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Nachdem die Konstruktion der Achterbahn abgeschlossen wurde,
startete deren Fertigung. Der Zeitrahmen war eng gesteckt und so
liefen die Arbeiten in den Werkshallen der Firma Gerstlauer
zwischen Sommer und Winter 2003 auf Hochtouren, um die
Fertigstellung des Abenteuers Typhoon für das Bobbejaanland
Anfang April 2004 sicherzustellen. Bremsen, Fahrzeuge, Antriebe
und Schienenelemente wurden produziert bzw. montiert. In gewissen
Teilen nutzt Gerstlauer die Fertigungskapazitäten anderer
Unternehmen.
Wie bei jeder Achterbahn ist Stahl der wichtigste
Grundwerkstoff, der praktisch überall verbaut wird. Stahl
gibt es in allen Variationen: Ob als einfachen Baustahl,
hochfesten und dynamisch hoch beanspruchbaren Einsatzstahl oder in
seinen verschiedenen geometrischen Erscheinungsformen. Eine Stahlachterbahn
benötigt Hunderte von Tonnen, die für das Endprodukt
bearbeitet werden wollen.
Mit der CNC Maschine wird das Halbzeug (so der Fachbegriff für
das Zwischenprodukt) auf Form gebracht, die Biegemaschine sorgt
bei den Schienenrohren für die richtigen Krümmungswinkel
und mittels unterschiedlicher Fügemethoden werden die
einzelnen Bauteile des "Puzzles Achterbahn" zu einem
Ganzen zusammengesetzt. |
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Eine Achterbahn verlangt höchste Präzision.
Gewährleistet wird diese durch eine sorgfältige Qualitätskontrolle.
Hochbelastete Bauelemente wie Radschilde oder Kupplungen werden
bis zu ihrer Endmontage mehrfach geprüft. Schon die Qualität
des angelieferten Materials, der Halbzeuge, wird von Seiten des
Zulieferer durch Zeugnisse garantiert. Die Prozesskette schließt
sich durch Untersuchungen der Schweißnähte mit
Ultraschall oder Oberflächenrissprüfungen. Dem Zufall
wird nichts überlassen. Dies geht sogar soweit, dass jede
Schraube mit einem vom Konstrukteur berechneten Anzugsmoment
angezogen und mit einem Lackstrich als "montiert"
gekennzeichnet wird. Erst dann ist garantiert, dass die Verbindung
den dynamischen Beanspruchungen standhält. Entsprechende
Anweisungen sind in den Fertigungszeichnungen dokumentiert - Ein
Papierwust, der die akribische Präzision "made in
Germany" erst ermöglicht.
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TÜV Untersuchung am Fahrzeug |
Schon vor der Endmontage wird der stählerne
Fahrzeugrahmen einer intensiven Prüfung
unterzogen. |
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Wenn die Bauteile die Qualitätskontrolle passiert haben,
geht es in die Lackiererei. Es riecht streng, was auch mit den
hier gelagerten glasfaserverstärkten Kunststoffelementen
zusammenhängt. Die Herstellung der Fahrzeugchassis ist reine
Handarbeit. Erst wird ein 1:1 Holzmodell erstellt, dann das
Negativ und schließlich die 5-10 mm starke Karosserie. Das
robuste Verbundmaterial GFK besteht aus einem ausgehärteten
Polyesterharz mit eingelegten Glasfasermatten. Ein flüssiger
Härter startet den Aushärtungsprozess, der eine
Verarbeitungszeit von etwa einer halben Stunde zulässt: Die
getränkten Glasfasermatten werden in die Form gelegt, angedrückt
und verdichtet. Weitere Schichten werden hinzugefügt, bis die
geforderte Dicke erreicht ist. Innerhalb von 24 Stunden ist das
Material derart ausgehärtet, dass es aus der Form entnommen
und bis auf etwaige Ausbesserungsarbeiten mit Schmirgelpapier
direkt lackiert werden kann.
Nebenan wartet der geschweißte Stahlbau des Fahrzeugs auf
seine Vollendung: Die Sitzreihen stützen sich auf einen
Backbone, der in seiner Form dem Buchstaben H gleicht. Die langen
Seiten nehmen zu beiden Enden die Radschilde auf, der Zwischensteg
ist durch eine Kupplung geteilt, um eine Verwindung der beiden
Fahrzeughälften in engen Fahrfiguren wie die Heartline
Roll zu garantieren. Die GFK Außenhülle und Sitze
werden schließlich nur noch angeschraubt. Dies erfolgt
jedoch nicht, bevor der TÜV München die
Konstruktion einer ausgiebigen Untersuchung unterzogen hat.
Aktuell werden die Sicherungsbügel angebracht. Die
Schulterbügel sind am Ende der Rückenlehne
gelagert, Hydraulikzylinder sorgen für den sicheren Halt. Den
notwendigen Druck im Ölkreislauf gewährleisten kleine
Stickstoffbehälter. Ein elektromagnetisches Ventil regelt die
Druckbeaufschlagung des Zylinderkolbens: In der einen
Ventilstellung sperrt das System, in der anderen lässt sich
der Bügel, respektive der Zylinderkolben, durch Muskelkraft
bewegen. Der notwendige Strom wird über elektrische
Schleifkontakte im Stationsbereich geliefert. Die zweifache Ausführung
des Kolbens gewährleistet eine Redundanz. |
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Schienenbiegen im Detail |
Über Andruckrollen erhalten die
stabilen Rohre ihre endgültige, dreidimensionale
Kurvenform. |
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Eine Halle weiter, im Stahlbau, warten die Schienenelemente des
Turmaufzuges nebst der ersten Abfahrt auf ihre Vollendung. Hier
steht auch die gewaltige Biegemaschine, auf der die nahtlosen Präzisionsstahlrohre
ihre endgültige Form erhalten. Diese werden in Längen
von bis zu 15 Metern angeliefert und entsprechend den Vorgaben des
Ingenieurbüro Stengel gebogen. Drei im Dreieck
angeordnete Rollen - zwei davon verstellbar - prägen in den
einzelnen Bearbeitungsschritten die Krümmung auf. Immer
wieder wird das Schienenrohr durch die Maschine gezogen, und für
die Erstellung der räumlichen Kurven sogar mehrfach über
ihren Rohrumfang gedreht. Wie schon die Fertigung des GFK ist auch
das Schienenbiegen reine Handarbeit - wenn es auch weitaus mehr
Know How erfordert.
Die Fahrrohre werden schließlich provisorisch auf einer überdimensionalen
Schweißplatte auf einstellbaren Stützelementen
angebracht und so ausgerichtet, dass der Stoß zur nächsten
Schiene den Berechnungen entspricht. Nun werden die Querriegel des
Zweigurtträgers angeheftet, wodurch erst aus den
Einzelteilen die gewohnte Schiene entsteht.
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Ein Teil des Gerstlauer Freigeländes |
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Unweit der Schienenfertigung erhalten die Bremsschienen ihren
letzten Schliff. Typhoon setzt auf Wirbelstromsysteme und
klassische Reibbremsen. Letztere werden von Gerstlauer
selbst gefertigt. Luftdruckbeaufschlagte Pneumatikzylinder
schalten die Bremselemente, welche unterhalb des Fahrzeuges an
einem Reibblech angreifen. Die Mechanik will justiert und die
Bremsschiene mit ihren verschiedenen Modulen getestet werden. Dann
geht es auch für diese Baugruppe in Richtung Baustelle. Die
befindet sich diesmal nur 50 Meter entfernt auf der großzügigen
Freifläche des Werksgeländes. Da Typhoon auf
einer ebenen Sohle ruht, kann die Bahn komplett vor Ort aufgebaut
und ausgiebig getestet werden. Erst dann wird sie wieder in ihre
Einzelteile zerlegt, erhält auf dem Weg Richtung Belgien ihre
endgültige Lackierung und will schließlich wieder
zusammengebaut werden...
Wir danken der Gerstlauer Elektro GmbH für die
freundliche Unterstützung bei der Realisierung dieses
Artikels. Das Urheberrecht der Fotos liegt bei den jeweiligen
Autoren bzw. der Gerstlauer Elektro GmbH. Eine Veröffentlichung,
Vervielfältigung, Verarbeitung und Verbreitung ist ohne
schriftliche Genehmigung nicht gestattet. |
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