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Sky Roller: Gerstlauer kann auch anders!

Der Sky Roller feierte im Frühsommer 2008 seine Weltpremiere im Innenhof des Deutschen Museums

In den letzten Jahren hat sich die Gerstlauer Rides GmbH mit kreativen und familientauglichen Achterbahnen einen Namen gemacht. Der Eurofighter wurde zum weltweiten Erfolg, ebenso wie die Spinning Coaster mit ihren gegenüberliegenden Sitzen. Nicht vergessen darf man die Bobsled Coaster, deren Einzelfahrzeuge sehr enge Fahrfiguren ermöglichen. Dass man im süddeutschen Münsterhausen auch andere Fahrgeschäfte im Angebot hat, ist hingegen kaum bekannt. Das könnte sich nun ändern: Mit dem Sky Roller.

Von der ersten 3D Konstruktion zum Probeaufbau bei Gerstlauer

Das neuartige Flugkarussell feierte im Frühsommer 2008 seine Premiere im Innenhof des Deutschen Museums in München. Nach Fahrtbeginn wird zunächst der Turm in Drehung versetzt, der dabei teleskopartig auf zirka die doppelte Ausgangshöhe ausfährt. Gleichzeitig wird der Gondelkranz mit seinen acht Armen per Kettenzug am zweiten Turmsegment emporgezogen. Am Ende jedes Arms ist ein Ausleger mit zwei Sitzen angeordnet. Beim Einstieg befinden sich die beiden Sitze nebeneinander. Wenn der Gondelkranz die Endhöhe erreicht hat, werden die Ausleger um 90 Grad nach Außen geneigt und die Sitze befinden sich nun übereinander. Die Fliehkraft der gleichförmigen Drehbewegung sorgt schliesslich für ein konstantes Ausschwingen der Gondeln um etwa 30 Grad.

Das Hochfahrgeschäft ermöglicht durch geschickte Bewegung der Seitenruder Überschläge ohne Ende

Das wäre nicht besonders spannend, wären da nicht zwei entscheidende Extras: Links und rechts jedes Sitzes sind kleine Flügel - vergleichbar mit den Querrudern eines Flugzeugs - angebracht, die jeder Passagier nach Belieben mittels Griffen drehen kann. Die durch den Fahrtwind erzeugte Luftströmung kann dabei individuell nutzen, um den Sitz in eine seitliche Schwingung zu versetzen. Dazu sind beide Flügel entgegengesetzt anzustellen. Die Drehgeschwindigkeit des Turms reicht zwar nicht aus, um den Sitz überschlagen zu lassen, doch das ist nach zwei bis drei Schwüngen problemlos möglich. Es ist jedoch ein wenig Geschick und Koordination nötig, um im Totpunkt der Schaukelbewegung die Stellung der Flügel umzukehren. Ist der erste Überschlag geschafft, loopt der Sitz weiter, bis man die Flügelstellung wieder ändert. Da alle Sitze den gleichen Horizontalradius beschreiben, ist auch die Geschwindigkeit und somit die Fahrphysik identisch.

Die Idee, den Fahrtwind zu nutzen, ist an sich nicht neu. Schon seit vielen Jahrzehnten gibt es die zunehmend rar werdenden Flying Scooters, eine Art Kettenkarussell mit Gondeln, an denen bewegliche Seitenruder angebracht sind. Je nach Stellung des Ruders schwingt die Gondel mehr oder weniger aus. Vor allem in England und den USA waren derartige Fahrgeschäfte häufig zu finden. Mit dem Sky Roller hat die Firma Gerstlauer das Konzept nun auf eine ganz neue Stufe gehoben und ihm einen völlig neuen Dreh gegeben. In einer Zeit, in der Interaktivität das Maß aller Dinge ist, war die Übertragung dieses Dogmas auf einen Thrillride längst überfällig.

Dabei ist die Bezeichnung Thrillride eigentlich falsch. Denn lässt man die Flügel, wo sie sind, dann bietet der Sky Roller eine gemütliche Aussichtsfahrt. Der Fahrgast kann selber entscheiden, ob er nur etwas schaukeln oder lieber den dreiminütigen Dauerlooping wagen möchte. Eine derartige Individualität beim Fahrablauf ist absolut neu. Nun können auch diejenigen, deren Vorlieben an den Härtegrad eines Karussells deutlich auseinanderliegen, eine gemeinsame Fahrt erleben: Für einen geruhsamen Mitfahrer ist es schon unterhaltend genug, die Bemühungen des benachbarten Loopingjägers zu beobachten. Und genau das macht die Anlage auch für die außenstehenden Zuschauer so interessant. Nicht zuletzt können die Passagiere in einen sportlichen Wettstreit treten, wer den Looping zuerst schafft oder den Dauerlooping länger aushält.

Rechts: Auch geruhsame Ausflugsfahrten sind auf dem Sky Roller möglich

Der Sky Roller wird vom Münchner Schausteller Heinrich Haas betrieben, der an gleicher Stelle bereits mit einem Slingshot, einem Simulator und dem Fern:seher, ebenfalls ein Unikat aus dem Hause Gerstlauer, vertreten war. Aufgrund von Vorgaben des Deutschen Museums ist die Gestaltung des Fahrgeschäfts absolut minimal. Dadurch ist das stahlgraue, technoide Äußere, das nur durch die blauen Flügel etwas aufgelockert wird, zwar kein Augenschmaus, passt jedoch in das Konzept eines Technikmuseums.

Fakten zum Sky Roller

Durchmesser (Gondeln am Boden)

 

20,6 Meter

Durchmesser (Gondeln gehoben)

 

22,5 Meter

Höhe (Gondeln gehoben)

 

22 Meter

Drehungen pro Minute

 

12

Anschlusswert

 

100kW

Fahrgäste pro Fahrt

 

16

Eröffnung

 

07. Juni 2008

Bei der Anlage handelt es sich um einen eigens entwickelten und angefertigten Prototyp. Der komplette Antrieb, also die Drehung und das Ausfahren des Turms sowie das Neigen der Ausleger, erfolgt hydraulisch. Der Turmantrieb wird von einem Druckspeicher gespeist, der sowohl den Drehmotor als auch den Hydraulikzylinder versorgt. Zur Geräuschdämmung sind die Hydraulikpumpen eingehaust, und tatsächlich ist die Anlage erstaunlich leise. Gerade an einem derart abgeschlossenen Ort wie dem Innenhof vor dem Eingang des Deutschen Museums wäre eine übermäßige Lärmentwicklung mehr als störend. Im Gegensatz zum ausgelassenen Johlen des ein oder anderen Fahrgastes ist der Antrieb jedoch kaum wahrnehmbar. Eine von Außen kaum erkennbare Neuerung ist die Funkanbindung der Sensoren am Gondelkranz an die Steuerung.

Noch ist der Sky Roller ein Einzelstück. Doch die Variabilität und individuelle Gestaltungsfreiheit des Fahrablaufs für jeden einzelnen Fahrgast sowie die Wirkung auf Zuschauer dürfte die Anlage auch für andere Betreiber interessant machen. Eine Erhöhung der Kapazität von 16 auf 24 Personen wird derzeit geprüft, ebenso die Entwicklung einer transportablen Version. Damit sich letzteres lohnt, müssten sich mehrere Interessenten für das Fahrgeschäft finden. Da ist es gut, dass die nächste Euro Attractions Show im Herbst in München stattfinden wird - und Gerstlauer potentielle Interessenten direkt vor Ort mit einer Probefahrt überzeugen kann.

Der Sky Roller im Innenhof des Deutschen Museums in München

Text und Bilder: Coastersandmore - jp; Renderings: Gerstlauer Rides GmbH

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