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Wild Train im Erlebnispark Strasswalchen |
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Links: Rasante Helix - rechts: Die
höchste Abfahrt der Wild Train |
Erlebnispark Strasswalchen - noch nie gehört?
Angesichts der Größe des Parks ist das kaum verwunderlich, wenn man
nicht in Salzburg oder Umgebung wohnt oder zufällig dort seinen Urlaub
verbringt. Dabei ist das Areal für einen Familienpark recht aufwändig
gestaltet, der orientalische Themenbereich mit dem 3D-Kino und dem liebevollen
Sindbad-Darkride sogar ungewöhnlich opulent. Und die größte
Attraktion ist ein richtiger Knaller: Wild Train, eine speziell für den
österreichischen Park angefertigte Familienachterbahn des russischen
Hersteller Pax.
Vom Parkplatz aus fällt der Blick direkt nach links auf
den First Drop der 18 Meter hohen Bahn. Doch um diese zu erreichen,
führt der Weg zunächst durch den rechten Parkteil und die
Westernstraße - Dies ist der langen aber stellenweise recht schmalen
Grundfläche des Parks und der Platzierung des Eingangs direkt in der Mitte
geschuldet. Steht man dann vor der Anlage, mag man kaum glauben, dass der
Parcours tatsächlich von einem Zug gemeistert werden kann: Die
Camelbacks wirken irgendwie - falsch, die Kurven zu eng, und der gesamte
Schienenverlauf wie ein Knäuel aus Stahl. Und die Abstützung des
ersten Hügels direkt hinter dem First Drop auf einem Trapez, das von der
stählernen Liftstruktur herabhängt, ist auch mehr als kurios.
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Panorama der Wild
Train von links nach rechts: First Drop, abgehangener Camelback, 400°
Aufwärtshelix, Drop, kompakter Teil mit engen Kurven und extremen Airtime
Hügeln |
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Wenn man schon einmal hier ist, kann man die Bahn ja auch
einmal ausprobieren. Und wundert sich direkt darüber, dass es
zusätzlich zu den individuellen Schoßbügeln auch noch
Gurte gibt. Das mag man zunächst für etwas übertrieben halten,
wird sich aber in Kürze eines Besseren belehren lassen müssen.
Zügig wird der noch zahme Zug mittels leistungsstarker Reibradmotoren den
steilen, 18 Meter hohen Lift hinaufbefördert. Der dann folgende, als
Rechtskurve ausgestaltete First Drop oberhalb der Go-Kart Halle ist noch
relativ unspektakulär.
Der flache Camelback danach hat es aber bereits in
sich. Für eine Familienachterbahn ist die Airtime hier schon recht
ausgeprägt, und die Mindestgröße von 120 Zentimetern für
die Mitfahrer gilt schließlich auch bei deutlich zahmeren
Marienkäferbahnen, wie sie sonst (nicht nur) in vergleichbaren
Freizeitparks zu finden sind. Dazu kommt das Gefühl, der Zug müsse
gleich zwangsläufig mit der nachfolgenden Helix kollidieren.
Die 400° Aufwärts-Helix linksherum bietet
nur eine kleine Verschnaufpause, welche durch Beinahekollisionen mit der
Stützstruktur gewürzt wird. Dann geht es richtig zur Sache: Es folgt
zuerst eine steile Abfahrt mit einem beängstigenden Headchopper-Effekt
unter der Schiene hindurch. Der tapfere kleine Zug scheint sich nicht immer
rechtzeitig ducken zu können, betrachtet man die Blessuren und
Zahnlücken im leicht zornigen Gesicht der Lokomotive.
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Rechts: Vor märchenhafter "Kulisse"
macht die Airtime doppelt Spass |
Es schließt sich ein extrem parabelförmig
ausgebildeter Camelback an, auf dem der Zug buckelt, als wolle er sich seiner
Mitfahrer entledigen. Hier und kurz vorher im Drop nach der Helix ist die
Airtime so intensiv, dass die Fahrgäste besonders in den hinteren
Reihen ohne Rückhaltesystem gnadenlos senkrecht aus dem Sitz geschossen
würden. Nur zur Erinnerung: Der Wild Train ist eine
Familienachterbahn, kein 50 Meter hoher Megacoaster der Marke
Intamin.
Nun umrundet der Zug ein kleines Schloss in einer weiten
Linkskurve, taucht mit einem weiteren Headchopper in einen Drop,
durchfährt eine Rechtskurve, meistert einen weiteren Airtimehügel und
kehrt in einer Linkskurve nach gerade einmal 300 Streckenmetern
äußerst rasant in die Station zurück.
So ungläubig man zunächst vor der Bahn gestanden
hat, so ungläubig ist man nun angesichts der vergangenen halben Minute.
Fünf mal Airtime, von intensiv in der ersten Reihe bis unfassbar für
eine solche Bahn im letzten Sitz. Die Standardversion des Wild Train im
französischen Parc St. Paul hat schon mit seiner Airtime auf dem
First Drop überrascht, mit der customized-Variante im Erlebnispark
Strasswalchen hat Pax das Konzept auf eine völlig neue Ebene
gehoben. |
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Impressionen der Wild
Train |
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Der kleine Zug zieht seine Wagen mit
gehörig Tempo über die Hügel |
Die Betreiber des Erlebnisparks Strasswalchen haben
den Begriff "Familienpark" so interpretiert, dass für jedes
Familienmitglied Attraktionen vorhanden sein sollen, und nicht jede Attraktion
von jedem Familienmitglied fahrbar sein muss. So wollte man eine
Achterbahn bauen, die auch und gerade Teenagern Thrill bietet. Daher hat
man bei verschiedenen Herstellern angefragt und sich letztlich für
Pax entschieden, die die grundlegenden Ideen des Parks in ein
individuelles Layout umgesetzt haben.
Dazu kam, dass der russische Hersteller die solideste Anlage
zum besten Preis-Leistungsverhältnis angeboten hat - Stützen und
Tragrohre des Wild Train sind für eine Achterbahn dieser
Größe ungewöhnlich massiv, alleine die beiden
Hauptstützen, an denen das erste Drittel des Parcours mittels Kragbalken
abgestützt ist, haben einen Durchmesser von 1,15 Metern. Diese
ungewöhnliche aber zweckmässige Aufständerung war notwendig, um
die darunter liegende Attraktion - eine überdachte Go-Kart Piste - der
Wild Train nicht opfern zu müssen.
Fakten zur Wild Train |
Airtimereichste Familienachterbahn
der Welt mit extrem kompaktem Layout |
Gesamthöhe |
18
Meter |
Schienenlänge |
300 Meter |
Max. Geschwindigkeit |
48 km/h |
Fahrzeuge |
1 Zug mit 7 Wagen; 2 Plätze pro Wagen |
Hersteller |
Pax, Moskau, Russland |
Gesamtkosten |
1,1 Millionen Euro |
Betreiber |
Erlebnispark Strasswaldchen, Salzburg,
Österreich |
Eröffnung |
23. April 2005 |
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Link zur offiziellen
Webseite des Erlebnispark Strasswalchen |
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Pax hat ein Layout geschaffen, welches für die
beengten Verhältnisse im Erlebnispark Strasswalchen das Optimum
herausholt: Der Reibradlift wurde kurzerhand zum Viergurtträger
umfunktioniert, der hauptsächlich von einer massiven Rundrohrstütze
getragen wird. Kurios: Der dem First Drop folgende Camelback ist
einzig und allein auf einem Trapezrahmen abgestützt, der frei tragend von
der Liftschiene abgehangen wurde.
Im Endeffekt hat sich der Moskauer Hersteller Pax
jedoch als nicht unproblematische Wahl herausgestellt. Zwar ist man bis auf
Kleinigkeiten mit der Qualität der Bahn mehr als zufrieden, doch werfen
dubiose Vorgänge in Russland einen Schatten auf den Hersteller. Ein
Investor hat für ein Wohnbauprojekt Ansprüche auf das begehrte
Firmengelände zwischen Flughafen und Moskauer Innenstadt angemeldet - und
die Angestellten des Unternehmens mit bewaffneter Security ausgesperrt.
Vladimir Gnezdilov, der Präsident von
Pax, hat im Sommer 2007 die daraufhin angestrengten Prozesse gewonnen
und kann seit Herbst wieder im eingeschränkten Rahmen produzieren.
Ersatzteile mussten in dieser Zeit seitens der Strasswalchen Betreiber
anderweitig beschafft werden. Es bleiben dann doch Zweifel an der
Zuverlässigkeit des Vertragspartners.
Natürlich gibt es auch an der Bahn selber Dinge zu
bemängeln. Den First Drop in Richtung Park zu führen anstatt
in Richtung Parkplatz wäre das i-Tüpfelchen gewesen, und der
Farbanstrich mit dunkelblauer Schiene auf orangefarbenen Stützen
hätte ruhig etwas dezenter ausfallen können, um sich besser in das
Gesamtbild des Strasswalchen Erlebnisparks einzufügen. Darüber
hinaus kann der Wild Train aber nicht laut genug gelobt werden: Eine
kurze, aber knackige und abwechslungsreiche Fahrt mit Airtime deluxe,
welche die kleinsten Mitfahrer nicht überfordert und auch gestandene
Coasterfans selbst bei der zehnten Wiederholungsfahrt noch beeindruckt. Einzig
die Unzuverlässigkeit des Herstellers kann der Grund dafür sein, dass
diese eierlegende Wollmilchsau nicht längst in jedem zweiten Park zu
finden ist. Vom Fahrerlebnis für die Besucher hätte sie es mehr als
verdient. |
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Der kompakte Teil der
Wild Train mit seinen viermaligen Airtime Erlebnispunkten im Fokus |
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Text und Bilder: Coastersandmore - jp |
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