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Expedition GeForce im
Überblick |
Das Stahlbauwerk ist hoch, sehr hoch - vor allem der
First Drop; die Stelle, wo sich alle zwei Minuten ein Zug mit bis zu 120
Stundenkilometern in die Tiefe stürzt. Gerade rauscht wieder einer gen
Boden. Mit dabei 28 Personen im Bann der Achterbahn. Viele haben die
Arme in die Höhe gerissen, einige kreischen, andere halten sich verkrampft
im Sitz fest. Expedition GeForce ist eine einmalige
"Bespaßungsmaschine".
Fassungslos steht der Informatikstudent Arnd
Ißler am Fuße des First Drop, der ersten Abfahrt, auf der es
rund 50 Meter in die Tiefe geht. Der 23-jährige Aachener ist beeindruckt,
nicht nur von dem Bauwerk. Arnd hat Höhenangst, schon die zweite
Stufe seiner Haushaltsleiter bereitet ihm Probleme. "Langsam hochgezogen
werden, dann in die Tiefe stürzen wie auf einem Schleudersitz - das kommt
nicht in Frage!" Dass er 24 Stunden später in der ersten Reihe des Zuges
sitzen würde, ein-, zwei-, drei-, viermal fährt und sogar selbst die
Arme in die Luft streckt, hätte er zu diesem Zeitpunkt nicht für
möglich gehalten.
Doch einer hat ihm gezeigt, wie er seine Angst vor der
Höhe in den Griff bekommt, der Diplom-Psychologe Marc-Roman
Trautmann vom Deutschen Flugangstzentrum. Arnd war einer von
28 Teilnehmern des ersten Anti-Angst-Achterbahn-Seminars des Holiday
Park Haßloch, welches am 21. Mai 2004 veranstaltet wurde. Die
Altersspanne der Teilnehmer reichte von der 16-jährigen Schülerin bis
zum 48-jährigen Industrietechniker. Angst vor der Achterbahn, Angst vor
der Expedition GeForce, hatten alle Teilnehmer - jeder auf seine
Art. |
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Links: Arnd Ißler in Begleitung
einer weiteren Seminarteilnehmerin |
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"Als wir immer häufiger von begeisterten
Fahrgästen gefragt wurden, wie man beispielsweise einen verängstigten
Partner ebenfalls in die Bahn locken könnte, lag der Gedanke für ein
Seminar gegen die Achterbahn-Angst gar nicht so fern", sagt Wolfgang
Schneider, der geschäftsführende Direktor des Holiday
Park. "Und wer Angst hat, kann sie verlieren!" Wolfgang Schneider
wird Recht behalten: Am Ende bleiben nur zwei Teilnehmer am Boden.
Marc-Roman Trautmann, mit Unterstützung des Kardiologen Dr.
Jürgen Kuschyk vom Universitätsklinikum Mannheim und des
Cheftechnikers der Expedtion GeForce, Wieland Kathe, hat ganze
Arbeit geleistet.
Für den Diplom-Psychologen ist die Expedition
GeForce Neuland, doch sieht er im Kern der Sache Analogien: "Die
Befürchtungen der Menschen sind der Flugangst sehr ähnlich. Wenn man
den Menschen bewusst macht, wie das Flugzeug - oder in diesem Fall die
Achterbahn - funktioniert, hat man schon halb gewonnen. Der Rest ist das
Überwinden des sogenannten inneren Schweinehundes."
Und die Ängste vor der Achterbahn sind vielfältig:
Es ist die Angst vor der Höhe, die Befürchtung eines
Entgleisen des Zuges, Herzinfarkt, Bügelversagen - eine Person hat sogar
Angst, dass sie auf der Achterbahn versterben könnte. "Eigentlich wisst
ihr, dass Achterbahn fahren ungefährlich ist, doch euer Gehirn hat die
stärkeren Argumente", sagt Marc-Roman Trautmann in seinem
Einführungsvortrag. Der quirlige Experte strahlt in die Menge, kritzelt
etwas auf den Flipchart, wirbelt umher, leistet erste
Überzeugungsversuche. "Keiner muss Achterbahn fahren, betrachtet es
einfach wie ein Wellness-Seminar!" Die Teilnehmer lernen, wie sie sich "der
Gefahr" stellen, woher ihre Angst kommt, und lernen zu hinterfragen, ob ihre
Angst Berechtigung hat. |
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Rechts: Holiday Park Techniker Wieland
Kathe erläutert die Technik der GeForce |
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Überzeugungsarbeit vom feinsten leistet auch Wieland
Kathe. Der sympathische Techniker des Holiday Parks wacht über
die 10.895 Schrauben der Expedition GeForce. Er kennt alle Einzelheiten
des Megacoasters. Den Seminarteilnehmern erklärt er in Blaumannmontur
äußerst anschaulich die verschiedenen Sicherheitseinrichtungen: Vom
stromunabhängigen Bremssystem mittels ausfallsicherer Permanentmagnete über
den hydraulischen Beckenbügel bis zum völlig
computerüberwachten Sicherheitssystem.
Die Seminarteilnehmer können Fragen stellen und sind
beeindruckt, dass die Expedition GeForce jeden Morgen einem aufwendigen
Sicherheitscheck unterzogen wird. Die Angst vor dem Bremsenversagen, Absturz oder
Herausfallen scheint ihnen schlagartig genommen. Ein Vergleich beeindruckt noch
mehr: Die Wahrscheinlichkeit, auf einer Achterbahn schwer zu verunfallen, liegt -
statistisch gesehen - etwa gleich hoch, als zehn Wochen hintereinander beim
Lotto den Jackpot (6 Richtige plus Superzahl) abzuräumen.
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Erster Kontakt mit der
GeForce |
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Doch die Ängste sind so vielfältig, so dass auch
der gesundheitliche Aspekt betrachtet wird. Der Kardiologe Dr. Jürgen
Kuschyk vom Universitätsklinikum Mannheim klärt über
potentielle Gefahren für das Herz auf. Wieder erfahren die allesamt
gesunden Teilnehmer, dass ihre Angst vor Herzinfarkten und Kammerflimmern
unberechtigt ist. Zur Risikogruppe der Fettleibigen oder der
Herz-Kreislauf-Geschädigten, denen der Arzt ausdrücklich von einer
Mitfahrt in jeder Achterbahn abrät, gehört keiner von ihnen.
"Ein kurzzeitiger Pulsschlag von bis zu 200 Schlägen pro Minute wäre
völlig normal und kann jeder gesunde Mensch verkraften", versichert der
Experte. "Achterbahnfahren ist von der Belastung vergleichbar mit einem
Squash-Spiel."
"Wie berechtigt ist meine Angst" - Eine Frage, die sich
viele der Teilnehmer zur Halbzeit des Seminars stellen. Der erste Kontakt mit
der Expedition GeForce lässt aber bei vielen das Herz höher
schlagen. "Hier und da war ein Puls von 140 zu messen", sagt Marc-Roman
Trautmann. Unter Begleitung von zahlreichen Kamerateams und der Presse ging
es am frühen Nachmittag zur Station der Stahlachterbahn. Testweise wurde
Platz genommen, die Bügel kritisch beäugt, Interviews gegeben.
Arnd, der Student mit Höhenangst, ist skeptisch.
Er sitzt in der ersten Reihe - rechter Sitz; da will er auch seine erste Fahrt
erleben. Noch blickt er aber ungläubig auf den steil aufragenden
Lifthügel, der innere Schweinehund ist noch nicht besiegt. Das Seminar
geht weiter... |
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Letzte Checks vor der Abfahrt |
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Marc-Roman Trautmann packt die Angst an der Wurzel.
Sieben Stunden lauschen die Teilnehmer gebannt ihm und den anderen Referenten.
Der Themenbogen reicht von Einführungen in die praktische
Muskelentspannung, bis zu Ideen aus der psychologischen Trickkiste, der Angst
eine Figur zu geben und dieser gedanklich einfach eine lächerliche rote
Nase aufzusetzen. Dann folgt die Stunde der Wahrheit: Allen Teilnehmern wird
nochmals Zeit gegeben, sich an die Situation vor Ort zu gewöhnen, ihre
Angst in Griff zu bekommen. Keiner wird gedrängt mitzufahren. Der Bahnhof
wurde gesperrt, jetzt entscheidet jeder für sich.
Arnd zeigt sich überzeugt: "Ich bekämpfe
gerade meine Angst und bin froh, dass ich nicht alleine bin - das gibt mir
Mut." Gerade stand noch Simone, eine weitere Teilnehmerin, neben ihm - die
Angst vor dem Herztod hält sie nun für unberechtigt. Und für den
Fall der Fälle ist der Defibrillator nicht weit. Rund ein Dutzend der
Beschäftigten des Holiday Park wurden für die fachgerechte
Benutzung der lebensrettenden, Stromstöße austeilenden Herzmaschine
extra geschult. Eingesetzt werden mußte das Gerät noch nie.
Neben Arnd sitzt ein Kameramann vom
Nachtmagazin der ARD-Tagesschau mit Motorradhelm und eingebauter
Kamera - Arnd sitzt ganz vorne: Erste Reihe, rechter Platz, da wo er
schon am frühen Nachmittag testweise Platz genommen hatte. Er ist sich
seiner Ängste bewusst, wirkt angespannt, wird jedoch mit seiner Situation
fertig.
Zwei Plätze bleiben vorläufig leer, einen nimmt
Parkdirektor Wolfgang Schneider ein. Dann setzt sich der Wagenzug in
Bewegung. Die einen klatschen, um sich Mut zu machen, die anderen kreischen -
in der Gruppe ist man stark. Aufwärts, 30 Sekunden später
abwärts, 82 Grad, fast senkrecht geht es in die Tiefe. 60 Sekunden dauert
der High-Speed-Trip, dann rauscht der zehn Tonnen schwere Zug in die
Bremsen.
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Von links nach rechts: Aufstieg -
erste Fahrt - Folgefahrt |
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Es ist geschafft: "Einfach nur geil, die Bahn ist schlicht
der Hammer!" Arnd ist begeistert, obwohl er sich noch krampfhaft im Sitz
festhielt. "Vor allem die langsame Auffahrt war ein Problem, doch der
Kameramann hat mich mit seinen Fragen abgelenkt", sagt der Student.
Höhenangst hat er immer noch, doch die Angst vor der Bahn ist gebannt.
"Die Argumente und Erklärungen, warum wir Ängste entwickeln und wie
wir diese loswerden können, haben mich fasziniert. Marc-Roman Trautmann
hat es geschafft!" Arnd fährt wieder und wieder, mit ihm der
Großteil der anderen Teilnehmer. "Die Achterbahn macht ja richtig
Spaß", hört man an anderer Stelle.
Angst vor der Achterbahn darf jeder haben, eine
Achterbahn spielt regelrecht mit den Emotionen der Mitfahrer, doch die Angst
bekommt man in den Griff. 26 Teilnehmer haben es gelernt, die Erfolgsquote des
ersten Anti-Angst-Achterbahn-Seminars im Holiday Park
Haßloch liegt bei stattlichen 93 Prozent. |
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