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Maurer Söhne Roller Coaster Forum 2005

Betriebsbesichtigung bei Maurer

Betriebsbesichtigung bei Maurer Söhne

Ende September veranstaltete die Münchner Herstellerfirma Maurer Söhne zum dritten Mal ein Roller Coaster Forum, das sich mehr und mehr als kreatives Symposium für potentielle Kunden zu etabliert weiß. In diesem Jahr lag der Schwerpunkt denn auch weniger auf die Maurer-eigene Produktpalette, sondern vornehmlich auf die Thematisierungsmöglichkeiten von Achterbahnen allgemein - Attraktionen, die aufgrund ihrer Größe als ganz besonders schwierig zu gestalten gelten.

Ein oder mehrere Vertreter folgender Parks nahmen am diesjährigen Forum teil: Belantis, Disneyland, Drayton Manor, Hansa-Park, Efteling, Lunds Tivoli und Tripsdrill. Sie alle erwartete ein hochklassiges Referententeam, denn Maurer Söhne ist es gelungen, bekannte Designer, Architekten und Kenner der Branche zu gewinnen.

Alex Lemmens, langjähriger Kreativdirektor bei De Efteling und nun als leitender Projektentwickler im europäischen Büro von BRC Imagination Arts tätig, mahnte zu Beginn der Veranstaltung alle Parkbetreiber, einen realistischen Zeitplan zu erarbeiten. Denn dies verhindere explodierende Kosten, technische Unzulänglichkeiten und ein für alle Seiten ärgerlicher, verspäteter Eröffnungstermin. Nach der "Dust Free"-Phase als Schlüsselelement für den Erfolg müsse auch eine "Soft Opening"-Phase fest eingeplant werden. Denn während dieser Zeitspanne könne man ohne vorherige Ankündigung die Attraktion einfach schließen… oder auch öffnen, was für die Parkbesucher wie ein zusätzliches Geschenk wirke. Weiterhin betonte Lemmens, die Storyline müsse das Fundament und der entscheidende Träger einer jeden neuen Attraktion sein. Um dieses sicherzustellen sollten Parkbetreiber, Hersteller, Projektentwickler, Architekt und Designer als Partner zusammenarbeiten.

Skywheel in der ÜbersichtKopfüber im Skywheel

Das SkyWheel im Allgäu Skyline Park bietet extreme Beschleunigungen auf kleiner Grundfläche

Dr. Alfred Müller und Dr. Martin Schneider von Maurer Söhne unterstrichen im Anschluss daran die enge Zusammenarbeit mit dem Kunden. Um optimale Fahreigenschaften nach neuesten Standards zu gewährleisten, werde eine professionelle Überarbeitung des Layouts und der einzelnen Fahrfiguren mit dem von Maurer Söhne neu entwickelten Programm XTRAC bewerkstelligt. Direkt aus diesen Plänen können dann die Biegekoordinaten abgelesen werden, da auch die Biege- und Stahlarbeiten im eigenen Hause erfolgen. Alexander Bresinsky vom Berliner Designbüro flying saucer stellte der Hörerschaft dann die Frage: "How real is authenticity?" Das was authentisch ist, so Bresinsky, seien im allgemeinen lokale Gegebenheiten, die vorhandene Landschaft und existierende Gebäude, diverse Inhalte wie Ausstellungen und Prozesse, Menschen und Tiere und vielleicht noch Zeit und Atmosphäre. Aber auch die Illusion des Wirklichen könne ein noch nie gekanntes Erlebnis von Authentizität beinhalten.

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Theatralische Authentizität wurde bereits auf der Pariser Weltausstellung im Jahre 1900 dargeboten (zum Beispiel konnte man Platz nehmen in einem Eisenbahnwaggon, der sich zwar nicht bewegte, aber für eine derartige Simulation sorgten beidseitig bewegte Endlos-Panoramabilder). Authentizität sei somit subjektiv empfundene Echtheit. Die Entwicklung eines Themas sollte gleichbedeutend sein mit der Kreation von Erlebnissen. Die Aufgabe sei die Entwicklung einer Story, einer Geschichte - und die Werkzeuge dazu Architektur, Licht- Sound- und Medieneffekte und die Angestellten. Das Ergebnis, was es zu erreichen gelte, seien möglichst starke emotionale Erlebnisse der Besucher. Mit der Fusion von Authentizität und Thematisierung erreiche man eine weitere Anhebung des Levels, beispielsweise habe dies Disneyland vorgemacht durch eine thematisierte Umgebung. Vorteil dieser Maßnahme sei die stärkere Attraktivierung des gesamten Ortes. Allerdings müsse die richtige Balance getroffen werden, damit es echt ausschaut und nicht übertrieben künstlich.

Achterbahnen sollen Geschichten erzählen

Überkopf im Skywheel

Ohne Thematisierung aber mit reichlich Fahrspaß kommt das Skywheel daher

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Dabei können Achterbahnen mit ihrer reinen, authentischen Erfahrung, ihrer physikalischen Emotion und ihrer eleganten Struktur eine besondere Rolle spielen. Auf ein Minimum Thematisierung sollte jedoch nicht verzichtet werden, beispielsweise eine kleine Storyline im Wartebereich, beim Wagendesign oder durch die Benutzung vorhandener Elemente. Rich Marthe von den Walt Disney Imagineers knüpfte daran an, und verkündete das Motto seines Unternehmens: "Wir entwickeln Visionen und Träume und lassen sie Wirklichkeit werden." Gleichzeitig betonte er die stetigen Anstrengungen von Disney, schließlich könne man sich nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen. Doch natürlich müsse man sich auch den Realitäten stellen, und so basiere jedes neue Projekt auf höchstem Nutzwert bei minimalen Kosten.

Grundsätzlich gebe es die Einteilung der Projekte in die Gruppen "True Blue Sky" und "Targeted Blue Sky" - also übertragen auf die Wissenschaft so etwas wie "Grundlagenforschung" (neue Park- und Attraktionsideen) und "Angewandte Forschung" (tatsächlich benötigte Ideen). In beiden Fällen spiele die Kombination aus Innovation und Nostalgie und bei Fahrgeschäften die Balance zwischen physikalischer Stimulation und familiäre Entspannung eine wichtige Rolle. Dies sei auch der Grund, weshalb es bei Disney keine großen Thrillrides gebe. Eine gute Story stelle die emotionale Verbindung zum Gast her und sollte sich durch universelle Geschichten und einer einfachen, klaren Sichtweise auszeichnen. Wichtig sei nicht nur die Entwicklung der Attraktion selbst, sondern auch das "Site Concept", die Einbindung in das vorhandene Areal durch Schaffung einer Landschaft, und die Beziehungen vorhandenen Gebäuden.

Testfahrt auf dem Skywheel

Testfahrt mit dem SkyWheel

Als letztes käme dann die "Verwirklichungsphase" zum Tragen, die auch eine "Close-Out"-Phase beinhalten müsse, in der der Betrieb geprobt und die Angestellten eingewiesen werden müssen. Die kreative Konzeptentwicklung erklärte Marthe anhand von zwei Beispielen: die Realisierung von Disney's Animal Kingdom (Eröffnung 1998) und die Erarbeitung des neues Projektes Crushes Turtle Twister, eine Kombination aus Indoor Spinning Coaster und Darkride- Erlebnisbahn, das 2007 in einem noch nicht näher benannten Park realisiert werden soll.

Emilio Tramullas ist Designer beim spanischen Büro Global Estudios, das seit 1977 unter anderem für Parks wie Terra Mítica, Futuropscope, Tibidabo, Isla Magica und Movie Park Madrid tätig war. Er referierte zum Thema "Parktheming vs. Coastertheming". Und dabei müsse Theming mehr sein als einfach nur eine Achterbahn in einer netten (landschaftlichen) Umgebung zu errichten, denn insbesondere bei Standard-Fahrgeschäften trage die Gestaltung erheblich dazu bei, sich von der Konkurrenz abzuheben und den gesamten Park auf einen höheren Level zu tragen - vom Amusementpark zum echten Themenpark. Allerdings sei eine ansprechende Gestaltung mit erheblichen Kosten verbunden, und deshalb lohne sie sich nur bei Parks mit einer Besucherzahl ab einer Million. Zudem müsse bei der Themenauswahl darauf geachtet werden, dass sie sich für zukünftige Erweiterungen nicht als zu einschränkend auswirke.

Wenn man sich für eine Thematisierung entscheide, dann müsse die Storyline strikt durchgehalten werden und bis ins Detail stimmig sein. Der Kunde komme zwar in erster Linie wegen des Amusements, doch der Mehrwert der Gestaltung werde schließlich auf die Eintrittskosten umgelegt. Und insbesondere wegen den Fotos, die von den Parkgästen und vor allem von der Presse gemacht werden, komme es auf eine gute Gestaltung an. Entscheidet man sich für eine Achterbahn, so stünden folgende Überlegungen an: Eine Holzachterbahn lasse sich leicht in die vorhandene Landschaft integrieren und beinhalte wegen ihres speziellen Charakters schon 80 % der gesamten Thematisierung. Eine Stahlachterbahn hingegen habe eine ausdrucksstarke Präsenz, die durch kräftige Farblackierungen nochmals gesteigert werden kann. Prinzipiell seien drei Trends erkennbar: der Trend zu quantitativen und immer neuen Rekorden, der Trend hin zu mehr Fahrerlebnis durch Dynamik und Thematisierung, und der Trend zu neuen Fahrgeschäftskombinationen.

Getestet wurde das Skywheel

Testfahrt auf dem Power Tower 2

Testfahrt mit dem Power Tower 2 auf dem Oktoberfest (von links) Rich Marthe (Walt Disney Imagineering), Patrick Dietzel (FKF), Craig Hanna (Thinkwell), Nick Farmer (Farmer Attraction Development)

Martin Haas vom Architekturbüro Behnisch & Partner vertrat die seriöse Architekturbranche, und stellte mit Senscity Paradise ein Projekt vor, in dem es - aufgrund des Anlasses betonte er es explizit - keine Achterbahn geben wird, und das an drei Standorten realisiert werde: in Dubai, in Shanghai und als erstes in Las Vegas. Laut Haas habe Las Vegas mit Themenhotels wie New York New York, Paris, Aladin, The Venetian und anderen eigentlich Alles zu bieten, was es auf der Welt gibt… außer einen "echten" europäischen Landschaftsgarten.

Fakten zum SkyWheel

Das SkyWheel ist die Prototyp Achterbahnkreation des Münchner Stahlbauers Maurer Söhne auf Basis des revolutionären X-Car Designs, welches ergonomischen Fahrgenuss ohne Schulterbügel bietet.

Gesamthöhe

50 Meter

Schienenhöhe

45 Meter

Schienenlänge

150 Meter

Max. Geschwindigkeit

100 km/h

Beschleunigung

-1 g bis +5.3 g

Netto-Fahrzeit

60 Sekunden

Fahrzeuge

1 Zug mit 2 Wagen; 6 Plätze pro Wagen

Kapazität

600 Personen pro Stunde

Hersteller

Maurer Söhne GmbH, München, Deutschland

Betreiber

Allgäu Skyline Park, Bad Wörishofen, Deutschland

Eröffnung

18. März 2005

• Link zur offiziellen Webseite des Skyline Parks
• Link zur offiziellen Webseite von Maurer Söhne

Anstelle einer Komplettüberdachung, die die Vegetation vor den intensiven Sonnenstrahlen schützen soll, werde es 26 Meter hohe, 91 Meter breite und wie riesige Blumen aussehende "Sonnenschirme" geben, die ausreichend Schatten spenden und zugleich als energetisch günstige Kühlanlagen dienen. Von oben wirke das insgesamt 60 Hektar große Areal (inklusive 20 % Parkfläche), das sich fünf Kilometer außerhalb des Stadtzentrums in unmittelbarer Flughafennähe befindet, wie ein riesiger Blumengarten. Jeder der zehn Sonnensegel beinhalte eine thematisierte "Toy Gallery" (zum Beispiel "Barbie World" oder "Speedway") mit Museum und Spielarena. Damit werde Senscity Paradise zum größten Spielzeug-Themenpark der Welt.

Craig Hanna war jahrelang als kreativer Berater bei den Universal Studios tätig und unter anderem an den Attraktionen Twister, Man In Black und dem Projekt Port Aventura beteiligt, bevor er 2001 sein Büro namens Thinkwell etablierte und seither eigene Parkprojekte entwickelt. Um eine Achterbahn ansprechend zu präsentieren, gebe es zwei Möglichkeiten, so Hanna: Entweder die lediglich Umgebung entsprechend der Aussage gestalten oder eine komplette Storyline rund um die neue Attraktion entwickeln. Letzteres sei aber mit hohen Kosten verbunden, und außerdem habe man mit der Schwierigkeit zu kämpfen, dass aufgrund der hohen Fahrgeschwindigkeit die Wirkung verloren gehen könnte. Thematisierte Achterbahnen verbessern auch die Besucherzahlen, denn nicht nur Teens, sondern vor allem Familien spreche man damit vermehrt an, und es gebe mehr Wiederholungsfahrten und -besuche als ohne Gestaltung.

In jedem Falle müsse sich das Fahrerlebnis völlig vom alltäglichen Leben und von dem der Konkurrenz unterscheiden. Trotzdem sollte das gewählte Thema möglichst simpel gehalten und nur eine Geschichte erzählt werden. Auf Sprache sollte bei einer guten Storyline ganz verzichtet werden, vielmehr sollte sich die Kommunikation mit dem Besucher durch rein visuelle Elemente auszeichnen. Hanna: "The less you have to say, the more you can show." Und wie findet man die guten Stories? Craig Hanna: "Am besten in der Geschichte des eigenen Grundstücks, in der Region und den Bewohnern." - Grund genug also, den ersten Tag des Roller Coaster Forums gemeinsam auf dem Oktoberfest in München ausklingen zu lassen. Am zweiten Veranstaltungstag stand ein Besuch des Allgäu Skyline Park auf dem Programm. Parkchefin Dr. Petra Löwenthal begrüßte die vom Oktoberfest geschwächten Gäste persönlich, bevor Thomas Uhrig vom TÜV Süddeutschland über sicherheitstechnische Aspekte und die Erstellung des Sky Wheel-Projektes sprach.

Als Höhepunkt stand dann die Präsentation der Sky Wheel-Attraktion an. Die meisten Teilnehmer ließen sich sodann die Chance auch nicht entgehen, ein oder mehrere Testfahrten zu unternehmen. Denn nach all der Theorie will auch der Praxistest unterzogen werden… wenngleich das dortige Sky Wheel gänzlich ohne Thematisierung daher kommt. Doch, um es mit den Worten von Alexander Bresinsky zu sagen, auch ohne jegliche Thematisierung ist eine Achterbahnfahrt ein rein authentisches und stark emotionales Erlebnis.

Text: Maurer Söhne
Bilder: Maurer Söhne, Coastersandmore.de

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