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blue fire - Launchcoaster im Europa Park |
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Moderne Launch Coaster waren der stromfressenden
Ressourcen wegen lange eine Domäne der amerikanischen Freizeitparks. Eine
Alternative stellte die Entwicklung des Hydraulikkatapults im Jahre 2002
dar, welche die Anschlusswerte auf ein Niveau einer großen Liftachterbahn
brachte. Langsam aber stetig entwickelte sich auch in Europa ein Markt der
Katapultachterbahnen, bis der Heide Park 2007 die erste derartige Anlage
in Deutschland realisierte.
2009 eröffnete der Europa Park, Deutschlands
Marktführer unter den Freizeitparks, seine eigene Interpretation des
Launch Coasters. blue fire stellt neben seinem durchzugsstarken
Katapultstart die Besucher des Europa Parks gleich viermal auf den Kopf.
Für die im maritimen Blau gehaltene
Stahlachterbahn wurde der zwei Hektar große Themenbereich
Island geschaffen, der sich geographisch treffend an den skandinavischen
Themenbereich mit seinem Fjord Rafting anschmiegt.
Über eine Holzbrücke führt der breite
Zugangsweg unter dem strömenden Wildwasserfluss hindurch. Der steinernen
Unterführung schließt sich ein großzügig angelegter
Vorplatz an, zu dessen Kopf die 60 Meter lange Abschussstrecke von blue
fire nebst Streckenparcours errichtet wurde. Der 32 Meter hohe
Vertikallooping sticht dabei besonders hervor. Die zehnte
Achterbahn im Europa Park führt, errichtet auf 130
Stützpfeilern, über und stellenweise durch eine stilisierte raue,
zerklüftete Felslandschaft. |
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Der LSM-Katapultstart
beschleunigt den Zug vor traumhafter Kulisse innerhalb von 2,5 Sekunden von 0
auf 100 Stundenkilometer |
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Rechts: Die finale 180°-Kurve
führt über eine bedrohliche wirkende Felskulisse |
Eine beschauliche Fischerdorfsiedlung mit Gastronomie und
Shoppingmöglichkeiten und typischen Fassaden aus Wellblech und Holz
lädt zum Flanieren ein. Überall finden sich schroffe, von Stauden
bewachsene Felsformationen. Insbesondere innerhalb der Achterbahn am
Fuße der höchsten Fahrfigur wurden diese platziert. Die breite
Wegführung des Themenbereiches folgt der früheren
Zufahrtsstraße des Parks, welche extra um 100 Meter verlegt wurde, um
für Island nebst zehn Hektar Erweiterungsfläche Platz zu
machen.
Weniger authentisch, dafür in kühl moderner
Glasoptik mit grasbewachsenem Dach, präsentiert sich rechter Hand vom
Vorplatz der Sponsor von blue fire. Mit einem Jahr Verspätung hat
die russische Gazprom zugeschlagen und die Warteschlange der
Katapultachterbahn teilweise vereinnahmt. Neben Werbe- und Imagefilmen
findet sich im Glaspalast eine Lounge mitsamt Schalke 04 Fanshop und
zwei Konferenzräumen.
Geysire oder authentisch wirkende brodelnde heiße
Quellen, ein weiteres Synonym der weltweit größten Vulkaninsel,
machen sich bis heute in der Europa Park-Interpretation von Island rar.
2010 wurde diesem Manko mit der Errichtung von Whale Adventures - Splash
Tours, einem Splash Battle aus dem Hause Mack, Rechnung
getragen. Hinter der Station des blue fire Megacoaster wurde ein
Bootssteg mit Leuchtturm und angrenzender Wasserfläche geschaffen. Kleine
Kutter fahren durch eine Hafenszenerie. Splashzonen, in denen selbst die
passiven Besucher durchnässt werden können, finden sich überall
um das Hafenbecken verteilt. |
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Loopingbahnen waren für den Europa Park
bis zum Jahre 2005 kein Thema. In Interviews unterstrichen die Macher um die
Familie Mack häufig, dass Loopings & Co zu wild für einen
Park für die ganze Familie wären. Doch bereits 2002 realisierte der
sonst auf Themenbereiche spezialisierte deutsche Marktführer die über
70 Meter hohe Thrillmaschine Silver Star der Schweizer
Consulting-Ingenieure Bolliger & Mabillard.
Die Achterbahn wurde ein voller Erfolg der aufzeigt,
dass die Besucher des Europa Parks sehr wohl Lust auf schnelle und
durchaus einschüchternd wirkende Attraktionen haben. Zur Eröffnung
von blue fire unterstreicht der Chef des Themenparks, Roland
Mack, diese Entwicklung: "Das ist es, was sich unsere Besucher seit langem
gewünscht haben."
Den initialen Vorschub für ein Loopingprojekt im
Europa Park schien schließlich das 300 Kilometer entfernte
Phantasialand mit seinem Inverted Coaster Black Mamba
gegeben zu haben. Als dort Anfang 2005 die Pläne für eine
gigantische Loopingbahn bekannt wurden, neben dem transportablen
Eurostar nach über 20 Jahren die erste herausragende neue
Looping-Attraktion in Deutschland, saßen die Planer im familieneigenen
Karussellwerk Mack Rides in Waldkirch bereits an den Zeichentischen.
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Der Zug im Twisted Horseshoe, der
höchsten Fahrfigur der Blue Fire |
Auch andere Anbieter wurden kontaktiert, um Entwürfe
für eine Katapultachterbahn zu skizzieren. Letztendlich blieb
Roland Mack seinen Wurzeln treu und verfolgte nicht wie beim Silver
Star die Projektvergabe an einen Dritthersteller.
Im Jahre 2009 wurde blue fire eröffnet. Eine
derart lange Planungs- und Entwicklungszeit für eine Achterbahn
dieser Größenordnung ist purer Luxus in der sonst so hektischen
Vergnügungsbranche. Typische Projektierungszeiträume für Anlagen
dieser Größe liegen üblicherweise bei einem bis anderthalb
Jahre.
Fakten zur Blue Fire |
Gelungen in Szene gesetzte
Loopingbahn, welche mit perfekt abgestimmten Zügen ein rundum
familienfreundliche Überkopffahrt bietet |
Schienenhöhe |
38
Meter |
Länge |
1056
Meter |
Max. Geschwindigkeit |
100 km/h |
Max. Bewschleunigung |
3.8g |
Inversionen |
4: Vertikallooping, 2 x Flatspin, Heartline Spin |
Netto-Fahrzeit |
125 Sekunden |
Fahrzeuge |
5 Züge mit 5 Wagen; 4 Plätze pro Wagen |
Kapazität |
1720 Personen pro Stunde |
Hersteller |
Mack Rides GmbH & Co. KG, Waldkirch,
Deutschland |
Betreiber |
Europa Park, Rust, Deutschland |
Eröffnung |
04. April 2009 |
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Link zur offiziellen Webseite des Europa
Parks |
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Dieser Luxus zahlt sich aus. Bis ins letzte Detail ist
blue fires Stahlkonstruktion durchdacht und hinsichtlich
Fertigungskosten optimiert worden. Besonders die Züge, eine komplette
Neuentwicklung im Hause Mack Rides, strotzen vor ergonomischen Details,
wartungsfreundlicher Bauweise und interessanten Ausstattungselementen. Wurden
bis dato in Waldkirch ausschließlich Familienachterbahnen wie
Powered- und Spinning Coaster , Water Coaster oder
Wilde Mäuse gefertigt, stößt die 100 Stundenkilometer
schnelle blue fire in gänzlich andere Dimensionen vor.
Verschiedene Ingenieurbüros und Lieferanten standen
Mack Rides zur Seite, um die spektakulärste und größte
Achterbahn der fast 230-jährigen Firmengeschichte auf die Beine zu
stellen: Das Ingenieurbüro Stengel optimierte das Layout nebst
Dynamik, Weiss Ingenieure aus Freiburg, ein langjähriger Partner
von Mack, führte die Tragwerksplanung der Bahn und des Bahnhofs
durch und zeichnete alle Stützen, und Intrasys aus München
lieferte das schlüsselfertige lineare LSM-Antriebssystem.
Insgesamt 600 Tonnen Stahl wurden in den eigenen
Fertigungshallen in Walkirch zu einem eleganten Trag- und Schienenbauwerk
verschweißt. Ein Zulieferer aus Frankreich zeichnete für die
präzise Biegung der Schienenrohre verantwortlich. 1050 Schienenmeter ist
der blaue Lindwurm lang und bietet neben den vier heutzutage gängigsten
Inversionsfiguren um Vertikallooping, Corkscrew (zweimal) und
Heartline Spin auch die Macksche Interpretation eines Top
Hats zu Beginn der Fahrt. Der Twisted Horseshoe bildet mit einer
Höhe von 38 Metern den absoluten Hochpunkt des Schienenabenteuers.
blue fire wurde zwar eigens für den Europa
Park entworfen, die kompakte Bauweise auf einer Grundfläche von gerade
einmal 170 mal 80 Metern nebst Platzierung der Stützenfüße auf
einem Höhenlevel lässt die Möglichkeit für Abverkäufe
an andere Freizeitparks jederzeit offen. So ist es bereits mit den
Wasserachterbahnen Atlantica und Poseidon und der
Familienachterbahn Pegasus geschehen. Bei ersterer wurde gleich die
gesamte Thematisierung an einen chinesischen Freizeitpark mitgeliefert.
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blue fire auf seiner
gesamten Breite von rechts nach links: Twisted Horseshoe, Corkscrews über
Felskulisse, Vertikalooping mit Durchfahrt, Blockbremse und zwei
Steilkurven |
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Links: Blick über den Hauptweg auf
die Gazprom Eventhalle |
Während das Herz des isländischen Themenbereiches,
die Loopingbahn, viele Jahre durchgeplant wurde, erscheint die Planung
von Island selbst etwas weniger Energie erfahren zu haben. Dies mag zum
einen damit zusammenhängen, dass der Bau der Achterbahn bereits vor
der Verlegung des Park-Zufahrtsstraße begann und letztendlich der
Themenbereich um die Achterbahn herumgebaut werden musste. Eine Integration der
Geschäfte und Lokalitäten wie bei Black Mamba im
Phantasialand fehlt, die zentrale Hauptachse führt nicht einmal auf
ein Schlüsselelement der Achterbahn zu, sondern auf die nachträglich
errichtete und optisch nicht nach Island passende Gazprom-Halle.
Zudem wird der sehr detailliert gestaltete Rundweg innerhalb der Achterbahn
fast gar nicht vom Besucher wahrgenommen. Dieser startet in der Gazprom
Lounge und endet hinter dem Ausgang von blue fire im toten Winkel
des isländischen Themenbereiches.
Die Mehrzahl der passiven Besucher wartet und beobachtet die
Achterbahnzüge von der Felsterrasse vor der Katapultstrecke, welche beim
Betreten von Island erster Anziehungspunkt ist. Hier präsentiert
sich ein Panorama, welches mit isländischem Flair wenig gemeinsam hat:
Gitterzäune der Warteschlange und die in zwei Metern Höhe aufgebockte
Bremsstrecke von blue fire bilden den zentralen Blickfang. Die
wunderschön vom Atelier Artistique du Beton gestalteten
Felsformationen unterhalb des Twisted Horseshoe geraten dabei fast
völlig ins Abseits.
Die Warteschlange beginnt am zentralen Vorplatz der Bahn und
führt seit 2010 über einen kleinen Holzsteg mit spritzigen
Wasserspielen in die Gazprom-Halle. Dort verkürzen beeindruckende
360°-Videoprojektionen die Wartezeit. Anschließend steuert die
Wegführung unter der Auffahrt des Horseshoe hindurch und
verläuft fast parallel zur Launch- und Bremsstrecke zu einem
Lagerhaus, in dem sich die Station und der kleine Darkride-Abschnitt
von blue fire befindet. Der frühere Wartebereich wurde zum bereits
skizzierten Rundweg umfunktioniert. |
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In komfortablen Einzelsitzen mit
neuartigem Beckenbügel geht es über den Rundkurs |
Im Innern des Stationsgebäudes versperren Kisten den
direkten Zugang zu den Einstiegstoren. Die Wartenden können sich
entscheiden, ob sie nochmals etwa 30 Minuten länger für die erste
Reihe anstehen oder den direkten Zugang zu den anderen neun Sitzreihen
wählen. Im Gebäude wird auch die neue Single Rider Line
zugeführt, die am gleichen Ausgangspunkt startet, jedoch nicht durch
die Gazprom-Halle verläuft. Im Minutentakt öffnet sich eine
wuchtige Holztüre und entlässt den modernen Zug in eine Art
Geheimlabor. Bis wir ebenfalls zum Versuchskaninchen werden, gilt es den extra
für blue fFire entwickelten 20-sitzigen Wagenverbund in Augenschein
zu nehmen.
Auf jedem der fünf offen gestalteten Niederflurwagen
befinden sich je zwei Doppelsitzreihen, bei denen die hinteren Sitze leicht
erhöht im so genannten Stadium Seating angeordnet sind. Von der
Stationsplattform geht es quasi ohne Stufe auf die Wagenebene. Auf
einzwängende Fußkästen, Bordkanten oder andere
Verkleidungselemente wurde verzichtet. Nur der Frontwagen präsentiert sich
mit einer GFK-Plastik.
Der Sitz ist das Kernstück der neuen Züge von
blue fire, der trotz Überschlägen mit negativen
Beschleunigungskomponenten in der Herzrolle ohne
Schulterbügel auskommt. Nach Maurer Söhne folgt auch
Mack Rides der neuen Entwicklung: Ein schlanker
Schoßbügel sichert die Besucher in äußerst
bequemen Schalensitzen. Der Bügel ist an beiden Seiten der Sitzsäule
auf Kopfhöhe angeschlagen und schwenkt nach Platzeinnahme manuell wie ein
Schulterbügel hinab. Die geschwungene, in rot gehaltene Sitzschale
ist ergonomisch komplett durchgestaltet. Sie verschafft sehr viel
Bewegungsfreiheit für den Oberkörper und bietet trotzdem einen
sicheren Seitenhalt durch seitliche Wangen. Eine hohe Kopfstütze
überragt jeden Fahrtgast und sorgt beim Katapultstart für gute
Unterstützung des Kopfes.
Ähnlich wie bei den Schoßbügeln von
Bolliger & Mabillard wird auch ein mittig angebrachter
Bügelgriff mit ergonomischer Armauflage eingesetzt. Durch im Griff
angebrachte Elektroden wird als besonderer Clou der Puls des Fahrgastes
während der Fahrt gemessen und über ein Display dem "Testobjekt"
mitgeteilt.
Jede Zugreihe ist zusätzlich mit einem
On-Board-Soundsystem und einer On-Board-Kamera ausgestattet. Letztere
ermöglicht den Kauf einer DVD nach Fahrtende, die neben den
enthusiastischen Gefühlsausbrüchen auch die in Echtzeit gemessene
Pulsfrequenz der Protagonisten abbildet. Auch bei dem Videosystem handelt es
sich um eine Eigenentwicklung und nicht etwas um das Produkt eines
Zulieferers. |
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Steilkurve über
den Panorama Rundweg |
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Mit rund 1g beschleunigt der LSM-Antrieb
des Zug auf Spitzengeschwindigkeit... |
Einsteigen, Bügel herunterziehen und losfahren: Nun
öffnet sich auch die Tür zum geheimen Höhlenlabor für uns
und führt den Zug vorbei an allerlei technischen Geräten, die von
audio-animatronischen Wissenschaftlern bedient werden. Der Zug vollzieht eine
180°-Wende und kommt auf einem geraden Abschnitt zum Stehen. Dampf tritt
plötzlich ringsum aus allen Fugen, die Höhle wird in rotes Licht
getaucht und ohne Vorwahnung schießt der Zug ins Freie: Zweieinhalb
Sekunden benötigen die linearen Synchronmotoren, um den zehn Tonnen
schweren Zug von null auf rund 100 Stundenkilometer Spitzengeschwindigkeit zu
beschleunigen. Mit bis zu 1.2g drückt es die Fahrgäste auf der 60
Meter langen Launchstrecke in die Sitze, vorbei an der Felsterrasse,
vorbei an der Gazprom-Halle und durch einen Felstunnel, wo sich die
Vorschubkraft langsam in eine vertikale Kraftkomponente umwandelt. Der Zug
steigt in die Höhe und presst sich in eine immer steiler werdende
Schienenwand, welche im Horsehoe endet.
Mühelos erklimmt der Zug den ersten Hügel, der
sich in einer weiten Linkskurve Richtung Himmel zieht. In 38 Metern Höhe
wartet eine enge Steilkurve mit Schieflage von etwa 80° auf die
Fahrgäste. Der Zug vollzieht hier seinen Richtungswechsel mit
gefühlten 20 Stundenkilometern. Ohne viel Nervenkitzel, Airtime
oder Schwerelosigkeit gleitet der Wagenverbund in die Abfahrt. Ein Top Hat
wie auf anderen Bahnen dieses Kalibers hätte für mehr Thrill
gesorgt, doch blue fire bleibt stets eine Bahn für die ganze
Familie: Die maximale Vertikalbeschleunigung liegt gerade einmal bei 3.5g -
andere Loopingbahnen sorgen mit 5g und mehr für
Kompressions-Schocks. Das Spiel der Beschleunigungen ist nicht so wirkungsvoll
und spritzig wie bei den Mitbewerbern. Doch gerade wegen ihrer Ausgewogenheit
bleibt blue fire stets fahrfreundlich für jedermann.
Dafür wird visuell gerade in der Abfahrt und der
nachfolgenden Einfahrt in den Vertikallooping einiges geboten: Der Zug
fällt förmlich in Richtung der isländischen Kraterlandschaft.
Der schnell näher kommende Tunnel am Fuße der ersten Fahrfigur wirkt
viel zu eng für den Zug und die scharfkantigen Felsen scheinen das
Geschoss nahezu aufschlitzen zu wollen. Kurzzeitig wird es dunkel um den
Fahrgast, um sich anschließend der Steilwand des 32 Meter hohen
Vertikalloopings zu stellen. Fast schon behutsam rotiert der Wagenverbund durch
den Hochpunkt des Looping. Die Schiene verschwindet geradewegs im
Himmelblau, bis der - nun auf dem Kopf stehende - Europa-Park in unser
Sichtfeld rückt - eine gänzlich neue Perspektive.
Der Horizont rotiert stetig weiter, bis der Zug abermals den
Boden nahezu berührt und am Stationsgebäude mit seiner Wartungshalle
vorbeischrammt. Es folgt eine kleine Anhöhe, auf der die Schiene waghalsig
wie auch spürbar um die Längsachse rotiert und in eine bodennahe
Rechtskurve geworfen wird - dabei wird das wahre Potential der Bahn kurzfristig
spürbar. Schließlich geht es wieder steil nach oben in die an der
Rückfront der Anlage aufgeständerte Blockbremse. Kurioserweise
ist in der Einfahrt zur horizontal platzierten Bremse die Airtime kurzfristig
am ausgeprägtesten. |
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Links: Fahrspektakel in toller
Kulisse |
Die Blockbremse ist notwendig, um den hohen Durchsatz
von blue fire von 1720 Personen pro Stunde zu ermöglichen. Rund
alle 45 Sekunden kann ein Geschoss auf die Strecke geschickt werden. Bis zu
vier Züge sind simultan im Einsatz.
Auf dem Bremsplateau in 20 Metern Höhe wird der Luxus
von blue fire sichtbar: Statt absenkbaren Magnetbremsen,
Reibrädern oder einer Armada an mechanischen Bremsen ist die
gesamte Plattform mit elektromagnetischen Statoren ausgestattet. Statt den Zug
voran zu bewegen, können die linearen Elemente kurzgeschlossen werden und
wirken so als schaltbare, aber dennoch berührungsfreie Magnetbremse.
Die zweite Hälfte des blue fire Abenteuers
startet mit einem steilen Drop in die Tiefe in eine leichte Rechtskurve.
Die schroffe Felsformation zwischen Horseshoe und Vertikallooping
stellt sich dem Zug nun ein zweites Mal in den Weg. Wieder drückt sich der
Zug durch einen engen Tunnel und wirft sich nach links in den ersten
Korkenzieher. Der Europa Park steht wieder auf dem Kopf. Es folgt eine
bodennahe 200°-Rechtskurve durch einen engen Canyon hindurch, in deren
Rechtsdrall es direkt durch den zweiten Korkenzieher geht. Die gleiche
Fahrkombination der beiden Corkscrews wurde bereits beim Intamin
Launchcoaster Maverick in Cedar Point umgesetzt und
erfolgreich in den Europa Park portiert.
Dem schließt sich ein Hügel mit Richtungsumkehr
durch den Vertikallooping an. Am Scheitelpunkt schwenkt die Schiene
behutsam von einer Rechts- in eine Linkskurve - dies hat man bei Mitbewerbern
deutlich spritziger in Erinnerung. In der nachfolgenden 270°-Kurve fliegen
die 20 Mitfahrer über den Boden, bevor der Zug in die "Heartline
Roll" eintaucht. Dabei rotiert die gerade Strecke um die imaginäre
Herzlinie der Mitfahrer und lässt den Wagen im Uhrzeigersinn um die eigene
Achse drehen. Dabei fühlt sich dieses Element so an, als sei die Herzlinie
vor der Berechnung der Schiene einige Zentimeter nach unten verrutscht, was die
Inversion überraschend intensiv macht. Positiv hier: Das
Bügelsystem ist fast gar nicht spürbar. Die
abschließende 180°-Kurve nebst Fotoanlage führt in die
Stationsbremse. |
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Einfahrt in die Stationsbremse |
blue fire ist eine Loopingbahn, welche fast
die vollständige demographische Besucherstruktur des Europa Parks
zum Mitfahren einlädt. Während der Katapultstart kräftig
daherkommt, bleibt der Beschleunigungsverlauf der nachfolgenden Schienenmeter
auf einem harmonisch angenehmen Level, ohne sich große Sprünge zu
erlauben und die Besucher an die Grenzen ihrer Belastbarkeit zu bringen.
blue fire ist nicht irgendeine auf Superlative getrimmte Thrillmaschine
mit knackiger Airtime und hohen G-Lasten, sondern ein bewusst
leicht gedrosselter Loopingcoaster für die ganze Familie. Dabei
unterstreicht das ruckfreie und sanft absolvierte Schienenabenteuer den
exzellent auf Ergonomie getrimmten Sitz: Kein Schulterbügel
versperrt die Sicht, kein Padding schlägt ans Ohr oder den Hals. blue
fire ist Luxus pur, wenn auch der ein oder andere Fahrgast sich ein
spritzigeren Beschleunigungsverlauf gewünscht hätte. Doch hätte
dieser sicher nicht in das erweiterte Konzept des Europa Parks
gepasst.
Die Integration in den Themenbereich Island dagegen
ist mit kantigen Zügen geschehen: Der ultra-kurze Darkride-Abschnitt wirkt
zusammenhangslos und im Vergleich zu ähnlichen Realisierungen der
Mitbewerber wie eine Staffage. Die elegant und trotzdem bedrohlich wirkenden
Felsformationen entschädigen durch ihre Interaktion mit dem Zug für
die ein oder andere Designlücke. Der Themenbereich ergänzt die
Attraktion, ohne qualitativ an deren Level heranzureichen. Trotzdem herrscht
viel Liebe zum Detail mit zahlreichen markanten Elementen, die als typisch
Isländisch ins Auge springen - doch irgendwie bildet sich kein in sich
stimmiges, harmonisches Gesamtbild. Dies soll jedoch nicht falsch verstanden
werden, denn es handelt sich um Jammern auf hohem Niveau.
Der vollmundig als Megacoaster angepriesene
Achterbahn blue fire zeigt deutlich, was in Waldkirch mit heutiger
Technik möglich ist. Der frühere Wagenbauer ist erwachsen
geworden.
Text: Coastersandmore - jp Bilder:
Coastersandmore
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