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						Raptor - In den Klauen des Flugwesens |  
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						  | Rechts: Blick von Unten auf die Zero-G-Roll |  Vier Jahre nach Intamins Prototyp Furius Baco in Port
						Aventura hat am Anfang April 2011 nun auch die B&M´sche Variante des
						Wing Coasters Flügel bekommen. Im Rahmen eines mehrere Anlagen
						verschiedener Bauarten umfassenden Deals mit dem schweizerischen Hersteller
						spendierte die Merlin-Gruppe dem Gardaland seine sechste Achterbahn. Die Merlin Studios, die Kreativabteilung der Merlin
						Entertainments Group, hat im April 2009 vier Konzeptstudien entwickelt und
						einer Besucherumfrage unterworfen. Die Muttergesellschaft des Gardaland hatte
						für ihren Park von Anfang an eine Thrillattraktion im Sinn. Allerdings war
						ein Launch-Coaster von vorneherein ausgeschlossen, da es derartige Achterbahnen
						bereits in weiteren italienischen Parks wie Mirabilandia, Rainbow MagicLand und
						Miragica gibt. Für einige Beteiligte überraschend hat sich die
						Mehrheit der Besucher aber nicht für einen Flying Coaster, sondern das
						Wing Coaster Konzept ausgesprochen. Nach Testfahrten auf Furius Baco stand
						schnell fest, dass er nicht von Intamin stammen würde. Nun ist die Anlage
						Teil eines Paketdeals mit B&M, der dem Heide Park eine kleine Diving
						Machine und dem Thorpe Park für 2012 ebenfalls einen Wing Coaster
						beschert. 
						
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						  | Der ausladende Zug auf dem Lifthügel und in der Zero-G-Roll |  Im November 2009 gab es grünes Licht für das
						Projekt. Die Arbeiten haben am 12. Juli 2010 begonnen, und am 29.09.2010 wurden
						die ersten der 76 Schienensegmente installiert. Der Schienenschluss erfolgte
						noch im gleichen Jahr und seitdem tragen insgesamt 200 Fundamente die 770 Meter
						lange Strecke. Während sonst normalerweise die Achterbahn innerhalb
						weniger Wochen installiert wird, fanden im Gardaland der Aufbau und die
						Thematisierung parallel statt. Somit war die mit dem Aufbau betraute Firma B L
						Hopkinson Constructional Engineering Ltd. insgesamt 66 Tage vor Ort. Mehr als
						zwei Monate vor Saisonbeginn starteten Ende Januar 2011 die Testfahrten, womit
						sichergestellt war, dass Raptor zur Eröffnung am 1. April für die
						Parkgäste zur Verfügung stehen konnte. Insgesamt waren mehr als 25
						Unternehmen an der Planung und Errichtung der Achterbahn beteiligt. Die zugrundeliegende Geschichte handelt von einer
						Flugkreatur, die jahrhundertelang im Boden unter dem Gardaland geschlafen hat
						und bei den Bauarbeiten zu der neuen Achterbahn geweckt wurde. Dieses Thema
						scheint fest in Merlins Kreativabteilung verankert zu sein, denn auch im Thorpe
						Park und in Alton Towers findet sich dieses Konzept maximal in leichter
						Abwandlung immer wieder. Dem Parkbesucher ist dies jedoch egal wenn er
						versucht, das Biest zu zähmen, aber stattdessen von dessen Klauen erfasst
						wird. Mit bis zu 28 Opfern im festen Griff startet der Raptor zu seinem Flug
						über Landschaft und Seen. |  
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						  | Der Gitterrahmen ist das letzte Near Miss |  
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						  | Blick aus dem Kontrollraum in die Station |  Für die neue Attraktion am Gardasee wurde eine
						Wasser-Themenfahrt geopfert und das Gelände komplett umgestaltet. Das
						Areal ist nun als von Zäunen umgebener Sicherheitsbereich aufgemacht und
						erinnert optisch stark an Jurassic Park. Das Stationsgebäude ist als Labor
						gestaltet, in dem die Kreatur gefangen gehalten werden soll, während ein
						großer Teil der Strecke über einem künstlichen Sumpf
						verläuft. Dabei lag der Schwerpunkt bei der Gestaltung von Anfang an nicht
						auf der Achterbahn an sich, sondern auf Spezialeffekten. Insgesamt sechs
						verschiedene Near Misses vermitteln dem Mitfahrer das Gefühl, mit einem
						Hindernis zu kollidieren, um dieses dann doch knapp zu verfehlen. Dazu kommen
						Wassereffekte und eine subtile Beschallung des Areals.  Dieses wird von einem zentralen Platz dominiert, der
						über ein großes Portal erreichbar ist. Über dem Portal befindet
						sich nicht nur ein Schild mit dem Namen der Attraktion, sondern auch ein Teil
						der Fahrstrecke. Vom Vorplatz aus lässt sich beinahe die gesamte Fahrt
						verfolgen - so werden auch die Nichtfahrer in die Attraktion eingebunden. Zur
						Rechten führt eine Brücke über die Schiene und mündet in
						einen Weg, der weiter durch die Anlage zur Westernstadt hinunter führt.
						Zur Linken befindet sich die Station, an deren Außenwand
						Schließfächer für größeres Gepäck vorhanden
						sind - kleinere Objekte können in der Station abgelegt werden. Geradeaus
						beginnt der Wartebereich, an dessen Eingang sich der obligatorische Testsitz
						findet, aber auch die aktuelle Wartezeit angezeigt wird. Der Wartebereich
						führt durch mehrere Teilbereiche, ist jedoch fast vollständig von
						Maschendrahtzaun umgeben. 
						
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						  | Die neuen Bügel sind sehr bequem, ergonomisch aber noch
							 nicht ganz ausgereizt |  Vor der Station kommen die reguläre Warteschlange, die
						Warteschlange für Einzelfahrer - übrigens die erste in Italien - und
						der Eingang für Besitzer des kostenpflichtigen Gardaland Express Passes
						zusammen. Hier werden zwei Gruppen zu je 14 Personen gebildet, die über
						zwei Treppen in den Lade- und Entladebereich gelangen. Am Fuß der Treppe
						gibt es kleine Gepäckablagefächer, die vom Personal motorisch
						betrieben werden, sodass die Passagiere des anderen Zuges nach der Fahrt keinen
						Zugriff darauf haben. Da immer nur eine Zugladung Fahrgäste in das Herz
						der Station vorgelassen wird, gibt es keine Möglichkeit, sich eine der
						sieben Reihen auszusuchen. Aus visuellen Gründen ist das auch nicht
						notwendig, denn der Reihenabstand von ca. zwei Metern bietet nicht nur mehr als
						genug Freiraum, sondern auch eine sehr gute Sicht von allen Plätzen.  Doch nicht nur die Dimension des Zuges - er ist etwas
						über 15 Meter lang und sechseinhalb Meter breit - fällt ins Auge,
						auch die Gestaltung ist ausgesprochen aufwändig ausgefallen. Denn es
						wurden nicht nur die ohnehin vorhandenen Abdeckungen passend zum Thema bemalt,
						sondern pro Zug insgesamt 98 Dekorationselemente gestaltet und verbaut. So
						fühlt sich der Fahrgast, wie von der Storyline gewünscht, von dem
						Flugtier erfasst und an seinen Klauen hängend ausgeliefert. Dazu
						trägt auch das neue Bügelsystem bei, das ähnlich dem neuen
						Arrangement von Vekoma gestaltet ist. Von oben schwenkt an zwei Rohren ein
						Bügel herunter, der die Oberschenkel auf den Sitz drückt und der
						über einen Gurt gesichert wird. An dem Bügel ist eine flexible Weste
						angebracht, die sich wie ein Hosenträger an den Fahrgast anpasst.
						Ähnlich einem Gurt im Auto kann sich der obere Teil der Weste aus einem
						Behälter abrollen, wird jedoch vor Fahrtbeginn arretiert. Das System
						erweist sich bezüglich des Komforts als sehr angenehm, ist ergonomisch
						jedoch noch nicht völlig ausgereift. Denn die beiden Halterohre sind
						stellenweise so weit nach außen gebogen, dass zwischen den Rohren der
						benachbarten Sitze kein Platz bleibt, damit sich beide Passagiere auf derselben
						Höhe festhalten können. |  
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						  | Gesamtansicht der Anlage mit dem Zug im Flat Spin |  Derart gesichert beginnt die Fahrt mit einer Linkskurve auf
						den 33 Meter hohen Lifthügel, der als klassischer Kettenlift ausgebildet
						ist. Dieser benötigt etwas über 20 Sekunden, um den bis zu 18 Tonnen
						schweren Zug auf seine Ausgangshöhe zu befördern. Es folgt eine
						gerade, 30 Meter hohe und maximal 65 Grad längsgeneigte Abfahrt über
						den Hauptweg des Westernbereichs Rio Bravo, an deren Ende eine
						Maximalgeschwindigkeit von 90 Stundenkilometern steht. Dann führt die
						Strecke aufwärts, dem natürlichen Hang hin zur Familienachterbahn
						Mammut folgend, um mit einer linksgerichteten Steilkurve wieder in Richtung
						Station gelenkt zu werden. Nach diesem kleinen Ausflug im Out&Back-Stil aus
						dem Kernbereich der Raptors hinaus kehrt das Raubtier zurück in sein
						angestammtes Gefilde. Hier steht mit einer 17 Meter hohen Zero-G-Roll die erste
						Inversion auf dem Programm, wobei die Ausdehnung des Zuges natürlich nicht
						auf allen Plätzen die absolute Schwerelosigkeit zulässt. Da sich die
						Schiene gegen den Uhrzeigersinn windet, werden die Fahrgäste auf der
						rechten Seite in den Sitz gedrückt, auf der linken Seite hingegen von der
						Weste aufgefangen. In keinem Element der Achterbahn wird der Unterschied in der
						Dynamik zwischen den Plätzen so deutlich wie hier. Wobei es eigentlich
						kein "gut" oder "schlecht" gibt, denn die Fahrt ist auf jedem Platz anders,
						aber auf keinem objektiv besser. Es fällt höchstens auf, dass die
						Sitze in den hinteren Reihen deutlicher spürbar vibrieren als vorne, das
						betrifft aber im Wesentlichen nur die ersten Streckenmeter bis zur Zero-G-Roll
						und ist darüber hinaus kein Vergleich zu Furius Baco. Der Bahn in Port
						Aventura muss man jedoch zugute halten, dass sie 50 Prozent schneller
						fährt als Raptor und in den langgezogenen Kurvenbögen bis zu 5g Andruckkraft
						generiert. Trotzdem erscheint die B&M-Variante massiver und die
						Eigenfrequenz des Stahlchassis wird glücklicherweise nicht derart
						ausgereizt wie bei der Variante von Intamin.  Die Ausfahrt aus dieser Fahrfigur geht nahtlos in eine aufsteigende Linkskurve über,
					    nicht ohne vorher das erste Near Miss zu absolvieren. Dieses besteht aus der Durchfahrt
					    durch einen zerstörten stählernen Wachgang. Die Linkskurve endet über
					    dem Eingansportal zum Innenbereich der Anlage und geht dort in eine gerade Abfahrt über,
					    die in Richtung auf das Kinderland mit dem das Mad House beherbergenden Baum zuführt.
					    Es schließt sich eine stark quergeneigte Linkskurve an, die dicht über dem
					    künstlichen Biotop verläuft und von neben dem Zug aufspritzenden Wasserfontänen
					    begleitet wird, die den Passagieren auf den linken äußeren Plätzen eine
					    kleine Erfrischung bescheren. Sehr elegant ist der Übergang von der Linkskurve in den
					    nur 10 Meter hohen Flat Spin, der den Zug wieder einmal gegen den Uhrzeigersinn dreht. Die
					    Kollision mit dem Fuß des Lifthügels verhindert eine bodennahe Rechtskurve, die
					    an einer Felswand vorbeiführt und die Fahrgäste auf der rechten Seite Bekanntschaft
					    mit einigen Wasserfontänen machen lässt. 
						
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						  | Links: Der Raptor durchfliegt den geborstenen Wachturm |  Es schließt sich eine Linkskurve an, die den kurzen
						Slalomabschnitt komplettiert. Im Bereich des Richtungswechsels durchfliegt der
						Raptor eine Öffnung in einem Felsen, in der Sprühnebel für eine
						weitere Abkühlung sorgt. Direkt danach überspannt die Strecke die
						Einfahrt in den erst vor wenigen Sekunden durchfahrenen Flat Spin. Am Ende der
						Linkskurve steht der Zug beinahe senkrecht, was sicherlich nicht nur den
						Fahrgästen in der ersten Reihe ganz recht kommt, die sich unmittelbar mit
						einem in der Mitte auseinandergebrochenen und aufgebogenen Wachturm
						konfrontiert sehen. Die gegen den Uhrzeigersinn gerichtete Torsion der Schiene
						setzt sich noch weitere 270 Grad fort, um mit der Inline Roll die dritte
						Inversion zu bilden, und führt innerhalb weniger Streckenmeter zu drei
						weiteren Near Misses. Das erste besteht aus einer rechteckigen Öffnung in
						der Stützstruktur, die auf dem Kopf stehend durchfahren wird. Direkt
						danach wird ein geborstener Baum durchquert, wobei der Zug wieder senkrecht
						steht, aber diesmal die rechte Seite gen Erdboden weist. Nur einen Augenblick
						später wird ein schräggestellter Fachwerkrahmen passiert, dessen
						Sprühnebel dem Ungetüm nach nur 40 Sekunden Flug Einhalt gebietet -
						je nach Form des Raubtiers variiert die Umlaufzeit um drei Sekunden. Die
						anschließende Magnetbremse beraubt den Zug des größten Teils
						seiner Energie. In zwei weiteren Etappen führt eine Linkskurve am
						Verschiebebereich für das Abstell- und Wartungsgleis vorbei zurück in
						die Station. |  
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						  | Bild links: Chris McCormack (Project Manager bei Merlin, links)
							 und Bruno Lancetti (Projektleiter Gardaland, rechts) |  
						
						  | Fakten zu Raptor |  
						  | Wing Coaster Variante der Schweizer
								Firma Bolliger&Mabillard im italienischen Gardaland |  
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								  | Höhe | 33
										Meter |  
								  | Schienenlänge | 770 Meter |  
								  | Max. Geschwindigkeit | 90 km/h |  
								  | Anzahl Inversionen | 3 |  
								  | Kapazität | 1000 Personen pro Stunde |  
								  | Fahrtzeit (Ausfahrt Lift bis Einfahrt Bremse) | 40 Sekunden |  
								  | Fahrzeuge | 2 Züge mit 7 Reihen, 4 Sitzplätze pro
										Reihe |  
								  | Hersteller | Bolliger & Mabillard, Monthey, Schweiz |  
								  | Betreiber | Gardaland, Castelnuovo del Garda, Italien |  |  
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						  |  Link zur offiziellen
							 Webseite des Gardaland |  
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						  |  |  Bis auf die niederfrequenten Vibrationen zu Fahrtbeginn
						bietet Raptor ein sehr laufruhiges Erlebnis, was insbesondere bei der
						großen Breite des Zuges hohe Anforderungen an die Schienenqualität,
						aber auch an die Konstruktion und Wartung des Fahrzeugs stellt. Aufgrund der
						hohen Dynamikvariationen zwischen den Plätzen kann man von den Fahrfiguren
						keine Wunder an Innovation erwarten, die die Grenze des Machbaren ausloten.
						Dafür steht aber Wiederholungsfahrten nichts im Wege, um verschiedene
						Positionen auszuprobieren. Dabei entdeckt man auch immer wieder neue Details
						entlang der Strecke. Insgesamt ist die Gestaltung der Achterbahn sehr stimmig,
						beginnend mit dem Eingangsportal zum Innenraum über den Wartebereich bis
						hin zum Infield der Anlage. Sie steht thematisch allerdings ziemlich isoliert
						dar und stört auch ein wenig das Bild in der bereits zuvor um die kleine
						Themenfahrt reduzierten Westernstadt. Zwar besteht der Wartebereich im Grunde
						aus mehreren Blöcken mit an sich langweiliger Zick-Zack-Wegeführung,
						doch passt dies erstaunlich gut zur Thematik der Attraktionen. Schade ist nur,
						dass es nur wenige Abkürzungen gibt, sodass man auch bei wenig Andrang
						einen recht weiten Weg vom Testsitz bis zum Stationseingang zurücklegen
						muss. Auch für die Zuschauer wird einiges geboten, da sich fast die
						gesamte Fahrt vom Innenbereich der Anlage aus beobachten lässt.
						Außerdem führt eine Brücke über die S-Kurven-Kombination,
						was trotz des Schutzgitters einige schöne Perspektiven auf die Strecke
						gewährt.  Raptor ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass es
						keine Rekorde braucht, um eine überzeugendes Erlebnis zu kreieren, denn
						auch eine Achterbahn ist eine Gesamtattraktion und damit mehr als ihre Hardware
						- die, um einem Missverständnis vorzubeugen, im vorliegenden Fall aber
						auch alles andere als schlecht ist. Schade ist nur, dass alle drei Inversionen
						in ihrer Art recht ähnlich sind und darüber hinaus in dieselbe
						Richtung drehen - etwas mehr Abwechslung hätte nicht schaden können.
						Aber obwohl es sehr viel dynamischere Fahrten gibt, punktet die 20 Millionen
						Euro teure Neuanschaffung des Gardalands aufgrund ihres Gesamteindrucks auf
						ganzer Linie. Da B&M mit seiner vierundsiebzigsten Achterbahn gezeigt hat,
						dass man trotz des ausladenden Zugdesigns auch auf kleiner Grundfläche
						einen stimmigen Wing Coaster implementieren kann, könnte das Konzept in
						Zukunft häufiger realisiert werden. |  
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				  | Text: Coastersandmore - jp - Bilder:
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