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Achterbahnbremsen - Von der Reib- zur Wirbelstrombremse

Mechanische Reibbremsen findet man weltweit überall auf Achterbahnen

Viel wird geschrieben über Antriebe bei Achterbahnen, die Höhe oder Steigung eines Lifthügels ist ein genauso beliebtes Werbemittel wie ein leistungsfähiger Abschuss. Im Gegensatz dazu wird das andere Ende der energetischen Nahrungskette ziemlich stiefmütterlich behandelt. Dabei sind sie für eine Achterbahn mindestens genauso wichtig: Die Bremsen.

Ein Achterbahnzug erhält zu Beginn der Fahrt durch einen Lifthügel oder einen Katapultmechanismus ein bestimmtes Energiepotential, um die folgenden Streckenmeter ohne eigenen Antrieb zu absolvieren. Die Geschwindigkeit und die Haltemöglichkeit einer gravitationsbetriebenen Achterbahn wird durch Bremssysteme kontrolliert, welche an speziellen Punkten des Schienenparcours installiert sind. Durch den Einsatz einer vollautomatischen Steuerung können mehrere Züge gleichzeitig auf einem Achterbahn-Rundkurs eingesetzt werden. Selbst wenn ein Zug durch einen Defekt plötzlich zum Stehen kommen sollte, garantiert die Steuerung aus redundanten SPS (SpeicherProgrammierbare Steuerung) in Verbindung mit dem Bremssystem, dass die Züge nicht einander auffahren.

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Realisiert wird dies durch lineare, etwa ein bis zwei Meter lange Bremsmodule, welche zur Geschwindigkeitsreduzierung sowie als Stopp- und Haltebremse eingesetzt werden. Nahezu auf jeder modernen Achterbahn findet sich die mechanische Reibbremse, welche Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde. Die klassische Bremse besteht aus zwei Bremsschuhen, welche durch eine permanente Federkraft auf die typischerweise unter den Wagen angebrachten Bremsschwerter drücken. Das Schwert sticht dabei in einen von den Bremsschuhen gebildeten Spalt. Die Bewegungsenergie des Zuges wird durch das physikalische Prinzip der Coulombschen Reibung in Wärme umgesetzt, der Zug verliert an Geschwindigkeit. Die Wahl der Reibpaarung, also die Materialwahl von Bremsschuh und Bremsschwert, bestimmt die Bremsperformance wie auch den Verschleiß der beiden aufeinander gleitenden Materialien. Bei deaktivierter Bremse werden die Bremsschuhe mechanisch auseinandergedrückt.

Seit dem Beginn der Verbreitung der Stahlachterbahn, welche in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts ihren weltweiten Siegeszug antrat, wurden die Kreationen schneller und die Züge schwerer. Zwar ist die Entwicklung der mechanischen Reibbremse seitdem kaum fortgeschritten, doch vermag sie als einzige, einen Achterbahnzug auf abfallender Strecke komplett zu stoppen und in der Position zu halten. Auch wenn sich die Entwicklung in den letzten Jahren auf magnetische Wirbelstrombremsen fokussiert hat, sind die linearen Reibbremsen bis heute ein nicht wegzudenkendes Sicherheitsmerkmal einer jeden Achterbahn.

Basiswissen der mechanischen Reibbremse

Rechts: Das Bremsschwert durchsticht die Bremsmodule

Physikalisches Reibungsmodell nach Coloumb

Das Fahrzeug wird durch den physikalischen Effekt der kinetischen bzw. statischen Reibung zwischen zwei festen Körpern verzögert oder gehalten. Dieser Effekt wird quantitativ durch das Gesetz der Coloumbschen Reibung beschrieben. Die kinetische Reibung betrachtet zwei Körper, welche sich gegenseitigen berühren und sich gleichzeitig relativ zueinander bewegen. Dadurch entsteht eine Reibkraft, welche in die entgegengesetzte Richtung der Bewegung zeigt.

Eine Kraft ist ein Vektor, hat also eine Richtung und eine Stärke - den Betrag. Bei der Erläuterung der Reibung ist es sinnvoll, den Kraftvektor in zwei Komponenten zu zerlegen. Die eine Komponente ist die Normalkraft Fn, mit der Bremsschwert und Bremsschuh aufeinandergedrückt werden. Die andere Komponente ist die Reibungskraft Fr, die senkrecht auf der Normalkraft steht und zu dieser proportional ist: Fr = Fn x µ .

Die Faktor µ wird als Reibkoeffizient bezeichnet. Sein Größe hängt von der Materialkombination der beiden Festkörper unter bestimmten Voraussetzungen ab. Der Reibkoeffizient ist abhängig von der Andruckkraft, der relativen Geschwindigkeit, der Temperatur und der Schmierung der beiden aufeinander reibenden Oberflächen. Der Bremsvorgang generiert Reibung, welche sich in der Erwärmung und dem Verschleiß der beiden Körper äußert. Für das Bremsschwert wird üblicherweise ein gehärteter Stahl verwendet, während die Bremsschuhe mit auswechselbaren Reibbelägen aus Bronzelegierungen ausgestattet sind.

Entwicklung der mechanischen Reibbremse auf Achterbahnen

Auf der Rutschebanen im Tivoli Kopenhagen bedienen Bremser einen Hebelmechanismus am Zug, um dessen Geschwindigkeit zu kontrollieren. Dabei werden mittels Muskelkraft Bremsschuhe auf entlang der Schiene installierte Reibplanken aus Holz gedrückt.

Technisch gesehen ist eine Achterbahn nichts anderes als eine Maschine, die ständig kinetische Energie in potentielle Energie umwandelt und umgekehrt. Dabei wird dem Zug zu Beginn der Fahrt eine gewisse Energiemenge zugeführt. Entweder wird er durch eine Kette, Reibräder oder ein Stahlseil einen Lifthügel hinaufgezogen oder mittels Katapultantrieb abgeschossen - der Effekt auf den Energiehaushalt ist der gleiche. Während einer Abfahrt wird der Zug auf Kosten seiner potentiellen Energie schneller, bei einer Auffahrt zu ihren Gunsten langsamer. Gäbe es keine Reibung, dann hätte der Zug am Ende der Fahrt genauso viel Energie wie zu Beginn. Daher ist es wichtig, die Energiemenge des Zuges zu kontrollieren. Dabei gilt selbstverständlich der Energieerhaltungssatz: Energie kann nicht vernichtet werden, sie lässt sich nur von einer Erscheinungsform in eine andere umwandeln. Üblicherweise wandeln Bremsen Bewegungsenergie in Wärme um - im Auto, beim Fahrrad, aber auch bei einer Achterbahn.

Achterbahnen haben ihren Ursprung in russischen Eisrutschbahnen. Die hölzernen Gerüste wurden in den Städten im Winter mit Wasser übergossen und ermöglichten ein eisiges Rutschvergnügen. 1884 entwickelte Thompson die erste sogenannte Gravity Switch-Back Railway und beschrieb seine Erfindung in einer Patentschrift. Diese beinhaltet einen Bremsmechanismus, der es ermöglicht, die Geschwindigkeit während der Fahrt zu kontrollieren und das Fahrzeug in kritischen Situationen komplett zu stoppen. Diese Notwendigkeit ergab sich daraus, dass Thompson die Fahrdynamik nur beschränkt vorherbestimmen konnte, da ihm sowohl die Erfahrung als auch physikalische Berechnungsmethoden fehlten. Folglich fuhr der Zug immer zu schnell über den Parcours, um zu garantieren, dass er auch tatsächlich sein Ziel erreichte.

Jackmans Patenschrift der Skid Brake (Bild rechts) in der Umsetzung auf einer der ältesten Stahlachterbahn der Welt im niederländischen Freizeitpark De Waarbeek

Thompson setzte auf eine Fahrzeugbremse, die von einer Person im Zug über einen Hebel betätigt wurde. Ein Mechanismus presst dabei Bremsschuhe auf eine entlang der gesamten Holzschiene installierten Reibplanke. Aufgrund der dabei entstehenden Reibung wird ein Teil der Bewegungsenergie des Zuges in Wärme umgesetzt, der Zug wird langsamer. Heute ist diese Methode auf den weltweit neun verbliebenden Scenic Railways im Einsatz, so zum Beispiel auf der Rutschebanen im Tivoli Kopenhagen.

Im Jahre 1904 verlegte Jackman die Bremsmechanik vom Zug auf den Schienenparcours und beschrieb seine Erfindung mit den folgenden Worten: "Eine bestimmte Anzahl hintereinander angeordneter Bremsmechanismen, jeweils bestehend aus einem Paar länglicher Balken, sind derart mit einem Mechanismus versehen, dass sie auf- und abfahren können. Im hochgefahrenen Zustand besteht eine Kontaktmöglichkeit mit einem an der Unterseite des Zuges befindlichen Reibfläche. Der Mechanismus wird von einem Operator bedient, der mittels eines Hebelmechanismus die Bremsbalken per Muskelkraft gegen die Reibflächen des heranschnellenden Zuges drückte und so den Zug stetig verzögert."

Die sogenannte Skid Brake wird auf bestimmten, vorzugsweise geraden Streckenabschnitten verwendet, um den Wagen zu stoppen oder auf abschüssigen Abschnitten in einer sicheren Position zu halten. Dabei wird der nicht allzu schwere Zug regelrecht aufgebockt und die Räder verlieren den Kontakt zur Schiene. Eine derartige Bremse wird noch auf verschiedenen Holzachterbahnen in den USA eingesetzt. In Europa findet sich die Skid Brake auf einer der ältesten Stahlachterbahnen der Welt im niederländischen Freizeitpark De Waarbeek.

1910 verbesserte Miller die manuell betätigte Skid Brake durch den Einsatz eines horizontal beweglichen Balkens. Dieser bildet zusammen mit einem an der Schiene fest angebrachten Balken einen veränderlichen Spalt, durch den sich ein am Wagen angebrachtes Bremsschwert bewegt. Bei einem kleinen Spalt wird gebremst, bei einem breiten Spalt nicht - Die Urversion der mechanischen Achterbahnbremse war geboren, und das Prinzip ist auch 100 Jahre später in den verschiedensten Designs immer noch Standard. Millers Erfindung garantierte während des Bremsvorgangs den ständigen Kontakt der Laufrollen mit der Schiene. Bei Nässe war das System weitaus effizienter, weil ein Aquaplaning-Effekt wie bei der Skid Brake nicht auftreten kann, da das Wasser von den senkrechten Bremsbalken abzufließen vermag. Im Gegensatz zur Skid Brake kann Millers Erfindung nur auf geraden Streckenabschnitten eingesetzt werden.

Die Reibbremse im Detail

Links: Reibbremse von Bolliger & Mabillard in der Klemmenausführung - Mitte: Reibbelag aus Messing Bronze im Detail - Rechts: Das Gegenstück zum Reibbelag, gehärtete Stahlelemente am Backbone des Zuges

Heutzutage werden die ein bis zwei Meter langen mechanischen Bremsmodule auf Achterbahnen weltweit eingesetzt, um die Geschwindigkeit zu regulieren, die Züge vor dem Stationsbereich auf Schritttempo herunterzubremsen oder die Züge auf Blockbremsen zu halten.

Das logische Prinzip einer Achterbahn, mehrere antriebslose Züge gleichzeitig auf einem Rundkurs in Aktion zu erleben, ohne dass diese überhaupt sich einander zu nahe kommen können, wird durch sogenannte Blockabschnitte ermöglicht. Jeder Blockabschnitt ist durch kapazitive Näherungsschalter abgesichert, die Flaggen am Zug detektieren und somit unterscheiden können, ob der Zug den Schalter passiert hat oder nicht. Zudem findet sich vor jedem Blockabschnitt die Blockbremse, welche schließt, sobald ein Zug in den Abschnitt eingefahren ist und erst wieder öffnet, wenn dieser den Abschnitt verlässt. Jede Blockbremse ist mit einer bestimmten Anzahl an Bremsmodulen ausgestattet, die selbst im schlimmsten Falle den Zug zum Stillstand bringen können. Dieser Fall ist durch technische Zustände definiert: Bei der Auslegung wird der schwerste und schnellste Zug, in Kombination mit nassen und maximal verschlissenen Bremsbelägen, theoretisch betrachtet.

Im Bereich einer Blockbremse weist die Schiene üblicherweise ein Gefälle von bis zu 5° auf, sodass der Zug auch nach dem Stillstand aus eigener Gravitationskraft wieder durchstarten kann. Die Höhe gegenüber der Stationsbremse ist dabei derart ausgelegt, dass die Züge die Station aus eigener Kraft problemlos erreichen. Im Normalbetrieb, also wenn der folgende Block frei ist, sind die Blockbremsen vollständig deaktiviert. Da eine Blockbremse zwangsläufig an einem geraden Schienabschnitt angebracht ist, stört sie die Fahrdynamik auch dann, wenn sie nicht greift. Daher ist es das Ziel den Ingenieure, die Blockbremse möglichst kurz zu gestalten. Da die Bremswirkung einerseits technisch und andererseits durch die maximal auf die Fahrgäste wirkenden Kräfte begrenzt ist, darf die Höchstgeschwindigkeit des Zuges einen von der Länge der Blockbremse abhängigen Maximalwert nicht überschreiten. Eine Blockbremse wird üblicherweise mit einer gemäßigten Geschwindigkeit zwischen 10 bis 30 Stundenkilometern passiert. Dies ist ein weiterer Grund, warum Blockbremsen immer bei hohen Streckenabschnitten zu finden sind: Dort ist der Zug langsam.

Links: Die Stationsbremse von Venus in der japanischen Space World wartet auf den nächsten Zug - Rechts: Reibbremsen werden nach Katapultabschnitten dazu eingesetzt, um zu verhindern, dass der Zug bei einer Fehlfunktion des Katapulantriebes unkontrolliert auf der Strecke zum Stehen kommt.

Neben der Blockbremse besitzen Achterbahnen auch Reduzier- und Stationsbremsen. Die Stationsbremse wird als Stopp- und Haltebremse verwendet. Sie bremst den Zug kurz vor der Station auf Schritttempo herunter, damit dieser kontrolliert in den Stationsbereich einfahren kann.

Die Reduzierbremse agiert als Steuerungsbremse, etwa wenn ein Zug einen bestimmten Streckenabschnitt ausschließlich mit einer Maximalgeschwindigkeit passieren darf, da ansonsten die Beschleunigungskräfte für Passagiere und Material zu groß werden oder um den Abstand unterschiedlich beladener Züge zueinander zu regulieren. Eine Reduzierbremse kann beliebig auf offener Strecke, also auch durchaus in einem Tal oder auf einer Hügelkuppe, platziert werden, da die Bremse einen Zug nicht zum Stehen bringen kann. Die für die Mitfahrer unauffälligste Platzierung ist dabei in einer Auffahrt, da das Gehirn ohnehin erwartet, dass die Geschwindigkeit abnimmt. In einer Abfahrt wirkt eine Reduzierbremse jedoch einer erwarteten positiven Beschleunigung entgegen.

Es gibt steuerbare und nicht steuerbare Reduzierbremsen. Letztere üben immer die gleiche Bremswirkung auf einen Zug aus. Steuerbare Reduzierbremsen hingegen können an die vorherrschenden Bedingungen angepasst werden. Im einfachsten Fall werden sie je nach Witterungsbedingungen wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder Wind ein- oder ausgeschaltet. Es gibt aber auch komplexe Steuerungen, die die Bremswirkung in Abhängigkeit der Zuggeschwindigkeit regulieren. Da sich die Normalkraft, und damit die Bremskraft, nur mit viel Aufwand einstellen lässt, wird stattdessen die Dauer der Bremswirkung beeinflusst. Sobald der Zug auf seine Sollgeschwindigkeit heruntergebremst wurde, wird die Bremse gelöst. Damit ist eine äßerst exakte Steuerung möglich.

Friktionsbremsen auf Achterbahnen sind wichtige Sicherheitseinrichtungen. Damit der geschlossene Zustand auch im Falle eines Stromausfalls gewährleistet werden kann, ist die Bremsmechanik üblicherweise durch eine mechanische Feder vorgespannt. Diesen Zustand nennt man im Fachjargon "fail safe". Erste Erfindungen wurden 1947 und 1952 zum Patent angemeldet, wobei hier noch ein Gegengewicht verwendet wurde, um die Bremse permanent sicher zu schließen und die Bremskraft auf das Bremsschwert des Zuges aufzubringen. Damit der Zug die Bremse ohne Geschwindigkeitsreduzierung passieren kann, ist diese von einem Bediener zu öffnen. Erfinder Schmidt beschreibt in seiner Patentschrift einen luftdruckgesteuerten Aktuator, welcher von Eisenbahnbremsen inspiriert wurde und die notwendige Kraft aufbringt, um die Bremse gegenüber der Federvorspannkraft zu öffnen.

Links: Die exzentrisch gelagerte Reibbremse von Gerstlauer im Detail - Rechts: Im Einsatz auf einer Blockbremse von Typhoon im belgischen Bobbejaanland

Beide technischen Merkmale sind noch heute auf modernen Achterbahn-Reibbremsen zu finden. Wenn kein elektrisches Signal der durch die SPS überwachten Steuerung die Bremseinheit öffnet, bleibt diese geschlossen. Die dazu benötigte Energie wird durch mechanische Druck- oder Blattfedern oder auch geschlossene, permanente Luftdruckvolumen gewährleistet.

Seit 1970 dominieren Stahlachterbahnen die Freizeitparkindustrie. Über die Jahrzehnte hat das eingebrachte Ingenieurwissen zu grundlegenden Veränderungen geführt. Die Bahnen erreichen heutzutage durch präzise dynamische Berechnungsgrundlagen sowie deutliche Verbesserungen in der Schienenproduktion Geschwindigkeiten, wie sie noch vor fünfzig Jahren als undenkbar galten. Fuhren die Wagen auf den ersten Stahlachterbahnen mit Spitzengeschwindigkeiten von rund 60 km/h, ist heute die doppelte Geschwindigkeit Standard. Moderne Hochgeschwindigkeitsachterbahnen werden 2010 sogar Maximalgeschwindigkeiten von bis zu 240 km/h erreichen.

Neben der Geschwindigkeit hat sich das Gewicht der Fahrzeuge drastisch erhöht, damit die verschweißten oder verschraubten Fahrzeuge die Belastungen bei 5g in Tälern und Kurvenzügen sicher über die Fahrwerke auf die Schiene bringen und sich nicht zu stark verformen oder gar auseianderreißen.

Die Geschwindigkeits- wie auch Gewichtserhöhung bedeutet auf Seiten der Bremseinrichtungen einen drastisch erhöhten Bedarf an Bremsleistung. Heutige durchschnittliche Bremssysteme müssen die zehnfache Energiemenge umwandeln als zu Beginn der Ära der Stahlachterbahnen. Diese Entwicklung führte zum Einsatz von hochbelastbaren Bremsbelägen wie auch weiterentwickelten Bremssystemen. So werden stark belastete Bremsen zum Beispiel luftgekühlt, damit die bei der Bremsung entstehende Wärme die Beläge nicht zu stark erhitzt. Die Temperatur hat einen großen Einfluss auf das Verschleißverhalten der bevorzugt eingesetzten Bremsbeläge aus Messingbronze. Werden diese zu stark erhitzt, beginnt das Material plastisch zu fließen. Eine derartig belastete Bremse kann schon nach wenigen Betriebsstunden nicht mehr einsatzfähig sein. Eine Luftkühlung wurde auf Space Mountain im Disneyland Paris notwendig, wo alle 36 Sekunden ein Zug die Block- und Stationsbremsen passiert und die Reibbeläge aufheizt. In den ersten Wochen nach Eröffnung im Jahre 1995 waren die bronzenen Bremsbeläge durch den ständigen und hochfrequenten Energieeintrag nach wenigen Betriebswochen nahezu verschlissen. Die Luftkühlung minimierte den plastischen Verschleiß drastisch und ermöglichte eine annehmbare Standzeit der Reibbeläge.

Die verschiedenen Gestaltungsprinzipien des Bewegungsmechanismus heutiger Acherbahnbremsen und beispielhafte Benennung der Anwender

Links: Die Schlauchbremse von Vekoma sichert auf Reibradlifthügeln den Zug ab, sollten auf der Steigung die Reibräder durchrutschen (Mitte)

Moderne lineare Reibbremsen unterscheiden sich durch den eingesetzten Bewegungsmechanismus, welcher die auf den Bremsschuhen angebrachten Reibbeläge gegen das am Wagen angebrachte Bremsschwert drückt. Typische Ausführungen sind in der oberen Abbildung dargestellt.Die Bremsen werden durch pneumatische Aktuatoren gegen die Federvorspannkraft geöffnet. Prominentestes Gegenbeispiel ist Vekoma, deren Bremsen durch Luftdruck geschlossen werden. Dies setzt jedoch eine Redundanz im Pneumatikkreislauf voraus.

Die Kraft der Feder bestimmt die Bremskraft eines Bremsmoduls. Die Bremskraft ist von der Größe der Reibfläche unabhängig, nicht jedoch von der Anzahl der im Eingriff mit dem Zug stehenden Bremsmodule. Bei der Bremsung erfährt der Zug mit dem geringsten Beladungsgewicht und der langsamsten Eintrittsgeschwindigkeit den kürzesten Bremsweg. Gegenüber dem schwersten und schnellsten Zug sind Unterschiede in der Bremsdistanz von bis zu 60 Prozent keine Seltenheit. Durch den Einsatz von Sensoren auf der Bremsstrecke erkennt die Steuerung das Bremsverhalten des Zuges und kann noch während der Abbremsung Module öffnen, etwa wenn der Zug zu schnell zum Stehen kommen würde. Durch diese aktive Steuerung kann der Bremspunkt des Zuges optimiert werden, so dass dieser nicht langsam durch die Bremse rollen muss und wichtige Zykluszeit verliert.

Wirbelstrombremsen als magnetische Variante

1996 feierte die lineare Wirbelstrombremse ihren ersten Einsatz auf der Intamin-Achterbahn Lethal Weapon Pursuit in der deutschen Movie World. Vorher wurde sie auf den hauseigenen Giant Drop Freifalltürmen eingesetzt, um die Gondel aus dem freien Fall heraus auf Schrittgeschwindigkeit sicher abzubremsen. Entwickelt wurde sie von der InTraSys GmbH in München, die seit damals unangefochtener Marktführer bei derartigen Systemen für Fahrgeschäfte ist, in Zusammenarbeit mit Intamin.

Bei der linearen Wirbelstrombremse der Münchner werden in ihrer Polung alternierende Permanentmagnete einander gegenübergestellt und bilden einen schmalen, etwa 20 Millimeter breiten Luftspalt, in dem ein Magnetfeld mit in Fahrtrichtung sinusförmig abwechselnder Feldrichtung herrscht und in den das Bremsschwert eintaucht. Dabei sind die Magnete entweder am Fahrzeug oder an der Schiene angebracht. Bei der Racing Coaster Achterbahn in der Movie World waren die Magnete an der Schiene und das Bremsschwert am Fahrzeug montiert. Bei Bahnen mit geringer Maximalgeschwindigkeit oder vielen Fahrzeugen ist das die günstigere Wahl, da die Magnete deutlich teurer sind als die Bremsschwerter. Bei hohen Geschwindigkeiten und somit vielen Bremselementen in der Schiene ist es dagegen vorteilhafter, die Magnete am Fahrzeug anzubringen. Neben dem Kostenaspekt hat diese Variante den Vorteil, dass die bei der Bremsung erzeugte Wärme auf eine Vielzahl von Bremsschwertern verteilt wird.

Die berührungslose Wirbelstrombremse in Aktion

Auf Intamins Speed Monster im norwegischen Tusenfryd sind die Magnetmodule (Bild rechts) am Zug angebracht und bilden einen Luftspalt, in den an der Schiene befestigte Kupferschwerter eingreifen (Bild links)

Bei einer Magnetbremse wird im Bremsschwert ein Wirbelstrom erzeugt. Für die Entstehung des Wirbelstroms gibt es zwei Erklärungsansätze. Der eine, eher mathematisch-physikalische, basiert auf dem Induktionsgesetz und besagt, dass eine Änderung des magnetischen Flusses, von dem ein leitfähiges Objekt durchsetzt wird, eine Induktionsspannung zur Folge hat. Bei einer Wirbelstrombremse bewegt sich das Bremsschwert durch ein inhomogenes Magnetfeld, auf einen fixen Punkt auf dem Bremsschwert bezogen ändert sich das Feld also über die Zeit. Die dadurch erzeugte Induktionsspannung verursacht den Wirbelstrom.

Der zweite, anschaulichere Ansatz geht von der Lorentzkraft aus und soll hier anhand der Figur 1 erklärt werden. Diese zeigt einen Magneten einer Magnetleiste seitlich vom Luftspalt aus gesehen. Das Magnetfeld steht senkrecht auf der Zeichenebene, das Bremsschwert bewegt sich in Richtung des Pfeils v von links nach rechts. Die im Bremsschwert enthaltenen Elektronen bewegen sich daher ebenfalls von links nach rechts. Auf ein sich in einem Magnetfeld bewegendes Elektron wirkt die Lorentzkraft, die senkrecht auf dem Magnetfeld und der Bewegungsrichtung steht. Im Bereich des Südpols des Magneten in Figur 1 wird ein Elektron nach unten abgelenkt, im Bereich des Nordpols nach oben. Insgesamt wird ein Elektron also auf eine Kreisbahn gezwungen und es bildet sich der Wirbelstrom WS.

Ein Strom, also eine bewegte Ladung, hat wiederum ein magnetisches Feld zur Folge. Der Wirbelstrom erzeugt ein Magnetfeld, das senkrecht auf der Oberfläche des Bremsschwerts steht und dem Magnetfeld der Permanentmagnete entgegengesetzt ist. Die Figur 2 zeigt den Magneten aus der Figur 1 von oben gesehen. Zusätzlich ist das vom Wirbelstrom WS erzeugte Magnetfeld als kleiner Permanentmagnet dargestellt, da es die gleiche Wirkung wie ein solcher Magnet hat: Es übt eine Kraft auf die Permanentmagnete der Bremse aus. In der Figur 2 ist nur die abstoßende Kraft Fm zwischen den Nordpolen des vom Wirbelstrom erzeugten Magnetfeldes und des Permanentmagneten gezeigt. Diese schräg wirkende Kraft lässt sich in zwei Komponenten zerlegen: Eine Kraft FL in die Bewegungsrichtung des Bremsschwerts (und damit des Zuges) und eine Kraft FN senkrecht auf dem Bremsschwert. Die Kraft FN ist unerwünscht, da sie nicht zur Bremsung beiträgt, aber auf die Struktur der Bremse wirkt. Sie lässt sich jedoch nicht vermeiden. Die Kraft FL hingegen erzeugt die gewünschte Bremswirkung. In der Figur 2 nicht dargestellt sind die Kräfte zwischen dem vom Wirbelstrom erzeugten Magnetfeld und dem Südpol des gezeigten Permanentmagneten (eine anziehende Kraft, die ebenfalls eine bremsende Komponente hat) sowie dem Magneten auf der gegenüberliegenden Magnetleiste.

Figur 1 und Figur 2 zur Erläuterung des Funktionsprinzips der Wirbelstrombremse

Soweit zu der Frage, woher die Kraft kommt, die den Zug abbremst. Es bleibt noch zu klären, was mit der Energie passiert: Das Bremsschwert besteht aus einem leitenden Material mit einer begrenzten Leitfähigkeit. Für den Wirbelstrom stellt es somit einen ohmschen Widerstand dar. In einem stromdurchflossenen Widerstand wird eine "Verlustleistung" als Wärme abgestrahlt. Die abgestrahlte Leistung ist abhängig vom Quadrat der Stärke des Wirbelstroms und dem Widerstand des Leiters.

Die Bremskraft ist von der Geschwindigkeit des Zuges abhängig: Mit ansteigender Geschwindigkeit steigt die Bremskraft, erreicht dann ein Maximum und fällt schließlich bei weiter ansteigender Geschwindigkeit wieder ab. Bei welcher Geschwindigkeit die maximale Bremskraft auftritt ist eine Frage der elektrischen Leitfähigkeit des Werkstoffes des Bremsschwertes. Die Geschwindigkeitsabhängigkeit der Bremswirkung ergibt sich daraus, dass der Wirbelstrom im Bremsschwert umso größer ist, je schneller sich das Bremsschwert bezogen auf die Permanentmagnete bewegt. Mit stärkerem Wirbelstrom wird auch das von ihm erzeugte Magnetfeld und daraus die Magnetkraft Fm größer.

Im Vergleich zur mechanischen Reibbremse minimiert der Einsatz von Wirbelstrombremsen die Wartungs- und Servicekosten, da die Bremse frei von Verschleiß ist. Während des Bremsvorgangs berühren sich die Magnete und das Bremsschwert nicht. Außerdem setzt die Bremswirkung nicht schlagartig ein, sondern steigt an, je weiter sich das Bremsschwert in den Luftspalt hineinbewegt hat. Gegenüber den Vorteilen der Wirbelstrombremse stehen die zwei- bis dreimal so hohen Anschaffungskosten im Vergleich zur Reibbremse wie der Nachteil, dass eine Wirbelstrombremse bei Stillstand des Zuges keine Bremskraft generiert und somit bei extrem langsamen Geschwindigkeiten stark an Wirkungsgrad verliert und den Zug auf einem Gefälle im Gegensatz zur Reibbremse nicht halten kann.

Die Wirbelstrombremse ist ideal für hohe Eintrittsgeschwindigkeiten geeignet, etwa bei Reduzierbremsen. Heute werden auf Hochgeschwindigkeitsanlagen die Züge selbst bei Tempo 200 problemlos mit Wirbelstrombremsen verzögert. Eine klassische mechanische Reibbremse wäre dabei deutlich überfordert.

Durch den Einsatz von beiden Funktionsprinzipien auf einem Bremsabschnitt lassen sich die Vorteile der Technologien kombinieren: Zuerst fährt der Zug durch eine Anzahl Magnetbremsen, welche die Aufgabe haben, die Geschwindigkeit zu reduzieren, dann empfangen ihn mechanische Reibbremsen, welche den Zug auch komplett stoppen und auf einem abschüssigen Abschnitt halten können. Derartige Kombinationen finden sich bei vielen Achterbahnherstellern im Einsatz. Marktführer Intamin verzichtet jedoch auf die klassische Reibbremse und lässt den Magnetmodulen stattdessen Reibräder folgen, welche den Zug ebenfalls von Schrittgeschwindigkeit auf Tempo Null herunterbremsen und halten können. Somit ist es nicht erforderlich, an den Zügen zusätzliche Bremsschwerter zu installieren.


Text: Coastersandmore - jp
Bilder / Skizzen: Coastersandmore, Gerstlauer, Patentschrift 749,691

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