Werbung WBMW Germany
English
 

Site-Info: Editorial > Ride Insights > Kawasemi im Tobu Zoo Park

Kawasemi - Mega"lite" Coaster mit Biss

Mitte: Der Zug im First Drop - rechts: Die anschließende Steilkurve knapp oberhalb der Wasseroberfläche

Megacoaster müssen nicht unbedingt hoch oder schnell sein, um eine ansprechende, dynamische Fahrweise mit wechselnden positiven wie negativen Beschleunigungen zu bieten. Marktführer Intamin macht dies in Zeiten der knapperen Kassen deutlich und präsentiert mit dem Mega-Lite Coaster gleich eine wahre Powermaschine. Statt 100 Metern Höhe sind es "nur" 33, statt 150 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit "nur" 85, und dennoch bietet die Fahrt im viergliedrigen Kurzzug auf dem Mega-Lite Layout genau das, was eine Achterbahn ausmacht: jede Menge Thrill, G-Power und nicht zuletzt einfach Spaß.

Verwandte Themen

• Superman Ride of Steel - Mega Coaster in Six Flags New England• Expedition GeForce - Intamins Mega Coaster für Deutschland • Silverstar - Hypercoaster im Europa Park

Intamin, bekannt für waghalsige Rekordachterbahnen wie Top Thrill Dragster, Millennium Force oder T-Express, setzte die Meßlatte nicht schon wieder ein Stückchen höher, sondern preschte einfach mit Volldampf darunter hindurch und kreierte ein Layout, welches gerade wegen seiner fehlenden Rekorde den Fokus vor allem auf gelungene Fahrkombinationen legt. Dabei werden auf der kleinen Spaßmaschine Beschleunigungen dargeboten, die der Fahrgast auf manch größerer Schwester vergeblich sucht. Und gerade wegen der geringen Höhe traut sich auch das Familienpublikum auf die Bahn. Gleich vier Freizeitparks haben dieses Potential erkannt und nennen jeweils ein baugleiches Layout ihr Eigen.

Angefangen hat die Geschichte der Mega-Lites 2008 in Japan, es folgten eine Anlage in Dänemark und schließlich 2009 zwei weitere Streckenkopien für die OCT Parkkette in China. Bislang hat Intamin ihre Layouts nur selten vervielfältigt, die Kopienzahl des Mega-Lites in einem derart kurzen Zeitraum zeigt das Potential dieser Achterbahn.

Kawasemi wurde inmitten eines Sees errichtet

Die Geschichte von Kawasemi

Loopingmaus Crazy Mouse und Holzachterbahn Regina

Von links nach rechts: Der viergliedrige Zug stürzt sich aus 33 Metern Höhe in den bis zu 67° steilen ersten Drop

Den Anfang nahm der Mega-Lite als Entwicklung für den Tobu Zoo Park nördlich von Tokio. Eigentlich bereits für die Saison 2007 angekündigt, eröffnete die Bahn erst im Frühjahr 2008 und somit nur wenige Wochen vor Anlage Nummer zwei, dem Piraten im dänischen Djurs Sommerland.

Der großflächige, 53 Hektar beanspruchende Tierpark mit angeschlossenem Vergnügungsareal bei Saitama existiert seit dem Jahre 1981 und bietet neben einer vielfältigen Tierwelt seit Jahren Thrill und Achterbahnen in einer lokal arrangierrten Amusement Zone. Bis zur Eröffnung von Kawasemi war Regina, eine 1335 Meter lange Holzachterbahn die Nummer eins, dahinter folgten die skurrile Looping Maus Crazy Mouse wie auch der Mt. Rocky Coaster.

Letzterer nahm den heutigen Standort von Kawasemi ein. Über einem See errichtet bot die 870 Meter lange Achterbahn ein einfaches Out&Back Erlebnis im Stile einer großzügigen Figur-8 Schleife. Von außen war ihr Erscheinungsbild einer Holzachterbahn gleich, die Stahlstruktur war nur auf den zweiten Blick erkennbar. Das außergewöhnliche Erscheinungsbild war das eigentliche Charakteristikum des Mt. Rocky Coaster, die Fahreigenschaften waren trotz der einfachen Fahrfiguren - die nicht quergeneigten Kurven wurden wie auf einer klassisch amerikanischen Holzachterbahn im gemässigten Tempo durchfahren - eher holprig und hölzern. Somit wurde die 1989 eröffnete Bahn keine 15 Jahre lang betrieben, ihre Struktur lag zwischen 2004 und 2006 brach.

Für den von der privaten Eisenbahngesellschaft Tobu Rail geführten Familienpark, dessen Kerngeschäft auf dem Zoobetrieb liegt, blieb letztendlich nur der Ausweg eines Rückbaus des Mt. Rocky Coaster mit dem Ziel, auf den zahlreichen, aus dem See herausragenden Fundamenten eine neue Stahlachterbahn ohne Inversionsfiguren zu eröffnen. In Intamin hatte man den richtigen Partner gefunden. Mit dem gerade einmal 50 Kilometer entfernten Thunder Dolpin im Herzen von Tokyo City hat der Hersteller gezeigt, dass die hauseigenen Mega Coaster Achterbahnen wahre Besuchermagnete sein können. Für Tobu Zoo sollte jedoch ein kleineres Layout realisiert werden, um auf die Fläche des früheren Coasters mitsamt seiner Fundamente zu passen.

So ist es nicht verwunderlich, dass Kawasemis Stationsbereich und Lifthügel in der Platzierung vollkommen gleich sind wie beim Mt. Rocky Coaster. Auch die erste Kurve wie der hintere Hügel nehmen ehemalige Standorte der früheren Achterbahn ein. Doch die Fundamente der Ende der 80er Jahre des letzten Jahrtausends gebauten Achterbahn waren für Kawasemis Powerfiguren etwas zu klein dimensioniert und auch einige Stützen ließen sich nicht auf den ursprünglichen Fundamentbereichen platzieren. So steht die hochdynamische Achterbahn nun doch hauptsächlich auf eigenen, neu im See gegossenen Betonfundamenten.

Für die Besucher hat sich das Warten auf die neue Achterbahn dennoch gelohnt: Trotz der Zwänge und Restriktionen, mit denen die Intamin Ingenieure das Layout festlegen mussten, ist Kawasemi zweifelsohne eine der dynamischsten Achterbahnen der Liechtensteiner. Schon der Auftakt auf dem 69° steilen First Drop mit waghalsig angeschlossener Hochgeschwindigkeitskurve zeigt, dass auf allen Sitzplätzen im viergliedrigen Zug keine Ruhe aufkommen wird.

Panorama von Kawasemi: Der Streckenverlauf zeigt den Lifthügel, die 225° Steilkurve, den rund 20 Meter hohen Umschwung mit nachfolgendem Camelback, 180° Kehrwende sowie die kompakte Slalomabfolge, kleinere Camelbacks und die Einfahrt in die Schlussbremse

Herzklopfen für die ganze Familie

Der First Drop endet in einer spektakulären Talfahrt nebst 225° Steilkurve

Kawasemi, der "Eisvogel", gleitet majestätisch über den See und seine zitronengelbe Schiene, um im nächsten Augenblick wieder in die Höhe zu steigen. Die Anlage wurde von den Besuchern aller Altersklassen des Tobu Zoo Parks schnell zum neuen Lieblingscoaster erklärt und auch in Europa erntet die Zweitinstallation Piraten viele Lobeshymnen. Kawasemi wird mit dem Slogan "Herzklopfen für die ganze Familie" beworben, ist aber gerade wegen seiner ausgeprägten Beschleunigungswechsel von positiven 5g bis negativen 1g und gleichzeitigen hohen Lateralkräften in den Umschwüngen nicht zu unterschätzen. Innerhalb der 45 Sekunden andauernden Gravitationsfahrt bietet Kawasemi sogar deutlich mehr Action und ausgeprägtere Beschleunigungsspitzen als die bekannte Intamin Bahn Expedition Geforce im deutschen Holiday Park aus dem Jahre 2001.

Das Rollmaterial ist identisch mit dem Untersatz in Deutschland, wenn auch ein mit vier Wagen deutlich kürzerer Zug als in Haßloch zum Einsatz kommt. Dieser hat den Vorteil, dass gerade die engen Slalomfiguren im Mittelteil des Mega-Lite Layouts dynamisch vollkommen ausgereizt werden können, da sich die Designer nicht um die eklatanten Dynamikunterschiede zwischen der ersten und letzten Reihe wie bei einem siebengliedrigen Zug Gedanken machen mussten. Im typischen Intamin Stadium Seating hat der Fahrgast von allen Sitzplätzen gute Sicht. Die ist auch nötig, da der Fahrgast im Tobu Zoo wie fast überall in japanischen Parks seinen Sitzplatz zugewiesen bekommt. Eine Fahrt in der ersten Reihe zu erhaschen wird dabei zum regelrechten Glücksspiel.

Den Bauchbügel und Beckengurt angelegt ist der Fahrgast für die kommende Dynamikvorführung bestens gerüstet. Wie bei den großen Schwestern zieht ein Kabellift mitsamt Catch Car den Zug in Windeseile zur Kuppe in 33 Metern Höhe. Was auf Anlagen mit Kettenantrieb meist eine Ewigkeit dauert, löst der Seilwindenantrieb von Intamin mit der doppelten Liftgeschwindigkeit.

Vom Lifthügel bis zum ersten, rund 20 Meter hohen Camelback

45 Sekunden Nervenkitzel auf hohem Niveau

Camelback und Beginn der Slalomstrecke

Links: Luftaufnahme der Slamlomstrecke

Zeit zum Aufatmen bei Erreichen der Maximalhöhe bleibt nicht: Während der Mt. Rocky Coaster erst einmal zur gemächlichen 215° Kurve ansetze, folgt Kawasemi dem gleichen Grundriss mit deutlich mehr Action und "Herzklopfen": Erst neigen sich die Wagen in ein fast 70° steiles Gefälle, fallen in die Tiefe und steuern auf einen Richtungswechsel zu, der sie mit fast Höchstgeschwindigkeit wenige Meter vor Auftreffen auf der Seeoberfläche in eine 78° Neigung aufweisende Steilkurve führt. Diese ist gerade einmal anderthalb Meter über der Wasseroberfläche installiert, die Fundamente der Stützen sind sogar komplett unter Wasser verborgen.

Die rechtsgerichtete 270° Steilkurve presst die Mitfahrer mit durchschnittlichen 4g für mehrere Sekunden in ihre Sitze. Diese Fahrfigur ist extrem an der Grenze der Familienfreundlichkeit, dürfen doch schon kleinere Kinder von 120 Zentimeter Größe auf den Sitzen Platz nehmen. In den schwül-heißen Tokioter Sommern kann dem ein oder anderen fast schwarz vor Augen werden, bevor sich der Eisvogel auf den letzten Winkelgeraden der Kurve urplötzlich in die Lüfte hebt, auf 22 Meter steigt und das Stützendickicht des frontal zum Kurvenzug stehenden Lifthügels durchfliegt. Wie auf Kommando dreht sich der Zug beim "Überflug" des Scheitelpunkts bestimmt, aber trotzdem sanft um 90° nach links, um sofort in den Sinkflug überzugehen. Der Umschwung um 90 Winkelgrade am Totpunkt des Hügels findet auf gerade einmal etwa 15 Metern Streckenlänge statt und bietet neben der Erfahrung der Schwerelosigkeit um 0g gleichzeitig laterale Kräfte beim Umreißen der Wagen in die nächste Schräglage. Derartige Umschwünge finden sich auf vielen Intamin Megacoastern, doch auf Kawasemi soll es nicht das letzte Erlebnis dieser Art gewesen sein.

Links: Der Zug bezwingt die letzten kleineren Camelbacks bevor er in die Stationsbremse einfährt (rechts)

An der rückwärtigen Längsfront der Anlage navigiert der Zug aus der linksgerichteten Abfahrt kommend auf einen klassischen, knapp 20 Meter hohen Camelback zu. Ohne jegliche Einwirkungen von Seitenkräften erfahren die Mitfahrer bei einem Tempo von etwa 40 km/h auf dem parabelförmigen Gebilde, wie sich Airtime bei etwa -0.5g anfühlen kann. Sie werden regelrecht aus dem Sitz katapultiert, während die Wagen schon wieder auf Talfahrt sind. Am Fußpunkt erfolgt eine zügig absolvierte, wieder extrem wassernah installierte 180° Steilkurve, die jedoch mit deutlich geringerer Vertikalbeschleunigung als die erste Kurve nach dem First Drop aufwartet.

Dann schließt sich das Highlight der Fahrt an: In dichter Abfolge reihen sich drei Hügel mit gleichzeitigen Umschwüngen aneinander. Zwar werden bei dieser "Slalomabfolge" nur Höhenunterschiede von gerade einmal zehn Metern geboten, doch die engen Scheitelpunkte der drei Hügel werden mit einem Tempo überfahren, welches ein Feuerwerk an dynamischen Beschleunigungswechseln bietet. In kurzer Abfolge werden die Insassen mal mit rund viereinhalb g in die Sitze gepresst, erleben deutliche Airtime unterhalb der 0g Marke und werden gleichzeitig noch von links nach rechts und wieder zurück gewirbelt.

Unterhalb des Lifthügels und kurz vor Erreichen des ersten Hügels folgt eine weitere Richtungsumkehr über 200°, welche haarscharf an der Seilwinde der Anlage vorbei und direkt in eine geradlinige Abfolge von niedrigen Camelbacks führt. Zweimal werden die Insassen durch die begehrten deutlichen Airtimes aus den Sitzen gehoben, dann folgt der Schlußspurt.

Der Zug erklimmt eine leichte Anhöhe und legt sich in eine links gerichtete 180° Steilkurve, welche wieder knapp die Wasseroberfläche berührt. Noch einmal geht es am Kurvenausgang kurzfristig in die Höhe, wieder ist deutliche Airtime fern der 0g zu spüren, und dann folgt die Einfahrt in die ruckfreie Magnetbremse. Keine 60 Sekunden nach Ausfahrt aus der Station befördern die Reibräder den Zug in seine Ausgangsposition.

Vom Slalomparcours bis zur Stationsbremse

Mega-Lite mit viel Potenzial

Der Zug fährt mit gehörig Schwung in die kurze Stationsbremse

Fakten zu Kawasemi

Erster Intamin Mega-Lite Coaster mit agiler Streckenführung

Gesamthöhe

33 Meter

Höhendifferenz erste Abfahrt

31,5 Meter

Schienenlänge

748 Meter

Max. Geschwindigkeit

85 km/h

Max. Gefälle

67°

Max. Querneigung

80°

Max. / Min. Vertikalbeschleunigung

+5g / -1g

Zeit Gravitationsfahrt

45 Sekunden

Fahrzeuge

2 Züge mit 4 Wagen; 4 Plätze pro Wagen

Theoretische Kapazität

810 Personen pro Stunde

Hersteller

Intamin Transportation Ltd., Schaan, Liechtenstein

Betreiber

Tobu Zoo Park, Saitama, Japan

Eröffnung

02. März 2008

• Link zur Webseite vom Tobu Zoo Park

Die agile Streckenführung von Kawasemi und ihren drei Schwesteranlagen macht deutlich, dass auch mit geringem Investitionsvolumen ein Fahrvergnügen bereitet werden kann, welches es mit jedem Mega- oder Giga Coaster aufnehmen kann. Statt purer Höhe oder Geschwindigkeit bietet der Eisvogel Kawasemi ein abwechslungsreiches Beschleunigungsvergnügen für die ganze Familie - Der Belastungsausrutscher in der viersekündigen g-Keule der ersten Steilkurve sei den Intamin Designern verziehen.

Für den Tobu Zoo Park ist der Mega-Lite Coaster ein perfektes neues Highlight, um im Dickicht der Konkurrenz von Tokyo Disney oder den Rekordcoastern vom Fujikyu Highland nicht unterzugehen. Trotzdem wird der Park vielfach unterschätzt oder einfach übersehen. Mit Kawasemi hat man jedoch eine Anlage platziert, die es im Großraum Tokio mit jeder Achterbahn aufnehmen kann.

Text und Bilder: Coastersandmore - jp

Editorial  |   Ride Insights  |   Visit the Parks  |   General Topics  |   Coaster Basics  |   Shop  |   Links  |   About
Über das Web-Magazin: Impressum, Nutzungsbedingungen und weitere Informationen

Copyrights 2000-2017 - Kontakt zu den Autoren: mail@coastersandmore.de