Trotz Konjunkturflaute und einem geringen Neuheitenvolumina in den USA scheint der europäische Markt noch genügend Potential für neue Parks und auch neue Großattraktionen zu haben. Besonders im Bereich der Achterbahnen wird einiges geboten werden, vielfach handelt es sich um Prototypen bzw. recht herausragende Anlagen: Ob von der Höhe (Silver Star / Europa Park), der Fahrposition (Air / Alton Towers) oder durch einzigartige Fahrelemente (Wuze Town / Phantasialand). Es wird eine spannende Saison, die ohne Zweifel das Jahr 2001 mit seinen herausragenden Neuerscheinungen wie Colossos oder Expedition GeForce überbieten wird.

Im Folgenden werden die interessantesten Neuerscheinungen vorgestellt, wobei von der Streuung von Gerüchten abgesehen wird. Alle Aussagen sind von den Parks in Pressemitteilungen bzw. Werbeaussagen publiziert worden oder von den Herstellerfirmen bestätigt.

Zum 35. Jubiläum glänzt das Phantasialand mit einer Fülle von neuen Angeboten. Zwar sollte deren Großteil in Form des Wuze Town - Indoor Projektes schon zur Saison 2001 eröffnet werden, doch die länger andauernden Bauarbeiten und Tests der Großanlage verzögerten den Start erheblich.

Ab dem 30. März kann dann aber die geheimnisvolle Welt der lange verschollenen, unterirdischen Stadt des Wuze Volkes betreten werden. Innerhalb des mehrstöckigen Hallenkomplexes, der im Zentrum eine lichtdurchflutete Rotunde beherbergt, befindet sich nicht nur die Wuze Stadt, sondern auch drei "gewagte" Rides: Ob der Tittle Tattle Tree, auf dem die kleinen Besucher erste Erfahrungen mit der Erdanziehung machen können (Mini-Paratower von Vekoma, der ein altersgerechtes Erlebnis des "Freien" Falls bietet), oder die beiden Hauptattraktionen, die Achterbahnen Winjas Force und Winjas Fear. Hinter diese Bezeichnungen verbergen sich einzigartige, jeweils 420 Streckenmeter lange Prototypen des von Maurer Söhne für den mobilen Markt entwickelten Spinning Coaster 2000.

Schon seit zwei Jahren rauben dessen frei drehbare Einzelchaisen für jeweils 4 Personen dem ein oder anderen Kirmesbesucher jegliche Orientierung. Für das Phantasialand wurde dieses Achterbahnkonzept weiterentwickelt und mit einigen weltweit einzigartigen Fahrelementen ausgestattet. So bietet die Fahrt ein außergewöhnliches Erlebnis über den Dächern der zauberhaften Indoor-Fantasywelt von Wuze Town, angefangen bei Slalomfahrten über plötzliche Abstürze bis zu sich bewegenden Streckenabschnitten! Dabei wird eine neue Art von Coastererlebnis geboten, fernab vom "höher, schneller, weiter" Streben - die Bahnen sind in der Spitze gerade einmal 66 km/h schnell und befahren Höhenunterschiede von gut 17 Metern - dafür aber mit einigen intelligenten, überraschenden Fahrelementen der besonderen Art.

Eingangsbereich der Walt Disney Studios

Mit dem Walt Disney Studios Park eröffnet am 16.03.02 der zweite Themenpark im Disneyland Resort Paris. Der 660 Millionen US-Dollar teure Filmpark bietet als Hauptattraktion im hinteren Backlot Bereich den Rock 'n' Roller Coaster starring Aerosmith, eine Indoor High-Speed Achterbahn mit LSM-Abschuss. Neu ist diese Idee nicht, eröffnete doch schon eine vom Streckendesign identische Anlage 1999 in den Disney-MGM Studios in Florida und selbst in Europa ist dieses Tracklayout der niederländischen Firma Vekoma zu finden: Bei der Eröffnung des Six Flags Holland zur Saison 2000 wurde mit Superman - The Ride eine Outdoor-Variante eingeweiht. Die Fahrt sollte also Besuchern des Thrillparks in den Niederlanden bekannt sein, doch der Rock 'n' Roller Coaster (Paris) bietet neben der eigentlichen Achterbahnfahrt einige weitere Features und unterscheidet sich dabei sogar stark vom Prototypen in den USA.

In Orlando führt die High-Speed Tour in schicken Limousinen durch das nächtliche Los Angeles, um noch rechtzeitig zum Auftritt der Rockband Aerosmith zu gelangen, für Paris dagegen wurde die komplette Storyline umgeschrieben und zusätzlich das gesamte Interieur der gigantischen Halle ausgetauscht. Zwar betritt der Besucher des Backlot Bereiches wieder ein Musikstudio, in dem auch diesmal Aerosmith zugegen sein wird (der Tourbus neben dem Eingang deutet schon darauf hin), doch dies sollen auch die einzigen Gemeinsamkeiten mir dem Prototypen sein!

Aerosmith arbeitet im Pariser Studio "Tour de Force" an einem neuartigen Musikprojekt, welches dem Zuhörer eine neue Form des aktiven "Erlebens" ihrer Musik vermitteln soll. Nachdem wir in der Preshow von der Band zu einer Teilnahme an diesem Musikexperiment eingeladen worden sind, geht es hinaus in den Lagerraum des Studios, wo schon ein Prototyp-Gefährt (der Achterbahnzug) auf uns wartet. Zwischen der Crew in der Station und dem Studio werden die letzten Unklarheiten beseitigt und dann geht es los: Aus dem Stand heraus beschleunigt der Fahruntersatz auf fast 100 Stundenkilometer, zeitgleich ertönt aus den 5 Lautsprechern pro Sitz ein Aerosmith Song.

Dann befinden wir uns in der Studiohallen 8 + 9, die neben der 1000 Meter langen Achterbahnstrecke auch einiges andere technische Equipment beinhalten, um uns diesen "Musikversuch" näher zu bringen: Über 300 Scheinwerfer erhellen abwechselnd die Szenerie, Laserfiguren werden auf Nebelwände projiziert und auch einige "near misses" (Beinahekollisionen mit Kulissen) warten auf den Achterbahnzug. Dabei ist das Lichtdesign komplett mit der On-Ride Musik synchronisiert und harmoniert perfekt mit dem Ride-Geschehen. Nach drei Inversionen und diversen Kurvenfahrten und Richtungswechseln geht es in die Schlussbremse. Das Musikexperiment kann gefallen: Der Einsatz von Onboard-Sound gehört bei Coastern von Walt Disney Imagineering (Designteam von Disney) zwar schon zum Standard, doch das gleichzeitige Lichtspektakel mit seinen fast 330 Scheinwerfern (davon 180 bewegliche) ist in dieser Form einmalig.

Lifthill und Turn von Air

Alton Towers im englischen Staffordshire, einige Kilometer nördlich von Birmingham, gehört zu den schönsten Themenparks in Europa. Innerhalb einer wundervollen Parklandschaft rund um die geschichtsträchtigen Türme der "Alton Towers" finden sich viele rasante Fahrgeschäfte, allen voran recht aufwändige Achterbahnen: 1994 wurde mit dem Inverter Nemesis der erste Bolliger & Mabillard Coaster in Europa eröffnet. Vier Jahre später folgte mit Oblivion der Prototyp der B&M Diving Machine - in einem Winkel von 87 Grad geht es gut 50 Meter in die Tiefe - und nach weiteren vier Jahren beschert uns die Tussauds Gruppe, zu der seit kurzem auch der Heide Park in Soltau gehört, wiederum einen Prototypen des Schweizer Achterbahnherstellers.

Der Aerial Inversion Ride, kurz Air, wird der erste Flying Coaster von B&M werden. Flying Coaster deshalb, da das bekannte Inverted Coaster Design modifiziert wurde: Zwar ist die Konfiguration des Zuges innerhalb der Station identisch mit den bekannten Inverted Coastern von Bolliger & Mabillard, für die Fahrt wird die Sitzreihe jedoch um 90° gekippt, so dass die Rückenlehne parallel zur Schiene ausgerichtet ist und der Fahrgast mit dem Kopf gen Boden schaut. Mit einem neuartigen Sicherungssystem (Sicherheitsweste und eine Arretierung für die Beine) ausgerüstet, "fliegt" der Fahrgast nun haarscharf über die Ausläufer des Parkbereiches Forbidden Valley, Überschläge inklusive. Da keine der Fahrattraktionen von Alton Towers über den natürlichen Baumbestand des alt ehrwürdigen Schlossparks hinaus ragen darf, führt die recht kompakt gehaltene Strecke, wie auch ihre "Vorgänger", durch einige Tunnelabschnitte. Möglichkeiten genug, um die Bahn in Szene zu setzen.

Wie auch bei anderen Großattraktionen der Tussauds Parks (auch Thorpe Park und Chessington World of Adventures) wurden für Air ebenfalls die Dienste von John Wardley beansprucht, einem in der Filmbranche groß gewordenen Designer, dessen spektakuläre Gestaltung von Nemesis unvergessen bleiben wird: Der Inverted Coaster wurde kurzerhand stellenweise mehrere Meter tief in den Boden "versenkt".

Movie World Madrid im Überblick

In diesem Jahr eröffnet in Spanien, dem "Florida Europas", die weltweit dritte Movie World. Mit 150 Hektar ist der Park bei Madrid um eine mehrfaches größer als die Anlagen in Deutschland und Australien und präsentiert schon von Anfang an fünf (!) Achterbahnen - Trotz der konsequenten Ausrichtung auf Thrill-Rides wird der Besucher eine aufwändige Thematisierung nicht vermissen. Die bisherigen Preview-Bilder zeigen ein Musterbeispiel eines Themenparks, der neben Fahrgeschäften der Extraklasse - diese sind bis auf wenige Ausnahmen als Outdoor-Anlagen gestaltet - eine geballte Ladung an thematisierten Bereichen bereithält. Das in Anspruch genommene Budget von 380 Mio. Euro, das Doppelte des Investments der Warner Bros. Germany von 1996, unterstreicht dies.

Zudem ist das Areal so groß, dass es nicht, wie in Bottrop oder an der australischen Goldküste, zu Platzproblemen kommt bzw. die Gestaltung der einzelnen Themenbereiche dem Besucher zu beengt erscheint. Als zusätzliches Plus wurden die Stahl- bzw. Holzbauten der Achterbahnen in der Parkperipherie errichtet und stören somit die sonstige Filmparkatmosphäre der Kulissenstadt nicht im geringsten. Die nächste Generation der "Warner Bros. Movie World" wartet, darüber sind sich die Fans einig!

Besonders die Achterbahnen können durchweg überzeugen, schließlich bieten die drei größten Exemplare für den europäischen Markt komplett neue Streckenerlebnisse! Neben einer obligatorischen Holzachterbahn von RCCA in Zusammenarbeit mit Intamin und Werner Stengel im großzügig angelegten Twister Design, die im Western Areal Platz findet, warten zwei Stahlexemplare der Schweizer Edelschmiede B&M auf mutige Mitfahrer.

Beide Stahlgiganten wurden innerhalb der DC Super Heroes World, deren Aufmachung den weitgereisten Parkbesucher etwas an das Marvel Super Hero Island in Universal's gigantischen Islands of Adventure in Orlando erinnern wird, integriert und präsentieren sich als Batman: The Pursuit und Superman Ride of Steel. Kommt Batman noch als "kleiner" aber heftiger Inverter daher, erlebt der Besucher auf Superman eine Europapremiere. Die fast 50 Meter hohe Anlage mit ihren sieben Inversionen wird schließlich von Floorless Zügen befahren, welche besonders in der ersten Reihe ein unvergleichbares Achterbahnerlebnis bescheren. Ohne Boden zwischen Schiene und Füßen wird es dem einen oder anderen Fahrgast bei Tempo 100 sicherlich mulmig werden.