Mit ohrenbetäubendem Motorenlärm startete die
Weltpremiere des Vekoma Motorbike Coaster. Seit dem 27. Juli
beschleunigen die "Motorräder" des Booster Bike in
Kickstart Manier zum einmaligen Rennspektakel im Magic Forest, dem
neuen Themenbereich des Toverlandes im niederländischen
Sevenum.
Ständig auf der Suche nach neuen, adrenalinfördernden
Fahrerlebnissen entwickelte der bekannte Achterbahnhersteller Vekoma
eine moderne Hommage der Steeplechase Rides. Diese haben
bereits eine Tradition von über 100 Jahren. Die erste "Pferderennbahn"
wurde auf Coney Island in New York eröffnet. Zwei
Pferdechaisen aus Holz mitsamt der fest im Sattel sitzenden
Mitfahrer gaben sich dort ein gegenseitiges Kopf-an-Kopf-Rennen
auf parallel zueinander liegenden Schienenkursen. Weitere
Exemplare folgten, unter anderem 1976 in Knott's Berry Farm
in Kalifornien. Diese Variante wurde von der amerikanischen Arrow
Dynamics gefertigt und bot Motorradchaisen (!) anstatt der
Pferde. |
|
Links: Caroline Maessen, Direktorin des
Toverlandes, freut sich auf den High Speed Ritt |
|
Der Motorbike Coaster von Vekoma ist das
Resultat einer mehr als zweijährigen Konzeptions- und
Entwicklungsarbeit der Niederländer. Dabei wurde der
Klassiker Steeplechase nicht einfach kopiert sondern
konsequent zu einem modernen, spritzigen Produkt weiterentwickelt:
Heute sind es nicht mehr nur 30 sondern etwas über 70 km/h
und aus dem Wettrennen wurde eine gemeinsame Motorradhatz auf
einem von 16 stilisierten Motorrädern. Hohe Beschleunigungen
und extreme Querneigungen zeichnen das Potential des Booster
Bikes aus. Zusätzlich wurde die Sitzposition und das
Haltesystem derart optimiert, dass Personen mit einer Körpergröße
zwischen 140 Zentimeter und zwei Meter Größe problemlos
und sicher Platz finden.
Absolutes Highlight des knapp 600 Meter langen Lindwurms ist der
Katapultabschuss: Auf einer Horizontalstrecke von gerade
einmal 40 Meter wird der Zug in 2,8 Sekunden auf seine Höchstgeschwindigkeit
beschleunigt. Einem Vergleich mit der "Horse Power" von
richtigen Motorrädern hält dieser sogar (fast) stand.
An die Grenzen des technisch Machbaren reicht die Erstausgabe
des Motorbike Coasters jedoch längst nicht heran: "Beim
Booster Bike handelt es sich um eine Juniorausgabe unseren neuen
Achterbahnkonzepts - eben ein Fahrspaß für die ganze
Familie", erklärt Jo Nijsen von Huisman-Itrec,
dem Mutterkonzern von Vekoma. "Unser Hydraulikantrieb
ist noch längst nicht ausgereizt". Dabei ist das Booster
Bike nicht nur die Premiere des Motorbike Konzeptes, sondern
auch die erste Anlage von Vekoma Rides Manufacturing mit
einem Hydraulik-Launch.
|
Mit High Speed durch die Kurve |
|
Vergleichbare Katapultantriebe bot bisher nur die Schweizer Intamin
AG. Top Thrill Dragster im amerikanischen Cedar
Point ist der bekannteste Vertreter dieses Antriebssystems. Im
Gegensatz zur Neuenwicklung bei Intamin setzt Vekoma
auf eine im Off-Shore Bereich mehrfach bewährte
Antriebstechnik des Mutterkonzerns: "Es sind die selben
Motoren wie wir sie auch auf unseren Schiffen und Hochseekranen
einsetzen. Nur die Übersetzung des Getriebes zwischen den
Motoren und der Antriebsseilwinde wurde verändert. Statt des
Vermögens, Schwerlasten zu stabilisieren, benötigen wir
auf der Achterbahn pure Geschwindigkeit - Normalerweise laufen die
Systeme mit maximal fünf Meter pro Sekunde, beim Booster
Bike sind es 20 Meter pro Sekunde", erklärt Jo
Nijsen weiter.
Nach den magnetbetriebenen LIM und LSM Antrieben
gehört die Zukunft eindeutig den Hydraulik Aggregaten: "Die
Betreiber benötigen für den Fluidantrieb keine
aufwendigen Stromzuleitungen oder Umrichter, das Handling ist sehr
einfach", betont der Experte Nijsen. "Wo unser
LSM Coaster im Six Flags Holland über zwei Megawatt als
Lastspitze erreicht, benötigt die Pumpenanlage beim Booster
Bike nur 140 KW, also weniger als ein Zehntel." Die Rechnung
ist ganz einfach: Die Hydraulikpumpe arbeitet kontinuierlich und fördert
zwischen den Starts Öl in Drucktanks. Dadurch baut sich
langsam über die Zeit ein Energiepotential auf. Die Energie
wird dabei als Druck in einem kombinierten Stickstoff/Ölsystem
gespeichert. Das Gas wird derart komprimiert, dass es das Öl
nach Öffnen der Ventile schlagartig durch die Leitungen und
die Motoren schießen lässt. Somit kann der Zug
katapultartig beschleunigt werden. Die Motoren treiben über
eine Seilwinde einen Mitnehmerschlitten an, in den sich der Zug über
zwei Bolzen kurz vor dem Start einhakt und nach Erreichen der Höchstgeschwindigkeit
selbstständig löst. Für den Beschleunigungszyklus
werden rund 100 Liter Öl benötigt, die anschließend
im geschlossenen Leitungskreislauf von der Pumpe wieder in die
Hochdrucktanks gefördert werden.
|
Horseshoe |
|
Hinter den Hallen von Toverland, dem größten
niederländischen Indoorpark, erwartet den Besucher das
Stahlgebilde des förmlich zum Leben erwachten technischen "Monsters".
"Das Booster Bike ist eine rein technische Anlage gewesen,
die sich der Wald mittels Magie und natürlicher Kraft zurück
erobert hat", erklärt Arndt Grutke, der
verantwortliche Designer der Bahn von der deutschen Agentur goldorange.
So kann das Stationsgebäude beispielweise nicht mehr den großen
Schlingflanzen Einhalt gebieten. Ansonsten wirkt es zweckmäßig,
lässt jedoch eine ergonomische Zustiegsmöglichkeit
vermissen. Jeder Mitfahrer darf entweder beim Ein- oder Ausstieg über
eines der beiden stilisierten Motorräder klettern. Dieses
Manko wird durch die perfekt optimierte Fahrgastsicherung jedoch
mehr als aufgewogen. Nach Platzeinnahme - die Beine werden ein
wenig nach hinten gespreizt, die Füße auf einen Sockel
abgestützt und der Oberkörper nach vorn geneigt - wird
das Lenkrad stufenlos herangezogen und bewirkt durch eine
mechanische Kopplung das Herabsenken eines großflächigen
Bügels im Rückenbereich und die Fixierung der
Oberschenkel durch zwei weitere, separate Funktionsflächen.
Die Entwicklung des Bügelsystems wurde vom TÜV München
begleitet und bietet allen Körpergrößen eine
bequeme und sichere Fahrposition.
Ein kurzer Sicherheitscheck vom Personal, dann beginnt das High
Speed Abenteuer sportlich klassisch - Schon beim Verlassen der
Station heult das dezibelstarke Antriebsaggregat auf - selbstverständlich
wird diese Geräuschkulisse künstlich erzeugt; die Bahn
an sich wie auch der Hydroantrieb laufen fast flüsterleise.
Langsam gleitet der Zug durch eine S-Schleife und kommt schließlich
auf dem Horizontalabschnitt zum Stehen. In der Ferne sehen die
Fahrer schon ihr Ziel vor Augen, erhebt sich doch die Strecke auf
einen ersten Camelback. Hat sich der Zug am Schlitten
automatisch eingehakt, dauert es nur noch Sekundenbruchteile, bis
der Kickstart auslöst und gleichzeitig aus den Lautsprechern
nochmals ohrenbetäubender Motorenlärm dröhnt.
|
|
Facts zum Booster Bike |
|
Weltpremiere des Motorbike Coaster von
Vekoma Rides Manufacturing |
|
Höhe |
|
15 Meter |
|
|
|
Streckenlänge |
|
590 Meter |
|
|
|
Top Speed |
|
~ 75 km/h |
|
|
|
Max. vertikale Beschleunigung |
|
2,5g |
|
|
|
Max. horizontale Beschleunigung |
|
0,7g |
|
|
|
Fahrzeit |
|
60 Sekunden |
|
|
|
Zug |
|
1 für jeweils 16 Personen |
|
|
|
Hersteller |
|
Vekoma Rides Manufacturing |
|
|
|
Eröffnung |
|
27. Juli 2004 |
|
|
Der Link zur offiziellen Webseite
des Toverlands |
|
|
|
Grafiken: Vekoma / goldorange |
|
|
|
|
|
|
|
|
Camelback |
|
Ein kräftiger Ruck geht durch den Zug und keine drei
Sekunden später steigen die 16 Motorräder gen Himmel, um
in einem weiten Bogen über den ersten Hügel zu schweben.
Die letzten Reihen offerieren sogar leichte Airtime, auch
wenn diese nie negative g-Werte erreicht. Es schließt sich
eine bodennahe Steilkurve an, deren Ausgang in einen Horseshoe
übergeht. Dieser markiert mit 15 Metern die höchste
Stelle des Parcours. Für einen sportlichen Motorradtrip
erscheint die dortige Geschwindigkeit jedoch zu langsam. Der
nachfolgende bodennahe Horizontallooping und eine S-Kurve
mit zügigem Umschwung können mehr überzeugen. Zwei
weitere Camelbacks parallel zum Launchtrack bilden den
Abschluss des Spektakels. 40 Sekunden nach dem Katapultstart
werden die Booster Bikes von den Wirbelstrombremsen
sanft verzögert. Die interessante und in dieser Form
einmalige Coastertour macht Lust auf mehr.
Jo Nijsen von Huisman-Itrec blickt in Sachen
Motorbike Coaster optimistisch in die Zukunft: Weitere
Anlagen werden wahrscheinlich schon zur nächsten Saison eröffnen,
ist das internationale Interesse doch sehr hoch. Die auf den
Fachmessen vorgestellten Konzepte reichen von Dueling
Anlagen bis hin zu Motorrädern mit Seitenwagen, um auch den
ganz kleinen Fahrgästen eine Mitfahrgelegenheit zu bieten.
Spielraum nach oben in Sachen Geschwindigkeit und Fahrerlebnis
ist gegeben. Leider wird das Potential der Motorradchaisen beim
Booster Bike noch nicht gänzlich ausgenutzt. Schnell
durchfahrende Kurvenkombinationen sind das Herz der Begierde jedes
Motorradfahrers und diese sind im Toverland nur
ansatzweise verwirklicht. Camelbacks bringen in dieser
Sitzposition das Achterbahnherz nicht in Verzückung. Eine
Erklärung gibt das Zielpublikum des aufstrebenden Parks nahe
der deutsch-niederländischen Grenze welches aus Familien mit
kleinen Kindern besteht. Ihnen wird das Layout schließlich
mehr als gerecht. Dabei ist das Motorbike ein Quantensprung in
Sachen Fahrerlebnis. Die Sattelsitzposition katapultiert die
Mitfahrer direkt in das Coastergeschehen: Aufsteigen, Anschnallen,
Hände ans Lenkrad und Abfahren - Nur ein Helm wird nicht benötigt...
|