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Aus der Luft wirkt die Winterlandschaft
von Mammut wie ein unüberschaubares Labyrinth |
Das Jahr 2008 bringt die Renaissance der Mammuts -
zumindest in der Achterbahnwelt. Neben der Holzachterbahn dieses Namens im
schwäbischen Tripsdrill hat auch das Gardaland seine Neuheit so
bezeichnet. In Italiens Freizeitpark Nr. 1 ist die 1030 Meter lange
Familienachterbahn das Herzstück des neuen Themenbereichs "Polar World"
und nimmt die Besucher seit Ostern mit auf eine Expedition ins ewige
Eis.
Mammut erzählt die Geschichte einer Expedition
von Wissenschaftlern Ende der Vierziger Jahre. Bei einer Ausgrabung am Nordpol
wird ein vollständig erhaltenes, gefrorenes Mammut gefunden. Da die
Ausgrabungsstätte durch Berge und Eis kaum zugänglich ist, wurde ein
Spezialzug konstruiert, der Mensch und Material transportieren soll - unter
beschwerlichen und extremen Bedingungen. Das Gardaland wäre kein
Freizeitpark, nähme es nicht bei jeder Fahrt 32 Besucher mit auf die
abenteuerliche Reise.
Eine Rechtskurve aus der Station - einem expeditionstypisch
funktionalen, aber leider auch schmucklosen Bau mit Wellblechdach - führt
den Zug auf den ersten, zwölf Meter hohen, Lifthügel. Die
eigentliche Fahrt beginnt mit einer 270-Grad-Linkshelix unter dem Lift
hindurch, gefolgt von drei 180-Grad-Kurven rechts, links und rechts. Eine
Linksschleife führt wieder unter dem Lift hindurch und um ein havariertes
Kleinflugzeug herum auf den zweiten Berganstieg. Auch der folgende
Streckenabschnitt wird durch eine Helix eingeleitet - diesmal geht es
fast zweimal im Kreise rechts herum. Es folgen zwei Schleifen und eine
Linkskurve in eine Bremssektion vor dem dritten und mit 14 Metern höchten
Lifthügel der Anlage. Bislang ist die Fahrt eher gemütlich: Kurven
bestimmen den Parcours, Airtime findet man nur mit etwas Wohlwollen an
drei Stellen.
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Rechts: Zum Ende der Fahrt begegnet der
Zug dem namensgebenden Mammut |
Jetzt endet jedoch das Layout, wie es der
niederländische Hersteller Vekoma fast identisch vom über 15
Jahre alten Minetrain Prototypen in Walibi Belgium
übernommen hat. Der dritte Streckenabschnitt wurde für die Achterbahn
im Gardaland neu layoutet und berechnet - der Zuwachs an Dynamik ist
mehr als deutlich. Merklich flotter legt sich der Zug in die - wie sollte es
anders sein - 540-Grad-Linkshelix, an deren Ende die bislang höchsten
positiven Kräfte wirken. Über einen Hügel neigt dreht sich die
Schiene in eine Rechtskurve, während das Gefährt an einem fünf
Meter hohen Mammut vorbeirauscht. Es folgt ein Hügel, von dem aus der Zug
überraschend kraftvoll in die letzte Rechtskurve vor der
Schlussbremse beschleunigt, jedoch vehement von Magnetbremsen auf
Schritttempo verzögert wird. Nach rund drei Minuten sind die Passagiere
wieder am Ausgangspunkt ihrer Reise angekommen.
Das Thema Mammut und Polarwelt wurde im Vorfeld des Baus vom
Gardaland nach Besucherumfragen festgelegt. Zur Wahl standen
außerdem eine Fahrt durch König Solomons Goldmine und ein
"Ghost Train" im Stil einer Western-Mine. Die Mehrheit der Befragten
sprach sich für die Expedition in die Winterwelt aus - ein kräftiger
Kontrast zu den oft sehr hohen Temperaturen am Gardasee. Entstanden ist auf
5000 Quadratmetern ein kleiner Themenbereich mit einer einzigen Attraktion, der
zwischen den Themenbereichen Atlantis und Western sowie dem
Suspended Looping Coaster Blue Tornado etwas deplaziert wirkt.
Für sich genommen mag die Gestaltung mit dem Zuckerguss-Gebirge zwar eine
gute Wahl sein, besser eingepasst hätte sich aber sicherlich eine
Minengestaltung mit Zugang vom tiefer gelegenen Westernbereich.
Hinzu kommt noch, dass die Bahn von Außen kaum
einsehbar ist, mögliche Fahrgäste also nicht erkennen können,
was auf sie zukommen wird. Das schadet der Popularität jedoch in keinster
Weise. Die Wartezeiten bei Mammut sind die längsten im
Gardaland, an besucherstarken Tagen ist der für anderthalb Stunden
ausgelegte Wartebereich schnell komplett überfüllt. Die laut
Parkangaben größte Familienachterbahn Italiens ist bei weitem nicht
so wild wie Intamins Ulven im dänischen Bakken oder der
Geheimtipp Colorado Adventure im Phantasialand. Damit dürfte
sie zwar nicht die Herzen der Thrillsüchtigen erobern, füllt aber
treffsicher eine auffällige Lücke im Achterbahnportfolio des
Gardalands.
Italiens besucherstärkster Park ist mit seiner komplett
familienkompatiblen Themenachterbahn Mammut bestens gerüstet,
schliesslich meidet der Italiener eher solch gigantische Loopingbahnen,
wie sie zum Beispiel beim knapp zwei Stunden entfernten Mitbewerber
Mirabilandia in Form des B&M Inverted Looping Coasters
Katuns zu finden sind. Trotzdem wird auch dort fleissig investiert: 2009
wird an der Stelle der aus Altersschwäche abgerissenen
Holzachterbahn Sierra Tonante eine hypermoderne, gut 40 Meter
hohe Stahlachterbahn eröffnen. |