Werbung WBMW Germany
English
 
-

Eine Achterbahn sollte es sein - "aber nicht irgendeine", verrät Josef Hennes. Zum Saisonstart 2004 eröffnete der Wild- und Freizeitpark Klotten Deutschlands einzige Achterbahnneuheit des Jahres. "Für uns erfüllt sich mit dieser Schienenattraktion ein langjähriger Traum", sagt Hubert Hennes, der mit seinem Bruder seit 1995 das rund 30 Hektar große Areal am südlichen Rand der Eifel betreibt.

Nach der Übernahme des Wildparks von ihrem Vater haben die beiden Brüder die Besucherzahlen mehr als verdoppelt. Mit attraktiven Spielgeräten und kleineren Attraktionen von Metallbau Emmeln und Heege konnten in der letzten Saison 180.000 Besucher gezählt werden. Zum Tagespublikum zählen vornehmlich Schulklassen und Familien mit kleineren Kindern.

.

Testfahrten der Achterbahn in Klotten

Achterbahn Highlights 2004 - Bildportrait der Bauarbeiten

.

Mit der neuen Achterbahn aus dem Hause Gerstlauer wollen die Gebrüder Hennes das Potenzial der Urlaubsregion stärker nutzen und neue Besuchergruppen erreichen. 12.000 Quadratmeter Gelände standen zur Verfügung, und die 530 Meter lange Stahlachterbahn ist nun das Ergebnis des ersten von etwa drei bis vier Bauabschnitten. Die fünf Einzelwagen werden von einem 20,5 Meter hohen Kettenlift in die Höhe gezogen, umrunden den Vulkan, fahren durch Mauskurven und stürzen anschließend in einer waghalsigen Spirale in eine Felslandschaft: Bis zu sechs Meter hohe Felswände, Canyons und Tunnel interagieren mit der Zweigurtschiene. Gerade einmal 50 Sekunden nimmt der Rundkurs in Anspruch, in denen die Mitfahrer sieben Momente mit Airtime erleben und sogar einer Steilwand entgegenrasen.

.
First Drop
Mit High Speed um den Vulkan
Mauskurven
Den Mauskurven folgt die Abwärtsspirale

Michael Lambert (links) und Peter Schmitt

Die "heiße Fahrt" durch den Vulkan soll in den nächsten Jahren zu einem eigenständigen Themenbereich ausgebaut werden - Nach und nach werden ein 25 Meter hoher "Feuerberg", Seen und Schluchten die Vulkanlandschaft ergänzen. Später sollen eine 16 Meter hohe Wildwasserbahn und ein Restaurant das Gelände komplettieren.

Noch ist dies Zukunftsmusik. "2008 ist ein möglicher Fertigstellungstermin", sagt Peter Schmitt, der zusammen mit seinem ehemaligen Studienkollegen Michael Lambert das Bauvorhaben von Seiten des Parks betreut. Für den Bauingenieur aus Pommern war es die erste Achterbahn seiner Karriere. "Im Vergleich zum Alltagsgeschäft war dieses Bauvorhaben etwas ganz Besonderes", resümiert der Ingenieur am Eröffnungstag. Rund zweieinhalb Jahre beschäftigte ihn das Achterbahnprojekt inklusive der Vorbereitungen für die zukünftigen Attraktionen. Die letzen zwölf Monate vereinnahmte es sein dreiköpfiges Ingenieurbüro sogar völlig.

Peter Schmitt blickt auf die arbeitsreichen Monate zurück: "Im Januar 2002 besuchten wir mit insgesamt sieben Leuten die Interschau in Düsseldorf." Auf der Fachmesse für Freizeittechnologie sollten die ersten Kontakte geknüpft werden. "Unser Vorhaben gestaltete sich jedoch schwieriger als gedacht. Ganz gut kann ich mich noch an den Erstkommentar eines bekannten Achterbahnherstellers erinnern: 'Wissen Sie überhaupt, was eine Custom-made Bahn kostet?' - Natürlich waren wir uns dessen bewusst, aber eine Bahn aus dem Katalog, am besten noch auf der grünen Wiese platziert, stand bei den Hennes-Brüdern nie zur Diskussion. Es sollte etwas Außergewöhnliches sein, etwas maßgeschneidertes, das mit der Natur hoch über dem Moseltal harmoniert und für alle Altersklassen Spannung bietet. Später, nach Vertragsabschluss, kam eben jener Mitarbeiter auf mich zu und gestand, dass er unser Interesse an einer Achterbahn lieber hätte ernster nehmen sollen. Fündig wurden wir nämlich trotzdem: Von der Firma Gerstlauer wurden wir herzlichst begrüßt und sofort kompetent beraten. Dieser erste Kontakt war sehr sympathisch, die Chemie stimmte einfach. Wir als 'Normalos' hatten andere 'Normalos' getroffen, die Achterbahnen bauen."

Panorama der Anlage hoch über dem Moseltal

Die Gerstlauer Elektro GmbH wurde Anfang der 80er Jahre von Hubert Gerstlauer gegründet, zunächst ohne Bezug zur Vergnügungsbranche. Der Firmenchef stand vorher in Diensten von Anton Schwarzkopf, dem Pionier der modernen Achterbahn. 1989 lieferte Gerstlauer unter anderem die Steuerung und Pneumatik des Olympia Loopings, es folgten kleinere Karussells, bis man 1997 vom Zulieferer zum eigenständigen Achterbahnhersteller aufstieg. Im Mittelsegment, die Anlagen liegen in einer Preiskategorie von 3-5 Mio. Euro, wurde der Betrieb aus Münsterhausen eine wichtige Größe.

Links: First Drop - Rechts: Mauskurven

Das Hauptaugenmerk liegt auf Anlagen mit Einzelfahrzeugen, die gänzlich andere Kurvenkombinationen zulassen als Bahnen mit mehrgliedrigen Zügen. Trotz ihrer kleineren Ausmaße können diese Achterbahnen es jederzeit mit ihren großen Gattungsvertretern aufnehmen. Statt Höhe und Geschwindigkeit bieten sie schnelle Richtungswechsel, enge Kurvenradien und halsbrecherische Fahrfiguren. Der Bobsled Coaster für den Erlebnispark Tripsdrill markierte den Einstieg in das Achterbahngeschäft. 2003 debütierte mit dem Eurofighter eine Loopingvariante mit einem senkrechten Liftturm und 97° steilem Sturz in die Tiefe, welche von Grund auf neu entwickelt wurde. Klottens Achterbahn sollte zwar keine Überkopffiguren beinhalten, um die Bahn selbst noch für kleine Kinder ab vier Jahren fahrbar zu gestalten, das wendige Bobsled Coaster System passte jedoch hervorragend in das Konzept der kombinierten Achter- und Wildwasserbahnanlage. Josef Hennes war nach dem Messe-Gespräch vollends überzeugt: "Gerstlauers erste Achterbahn, die G'sengte Sau in Tripsdrill, gefiel mir schon immer sehr gut."

.
Abwärtsspirale
Taumelnd geht es 11 Meter hinab
Spirale
Mit Top Speed der Steilwand entgegen
Airtime
Nahaufnahme
Totale
Der Steilwand entkommen
Wer findet den Fehler :-)
Eintauchen in den Canyon
Fun pur...
Felsen total
Camelbacks
Und wieder Airtime
Camelbacks aus einer anderen Perspektive
Und noch einmal Airtime
Drop in die Schlusshelix

Das neue Bärengehege war Vorbild für die Felslandschaft der Achterbahn

Zwölf Monate später wurde der Vertrag mit Gerstlauer unterschrieben. "Die Zeit davor nutzen wir zur Themenfindung und der groben Ausgestaltung des Layouts", erinnert sich Peter Schmitt. "Bei mehreren Tassen Kaffee wurde aktives Brainstorming betrieben, bis wir irgendwann auf die Vulkan-Idee kamen." Derweil lieferte der Diplom Ingenieur Wendelin Stückl, der exklusiv für die Firma Gerstlauer tätig ist, das erste Achterbahnlayout.

Peter Schmitt war zwischenzeitlich in Planungsarbeiten für ein neues Bärengehege involviert, welches durch eine Felslandschaft aus Basaltsteinen eingefasst wurde. "Die Steine lieferte ein Bekannter der Hennes-Brüder, der in der Nähe einen Steinbruch betreibt", sagt Peter Schmitt. "Dabei fallen derart viele, nicht mehr verwendbare Bruchstücke an, dass einer Verwendung für die Ausgestaltung der Achterbahn eigentlich nichts im Wege stand."

In Zusammenarbeit mit Wendelin Stückl wurde der Layout-Vorentwurf angepasst. Ein Canyon nebst den bis zu sechs Meter hohen Steilwänden, an denen die Strecke haarscharf vorbeiführt, war das Ergebnis. "Beim Arrangieren der Felsbrocken unterstützte uns dann mein Studienkollege Michael Lambert, der Ende März 2003 zum Planungsteam dazustieß, da das Projekt für mein 3-Mann Büro zu groß geworden war." Selbst die geplante Wildwasserbahn floss in die Planungen ein, um die Stützenkonstruktion der Achterbahn, Fundamente und das unterirdische Rohrsystem für Wasser- und Elektroleitungen auslegen zu können.

Nahaufnahme
Einfahrt in den Tunnel
Schlussbremse
Auch die kleinen Bewohner des Wildparks staunen...

Aus der Helix "gegen" die Felswand

"Unsere kreative Arbeit wurde durch einen immensen Termindruck verschärft", sagt Peter Schmitt weiter: "Ende Februar 2003 wurde der Vertrag mit der Firma Gerstlauer geschlossen, Ende Mai erhielten wir die ersten verwertbaren Unterlagen von Stengel/Gerstlauer [Anmerkung: Das Ingenieurbüro Stengel zeichnete sich für die Berechnung der Dynamik sowie die Statik und die Auslegung der Stützenkonstruktion verantwortlich, nach denen die Fundamente von der Planungsgemeinschaft Schmitt und Lambert erstellt wurden], daraufhin wurde innerhalb kürzester Zeit unser Bauantrag für die Erdarbeiten erstellt und nach Vorlage aller Unterlagen durch die Firma Gerstlauer haben wir dann am Ende Juli 2003 den Bauantrag für die Gebäude und die eigentliche Bahn eingereicht. Die Bauarbeiten starteten im Hochsommer - Erst Mitte November haben wir dann letztendlich eine Baugenehmigung für die gesamte Achterbahn erhalten. Einen Tag vor Nikolaus stand die Grundstruktur des Vulkans, welche gleichzeitig einen Großteil der Stützkonstruktion des Lifthills aufnimmt. Gelobt sei die Kooperation unserer Kreisverwaltung, die alle Augen angesichts unserer Bautätigkeiten zudrückte."

.

Dynamik, Statik, ...- die Arbeiten des Ingenieurbüro Stengel am Beispiel der Loopingbahn Typhoon

.

Insgesamt waren 24 Unternehmen und Ingenieurbüros an dem bislang größten Projekt des Wild- und Freizeitparks Klotten beteiligt. Mit Ausnahme von fünf Firmen stammten alle aus dem Kreis, und darauf ist Projektleiter Peter Schmitt sehr stolz: "Wir haben keine polnischen oder sonstige ausländischen Billiganbieter in das Achterbahnprojekt involviert. Das ist private, regionale Wirtschaftsförderung Live ohne großes Politgeschwafel. Aber auch nur so war die Aufgabe in der immens kurzen Zeit zu lösen."

Zwischen dem Baubeginn im Hochsommer 2003 und der Eröffnung am 1. April des Folgejahres vergingen gerade einmal neun Monate, in denen aus einer 1,2 Hektar große Kuhweide die Felslandschaft arrangiert wurde. Derzeit erinnern noch einige provisorische Brachflächen an die Baustelle, doch das lässt sich in der mehrjährigen Projektphase nicht vermeiden. Später werden an ihrer Stelle die Seeflächen mit einer üppigen Ufervegetation den Vulkan flankieren.

Links: Einfahrt in die Schlucht - Rechts: Camelbacks im Felskanal

"Die Enge des Baufeldes erforderte eine ausgefeilte Koordination", sagt Peter Schmitt. "1,2 Hektar klingen im Moment zwar recht viel, aber schnell war der Platz zu klein. So kam es auch immer wieder zu Konflikten zwischen den einzelnen Firmen, die aber immer einvernehmlich gelöst werden konnten. Als dann aus der Slowakei [Anmerkung: Die in Bratislava ansässige Firma Stakotra, welche Stützen und Schienen für Firmen wie Intamin, Premier Rides oder Zamperla fertigt, lieferte einen Großteil der Schienenelemente] die zuletzt gebrauchten Stützen und Schienenstränge der Achterbahn zuerst geliefert wurden, war das Chaos perfekt. In Osteuropa versteht man - trotz detaillierter Ladelisten - unter Just-in-Time Lieferung halt etwas anderes als bei uns."

Für den Aufbau der Stützen und das Einpassen der Schienenelemente wurde der Ride Construction Service von Max Eberhard ins Boot geholt, welcher mit seiner weitreichenden Erfahrung im Aufbau von Achterbahnen und anderen Fahrgeschäften selbst dieses Problem sehr gut meisterte. Zwei Tage vor Weihnachten konnte der Schienenschluss gefeiert werden.

Stein und Stahl vereint

Das meiste Kopfzerbrechen hatten Peter Schmitt und Michael Lambert aber mit dem Handling der Basaltsteine. 8000 Tonnen wurden benötigt, um die vorwiegend im hinteren Teil des Geländes befindliche Felslandschaft zu arrangieren: "Der Transport war die größte Hürde", erinnert sich Peter Schmitt: "Nachdem bei den ersten Fahrten ein kompletter Auflieger und etliche Muldencontainer nach dem Abkippen der Steine nur noch 'Klump' war, fanden wir keinen Spediteur mehr, der die Steine fahren und mittels Abkippen entladen wollte. Wir mussten auf die schnelle einen zweiten Bagger mit multibeweglicher Hydraulikzange finden und mieten. Da es diese Dinger aber nur selten gibt, war die ganze Sache nicht so einfach." Lohn dieser Mühe ist eine einzigartiges Felsarrangement, in dem die Einzelwagen einen Harakiri-Kurs bewältigen.

Trotz aller Schwierigkeiten und des Zeitdrucks lief alles nach Plan: Am Karnevalsdienstag bekam die Bahn den Segen vom TÜV München und absolvierte ohne Probleme ihre ersten Testfahrten. Sichtlich erleichtert nahmen Peter Schmitt und Michael Lambert dann auch am Eröffnungstag in einer Chaise Platz und genossen die "Heiße Fahrt durch den Vulkan".

.

Links: Abschlusshelix - Rechts: Ausfahrt Tunnel

Vom Vulkan steht bisher zwar nur der Stahlbetonrohbau, doch für die weiteren Bauphasen liegen die Pläne schon in der Schublade. Um den Vulkan so authentisch wie möglich nachzubilden, war Peter Schmitt schon auf Foto-Safari auf Lanzarote, wo noch zahlreiche aktive Vulkanlandschaften zu finden sind. Schon in den nächsten Monaten soll die "Vulkanlandschaft" in Klotten durch einen Nebeleffekt im Tunnel kurz vor der Schlussbremse erweitert werden. Zudem ist die Aufstellung eines typischen Seilkrans im Bereich des Canyons geplant, wo auch ein Wassereffekt installiert werden soll. Eine Wasserzisterne mit 5000 Litern Fassungsvermögen ist schon installiert.

.

Offizielle Webseite des Wild- und Freizeitpark Klotten

.

Für Peter Schmitt hat erst einmal das Alltagsgeschäft wieder begonnen - die zahlreichen Garagen, Anbauten und Häuser mussten lange genug wegen der Achterbahn aufgeschoben werden. Doch schon im nächsten Jahr wird der "Vulkan" im Mittelpunkt stehen. Was letztendlich als nächstes in Angriff genommen wird, hängt von den Besucherzahlen ab; die 200.000er-Marke sollte schon geknackt werden. Das unternehmerische Risiko der Hennes Brüder ist hoch: Rund 4,5 Mio. Euro wurden alleine in den ersten Bauabschnitt investiert. So bleibt zu hoffen, dass die Bahn den erhofften Besucherzuwachs bringt - verdient hätte sie es allemal.

Editorial  |   Ride Insights  |   Visit the Parks  |   General Topics  |   Coaster Basics  |   Shop  |   Links  |   About
Über das Web-Magazin: Impressum, Nutzungsbedingungen und weitere Informationen

Copyrights 2000-2017 - Kontakt zu den Autoren: mail@coastersandmore.de