der Station und dem Lifthügelan einer der beiden äußeren Längsseiten. Es folgen die als Linkskurve ausgestaltete Abfahrt und ein Vertikallooping. Ungewöhnlich für eine Loopingbahn schließt sich ein kleiner Airtimehügel an.

Der Zug taucht durch einen Tunnel und überfliegt ein Wasserbecken, dann leitet eine Cobra Roll eine Richtungsumkehr ein. Schon dreimal über Kopf, schließen sich zwei im Drehsinn gleichgerichtete Flatspins an. Deren Ausgang führt unterhalb des Lifthügels. Eine weitere Linkskurve, fast parallel zum First Drop gelegen, befördert den Zug zur gegenüberliegenden Längsfront der Anlage.

Was nun folgt, ist einzigartig: Hintereinander reihen sich vier Heartline Spins aneinander, welche den Zug pausenlos um die Längsachse drehen, die Herzen der Mitfahrer fast gänzlich auf einer waagerechten Line belassend. Die Schiene nebst Fahrwerk und Chassis winden sich permanent um diese Herzline. Querbeschleunigungen werden somit minimiert. Statt dessen ist der Schulterbügel pausenlos in Aktion. Der Fahrgast hat in der Überkopfposition jedes Mal das Gefühl, wie ein Stein gen Boden zu fallen. Schließlich drückt nicht wie bei den vorab absolvierten Inversionen eine Zentrifugalkraft die Insassen in den Sitz. Die Stahlnetze unterhalb der Fahrstrecke kommen nicht von ungefähr, schließlich soll das Publikum auf dem angrenzenden Gehweg vor Brillen, Handys und sonstigen losen Gegenständen verschont bleiben.

Die Heartline Spins lassen die Überkopffahrt überaus deutlich bewusst werden. Und dem nicht genug: Nach viermaligem Kopfüber schließt sich eine Kehrtwende an, dem die letzte, mit gerade einmal mit rund 40 Stundenkilometern durchfahrene Inversion folgt - wieder ist es einer dieser Heartline Spins. 90 Sekunden Fahrspaß mit einem effektivem Thrilloverkill von einer Minute - gemessen vom Ausgang des Lifthügels bis zur Schlussbremse - findet in der sanften Magnetbremse ein Ende.

Herzrollen im Überfluss - gleich fünfmal dreht sich die Welt um die Längsachse

Fazit

Fakten zur Colossus

Loopingbahn mit den meisten Inversionen weltweit - gleich zehnmal geht es kopfüber

Gesamthöhe

30,5 Meter

Schienenlänge

850 Meter

Max. Geschwindigkeit

72 km/h

Inversionen

10: Vertikalloooping, Cobra Rolle, Corkscrew (2x), Heartline Rolle (5x)

Fahrtzeit (Start bis Stillstand)

55 Sekunden

Fahrzeuge

2 Züge mit je 7 Wagen, 4 Plätze pro Wagen

Hersteller

Intamin, Wollerau, Schweiz

Betreiber

Thorpe Park, Chertsey, Surrey, England

Eröffnung

22. März 2002

• Link zur Webseite des Thorpe Parks

Links: Der Zug im zweiten Heartline Spin

Zehn Inversionen in 60 Sekunden, das macht durchschnittlich alle sechs Sekunden eine Überkopffahrt. Dies belastet den Kreislauf, und zusätzlich sorgt eine in Relation zu den Radien überdurchschnittlich hohe Geschwindigkeit für entsprechend hohe Beschleunigungswerte. Colossus fährt sich dabei etwas rau. Dann und wann sind leichte Vibrationen zu verspüren - die Spurweite ist mit 750mm eine der kleinsten für Loopingbahne dieser Größenordnung. Schläge vom Schulterbügel wie bei Loopingbahnen aus dem Hause Arrow oder Vekoma sind jedoch nicht zu befürchten. Das Fahrwerk ist derart gestaltet, dass Seiten- und Gegenräder durch eine Feder-Elastomerpufferung eng am Schienenrohr anliegen. Zusätzlich sind alle Räder über Exzenterbüchsen nachstellbar, damit ein Rad mit leicht abgenutzer Radbandage gleichermassen an der Schiene anliegt wie ein brandneues. Alles in allem eine runde Sache.

Bis heute hält Colossus den Inversionsrekord. Ein weiterer Zehner-Loopingcoaster, quasi eine Colossus Kopie, von Intamin in China konnte den Rang nicht streitig machen.


Text: Coastersandmore - jp
Bilder: Coastersandmore

Editorial  |   Ride Insights  |   Visit the Parks  |   General Topics  |   Coaster Basics  |   Shop  |   Links  |   About
Über das Web-Magazin: Impressum, Nutzungsbedingungen und weitere Informationen

Copyrights 2000-2017 - Kontakt zu den Autoren: mail@coastersandmore.de