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Six
Flags Holland - Eingangsportal |
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"Premier Parks wandelt den ersten Walibi-Park in einen
Six Flags Themenpark um, Walibi Flevo heißt ab der Saison
2000 Six Flags Holland", so lauteten die Meldungen Ende '99.
Vorausgegangen war eine der größten Einkaufstouren in
der Geschichte der Freizeit- und Themenparks: Im Frühjahr '98
wurde die europäische Walibi-Kette von der amerikanischen
Aktiengesellschaft Premier Parks für 140 Millionen US-Dollar übernommen,
kurze Zeit später erwarb das Unternehmen die in Amerika ansässigen
Vergnügungsparks Six Flags vom Entertainment-Multi Time
Warner (u.a. Filmstudios Warner Brothers, CNN, ..) und Ende '99
erfolgte noch die Übernahme der Warner Bros. Movie World bei
Bottrop-Kirchhellen sowie eine fünfprozentige Beteiligung am
gleichnamigen und zur damaligen Zeit im Bau befindlichen
Movie-Park bei Madrid.
Die aggresive Expansionspolitik der in Six Flags Inc.
umbenannten Aktiengesellschaft Premier Parks ist in der
Branche hinlänglich bekannt, der Sprung über den großen
Teich kam plötzlich und mit dem seit der Saison 2000 eingeführten
Euro Season Pass bietet die Six Flags European
Division eine recht preisgünstige Jahreskarte für
alle europäische "Hausparks" an. Doch was verbirgt
sich hinter dem "Importprodukt" Six Flags
wirklich? Die Erwartungen vieler Freizeitparkfans an die Company
waren zum neuen Jahrtausend relativ hoch, schließlich wird
Amerika aufgrund der Erfolgsgeschichte des Disneylands als
Mutterland der Themenparks gehandelt und immer wieder hört
man von Rekordachterbahnen aus den USA. Mit Letzteren glänzen
auch die diversen amerikanischen Six Flags Parks, nur
einen aufwändig thematisierten Park mit perfekt arrangierten,
in eine Storyline eingebundenen Attraktionen, wie sie
beispielsweise in den Universal oder Disney Parks
zu finden sind, sollte der Besucher nicht unbedingt von der
amerikanischen Aktiengesellschaft erwarten. Hier gilt eher Quantität
"statt" Qualität - Auch in Europa! So ergänzte
das Management den Walibi Flevo Park bei seiner
Umstrukturieung zum Six Flags Holland um gut 25 (!) neue
Attraktionen, darunter alleine vier Achterbahnen. Klotzen statt
Kleckern war/ist das Motto - Höhe, Geschwindigkeit, Thrill
und Fun stehen im Vordergrund, die Einbindung der Fahrgeschäfte
in eine Storyline bleibt dabei zweitrangig. Zwar werden auch
verschiedene Themenbereiche geboten, die Attraktionen erhalten
auch eine entsprechende Thematisierung, diese ist aber kaum
vergleichbar mit dem Aufwand, der beispielsweise von Disney
betrieben wird. Dieser augenfällige Unterschied mag dem einen
oder anderen Themenparkfan sicherlich nicht gefallen, doch Six
Flags fokussiert durchaus andere Zielgruppen als die Walt
Disney Company. So bieten viele der eigenen Parks in den USA
eine Masse von Thrill-Rides der Spitzenklasse, vornehmlich
Achterbahnen aus schweizer, amerikanischer und niederländischer
Produktion - bestes Beispiel ist Six Flags Magic Mountain
in Kalifornien - und unterstreichen damit den von Fans oft
benutzten Begriff "Steel Park".
Holzachterbahn
Robin Hood |
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Und was macht Six Flags Holland, welches in der Werbung
als "Europe's Coaster Capital" vermarktet wird?!
Hypercoaster oder die in jedem US-Six Flags
Park zum festen Bestand gehörenden Multi-Looper Marke
Bolliger & Mabillard suchte der Thrillfan im Jahr der
Umstrukturierung vergeblich. Der Bestand an Achterbahnen wurde
zwar um vier Anlagen auf stattliche sieben Roller Coaster
aufgestockt und eine Unmenge anderer Fahrgeschäfte hinzugefügt
(vornehmlich Rund- und Hochfahrgeschäfte), doch auf den
zweiten Blick ist erkennbar, dass trotz der ein oder anderen Novität
- hier ist vor allem der im Eröffnungsjahr für Europa
einzigartige LSM-Coaster des niederländischen
Unternehmens Vekoma zu nennen - mehrheitlich "nur"
Standardware geboten wird: Wilde Maus oder Boomerang
waren in unseren Breitengeraden schon vorher zu finden, Top
Spin und Magic, zwei kompakte Thrillrides der
deutschen Firma Huss, ebenso. Nichts also mit dem totalen
Coasteroverkill, dem amerikanischen Streben nach Außergewöhnlichem
und Gigantismus?! Sollte man etwa auf Sparflamme kochen oder traut
man dem hiesigen Parkpublikum die Thrillmachines aus den Staaten
nicht zu? Der mehrmalige Eintritt zu Dumpingpreisen nach
amerikanischem Vorbild ist zwar mit dem Euro Season Pass
gewährleistet, doch die wirklich gigantischen Achterbahnen
schienen im "Neu"eröffnungsjahr dem amerikanischen
Publikum vorbehalten zu bleiben.
Anders die europäischen Mitkonkurrenten, hauptsächlich
noch mittelständische Familienbetriebe. Wenn man schon nicht
gegen die Massenwirkung des Euro Season Pass ankommt,
versucht man es eben "scheinbar" auf anderem Wege: Colossos,
die zweithöchste Holzachterbahn der Welt, oder Expedition
GeForce, Deutschlands erster Stahlcoaster mit einer Höhe
von über 50 Metern, waren im Jahre "eins" nach Six
Flags Holland "nur" einige Beispiele. Das Streben
nach Gigantismus ist scheinbar seit Six Flags bei diversen
Parkbetreibern Programm, die Medienwirkung der höchsten,
steilsten oder schnellsten Anlage in Deutschland bzw. Europa wird
nun ebenso erfolgreich auch in unseren Breitengeraden zu eigen
gemacht. |
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Doch zurück zu Six Flags
in Holland. Innerhalb von einem halben Jahr wurde im niederländischen
Flevoland ein gänzlich neuer Freizeitpark geschaffen. Die
niederländische Parkversion bezog dabei ihre Achterbahnen
(fast) ausschließlich vom einheimischen Achterbahnhersteller
Vekoma, dessen Verkaufsschlager Boomerang
oder Suspended Looping Coaster an vielen Orten
weltweit in identischer Aufmachung zu finden sind.
Konnte der ursprüngliche Park
Walibi Flevo im Jahre '99 vor der großen Umwandlung
nur eine handvoll wirklich großer Fahrgeschäfte
aufweisen - Suspended Looping Coaster, Rapid River und
Wildwasserbahn -, so sind durch die einmalige Investition von mehr
als 50 Millionen Dollar ebenso viele Großanlagen
hinzugekommen: Die zweite niederländische Holzachterbahn Robin
Hood, der LSM-Coaster
Superman The Ride vom Streckenverlauf her
eine 1:1 Kopie des von Vekoma in Zusammenarbeit mit Walt
Disney Imagineering für den Disney Studiopark in Florida
entwickelten Prototypen Rock 'n' Roller Coaster - und auch
Vekoma's Verkaufsschlager Boomerang kann die
Niederländer begeistern. Zusätzlich wurden noch über
zwanzig weitere Neuheiten errichtet: Ein in der Mitte des Areals
platziertes Riesenrad (Vekoma), eine Parkversion der Wilden
Maus von Mack (The Flying Dutchman Gold Mine),
eine Batman Stunt Show, ein Vekoma Mad House namens Merlins
Magic House - die heute aus vielen Parks bekannte moderne
Version der Hexenschaukel - ein Chaos von Chance,
diverse Fahrgeschäfte von Huss (Top Spin, Breakdance,
Magic ...) und und und. Die "Liste" ist lang und ihre
gesamte Aufzählung würde diesen Rahmen sprengen. Trotz
dieser Fülle bleibt aber der eben schon angesprochene, leicht
negative Beigeschmack: Wo in den USA für eine solche
Investitionssumme vielleicht 3-4 schweizerische Präzisionswerke
an Achterbahnen erworben werden, stattete man hier einen eher
durchschnittlichen Freizeitpark fast komplett neu aus. |
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Die Zeit der Winterpause war knapp
kalkuliert und es war eigentlich abzusehen, dass es unmöglich
wäre, binnen 5 Monaten die nötige Infrastruktur nebst
der 25 neuen Rides und Shows zu errichten. Die für Anfang
April 2000 vorgesehene Eröffnung war nicht einzuhalten, doch
schon Mitte des Monats konnte die offizielle Pressevorstellung
einen ersten Überblick über das Areal verschaffen.
Favorit war natürlich - wie nicht anders zu erwarten - der
mit Linear Synchron Motoren beschleunigte Superman
- The Ride Coaster. Seine Europapremiere gelang: Die geladenen
Gäste waren begeistert, nur einige Thrill-Ride Enthusiasten
des European Coaster Club waren etwas
enttäuscht: So wie der Katapultstart mittels LSM-Antriebs
auf immerhin 90 Stundenkilometer direkt in das erste
Looping-Element hinein begeistert, so ernüchternd gestaltete
sich der mittlere Abschnitt des Coasters: Langezogene Kurven und -
relativ gesehen - niedrige Geschwindigkeit herrschen hier vor. Die
Strecke wurde schließlich auch für einen Indoor Roller
Coaster entwickelt, der eher von seinen Kulissen und Soundeffekten
lebt - Hierauf wurde in Holland verzichtet. Insgesamt präsentierte
sich der Park zum eben angesprochenen Media Day noch als Großbaustelle,
vor allem hinsichtlich des Wegenetzes. Selbst einige Attraktionen
waren bis dato nicht fertiggestellt, so z.B. die Holzachterbahn
Robin Hood oder die Wilde Maus. Trotzdem zeigten sich die
Verantwortlichen zuversichtlich, eine Woche später sollte
schließlich schon die offizielle Eröffnung zelebriert
werden.
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Merlin's
Magic Castle |
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Siebe Tage später erfolgte
diese auch planmäßig, erst einmal aber nur für ein
Wochenende. Alle großen Rides schienen ohne Probleme zu
laufen, auch die Holzachterbahn. Einzig und allein das Mad House
Merlin's Magic House von Vekoma und die Wilde
Maus The Flying Dutchman Gold Mine waren noch
nicht fertiggestellt.
Ab dem Monat Mai erfolgte dann der tägliche Betrieb, doch
wegen der kurzen Testphasen blieben die Kinderkrankheiten der
hochtechnisierten Fahrgeschäfte nicht aus: Da fiel der
Boomerang La Via Volta aus oder Superman - The Ride
kränkelte bei seinem Katapultstart. Zudem fiel bei einem
Besuch Ende Juni auf, dass einige Ecken des Parks recht
provisorisch hergerichtet waren: Beispielsweise wurde im
Westernberech noch fleißig an Fassaden gezimmert, am
LSM-Coaster wurde der Launch-Bereich überdacht, um die
sensiblen Magnetspulen vor direkter Nässe zu schützen,
und hier und da wurden noch fehlende Geländer montiert.
Eines war jedoch klar erkennbar: Thrill und Fun stehen in Six
Flags Holland eindeutig im Vordergrund, so wie es auch die
amerikanischen "Mutterparks" vormachen. Gerade deswegen
ist dieser Park sicherlich nicht das optimale Ausflugsziel für
Familien mit kleineren Kindern (bis cirka 8 Jahre). Zwar wird mit
der Bugs Bunny Wereld für die "Kleinen"
auch ein Park im Park geboten, ansonsten stehen aber eher "nur"
Thrill Rides (vornehmlich besagte Achterbahnen bzw. Überkopffahrten
oder Fahrgeschäfte mit mehreren überlagerten
Drehbewegungen) auf dem Programm. Selbst die jugendlichen Fahrgäste
scheinen sich (bzw. ihren Magen) stellenweise zu überschätzen
- dem schnellen Six Flags Personal sei Dank, dass diverse "Unfälle"
schnell aufgewischt werden. |
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Trotz des für Europa sicherlich einzigartigen, quantitativ
hohen Angebotes an Thrill und Fun Rides konnte das Six Flags
Holland in seinen ersten beiden Betriebsjahren nur als eine "Light
Version" der amerikanischen Vorbilder angesehen werden.
Gerade außergewöhnlliche Rides, vor allem in Sachen
Achterbahnen, suchte man eher vergeblich. Dem europäischen
Besucher gefällt es aber trotzdem, schließlich wurden
erst im Jahre 2001 solch spektakuläre Anlagen in Mitteleuropa
errichtet, die es in Sachen "Größe" mit den
Anlagen aus den USA aufnehmen können. Diese Overkill-Anlagen
setzen beim "hiesigen" Durchschnittspublikum neue Maßstäbe.
Gleichzeitig steigt die Erwartungshaltung der anvisierten
Zielgruppen entsprechend, eben auch an "Europe's Coaster
Capital".
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Layout
© Six Flags Holland |
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Hier blieb man aber deshalb nicht tatenlos: Wurde in der Saison
2001 noch eine "Nullrunde" bezüglich neuer
Attraktionen eingelegt - nach dem Großinvest im Jahre 2000
verständlich -, wurde für die Saison 2002 von
offizieller Seite eine Neuheit angekündigt. "Selbstverständlich"
ist es wieder eine Achterbahn. Goliath sollte der neue
Stahlcoaster heißen und mit einer Höhe von 46 Metern
die Meßlatte in den Niederlanden höher legen. Im
Vergleich mit anderen europäischen Bahnen "verkommt"
dieser Goliath zwar zum Zwerg, doch in Sachen Thrill und
Fun punktet diese Neuanschaffung in allen Bereichen: Die 1200
Meter lange Achterbahn wurde vom Ingenieurbüro Stengel
designt und von der Schweizer Intamin AG realisiert - Zwei
Partner, die für Qualität bürgen. Die 11 Mio. Euro
teure Neuanschaffung kann gefallen: Das Büro Stengel
und Intamin zeigten schon mit Expedition GeForce
im deutschen Holiday Park deutlich, dass Höhe alleine
nicht das entscheidende Kriterium für eine Thrillfahrt der
Extraklasse ist. Das Layout des L-förmig ausgestalteten Out&Back
Coasters ist stimmig. Der Höhenunterschied des First Drop
beträgt 45 Meter bei 70 Grad Neigung, drei große
Abfahrten, vier Hochgeschwindigkeitskurven in Bodennähe, eine
weit über 360 Grad hinausreichende Helix und drei
Bunny Humps bieten ein reichhaltiges Angebot. Und auch ein
neues Fahrelement hält Einzug, der Stengel Dive, eine
"angedeutete" Inversion in luftiger Höhe.
Für neue Spannung ist also gesorgt, und endlich bietet der
Thrillpark auch ohne Zweifel eine Anlage des Formates mit dem Prädikat
"einzigartig, großartig und atemberaubend". Six
Flags Holland hat genügend Potential, ist landschaftlich
schön gestaltet und bietet vor allem ausreichend
Erweiterungsflächen für kommende Großprojekte. |
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