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Es ist nicht der höchste, nicht der längste oder schnellste seiner Art, doch der neue Megacoaster des Six Flags Holland punktet in anderen Bereichen. Während in Europa die vermeintliche Meßlatte bei den Stahlachterbahnen durch den Silver Star höher gelegt wurde, bietet der gerade einmal 46 Meter hohe "Winzling" aus dem niederländischen Flevoland eine gelungene Mischung aus bewährten und neuen Fahrelementen.

Expedition GeForce - Europas erster Megacoaster

Das lila - grüne Stahlungetüm ist nach Expedition GeForce im pfälzischen Haßloch der zweite europäische Megacoaster aus dem Hause Intamin. Dabei beweist Goliath wieder einmal deutlich, dass sich Stahlachterbahnen der etwas größeren Art nicht nur auf ein bloßes "auf und ab" beschränken lassen müssen: Neben Camelbacks und kleineren Bunnyhops, den bewährten Airtime-Garanten, warten bodennahe Highspeed-Kurven, eine Helix mit hohen lateralen G-Kräften, plötzliche Richtungswechsel um die Längsachse und der sogenannte Stengel Dive auf die Fahrgäste. Mit letzterer Bezeichnung zollen die Achterbahnfans dem Ingenieurbüro Stengel ihren Tribut, waren doch der Altmeister der Achterbahnbaukunst und sein Team für das Trackdesign und dessen Berechnung zuständig. Das Ergebnis ist ein 1214 Meter langer Lindwurm, der Fahrdynamik pur bietet.

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Noch sind die Gesichter entspannt...

Vor zwei Jahren öffnete Six Flags Holland seine Tore. Es war der erste europäische Park der amerikanischen Aktiengesellschaft aus Oklahoma, das Ergebnis einer mehr als 50 Millionen Euro teuren Transformation des damaligen Walibi Flevo Parks. Statt zwei Achterbahnen waren es plötzlich sechs, und Goliath ist nun die Nummer sieben für Europas selbsternannte "Achterbahnhauptstadt". Die Bahn stützt sich in Sachen Namen und Logo auf ihren weitaus größeren Bruder im Six Flags Magic Mountain in Kalifornien. Statt Intamin war hier Giovanola die Herstellerfirma, und mit 77,5 Metern legt der amerikanische Primus einige Höhenmeter mehr vor. Doch das europäische Pendant vermag dem großen Bruder durchaus den Rang abzulaufen.

Als Standort bot sich ein Teilstück hinter dem Suspended Looping Coaster El Condor an der Parkaußenseite an, ein See wurde ebenfalls einbezogen und die Station nebst Fotoausgabe und abgespecktem, auf einem Betonsockel thronenden Goliath -Schriftzug kann nun über einen breit angelegten Weg erreicht werden. Ein thematischer Bezug wird zwar vermisst, doch mit der neuen Coasterkreation konnte auch der letzte Parkbereich einen Namen bekommen. "Speed Zone" nennt er sich nun, und Goliath ist natürlich "Herr im Hause". Ob Space Shot, Go Kart Bahn oder Huss Enterprise, kein Ride kann speedtechnisch mit dieser Achterbahn mithalten. Der dazugehörige Fahruntersatz wurde im Vergleich zu den bisher ausgelieferten Megacoastern leicht überarbeitet - sei es das vibrationsarme und somit laustärkeoptimierte Kunststoffchassis, die etwas weiter auseinanderliegenden Sitze oder die für das Personal besser zu kontrollierenden Sicherheitsgurte - und bietet wie immer ein "hautnahes" Fahrgefühl. Die schweizerische Innovationsschmiede beschränkte sich dabei nicht nur auf die Züge, auch der Lift wurde modifiziert.

Links: First Drop - Rechts: Es geht aufwärts

Wieder kommt ein quasi umlaufendes Stahlseil zum Einsatz, an dem ein deutlich kürzerer, mehrgliedriger Schlitten befestigt ist. Hakt sich der Zug bei Expedition GeForce oder dem Gigacoaster Millennium Force schon in der Station ein, schieben bei Goliath mehrere Reibräder den Zug auf die Liftschräge, wo besagter Transportschlitten wartet. Mittels Geschwindigkeitssynchronisierung hakt der Zug ruckfrei in des Kabelliftsystem ein und steigt fast lautlos den 30° steilen Lift empor.

Der höchste Punkt in 46 Metern Höhe ist schnell erreicht. Was folgt, ist ein 55 Sekunden andauernder Adrenalinrausch. 70 Grad Neigung bietet die erste Abfahrt, der First Drop, an ihrer steilsten Stelle. Auf gut 105 Stundenkilometer beschleunigt der siebengliedrige Zug, um sich den unzähligen Fahrelementen zu stellen.

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Blick vom First Drop auf die Anlage

Es beginnt recht klassisch: Der 45 Meter tiefen Abfahrt folgt direkt der nächste Hügel. In knapp 40 Metern Höhe die erwartete Airtime und wieder der Sturz in die Tiefe. Dann ein Programmwechsel: Gerade einmal gut einen Meter über dem Erdboden neigt sich der Zug in eine flache Rechtskurve, schießt mit knapp 100 Stundenkilometern durch den weiten Rechtsbogen, um die nächste Auffahrt in Angriff zu nehmen. Es folgt ein weiterer Camelback, der jedoch an seinem Scheitelpunkt mit einer Weltneuheit aufwartet.

Auf zwei Drittel seiner Gesamthöhe verdreht sich der Dreigurtträger des Schienenstranges um seine Längsachse, weit über 90° hinaus. Der Zug steigt in die Höhe und neigt sich plötzlich quer, so dass die Köpfe der Mitfahrer am Scheitelpunkt gen Boden zeigen. Aus dieser Position heraus taucht er in eine gekrümmte Abfahrt, in der langsam wieder eine senkrechte Fahrposition eingenommen wird. Für Sekundenbruchteile steht der Fahrgast "fast" Kopf, und dies gänzlich ohne Schulterbügel. Da dieses Fahrelement keinen "offiziellen" Namen besitzt, wird es von Fans schlicht Stengel Dive genannt. Wie bei vielen anderen Fahrfiguren auch, hat sich die Stengel GmbH wieder einmal vom Kunstflug inspirieren lassen. Prinzipiell ist der Stengel Dive nichts anderes als eine überhöhte Steilkurve, nur mit dem Unterschied, dass der erste Teil mit einer geraden Auffahrt bei gleichzeitiger Drehung um die Längsachse beginnt, ähnlich einer Zero-G-Roll.

Links: Übergang in die erste Kurve- Rechts: Ausfahrt aus dem Stengel Dive

Trotz dieser Vergleiche ist das Fahrgefühl einmalig: Kurzerhand wird der Wagenzug nach rechts gerissen, urplötzlich finden sich die Fahrgäste in einer "extremen" Schläglage wieder, die in der weiten Abfahrt ihr Ende findet. Man steht Kopf und wieder doch nicht. Diesem luftigen Adrenalinstoß folgt wieder ein Abschnitt kurz oberhalb des Erdbodens.

Es schließt sich eine Kehrtwende an, die das Ende des V-förmigen, grell-farbenen Stahlgebildes darstellt, welches sich mit seinen beiden "Flanken" um einen der vielen Seen des Six Flags Holland schmiegt. Liegen Station, Lifthill sowie der erste Camelback auf einer Linie parallel zur Parkgrenze, begrenzen der Stengel Dive und besagter Richtungswechsel die andere Flanke der weiten V-Struktur.

Wieder nur gut einen Meter oberhalb des Bodens legt sich der Zug in den Linksbogen, rast über die Wiese, streift den Parkplatz, um nach einem Dreiviertelkreis in die Luft zu steigen. Die Ausfahrt des Stengel Dives wird gekreuzt - wie bei einer Acht. Kurvig geht es weiter. Über den See spannt sich eine 450° aufwärtsführende Helix, welche fast konstante, laterale Beschleunigungen bietet. Die Ein- und Ausfahrt in dieses Fahrelement wird über zwei rund 15 - 20 Meter hohe Hügelelemente vollzogen. Die Auffahrt ist jeweils eine enge Rechtskurve, die Abfahrt eine enge Linkskurve, so dass am Scheitelpunkt der Hügel ein Richtungswechsel vollzogen wird.

Nach der Kehrwende - Auffahrt zum ersten Umschwung

Dieser ist derart gestaltet, dass die Strecke innerhalb weniger Meter von einer extremen Rechts- in eine Linksneigung kippt. Diese Verdrehung um die Längsachse wurde schon in ähnlicher Form bei der Expedition GeForce im deutschen Holiday Park verwendet. Bei Goliath kommt dieses "Fahrelement" gleich doppelt zum Einsatz, allerdings wird es deutlich langsamer durchfahren und bietet damit einen nicht ganz so hohen Thrillfaktor. Dafür entschädigt die Helix mit lang andauernder, lateraler Belastung. Irgendwie erinnert diese Fahrfigur an die des großen Bruders in Kalifornien. Deren brutale Härte - mit lateralen 2g wird dem ein oder anderen nach sieben Sekunden im Kreisrund fast schwarz vor den Augen - wird dem europäischen Publikum jedoch nicht zugemutet.

Bunnyhops

Der zweite Umschwung entlässt den Zug auf den letzen Abschnitt, parallel zum Lifthill gelegen. Drei Bunnyhops reihen sich auf, niedrige, kurz hintereinander platzierte Hügel, die Airtime ohne Ende bieten. Mittendrin steht die Fotoanlage. Mit rund 50 Stundenkilometern rast der Zug über die Hügelkuppen an den Wartenden und der Station vorbei, dreimal heben die Fahrgäste kurzzeitig ab, um schließlich über einen scharfen 180° Bogen in die Bremsen entlassen zu werden.

Elegant legt sich der Zug in die Kurve. Erst ein leichter Linksschwenk, dann die enge Kurve, haarscharf oberhalb des torfbedeckten Erdbodens gelegen. Nach 55 Sekunden hat das Abenteuer Goliath dann sein Ende gefunden. Die bei Intamin-Coastern schon obligatorischen Wirbelstrombremsen verzögern den Zug, am Schienenstrang platzierte Reibräder befördern das zwölf Tonnen schwere Gefährt in die überdachte Station.

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Ein erstklassiges OnRide-Video bietet die Internetseite coastervideos.de

Goliath ist bezwungen worden und dieser Megacoaster kann definitiv überzeugen, selbst bei den Höhenjunkies kommt dieser "Zwerg" richtig gut an. Die Mischung macht es eben: Die Fahrelemente sind stimmig platziert und die Geschwindigkeit bis zum Ende gut dosiert. Nur die beiden Umschwünge verblassen etwas, die Geschwindigkeit zum Zeitpunkt des "Herumreißens" ist relativ zur Richtungsänderung etwas langsam ausgelegt worden. Ein Megacoaster mit eigenem Charakter - bitte mehr davon...

Panorama von Goliath

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