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Blick von der Bavaria in Richtung
Sankt-Pauls-Kirche |
Das Münchner Oktoberfest - oder die Wiesn, wie die
Einheimischen sagen - ist sicherlich das bekannteste Volksfest der Welt. Ab dem
22. September werden sich wieder die Fahrgeschäfte drehen und die
Festzelte füllen. Letztere sind, genau wie die Hotels in der
Landeshauptstadt, schon seit Monaten ausgebucht, schließlich werden wie
jedes Jahr um die sechs Millionen Besucher erwartet. Welche Vorbereitungen
für eine solche Großveranstaltung notwendig sind, soll anhand eines
Fototagebuchs dargestellt werden.
Dezember 2006: Die letzten Töne der Blaskapellen
auf dem Oktoberfest 2006 sind vor nicht ganz zwei Monaten verklungen, da
beginnen bereits die Vorbereitungen für die nächste Wiesn: Im
Amtsblatt der Landeshauptstadt München sowie im "Komet"
werden die Standplätze für das kommende Jahr ausgeschrieben.
31.01.2007: Anmeldeschluss! Beim Tourismusamt der
Stadt München, das unter der Leitung von Frau Dr. Gabriele
Weishäupl für die Planung und Durchführung des
Oktoberfests zuständig ist, sind 1374 Bewerbungen eingegangen. Sie
werden nach Sparten sortiert und nach einem festgeschriebenen System mit
Punkten bewertet. Zugelassen wird eine festgelegte Anzahl an Betrieben pro
Sparte. Sollte ein Beschicker absagen, so rückt der Betrieb mit der
höchsten Punktzahl auf der Warteliste in der jeweiligen Sparte nach.
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Andre Listing vom Tourismusamt der Stadt
München präsentiert die Planungssoftware |
April 2007: Die Entscheidungen sind gefallen. Dieses
Jahr werden 624 Betriebe zugelassen. Mit von der Partie sind unter anderem die
üblichen 14 Großzelte, 40 Fahrgeschäfte, 17 Belustigungen und
42 Auspielungen. Nun herrscht Hochbetrieb im Tourismusamt. Die zugelassenen
Betriebe wollen optimal auf dem 31 Hektar großen Vergnügungsareal
verteilt werden.
Während des zentralen Landwirtschaftsfestes, das alle
vier Jahre stattfindet, sind nur 26 Hektar bebaubar. Dann können ca. 100
Beschicker weniger zugelassen werden - was für die Betroffenen besonders
bitter ist, da einige Schausteller auf dem Oktoberfest bis zur
Hälfte ihrer Jahreseinnahmen erzielen. Aber auch andere
Logistikflächen wie ein Parkplatz direkt auf dem Gelände entfallen.
Nicht zuletzt ist die Verteilung der Betriebe auf dem Festplatz stark
eingeschränkt, sodass beispielsweise die drei Großachterbahnen in
der Schaustellerstraße quasi direkt nebeneinander platziert werden
müssen.
Zur Planung des Bebauung hat das Tourismusamt in
Zusammenarbeit mit der RIWA GmbH, Gesellschaft für
Geoinformationen, eine Event-Management-Software entwickelt. Darin werden alle
Bewerbungen mit Daten wie Art des Betriebs, Platzbedarf, benötigten
Anschlüssen etc. erfasst. Bei Bedarf lassen sich auch komplexe Grundrisse
der Betriebe erstellen. Ein Geländeplan mit Straßen und
Infrastruktur ist ebenfalls im Programm hinterlegt. Nun werden die Betriebe
verteilt, wobei stets darauf geachtet wird, dass ähnliche Angebote nicht
zu nah beieinander platziert werden. Am Ende des Vorgangs sind alle Betriebe
auf die knapp einen Kilometer lange Schaustellerstraße und die
Seitenstraßen verteilt.
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Tragstruktur eines Festzeltes |
Die Software bietet die Möglichkeit, verschiedene
Ebenen einzublenden und entsprechende Pläne zu exportieren. So erhält
die Feuerwehr beispielsweise eine Version, auf der Hydranten, Lichtmasten, die
Küchen der Festzelte und zur Orientierung geeignete Fahrgeschäfte
eingetragen sind. Ein Plan mit allen zugelassenen Betrieben dient als Grundlage
zur Ausweisung der Standplätze.
13.07.2007: Ab heute ist die Theresienwiese
als Baustelle ausgewiesen, und die ersten Transporte lassen nicht lange auf
sich warten. Während die Schausteller noch den ein oder anderen Platz vor
sich haben, beginnt bereits der Aufbau der 14 großen Festzelte am
Fuße der Bavaria. Dabei steht jedes Zelt exakt an seinem angestammten
Platz, denn die Fundamente und Anschlussleitungen sind fest verlegt. Tafeln vor
den angehenden Zelten zeigen minutiös den Zeitplan für die
bevorstehenden Arbeiten.
Entscheidend für den zügigen Aufbau ist die
Infrastruktur des Festplatzes. Unter der 42 Hektar großen
Theresienwiese liegen 43 Kilometer Stromkabel, die 160 Speisepunkte
während der Spielzeit mit ca. 3 Millionen Kilowattstunden Energie
versorgen. Auch die Erdgas- und Wasserversorgung ist über unterirdische
Leitungen direkt zu den Abnahmestellen sichergestellt. Die Betriebe auf dem
Oktoberfest werden rund 90 Millionen Liter Wasser und 200.000 Kubikmeter Erdgas
für Kochzwecke und Heizstrahler benötigen.
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Schon ab Mitte Juli ist die Wiesnkantine
geöffnet |
Bereits jetzt gut im Geschäft ist die
Augustiner-Wiesnkantine. Der kleine Verkaufsstand mit Biergarten ist
eigentlich zur Verpflegung der Arbeiter gedacht. Angenommen wird das Angebot
aber hauptsächlich von Anzugträgern aus den benachbarten
Bürogebäuden - die Wartezeiten für ein Mittagessen liegen nicht
selten bei 30 Minuten und mehr, die Warteschlange reicht etliche Meter
über die Straße. Die Kennzeichnung der gesamten
Theresienwiese als Baustelle scheint nicht zu helfen und auch die
anderen Schaulustigen nicht von einem Besuch beim Wiesn-Aufbau
abzuhalten.
26.07.2007: Die Grundgerüste der Festzelte
stehen. Dabei ist der Begriff "Zelt" eigentlich irreführend, denn mit dem
kleinen Partyzelt, das mit ein paar Heringen festgemacht ist, haben die
Konstruktionen kaum etwas gemeinsam. Mächtige Holzbalken bilden die
Grundstruktur, da Aluminium aus Feuerschutzgründen für das
Grundgerüst nicht zugelassen ist: Es würde im Brandfall schnell weich
und das gesamte Zelt instabil. Bei Holz mit den verwendeten Balkenquerschnitten
hingegen würde eine verbrannte Außenschicht als Schutz für den
Kern wirken und so die Standfestigkeit garantieren. Zu dieser trägt auch
die sturmsichere Verankerung der Holzbalken im Boden bei. Die notwendigen
Fundamente sind das Jahr über von Kies bedeckt und werden zum Aufbau
wieder freigelegt.
Acht der Zelte werden von dem Augsburger Unternehmen
Deuter bereitgestellt sowie auf- und abgebaut. Je nach Zelt
übernimmt der Verleiher auch die Dekoration sowie den Innenausbau, wie zum
Beispiel die Schreinerarbeiten für Fußböden, Galerien und
Podeste. Für diese acht Zelte sind insgesamt rund 1000 LKW-Ladungen
notwendig. Das Hippodrom gehört dem Festwirt Josef
Krätz, das Käfer-Zelt der Schreinerei Rauffer und
die Schottenhamel Festhalle, die Pschorr Festhalle Braurösl,
das Löwenbräu Festzelt sowie das Weinzelt dem
Unternehmen Pletschacher aus Dasing. Da die Zelte inklusive Auf- und
Abbau für das Oktoberfest vier Monate im Einsatz sind und sich
aufgrund der möglichen Schneelasten nicht für einen Einsatz im Winter
eignen, werden sie üblicherweise für den Rest des Jahres eingelagert
und instandgesetzt.
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Links: Die Schriftzüge auf den Zelten
sind riesig - Rechts: Der Innenausbau hat begonnen |
Bei den großen Festzelten gibt es prinzipiell drei
Konstellationen. In der ersten ist der Festwirt der Bewerber und er sucht sich
als Partner eine Münchner Brauerei. Dies ist beim Hippodrom, der
Fischer-Vroni, Käfer´s Wiesenschänke, dem
Weinzelt und dem Schottenhamel der Fall. In der zweiten
Konstellation, die bei dem Hofbräu Festzelt, der
Ochsenbraterei, der Augustiner Festhalle, dem Hacker
Festzelt, der Paulaner Festhalle "Winzerer Fähndl", dem
Löwenbräu Festzelt und der Pschorr Festhalle Bräurosl
vorliegt, ist die Brauerei die Bewerberin, die einen Festwirt
vorschlägt. Zuletzt gibt es noch das Schützenfestzelt und die
Armbrustschützen Festhalle, bei denen die jeweilige
Schützengilde die Bewerberin ist und einen Festwirt vorschlägt.
22.08.2007: Von außen betrachtet sehen die
Festzelte schon fast fertig aus, auch wenn für Feinarbeiten hier und da
noch Gerüste stehen. Der Schwerpunkt der Tätigkeiten liegt nun auf
dem Innenausbau. Überall wird gehämmert und gesägt, Bodenplatten
werden verlegt und die Küchen installiert. Hier und da verrät ein
Blick durch die Tür schon, wie es im Inneren in genau einem Monat aussehen
wird. Wenn man bedenkt, dass die Leuchtschrift oben auf der
Ochsenbraterei knapp zwei Meter hoch ist, werden die Dimensionen der
Bauwerke erst richtig deutlich.
Aus Sicherheitsgründen müssen die Seitenwände
der Zelte aus Holz gefertigt sein - Planen ließen sich aufschneiden und
sich so der Zugang zum Zelt nicht mehr kontrollieren. Im Gegensatz zum
restlichen Zelt ist der Boden in den Küchenbereichen aus Beton, da Holz
den Anforderungen an die Hygiene nicht genügen würde.
Um den Beton nach dem Oktoberfest einfach wieder
entfernen zu können, wird eine Kunststofffolie untergelegt. Auf dieser
werden die Leitungen und Rohre zu den Abnahmestellen verlegt und
anschließend einbetoniert. An anderer Stelle wird Asphalt verwendet: Die
Übergänge von den Straßen der Theresienwiese zum
Holzboden der Zelte müssen aus Sicherheitsgründen mit Rampen mit
einer gewissen maximalen Steigung versehen werden. |