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Die Rekordjagd im Holiday Park bei Haßloch endete
genauso wie sie begonnen hatte - mit einer Achterbahnfahrt des
Richard Rodriguez in der Expedition GeForce. 100 Tage wollte der
Amerikaner im "Megacoaster" sitzen, durchschnittlich
zehn Stunden am Tag mit einer Pause von jeweils fünf Minuten
pro Stunde. Am Ende konnte der Achterbahndauerfahrer Rodriguez
sogar vier Tage mehr auf seinem Konto verbuchen. Der fünzehnte
Rekord für den in Chicago lebenden Universitätslehrer
entwickelte sich im Sommerloch 2002 zu einem medienwirksamen
Event.
Rodriguez war 18, als er 1977 seinen ersten Rekord auf
der legendären Cyclone in Coney Island, New
York aufstellte. 103 Stunden und 55 Minuten wurde die 1927 eröffnete
Holzachterbahn von ihm "belagert", pausenlos, selbst über
die Nacht wurde gefahren. Sein Motiv: "Ich liebe Achterbahnen"
- Der Achterbahndauerfahrer ist im New Yorker Stadtteil Brooklyn
in direkter Nachbarschaft zu Coney Island aufgewachsen.
Schon als kleines Kind nahmen ihn die Eltern mit in die Lunaparks
am Atlantik-Strand. Dort saß der kleine Richard auch
erstmals auf einem der berühmten hölzernen Rollercoaster
- so wie bei seinem ersten Rekord. |
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Im BMW geht es
Richtung Expedition GeForce |
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Richard Rodriguez war endgültig mit dem Virus
Achterbahn infiziert, allein zwischen 1977 und 1982 errang er zehn
Rekorde in den USA, Kanada, England und Deutschland. Nach einem
Dutzend war 1998 die englische Insel das erklärte Ziel,
genauer gesagt der Badeort Blackpool, wo mit Big Dipper
eine der weltweit ältesten Holzachterbahnen steht. 47
Tage saß er in der Achterbahn, rund 22 täglich - summa
summarum 1000 Stunden. Fünf Minuten pro Stunde durfte er den
Roller Coaster verlassen. Dabei wurde es dem Rekordanwärter
freigestellt, wie er die Pausen auf den Tag verteilt. Aber nicht
nur er benötigte diese Auszeit. Während seiner Pausen
konnten endlich die Mechaniker den Holzgiganten durchchecken.
Dieser 1000 Stunden Dauerrekord ist bislang ungeschlagen, der fast
zeitgleich gestartete Konkurrent Normand St. Pierre aus
Kanada gab bei seinem Rekordversuch auf Le Monstre im Parc
de Iles in Montreal auf.
1000 Stunden auf der Achterbahn, und das bei Wind und Wetter: "Es
ist wie eine Autofahrt von Key West nach Anchorage in Alaska,
wobei der Kopf ständig aus dem Fenster gehalten wird,"
so der glückliche Coastermarathonsieger damals. Umsonst war
der Höllentrip aber nicht: 30.000 US-$ konnte Richard
Rodriguez für eine Diabetes-Stiftung "einfahren".
"Es war schon recht schwierig sich zu beschäftigen und
letztendlich auch durchzuhalten", so Rodriguez
weiter. Neben einer ausgewogenen Ernährung war für den
angehenden Doktor die tägliche Lektüre von
Tageszeitungen und verschiedenen Romanen Pflicht.
Der bisher ungeschlagene Rekord im Achterbahndauerfahren war ihm
aber scheinbar noch nicht genug: 2001 führte es ihn nach
Missouri. Bei Temperaturen von über 40° Celsius wurde
der 45 Meter Höhenunterschied aufweisende Boss
bezwungen, eine Holzachterbahn im Six Flags St. Louis.
Das Ziel: 100 Tage lang zu den regulären Parkzeiten wollte
Rodriguez in der Achterbahn sitzen. Auch hier hielt er
durch - Mit viel Sonnencreme und Arm- und Beinschützern fuhr
er insgesamt 20.000 Runden. |
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Keine 12 Monate später, war der kleine Ort Haßloch
das erwählte Ziel. Im April 2002 war der "Coasterking"
schon einmal auf Stippvisite im Holiday Park und zeigte
sich von der Expedition GeForce beeindruckt. Dabei hatte
er den Holiday Park in bester Erinnerung: Vor 20 Jahren saß
Richard Rodriguez 328 Stunden lang in der Korkenzieherbahn
Superwirbel. Das neueste Objekt der Begierde ist der im
Jahre 2001 eröffnete Megacoaster aus dem Hause Intamin,
entworfen vom Ingenieurbüro Stengel in München.
Mit einem über 50 Meter tiefen First Drop bei
gleichzeitiger Drehung um 74 Grad ist diese Bahn eine deutliche
Nummer spektakulärer als die bisherigen Exemplare des Herrn
Rodriguez.
"Höher, schneller, weiter. Das war auch unser Ziel,
als wir im vergangenen Jahr unseren Megacoaster, die "Expedition
GeForce" im Park bauen ließen", so der Geschäftsführer
Wolfgang Schneider. Fast 120 Stundenkilometer schnell,
eine maximale Belastung von bis zu 4,5g und sieben Mal Airtime
- Richard Rodriguez hatte sich einiges vorgenommen.
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Nur einer bleibt
sitzen: Richard Rodriguez |
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Rund 200 Fahrten sollte Rodriguez pro Tag absolvieren,
ein Belastungsmarathon für seinen Körper. "Damit
aus dem Erleben kein Ertragen wird, haben wir den Rekord unter ärztliche
Aufsicht gestellt", so Wolfgang Schneider weiter.
"Wir haben in Deutschland zwei absolute Leader, wenn es um
Weltraum- und Flugmedizin geht. Zum einen das Deutsche Zentrum
für Luft- und Raumfahrt in Köln, zum anderen das
Flugmedizinische Institut der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck
bei München. Beide Institute werden die Marathonfahrt von
Richard Rodriguez wissenschaftlich und ärztlich
begleiten und zahlreiche Vitaldaten auch während der Fahrt
aufzeichnen und dokumentieren. Es geht hierbei insbesondere um zu
erwartende Veränderungen im Regulationssystem von Herz und
Kreislauf sowie Veränderungen im Knochengerüst."
Achterbahn fahren für die Forschung?! Ja und Nein: Für
Richard hatte dieser Marathon persönlich einzig und
allein einen Grund: Der Großstädter wollte "Spaß
haben" und seine Grenzen austesten. "In den USA wird
viel über Expedition GeForce geredet, Grund genug, es
mit diesen Megacoaster aufzunehmen", so der
Amerikaner kurz vor der Marathonfahrt. Am 23. Mai 2002 war der
Start zum vielleicht ungewöhnlichsten Marathon der Welt. 100
Tage Expedition Ge Force waren das Ziel. |
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Das
Ende des Marathons |
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Das Ende seiner außergewöhnlichen Reise kam am 3.
September, exakt nach 104 Tagen. "Das ist die Krönung
meiner Karriere als Marathon-Achterbahnfahrer", erklärte
Richard Rodriguez vor Journalisten. Wie er auf
ausgerechnet 104 Tage gekommen ist? "Meinen ersten Weltrekord
auf einer Achterbahn waren 104 Stunden. Jetzt sind es 104 Tage."
Nach 22.240 Runden durchtrennte der Zug die finale Papierwand,
ein strahlender, sichtlich erschöpfter Richard Rodriguez
streckt die Arme nach oben, hinter ihm die jubelnde Menge der
Mitfahrer. Ein "Medienereignis" ohne Gleichen... .
22.240 Runden - bei einer Streckenlänge von 1300 Metern
ergibt dies eine Gesamtdistanz von knapp 30.000 Kilometern.
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Die
finale Fahrt |
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"It was a great adventure", so die Worte des
Achterbahn-Marathonkönigs. Etwa "nur" ein großes
Abenteuer?! Viele neue Leute hätte er kennen gelernt und vor
allem von der Stationscrew war Richard begeistert. Er
wolle noch etwas von Deutschland sehen und freut sich nun auch auf
seine Familie in Chicago. Die letzte Fahrt war da noch nicht
einmal beendet.
Eine halbe Stunde später sprühte der Sekt
medienwirksam vor den Fernsehkameras - Das Rekordexperiment hatte
sich in der Medienwelt verselbstständigt. Fotos wurden
geschossen und Parkdirektor Wolfgang Schneider überreichte
dem strahlenden fünfzehnfachen Rekordhalter im Namen des
gesamten Holiday Parks eine Silberschale. Irgendwie
erinnerte die Szenerie an die Inszenierung einer Formel 1
Siegerehrung. Doch der Eintrag in das Guinness Buch der
Rekorde, wurde vom Verlag aus London verweigert.
Die letzten dreieinhalb Monate hatten dem Holiday Park
eine Medienpräsenz verschafft, die ihresgleichen suchte: Jede
große Fernsehstation war vor Ort, führende Printmedien
brachten pausenlos neue Schlagzeilen über den Marathonfahrer.
Richard Rodriguez stand im Mittelpunkt und mit ihm der
Megacoaster Expedition GeForce und der Holiday
Park. Ein inszeniertes Medienereignis, welches so schnell
nicht mehr übertroffen werden wird. |
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Links:
Ehrung - Rechts: Abschlußfoto |
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Bleibt nur noch eine Frage offen: Was ist das Geheimnis des
Amerikaners? Eine vielgestellte Frage an diesem Septembermorgen -
zu Recht! Eine Runde Expedition GeForce ist für den
Ottonormalbesucher das pure Vergnügen . Sich aber pausenlos
in die Tiefe zu stürzen kann schnell zur Qual werden: Das
Herz beginnt zu rasen, der Blutdruck steigt. Nicht so beim "King
of Roller Coaster": Seine Pulsfrequenz blieb immer im Bereich
des Ruhepulses von unter 80 Schlägen in der Minute. Jeder
andere getestete Aspirant versagte hier völlig. Das tägliche
"Jägerschnitzel" kann es nicht sein, auch
Selbsthypnose ist anzuzweifeln - um die Schlagzeilen zu zitieren.
Eine Antwort kam nun von den Ärzten, schließlich
unterzog sich Richard zwei Tage nach dem Ende der
Weltrekordfahrt einer Untersuchung beim Zentrum für Luft-
und Raumfahrt in Köln. Prof. Dr. Rupert Gerzer,
Chef des Institutes, hatte bereits vor dem Start des
Achterbahnmarathons sein Interesse signalisiert, die Vitaldaten
von Rodriguez aufzuzeichnen.
Der Weltraum-Physiologe Dr. Friedhelm Baisch brachte die
Leistung des Amerikaners während der Pressekonferenz am 3.
September, zum Abschluss des neuen Weltrekords auf den Punkt: "Durch
die rund 150.000 fach durchfahrenen negativen G-Kräfte
war Richard Rodriguez insgesamt fünf Tage schwerelos.
Das entspricht dem, was Astronauten auf einer Shuttle-Mission im
Weltall erleben." Grund genug für Dr. Baisch,
Richard auf mögliche Schäden und Belastungen,
hervorgerufen durch die 104 Tage "GeForce" zu
untersuchen. "Uns interessierte besonders die Art und Weise,
wie Herr Rodriguez diese lange Zeit durchgestanden hat",
erklärte Dr. Baisch. "Dafür haben wir mit
ihm bei uns im Institut einen mehrstündigen Funktionstest
seines autonomen Nervensystems durchgeführt. Das passiert in
einer LBNP - das ist eine Unterdruckkammer, mit deren Hilfe wir
Schwerelosigkeit simulieren und das Blutvolumen in die Beine
verschieben. So können wir die Reaktionsfähigkeit des
Herz-Kreislaufsystems testen." Nach mehreren Stunden ein
Ergebnis, das sich durch die lange Ausdauer von Rodriguez
auf der Achterbahn im Holiday Park angekündigt hat: "Seine
Reaktionsmuster sind erstaunlich stabil - das Gleiche gilt für
sein autonomes Nervensystem. Ein Grund für seinen ruhigen
Pulsschlag, der auch bei den rasantesten Streckenabschnitten der
Achterbahn nie in die Höhe schoss, bilanzierte der
Wissenschaftler die Messergebnisse von Richard Rodriguez.
Offensichtlich, so die Einschätzung der Mediziner, besitzt
Rodriguez eine gewisse körperliche Anlage dafür,
den ständigen Wechsel zwischen hohen Belastungen durch die
positiven und negativen G-Kräfte, die auf dem Megacoaster
Expedition GeForce zwischen plus 4,5g und -1,5g betragen,
hervorragend zu kompensieren. Eine Fähigkeit, die nur sehr
wenige Menschen haben dürften. Offenbar der Grund für
seinen 15. Weltmeistertitel im Achterbahn-Marathon. Und diese körperliche
Anlage nutzt der King of Roller Coaster weiter aus:
Verhandlungen für eine neue Marathonfahrt sind nämlich
schon im Gange... |
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